Mannheim/Karlsruhe, 10. August 2017. (red/pro) Nachdem der Mannheimer Morgen gegen uns vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe mit einer Klage zu Meinungsäußerungen vollumfänglich verloren hatte, unterlag die Zeitung nun auch in einem Rechtsstreit gegen die Staatsanwaltschaft Mannheim beziehungsweise das Land Baden-Württemberg. In der eigenen Berichterstattung täuscht die Zeitung die Öffentlichkeit, indem sie behauptet, staatliche Behörden übten Zensur aus – dies ist nicht der Fall. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) erteilt der Zeitung mit seinem Urteil Nachhilfe in Sachen Presse- und Persönlichkeitsrecht, nachdem die Zeitung vom Oberlandesgericht Karlsruhe lernen musste, was Meinungsäußerungen und was Tatsachenbehauptungen sind.
Von Hardy Prothmann
Es ist nicht die Aufgabe einer Staatsanwaltschaft zu entscheiden, ob und in welcher Weise berichtet wird. Das entscheiden und verantworten Medien selber.
Sie (Anm. d. Red. Staatsanwaltschaft) verweigerte die Frage nach dem Ja oder Nein zu Ermittlungen gegen den Anwalt und machte somit für diese Zeitung unmöglich, die Öffentlichkeit zu informieren. Ohne das Ja der Strafverfolger – also die Bestätigung von Ermittlungen gegen den Anwalt – bleibt alles vage, unsicher, nicht belastbar.
Letztlich muss es die ureigenste Aufgabe von Medien sein, zu entscheiden, ob und wie über einen Sachverhalt berichtet wird. Das darf nicht Aufgabe von staatlichen Stellen werden.
Zeitung täuscht die Öffentlichkeit mit falschen Vorwürfen
Drei Zitate von Dirk Lübke, Chefredakteur der Lokalzeitung Mannheimer Morgen, der sich gerne als Retter des Journalismus und Vorkämpfer für die Meinungsfreiheit inszeniert – aber offenbar ganz erhebliche Beurteilungslücken aufweist.
Gegenüber der Öffentlichkeit wird suggeriert, dass “staatliche Stellen” die Berichterstattung der Zeitung behinderten, gar entscheiden, was berichtet werden darf und was nicht. Doch das ist nachweislich falsch. Mithin täuscht die Zeitung die Öffentlichkeit. Keine staatliche Stelle hat aktiv in dieser Sache versucht, eine Berichterstattung zu verhindern, noch diese zu beeinflussen. Es wurden lediglich identifizierende Auskünfte nicht erteilt und das ist rechtsstaatlich korrekt.
Der Mannheimer Morgen hat eine Vielzahl von Artikeln veröffentlicht, die die Ermittlungen gegen einen Mannheimer Rechtsanwalt beinhalten. Darin gibt die Zeitung mehrfach identifizierende Hinweise auf die Person: “Der beschuldigte Anwalt ist in der Region als Strafverteidiger bekannt.” Es handelt sich also nicht um irgendeinen Anwalt, sondern einen Strafverteidiger. Und der ist auch noch “bekannt”. So viele “bekannte Strafverteidiger” gibt es nicht in Mannheim. Hier wird der mögliche Personenkreis schon deutlich eingeschränkt.
Identifizierende Berichterstattung braucht keine Namen
Mit dieser Information spätestens wird der Betroffene mit hoher Wahrscheinlichkeit identifizierbar: “Der beschuldigte Strafrechtler war zuletzt häufig am Mannheimer Schwurgericht tätig, unter anderem verteidigte er bei einem langwierigen Drogenverfahren einen der Angeklagten. Im April ist ein weiteres großes Verfahren am Mannheimer Landgericht terminiert, bei dem er die Verteidigung übernommen hatte.”
Man muss nur herausfinden, welches jüngere Drogenverfahren langwierig war und vor dem Schwurgericht verhandelt wurde, welche Strafverteidiger ein Mandat hatten und welcher von diesen Strafverteidigern im einem “großen Strafverfahren” im “April” wiederum tätig ist. Dazu addiere man “bekannt”. Der Match dürfte eindeutig sein. Es kann sich nur um einen klar erkennbaren Rechtsanwalt handeln. In Justiz- und Polizeikreisen kennt den Namen mittlerweile so gut wie jeder, der mit Strafprozessen zu tun hat. (Anm. d. Red.: Die Hinweise im VGH-Urteil wirken nahezu wie eine hilflose rechtspolitische Korrektheit – die Person ist allen, die sich dafür interessieren, durch die Berichterstattung und die Prozesse bekannt und wenn nicht, ohne großen Aufwand identifizierbar.) Das ist so eindeutig, als würde man schreiben, es gehe um eine deutsche, bekannte Politikerin, deren Markenzeichen eine gewisse Haltung der Hände ist. Auch dazu gäbe es nur einen Match, obwohl es sehr viel mehr bekannte deutsche Politikerinnen als bekannte Strafverteidiger in Mannheim gibt.
Richtig ist: Die Staatsanwaltschaft Mannheim hat lediglich Auskünfte zu einem laufenden Ermittlungsverfahren verweigert – vor allem zur Identifizierung der Person, gegen die ermittelt wurde und gegen die Anklage erhoben worden ist. Und richtig ist die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nicht erst durch das Urteil des VGH zur Sache, sondern wird bereits durch die aggressive Berichterstattung der Zeitung belegt – diese will unbedingt den Namen des Beschuldigten aus einer “Offizialquelle” erfahren, um diesen so “abgesichert” veröffentlichen zu können. Das Gejaule von Chefredakteur Lübke ist unerträglich unehrlich.
Ohne dass überhaupt das Gerichtsverfahren eröffnet ist, spekulierte die Zeitung bereits durch ein Interview mit der Anwaltskammer über einen möglichen Verlust der Zulassung des Anwalts – also das Aus seiner beruflichen Karriere. Was hat das mit “anständiger” und seriöser Berichterstattung zu tun? Weder ist der Prozess eröffnet noch ein Urteil gefällt und trotzdem interessiert man sich für diese Fragestellung?
Niemand hindert die Zeitung an einer Namensnennung
Worüber die Zeitung nicht aufklärt: Niemand hindert die Zeitung, den Namen der Person zu nennen. Das konnte sie jederzeit in der Vergangenheit tun und könnte das auch jetzt. Kein “Zensor” verbietet das. Niemand hat die Macht, das zu verhindern.
Doch damit würde die Zeitung möglicherweise erheblich dessen Persönlichkeitsrechte verletzen und wäre möglicherweise, wenn auch ein beruflicher Schaden eintritt, in hohem Maße verantwortlich und möglicherweise schadensersatzpflichtig. Es geht also in Wirklichkeit darum, sich nicht verantwortlich machen zu müssen, indem man behauptet, jemand anderes sei verantwortlich. So kommt man der “Wahrheit” schon näher.
Das ist sogar zutreffend: Die Staatsanwaltschaft Mannheim hat die Verantwortung, belastende, aber auch entlastende Tatsachen zu ermitteln und sie hat auch die Aufgabe im Rahmen der Unschuldsvermutung die Persönlichkeitsrechte eines Beschuldigten zu wahren und zu verteidigen. Deshalb verhält sich die Staatsanwaltschaft Mannheim in dieser Angelegenheit absolut korrekt.
Korrektes Verhalten der Staatsanwaltschaft – in der Abwägung dieser Sache
Mediale Berichterstattung bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen dem öffentlichen Interesse an Information und dem privaten Interesse des Persönlichkeitsrechtsschutzes. Beide Rechtspositionen besitzen Verfassungsrang. Es kommt immer auf eine Güterabwägung an, wie der VGH auch umfangreich in seinem Urteil ausführt. Selbstverständlich haben Medien ein “Wächteramt” (gibt es nicht, wird nur so genannt), also die Aufgabe, die Öffentlichkeit beispielsweise auch über Missstände aufzuklären. Selbstverständlich hat die Öffentlichkeit ein Anrecht auf ordentliche Information, wenn eine Sache von hohem öffentlichem Interesse ist. Hier ist immer abzuwägen, welche öffentliche Bedeutung eine Person hat und wie schwer ein Vorgang wiegt – beispielsweise ein brutales Verbrechen.
Dies führt der VGH umfangreich aus und stellt fest, dass der aktuelle Fall sicherlich öffentliches Interesse finden wird, da aber keine schwere Straftat vorliegt, die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten aus Sicht des VGH höher zu bewerten seien. Solche Abwägungen sind immer Einzelfallentscheidungen, für die man nicht ein Gerichtsurteil braucht, sondern eine professionelle Haltung und gesunden Menschenverstand.
“Kein Recht auf Auskunft”? – das ist Fake News
Wenn die Zeitung zum Urteil titelt: “Kein Recht auf Auskunft”, führt sie ihre Leser wiederum vor. Selbstverständlich haben professionelle Medien ein Recht auf behördliche Auskunft – das bestätigt auch der VGH in seinem Urteil gleich zu Beginn der Begründung. Mit einem Aber versehen – aus gewichtigen Gründen können Auskünfte auch verweigert werden, “soweit ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde.” Fazit: Es gibt ein Recht auf Auskunft. In hohem Maße sogar – dieses darf aber nicht zur Verletzung anderer gewichtiger Rechte führen.
-Anzeige- |
Pikanter Fall – öffentliche Relevanz? Keine dringliche
Vorliegend geht es um einen Strafverteidiger, dem vorgeworfen wird, mutmaßlich in erheblichem Maß selbst gekokst zu haben. Pikant ist die Sache, weil der Beschuldigte sonst andere verteidigt, die Koks konsumieren oder damit handeln. Aber welche direkten Folgen ergeben sich daraus für die Öffentlichkeit? Die Antwort: Keine.
Die mutmaßlich kriminelle Handlung richtete sich vor allem gegen den Beschuldigten selbst und dessen Gesundheit. Was der mutmaßliche Täter sich privat zugeführt hat – keiner der Vorwürfe berührt in irgendeiner Weise den öffentlichen Raum – ist dessen Privatsache. Zwar möglicherweise strafrechtlich relevant, aber ohne herausragende öffentliche Relevanz. Damit ist ein Aufklärungsinteresse fragwürdig und viel eher als Motiv für die Berichterstattung Sensationslust und die Befriedigung von “Unterhaltungsbedürfnissen”. Öffentlich wird die Sache, wenn es zur Gerichtsverhandlung kommt – aktuell ist noch unklar, ob vor dem Landgericht oder dem Amtsgericht Mannheim. Die Klage ist vor dem Landgericht eingereicht, die Annahme aber noch nicht entschieden.
Natürlich gibt es eine höchstinteressante Fragestellung in der Sache: Wieso greift jemand mutmaßlich zur Droge, der sich ansonsten sehr gut mit den fatalen Folgen auskennt? Diese Frage ist hochspannend. Der journalistische Ansatz, diese Entwicklung als “persönliches Schicksal” zu schildern, ist herausfordernd. Doch darauf hat die Öffentlichkeit keinen Anspruch per se – so eine Story ist nur möglich, wenn die betreffende Person darin einwilligt. Da gilt es mit dem gebotenen Respekt mit großer Sorgfalt und einerseits kritischer Distanz und andererseits einer gewissen Empathie sich diesem Leben zu nähern. Bei anderen geht das Kino im Kopf ab: “Strafverteidiger wird selbst straffällig – wie geil ist das denn?”. Klingt wie ein Drehbuch, ist aber aus dem echten Leben.
Auch die Dokumentation von Strafprozessen und medialer Berichterstattung auf der Internetseite des Beschuldigten macht ihn nicht zur öffentlichen Person oder belegt ein Streben nach Öffentlichkeit, sodass sich der Beschuldigte unterstellen lassen muss, er persönlich suche Öffentlichkeit. Er dokumentiert lediglich öffentliche Berichte.
Gezielte Boulevardisierung?
Die Vielzahl der Veröffentlichungen in der Lokalzeitung zu dieser aktuellen Sache zeigen eindeutig, dass es hier eher um den massiven Versuch einer Boulevardisierung oder Skandalisierung der Sache geht. Möglicherweise auch um andere Motive, die uns nicht bekannt sind. Ist hier zwischen Zeitung und Beschuldigten noch eine Rechnung offen? Den Eindruck kann man haben, betrachtet man den absolut außergewöhnlichen Aufwand, den die Zeitung mit den vielen Berichten und sogar zwei Klageinstanzen betreibt.
Wie schnell es zu Vorverurteilungen kommen kann, zeigte die Causa Kachelmann. Uns ist die Identität des beschuldigten Rechtsanwalts seit Monaten bekannt – wir stehen in Kontakt. Wir verfügen vermutlich über mehr Details zu den Anschuldigungen als jedes andere Mediun der Region.
Bis auf die Wiedergabe der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft haben wir inhaltlich aber bislang nicht berichtet, weil aus unserer Sicht das Schutzbedürfnis der Person eben wegen der besonderen Umstände höher wiegt, als ein wie auch immer geartetes öffentliches Interesse. Ein Rechtsanwalt kann es sich zudem nicht aussuchen, ob er Öffentlichkeit herstellen will oder nicht – Rechtsanwälte wie Richter agieren qua Beruf in öffentlichen Verhandlungen immer öffentlich, nicht, weil sie wollen, sondern weil sie müssen.
Journalismus hat die Aufgabe, Öffentlichkeit herzustellen, aber auch die Privatsphäre zu achten. Wir verfügen über viele Informationen, die niemals öffentlich werden, teils, weil wir sie als nicht relevant einstufen, teils, weil wir Vertraulichkeit wahren. Es gibt nichts, was uns heiliger ist, als der Quellenschutz – wer sich uns anvertraut, kann davon ausgehen, dass wir dieses Vertrauen wie ein Staatsgeheimnis behandeln.
Auskunftsfreudig wie eine verschlossene Auster
Der Mannheimer Morgen ist übrigens so auskunftsfreudig wie eine verschlossene Auster in eigener Sache. Fragen zur Veröffentlichungspraxis von Leserbriefen hat die Zeitung nicht beantwortet – uns aber im Prozess gegen uns zunächst vorgeworfen, dass wir versäumt hätten, diese zu stellen, also unserer Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen seien. Wir hatten das nicht versäumt, sondern gingen davon aus, keine Antwort zu erhalten. Um den Vorwurf aus der Welt zu räumen, haben wir Fragen gestellt und unsere Annahme wurde bestätigt – keine Antworten. Letztlich haben wir vollumfänglich gegen die Zeitung gewonnen. (Anm. d. Red.: Was wir gelernt haben – wir müssen uns so verhalten, dass wir nicht angreifbar sind und auch dann Fragen stellen, wenn wir davon ausgehen, keine Antwort zu erhalten.)
Aktuell hatten wir diese Fragen am 07. August 2017 gestellt – und keine Antwort erhalten, bis auf diese: Der Justiziar Johannes Fuchslocher teilte mit, man wolle erst das Urteil prüfen.
Das waren unsere Fragen:
- Herr Lübke hat sich mehrfach äußerst negativ über die StaMA geäußert, ebenso über das VGKA. Ist hier eine Korrektur und eine Entschuldigung geplant oder ist Herr Lübke weiterhin der Meinung, unser Rechtssystem mit einer Bananenrepublik vergleichen zu dürfen?
- Was hindert Ihre Zeitung an der Nennung des Namens des Beschuldigten?
- Sie kennen den Namen ebenso wie unsere Redaktion, das darf man als ausrecherchiert betrachten. Wenn Ihr Haus meint, es könne den Namen ohne offizielle Bestätigung nicht berichten, halten wir das für eine Täuschung der Öffentlichkeit. Unserer Meinung nach könnten Sie das jederzeit, befürchten aber möglicherweise eine Klage wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte und eventuelle Schadensersatzforderungen. Stimmen Sie dieser Sicht zu und wenn nicht, wie begründen Sie, dass der Name angeblich nicht berichtet werden kann? Wollen Sie tatsächlich weiterhin den falschen Eindruck aufrecht erhalten, Ihre Zeitung werde behördlich an einer Berichterstattung aktiv gehindert?
- Nehmen Sie das Urteil hin oder planen Sie eine Verfassungsbeschwerde?
Zur letzten Frage hat sich die Zeitung zumindest öffentlich geäußert. Am 08. August konnte man in einer Reaktion auf das VGH-Urteil lesen: “Darum werde diese Zeitung den Beschluss genau prüfen und über eine Verfassungsbeschwerde nachdenken.” Laut eines Berichts des Branchendienstes Kress hieß es: “Nach diesen Vorfällen behält sich der “Mannheimer Morgen” vor, Strafanzeige wegen des Straftatbestands der Rechtsbeugung zu stellen.”
Soweit uns bekannt ist, gibt es keine Strafanzeige wegen Rechtsbeugung. Wir gehen zudem davon aus, dass auch keine Verfassungsbeschwerde eingelegt wird – das halten wir für heiße Luft.
Die Zeitung wollte uns übrigens zwei Sätze verbieten lassen: “Der gesteuerte Betrug am Leser” sowie “Die Zeitung informiert ihre Leser nicht, sie manipuliert sie.” Das Oberlandesgericht hat festgestellt, dass wir diese Sätze äußern durften und auch weiterhin äußern dürfen.
Dieser Meinung sind wir auch in der Causa “Rechtsanwalt” – hier wird massiv versucht Stimmung zu machen unter Vorhaltung falscher Tatsachenbehauptungen. Das ist keine Information, sondern versuchte Manipulation. Mit seriösem Journalismus hat das wenig bis nichts zu tun – nach unserer Meinung.
Dokumentation von Zitaten aus Berichten der Lokalzeitung “Mannheimer Morgen”
Hinweis: Frau Boll ist übrigens mit einem Polizeibeamten verheiratet, der früher Pressesprecher der Polizei Mannheim war. In unserer Redaktion dürfte sie damit überwiegend nicht über Polizei- und Justizthemen berichten. In begründeten Ausnahmefällen schon, aber nur mit Transparenzhinweis.
27. März 2017, Angela Boll “Mannheimer Anwalt wegen Drogenbesitzes angeklagt”
Die Mannheimer Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen einen Mannheimer Anwalt erhoben. Laut einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Mannheim steht er im Verdacht, in acht Fällen mindestens 10 Gramm Kokain und in weiteren sechs Fällen jeweils 20 Gramm Kokain erworben zu haben. Außerdem soll er den Kontakt zwischen den Betäubungslieferanten hergestellt haben. Er ist deshalb wegen des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln sowie der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angeklagt. Der beschuldigte Anwalt ist in der Region als Strafverteidiger bekannt. Er war zuletzt häufig am Mannheimer Schwurgericht tätig, unter anderem verteidigte er bei einem großen und langwierigen Drogenverfahren einen der Angeklagten.
28. März 2017, Angela Boll “Kokain: Anwalt aus Mannheim angeklagt”
Der beschuldigte Strafrechtler war zuletzt häufig am Mannheimer Schwurgericht tätig, unter anderem verteidigte er bei einem langwierigen Drogenverfahren einen der Angeklagten. Im April ist ein weiteres großes Verfahren am Mannheimer Landgericht terminiert, bei dem er die Verteidigung übernommen hatte.
29. März 2017, “Ausschlaggebend ist das Urteil”
Ein Mannheimer Rechtsanwalt ist wegen des Handels von Betäubungsmitteln und der Beihilfe zum Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angeklagt. Welche Auswirkungen haben die Ermittlungen auf seinen Beruf? Wir sprachen mit Friedrich März, einem der Geschäftsführer der Anwaltskammer in Karlsruhe.
28. April 2017, Kress, Paul-Josef Raue “Anwalt unter Kokain-Verdacht: Chronik einer amtlich behinderten Recherche”
Dirk Lübke sagte zum aktuellen Stand: “Das Verhalten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in unserem beantragten Eilverfahren war an keiner Stelle nachvollziehbar. Das Gericht, aber ebenso die Staatsanwaltschaft in Mannheim, haben unsere journalistische Arbeit behindert und unseren öffentlichen Auftrag ad absurdum geführt.” Nach diesen Vorfällen behält sich der “Mannheimer Morgen” vor, Strafanzeige wegen des Straftatbestands der Rechtsbeugung zu stellen. Im Übrigen beharrt die Zeitung auf einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung in der Sache.
27. Mai 2017, Dirk Lübke “Kein Fall für zwei”
Auch deshalb schütten zwei tragende Instanzen von Rechtsstaatlichkeit viel Wasser auf die Mühlen derer, die sagen, dass die da oben machen, was sie wollen, und immer mehr den Bezug zur Realität verlieren. Die Sache ist inzwischen weitaus mehr als ein Fall für zwei – sie ist ein Fall für die Öffentlichkeit. Denn das Vorgehen der Justiz ist gedanken- und verantwortungslos, gefährlich und skandalös. Wir meinen das ohne Häme – aber in vollem Bewusstsein und mit Demut vor dem freiheitlich- demokratischen Wert des Auskunftsrechts, das diese Staatsanwaltschaft Mannheim genauso selbstgefällig wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Füßen getreten hat. So, wie es sonst allenfalls in Bananenrepubliken der Fall ist.
27. Mai 2017, Angela Boll “Teilweise geständig”
Der Beschuldigte habe die Vorwürfe teilweise eingeräumt. Der Strafrechtler arbeitet nach wie vor, unter anderem als Verteidiger in einem Verfahren am Landgericht.
27. Mai 2017, Angela Boll “Gericht weist Mannheimer Staatsanwaltschaft zurecht”
(…) Johannes Fuchslocher, Justitiar dieser Zeitung, spricht von einer “völlig unberechtigten Auskunftsverweigerung der Staatsanwaltschaft”. (…) “Wir haben einen ersten Erfolg – für unsere Leser und deren Informationsanspruch – erzielt”, sagt Dirk Lübke, Chefredakteur des “Mannheimer Morgen”: “Es kann in einer freiheitlichen Grundordnung nicht angehen, dass eine Staatsanwaltschaft entscheidet, wie und worüber Medien wie wir berichten.”
27. Mai 2017, “Klatsche für Ermittler”
Die Staatsanwaltschaft Mannheim hätte wesentliche Fragen dieser Zeitung zu einem Drogen-Ermittlungsverfahren gegen einen stadtbekannten Mannheimer Anwalt schon Ende Januar beantworten müssen. Das hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe vor wenigen Tagen nach einer Klage der Zeitung entschieden. Die Karlsruher erließen den Beschluss etwa 100 Tage, nachdem der “MM” die Beantwortung der Fragen in einem Eilverfahren eingeklagt hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte die Auskunftsverweigerung zunächst mit überwiegend zu schützenden Privatinteressen des Verdächtigen begründet – und diese höher als ein öffentliches Interesse eingestuft.
Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Frank Überall, bezeichnete das Vorgehen der Staatsanwaltschaft als “besonders dreist”. Er forderte den Justizminister Baden-Württembergs, Guido Wolf (CDU), auf, sich einzuschalten. Gegen den Mannheimer Anwalt ist inzwischen Anklage erhoben.
29. März 2017, Dirk Lübke “Zensor und Schnecke”
Diese Zeitung hat am 18. Januar – also vor etwa zehn Wochen – die erste Anfrage an die Staatsanwaltschaft gestellt. Die konkreten Fragen zu dem bis dahin wie ein Gerücht zu behandelnden Vorwurf gegen den Mannheimer Anwalt stehen rechts im Text auf dieser Seite. Die Staatsanwaltschaft Mannheim hat seitdem – im Kern ging es um die Frage, ob Ermittlungen gegen den Anwalt laufen – diese Zeitung und damit die O?ffentlichkeit hingehalten. Stattdessen spielte sich die Strafverfolgungsbehörde als Zeitungs-Zensor auf. Sie verweigerte die Frage nach dem Ja oder Nein zu Ermittlungen gegen den Anwalt und machte somit für diese Zeitung unmöglich, die O?ffentlichkeit zu informieren. Ohne das Ja der Strafverfolger – also die Bestätigung von Ermittlungen gegen den Anwalt – bleibt alles vage, unsicher, nicht belastbar. Denn Journalisten tragen Verantwortung – auch für Verdächtigte. (…) Es ist nicht die Aufgabe einer Staatsanwaltschaft zu entscheiden, ob und in welcher Weise berichtet wird. Das entscheiden und verantworten Medien selber.
08. August 2017 “Kein Recht auf Auskunft”
“MM”-Chefredakteur Dirk Lübke kommentierte das Urteil so: “Letztlich muss es die ureigenste Aufgabe von Medien sein, zu entscheiden, ob und wie über einen Sachverhalt berichtet wird. Das darf nicht Aufgabe von staatlichen Stellen werden.” Darum werde diese Zeitung den Beschluss genau prüfen und über eine Verfassungsbeschwerde nachdenken. Es gelte, in unserer Grundordnung verankerte Rechte zu schützen und journalistische Recherche zu ermöglichen – “hier vor allem denen, die seriös, sauber, sicher und wahrheitsgemäß sein wollen und Informationen und Bestätigungen von Ermittlungsbehörden brauchen”, betonte Dirk Lübke.
Pressemitteilung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg:
“Kurzbeschreibung:
Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit einem den Beteiligten bekannt gegebenen Beschluss vom 4. August 2017 entschieden, dass Presseauskünfte zu einem Strafverfahren gegen einen Mannheimer Rechtsanwalt wegen Betäubungsmitteldelikten nicht erteilt werden können. Der Erteilung von Auskünften unter Nennung des Namens des angeschuldigten Rechtsanwalts, wie sie von einem Presseorgan begehrt würden, stehe dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht entgegen.
Die Antragstellerin ist die Verlegerin einer örtlichen Zeitung. Sie begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Auskunft zu einem strafrechtlichen Verfahren. Mit Schreiben vom 24.01.2017 verlangte sie von der Staatsanwaltschaft Mannheim Auskunft zu Fragen bezüglich eines potentiellen Ermittlungsverfahrens gegen einen Mannheimer Rechtsanwalt. Sie verwies darauf, sie habe gesicherte Informationen, dass derzeit Ermittlungen gegen einen Mannheimer Rechtsanwalt liefen, der im Verdacht stehen solle, mit Kokain in nicht geringer Menge gehandelt zu haben. Sie bat die Staatsanwaltschaft um Bestätigung der Ermittlungen und Auskunft dazu, ob es auch Ermittlungen gegen andere Personen und im Bereich der organisierten Kriminalität gebe, ob der Rechtsanwalt sich zu den Vorwürfen geäußert habe sowie warum er in Untersuchungshaft genommen wurde und diese nach zwei Wochen wieder habe verlassen dürfen. Mit Schreiben vom 24.01.2017 lehnte die Staatsanwaltschaft Mannheim die Anfrage der Antragstellerin ab, da hier die Persönlichkeitsrechte gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit als vorrangig zu bewerten seien.
Daraufhin beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Karlsruhe am 06.02.2017 den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe (Antragsgegner) verpflichtet werden sollte, die Staatsanwaltschaft Mannheim anzuweisen, der Antragstellerin Auskunft zu den gestellten Fragen zu erteilen. Dabei wurde in den Fragen, zu denen sie Auskunft begehrte, ein Mannheimer Rechtsanwalt namentlich bezeichnet. Dieser wurde vom Verwaltungsgericht zum Verfahren beigeladen.
Am 27.03.2017 veröffentlichte die Staatsanwaltschaft Mannheim unter dem Titel „Staatsanwaltschaft Mannheim erhebt gegen Mannheimer Rechtsanwalt Anklage wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.“ eine Pressemitteilung (sh. www.stamannheim.de, unter Presse). Daraufhin erklärte die Antragstellerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht hinsichtlich der Fragen, ob es ein Ermittlungsverfahren gebe und sich der von ihr benannte Rechtsanwalt zu den Tatvorwürfen eingelassen habe, den Rechtsstreit für erledigt. Der Antragsgegner schloss sich der Erledigungserklärung nicht an und erteilte keine weiteren Auskünfte als in der Pressemitteilung vom 27.03.2017.
Mit Beschluss vom 15.05.2017 stellte das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Fragen, ob es ein Ermittlungsverfahren gebe und sich der von der Antragstellerin bezeichnete Rechtsanwalt zu den Tatvorwürfen eingelassen habe, die Erledigung des Rechtsstreits fest, verurteilte den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur Auskunftserteilung zu den Fragen zur Untersuchungshaft und wies den Antrag zu den Fragen zu Ermittlungen gegen andere Personen und im Bereich der organisierten Kriminalität ab.
Sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsgegner legten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Beschwerde ein.
Der VGH wies die Beschwerde der Antragstellerin zurück. Hingegen hatte die Beschwerde des Antragsgegners Erfolg. Diese führte zur Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts mit der Folge, dass die Anträge der Antragstellerin vollständig abgelehnt wurden.
Zur Begründung führt der 1. Senat des VGH aus, Behörden seien nach § 4 Abs. 1 Landespressegesetz verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 Landespressegesetz könnten Auskünfte verweigert werden, soweit ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde. Gehe es um eine Berichterstattung über den Verdacht einer Straftat, so sei zu berücksichtigen, dass Straftaten zum Zeitgeschehen gehörten, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien sei. Wäge man dieses Interesse mit der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts ab, verdiene für die tagesaktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang. Die in der Berichterstattung liegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts müsse jedoch im angemessenen Verhältnis zur Schwere des Fehlverhaltens und seiner sonstigen Bedeutung für die Öffentlichkeit stehen. Daher sei eine Berichterstattung unter Namensnennung in Fällen schwerer Kriminalität oder bei Straftaten, die die Öffentlichkeit besonders berührten, zulässig. Handele es sich um die Berichterstattung über ein laufendes Ermittlungsverfahren oder ein noch nicht abgeschlossenes Strafverfahren, so sei im Rahmen der Abwägung zudem die zugunsten des Betroffenen sprechende, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Unschuldsvermutung zu berücksichtigen. Eine Veröffentlichung mit namentlicher Identifizierung des Beschuldigten sei im Ermittlungsstadium daher nur ausnahmsweise zulässig.
Diese Grundsätze über die Zulässigkeit einer Berichterstattung unter Namensnennung würden auch für die Auskunftserteilung der Staatsanwaltschaften gelten. Diese dürften daher die Medien über strafrechtliche Verfahren unter Nennung des Namens des Beschuldigten grundsätzlich nur in Fällen schwerer Kriminalität oder bei Straftaten informieren, die die Öffentlichkeit besonders berührten. Folglich habe die Antragstellerin hier keinen Anspruch auf Auskunft unter Nennung oder Bestätigung des von ihr genannten Namens eines Mannheimer Rechtsanwalts. Das Informationsinteresse der Antragstellerin habe zwar erhebliches Gewicht, da es bei dem Tatvorwurf nicht um Bagatellkriminalität gehe und die berufliche Stellung des Angeschuldigten als Rechtsanwalt ein Interesse der Öffentlichkeit an dem Fall erwarten lasse. Die Antragstellerin habe sich daher im Verfahren zu Recht auf das Wächteramt der Presse berufen. Jedoch überwiege im Hinblick auf die beantragte Auskunft unter Namensnennung das schutzwürdige private Interesse des Angeschuldigten. Es handele sich beim Tatvorwurf nicht um schwere Kriminalität, sondern „nur“ um 14 Fälle des Erwerbs von Kokain und das Herstellen eines Kontakts zwischen seinen beiden Betäubungsmittellieferanten, in dessen Folge es zu zwei Verkäufen von Betäubungsmitteln gekommen sei. Es sei nicht erkennbar, dass die Strafvorwürfe inhaltlichen Bezug zu der Ausübung beruflicher Pflichten durch einen Rechtsanwalt hätten. Eine individualisierende Berichterstattung könnte zu einem Ansehensverlust für den Angeschuldigten führen, der möglicherweise nicht wiedergutzumachen wäre und ihn daher in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht empfindlich träfe, zumal das Landgericht über die Zulassung der Anklage gegenwärtig noch nicht entschieden habe.
Daher bestehe wegen des schutzwürdigen Persönlichkeitsrechts des Angeschuldigten kein Anspruch auf die begehrte Auskunft unter Namensnennung. Auch sei hinsichtlich der Fragen der Antragstellerin, ob es ein Ermittlungsverfahren gebe und der Angeschuldigte sich eingelassen habe, durch die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft vom 27.03.2017 keine Erledigung eingetreten. Aus dieser ergebe sich nicht, gegen wen sich das Verfahren richte. Der Antragsgegner habe im Gerichtsverfahren auch keinen Namen bestätigt. Ob sich das in der Pressemitteilung genannte Verfahren gegen den von der Antragstellerin namentlich benannten Rechtsanwalt richte, ergebe sich auch nicht aus dem Umstand der Beiladung des von der Antragstellerin Benannten durch das Verwaltungsgericht. Denn dieser Beiladungsbeschluss beruhe nicht auf einer Bestätigung des Namens durch den Antragsgegner, sondern gerade darauf, dass die Antragstellerin zum Gegenstand ihres Antrags auf einstweilige Anordnung sechs Fragen zu dieser Person gemacht habe.
Der Beschluss ist unanfechtbar (1 S 1307/17).”
Hinweis der Redaktion in eigener Sache
Am 28. Oktober 2016 hatten wir Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Leitenden Oberstaatsanwalt Alexander Schwarz und die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Mannheim, Erste Staatsanwältin Sandra Utt bei der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe eingereicht. Der Grund: Unzureichende Auskünfte. Wir wollten damals Informationen zu Ermittlungen gegen einen Stadtrat der NPD erhalten. Angeblich versuchte man uns zurückzurufen – dies war nach unseren Geräteinformationen nicht feststellbar. Die Generalstaatsanwaltschaft stellte zutreffend fest, dass Anfragen zu einem “bezifferten Strafantrag” nicht zu beantworten seien, da dieser erst nach der durchgeführten Beweisaufnahme gestellt würde – das war uns so nicht klar und das haben wir aus dem Vorgang gelernt.
Weiter beschwerten wir uns über “handwerkliche Fehler” der Pressesprecherin, da in der Pressemitteilung von einem “Mannheimer Stadtrat der NPD” die Rede war – es gibt nur einen Stadtrat der NPD in Mannheim. Damit war der Beschuldigte voll identifizierbar. Die Generalstaatsanwaltschaft wies dies unter dem fadenscheinigen Vorwand zurück, der SWR habe am selben Tag zuvor über diesen Stadtrat namentlich berichtet. Wieso sich daraus ergibt, dass die Staatsanwaltschaft identifizierende Informationen übermittelt, erschließt sich uns nicht. Interessant ist ein weiterer Fehler: Eigentlich hätte sich die Staatsanwaltschaft gar nicht mehr äußern dürfen, da die Klage bereits beim Amtsgericht vorlag und dieses damit zuständig war.
In einer zweiten Sache erbaten wir Antwort zu Fragen zur einer Pressemitteilung (siehe unten verlinkten Artikel), in der über die Festnahme eines mutmaßlichen Straftäters informiert wurde. Hier begründete die Generalstaatsanwaltschaft die Zurückweisung der Dienstaufsichtsbeschwerde: “Nachdem es sich nicht um eine Straftat von besonderer Bedeutung handelte, wurde dabei im Ergebnis ein die schutzwürdigen Belange des Beschuldigten überwiegendes Informationsinteresse an den in der Anfrage angesprochenen weiteren Verfahrensdetails in nachvollziehbarer Weise verneint, zumal nicht ausgeschlossen erschien, dass diese in Summe zu einer Identifizierung des Beschuldigten hätte führen können.”
Dazu stellen wir fest: Eine Antwort auf Frage 1 hat sich nicht aus der Pressemitteilung ergeben. Frage zwei wurde beantwortet. Aus der Beantwortung hätte sich unseres Dafürhaltens überhaupt keine Gefahr einer Identifizierung ergeben. Wie denn? Ein 29-Jähriger Libyer ließ sich widerstandslos wegen eines Drogendelikts festnehmen. Der Flüchtling ist seit dann und dann in Deutschland registriert, hätte sich aber im Raum x aufhalten müssen. Es liegen bereits zwei weitere Haftbefehle wegen mutmaßlicher Straftaten y vor. Wir sind gut in Recherche – aber wie man daraus eine Person identifizieren soll, soll uns die Staatsanwaltschaft mal belegen. Eine geringe Möglichkeit gibt es, aber nur mit exorbitantem Aufwand.
Wir erläutern unserer Leserschaft unser Interesse an diesen Fragen: Wir konnten recherchieren, dass viele Flüchtlinge sehr mobil sind und Straftäter oft nicht dort Straftaten begehen, wo sie sich eigentlich aufhalten sollten. Wie sich später gezeigt hat, interessierte uns das mit gutem Grund: Anis Amri, der Mörder von Berlin, war ebenfalls viel auf Achse und handelte mit Drogen. Das muss nicht heißen, dass dieser Libyer ein potenzieller Terrorist ist, aber Antworten hätten unsere Vermutung bestätigt oder widerlegt, das Kriminelle hochgradig organisiert sind.
-Anzeige- |
Der Hinweis in eigener Sache erfolgt erst jetzt, weil der Vorgang wegen Arbeitsüberlastung einfach liegengeblieben ist. Eine Klage in der Sache war uns nicht ausreichend wichtig – uns reicht die Dokumentation, die nun aktenkundig ist.
Erneute Auskunftsverweigerung
Aktuell haben wir eine erneute Anfrage, die bislang nicht beantwortet wird. Hier haben wir eine Frist gesetzt und werden erneut Rechtsaufsichtsbeschwerde einreichen, sofern eine Antwort ausbleibt. Der Staatsanwaltschaft haben wir ein klärendes Gespräch angeboten – oder “Endkampf”, wenn man es drauf anlegt.
Wir wollten wissen, warum die Staatsanwaltschaft zum Urteil des VGH in eigener Sache informiert, hingegen die Abgabe einer Eidesstaatlichen Versicherung vor dem VGH, in der sich die Staatsanwaltschaft verpflichtet, falsche Tatsachenbehauptungen in der Causa Kachelmann nicht zu wiederholen nicht per Pressemitteilung der Öffentlichkeit mitgeteilt hat.
Frau Utt teilte uns mit: “Eine Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Mannheim bezüglich des von Ihnen angefragten Sachverhalts gibt es nicht, da hierzu keine Veranlassung bestand.”
Dazu wollten wir eine Begründung wissen. Die Antwort: “Eine weitere Begründung erfolgt nicht.”
Frau Utt besteht übrigens auf schriftlicher Kommunikation. Telefonisch erteilt sie uns keine Auskünfte, denn sie fühlte sich in der Vergangenheit falsch wiedergegeben. Für uns ist das kein Problem – so haben wir immer alles schriftlich und unmissverständlich dokumentiert. Das erzeugt mehr Bürokratie, aber die hat manchmal etwas Gutes. Wir sind gesetzlich zu hohen Qualitätsansprüchen verpflichtet – die Staatsanwaltschaft aber noch viel mehr. Wir stellen Fragen, Frau Utt muss antworten. Fragen wollen gut überlegt sein – Antworten müssen noch besser überlegt sein. Das hat Frau Utt nicht verstanden. Deren Blockadehaltung macht uns das Leben etwas schwerer, aber ihres sehr viel anstrengender.
Der Kurpfälzer würde sagen: “Bleed geloffe”.