Rhein-Neckar, 02. Dezember 2017. (red/pro) Vor zwei Monaten haben wir ein Experiment gestartet: Wir haben Geld von unseren Leser/innen gefordert, bevor wir uns an die Arbeit machen. Die Zielvorgabe waren 160 Euro. Mit einer heutigen Zahlung sind 198,75 Euro zusammengekommen, die Mindestmarke ist also erreicht und wir machen uns an die Arbeit. Lesen können das Ergebnis nur die Leser/innen, die bereits bezahlt haben oder die, die für den noch zu veröffentlichenden Artikel zahlen. Das Arbeitsthema: Inwieweit haben die Medien die AfD befördert?
Von Hardy Prothmann
Nehmen Sie sich die Zeit für diesen Text – er ist lang, aber hintergründig.
Journalismus kostet Geld. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Unabhängigen Journalismus zu finanzieren, ist aber privatwirtschaftlich schwer. Anders als der öffentlich-rechtliche Rundfunk können wir auf keine Haushaltsabgabe zurückgreifen. Und anders als traditionelle Verlage sind wir mitten in der Medienkrise gestartet und konnten nicht jahrzehntelang Geld scheffeln und Monopolstrukturen schaffen. Zudem haben viele „Traditionsmedien“ die jetzt häufig beklagte „Kostenloskultur“ erst selbst geschaffen, indem über viele Jahre wertvolle Inhalte kostenlos im Internet angeboten worden sind.
Guter Jounalismus kostet Geld

Hardy Prothmann ist verantwortlicher Redakteur für das Rheinneckarblog. Foto: sap
Diese Inhalte sind aber nicht kostenlos, sondern kostenintensiv. Guter Journalismus ist ein Handwerk, für das man viele Fähigkeiten erwerben muss. Guter Journalismus braucht auch Zeit, um Entwicklungen zu beobachten und einschätzen zu können. Und Zeit ist bekanntlich Geld.
Der größte Teil unserer Einnahmen kommt über verkaufte Werbeplätze. Das ist auch gut so. Wir freuen uns, dass wir unseren Werbepartnern ein seriöses Umfeld bieten können, um auf ihre Leistungen aufmerksam zu machen. Wir verkaufen diese Werbeplätze zu günstigen Festpreisen – über „Klicks“ wäre unser Angebot nicht finanzierbar, das geht nur über Masse und eine sehr große Reichweite, die wir mit unserem regionalen Angebot nicht erreichen können. Dann müssten wir Reichweitenthemen anbieten, also Boulevard und schnell konsumierbare Aufregernachrichten, wir wollen aber relevante Themen bieten.
Finanzierung über mehrere Säulen
Die Umsätze zur Finanzierung unseres Angebots sollen sich auf mehrere Säulen stützen, damit wir nicht allein von einer Einkommensquelle abhängig sind. Das geht nur über Leser/innen, die für einzelne Artikel zahlen oder noch besser, einen Medienpass erwerben und pauschal zugreifen können. Der größte Teil unseres Angebots ist offen zugänglich, das ist der Reichweitenteil. Ein anderer Teil, insbesondere exklusive Arbeiten, machen wir seit über einem Jahr zunehmend kostenpflichtig. Daraus erzielen wir monatliche Umsätze im mittleren dreistelligen Bereich. Das wächst, nicht explosionsartig, aber kontinuierlich. Und wir freuen uns sehr, dass durch die Bezahlung unsere Arbeit eine Wertschätzung erfährt.
Dabei experimentieren wir auch. Aktuell haben wir ein „Crowdfunding“ gemacht – also keine neue Idee. Das Prinzip ist, ein Projekt anzubieten, Geld einzusammeln und wenn das Finanzierungsziel erreicht ist, wird das Projekt umgesetzt. Das Problem: Der Aufwand für einen einzelnen Artikel lohnt nicht. Es macht keinen Sinn, ein Video zu produzieren, eine Präsentation dazuzustellen, „Goodies“ anzubieten, wenn die Projektsumme gerade mal 160 Euro sind. Also haben wir um Einzelspenden oder Bezahlung per Selectyco gebeten, um kostengünstig und möglichst einfach den aufgerufenen Betrag zu erreichen.
Relevante Themen
Das Ergebnis ist interessant: Es geht um ein relevantes Thema. „Inwieweit haben die Medien die AfD befördert?“ Das Thema ist regional relevant – immerhin hat die AfD in Mannheim den Wahlkreis-Nord bei der Landtagswahl 2016 gewonnen. Es ist auch bundesweit relevant, immerhin sitzt die AfD nach der Bundestagswahl 2017 auch im Deutschen Bundestag. Und das Thema ist allgemein relevant – wie ist das so mit dem Wechselspiel von Medien und Politik? Also genau die Sorte von Themen, die Sie als verständige Leserschaft häufig bei uns finden, analytisch und hintergründig aufbereitet.
5. Oktober: 27 Zahlungen = 15,93 Euro
6. Oktober: 43 Zahlungen = 25,37 Euro
7. Oktober: 48 Zahlungen = 28,32 Euro
8. Oktober: 54 Zahlungen = 31,86 Euro
10. Oktober: 64 Zahlungen = 37,76 Euro
11. Oktober: 69 Zahlungen = 40,71 Euro
11. Oktober: Paypal = 20 Euro
12. Oktober: 73 Zahlungen = 43,07 Euro + 20 Euro = 63,07 Euro und damit noch 100 Euro vom Minimalzahl entfernt. Besten Dank bis hier an alle Zahler.
15. Oktober: 84 Zahlungen = 49,56 Euro
15. November: 123 Zahlungen = 72,57 Euro
16. November: 125 Zahlungen = 73,75 Euro
19. November: 25 Euro via Paypal = 98,75 Euro
25. November: 30 Euro via Paypal = 128,75 Euro
02. Dezember: 50 Euro via Paypal = 178,75 Euro
So ist der Zahlungsverlauf. Wir haben alle paar Tage geschaut, was an Zahlungen erfolgt ist und dann Zwischenstände durchgegeben.
Wir haben ein paar Fehler gemacht
Achtung: Dabei haben wir einen Fehler gemacht, siehe 12. Oktober. Wir haben zwar die 20 Euro vom 11. Oktober über Paypal aufgeführt, aber in der Summe ab dem 15. November nicht berücksichtigt, die kommen also noch obendrauf, es sind nicht 178,75, sondern 198,75 Euro.
Der Eintrag vom 19. November umfasst eine Zahlung von 25 Euro, der Eintrag vom 25. Oktober 5+10+15 Euro. Wir haben noch weitere Paypalzahlungen erhalten, die aber nicht explizit mit „Inhalt gegen Geld“ eingingen – hier wissen wir also nicht, ob es eine allgemeine Zuwendung war oder explizit für dieses Projekt.
In einem Kommentar sind wir angegriffen worden, dass unser Verfahren „intransparent“ sei. Wir verstehen die Kritik und haben sie beantwortet – wir sind hier offen für Vorschläge, ob es eine bessere Lösung gibt. Bei diesen Beträgen noch eine Gebühr an einen Notar zu bezahlen, ist sicher keine sinnvolle Lösung. Vielleicht ist Vertrauen eine Lösung, Sie sehen ja, welche Mühe wir uns geben, die Sache transparent zu machen und dabei auch auf Fehler hinweisen, die uns nachträglich auffallen.
Ein weiterer Fehler ist, wie wir die Sache angelegt haben, der ist technisch bedingt. Die Leser/innen, die bezahlt haben, sollen den Text natürlich dann lesen können ohne nochmals zahlen zu müssen. Dafür müssen wir die URL, also die Internetadresse gleich belassen, damit Selectyco das erkennt. Müssen wir den Artikel dann in den „Inhalt gegen Geld“-Artikel schreiben. Da haben wir vorher nicht drüber nachgedacht und wissen noch keine Lösung, denn unsere Überschriften entstehen immer am Ende einer Arbeit, wir wissen ja vorher nicht, zu welchem Ergebnis wir kommen. Eine Möglichkeit ist vielleicht die Arbeitsthese als Titel zu nehmen.
Wir müssen also irgendwie eine Lösung finden, die zum Thema passt, damit später auch erkennbar ist, um welches Thema es sich handelt und dabei berücksichtigen, dass die Suchmaschinen das auch korrekt identifizieren können. Denn kostenpflichtige Texte können die Suchmaschinen nur bis zur Bezahlschranke erfassen, sucht jemand nach „AfD+Medien“ findert er „Inhalt gegen Geld“ nicht. Sie sehen, das ist auch technisch komplex. Unser Anspruch ist, es so einfach und transparent wie möglich zu machen – und bitten um Nachsicht, dass wir hier eine Lernkurve nehmen müssen.
Ein weiteres konzeptionelles Problem sind die Paypal-Zahler – Selectyco kann nicht erkennen, dass über Paypal bezahlt worden ist. Technisch lässt sich das nicht verknüpfen. Da wir über Paypal eine email-Adresse haben, erhalten diese Kunden den Artikel dann als PDF per email zugesendet.
131 Vorauszahler
Ingesamt haben also 131 Personen diesen Text, der erst noch zu erarbeiten ist, bezahlt. Im Wissen, dass man bezahlt, der Text aber nicht erscheint, wenn die Mindestmarke nicht erreicht wird. VIELEN HERZLICHEN DANK DAFÜR! Auch das ist für Sie interessant: 125 Zahler/innen haben einen Betrag von 73,75 Euro geleistet, 6 Zahler/innen einen von 125 Euro. Ohne diese größeren Beträge hätten wir das Ziel aktuell also nicht erreicht. Umgekehrt wären die 160 Euro aber ohne die anderen Beiträge auch nicht erreicht worden. Jeder hat also seinen Beitrag geleistet, einige davon einen sehr hohen.
Das schmälert nicht unseren Dank an die, die den Betrag von 59 Cent bezahlt haben. Das hätten 270 sein müssen, ungefähr die Hälfte sind zusammengekommen. Für uns ist wichtig: 131 Personen haben uns einen Vertrauensvorschuss gegeben, dem fühlen wir uns verpflichtet. Unser Ziel ist ganz klar: Wir wollen erreichen, dass wir auch Geld für komplexe Themen abseits der Tagesordnung haben, um Journalismus bezahlen zu können – beispielsweise auch externe Autoren, die wir für ein anständiges Honorar anwerben können.
Wir entwickeln weiter
Das werden Themen sein, für die wir je nach Aufwand 200-1.000 Euro als anständiges Honorar veranschlagen. Beim aktuellen Thema sind wir mit 160 Euro deutlich niedriger eingestiegen als die kalkulierten mindestens 280 Euro, wie im Projekt beschrieben. Egal – das war ein Versuchsballon, er ist aufgestiegen und wir arbeiten dran, diese Finanzierungsquelle zu erschließen. Daraus können dann auch größere Projekte entstehen, bei denen wir dann möglicherweise auch auf Crowdfunding-Plattformen zurückgreifen oder tatsächlich einen Notar mit der Transparenzkontrolle beauftragen.
Unterm Strich gilt: Journalismus muss finanziert werden, die Kunden haben aber auch ein Recht auf gute Leistung und Informationen zum Produkt.
Bitte erwarten Sie den Text nicht morgen und auch nicht übermorgen, sondern voraussichtlich eher im Januar. Wir haben einige Recherchen zu erledigen, müssen Experten befragen und das wird in der Vorweihnachtszeit nur bedingt gelingen.
Nochmals herzlichen Dank!
Übrigens, Sie können auch weiter daran teilnehmen, dass vielleicht sogar 280 Euro zusammenkommen – „Inhalt gegen Geld„.
Nachtrag: Kaum veröffentlicht, sind es 132 Zahler. Top!