Rhein-Neckar/Berlin, 29. September 2017. (red/pro) Eine der wichtigsten Aufgaben von Journalismus ist, präzise, überprüfte Fakten an die Öffentlichkeit zu geben. Manchmal passieren dabei Fehler, das ist ärgerlich, kann aber korrigiert werden. Wenn der Fehler aber bereits im Handwerk steckt, sieht es schlecht aus für die präzise Information. So zu erleben beim ARD-Talkformat „Maischberger“ der ARD – eine Produktion, die sehr viel Gebührengeld kostet, wie viel, weiß man nicht.
Für Angela Merkel ist der krachende Verlust der Union, minus 8,6 Prozent kein Grund zur Selbstkritik,
heißt es in einem Einspielfilm der Maischberger-Sendung vom 27. September 2017 mit dem Thema: „Die Wutwahl – haben die Volksparteien ausgedient?“ (Sendeminute 08:00′)
In der Sendung sagt Frau Maischberger zum bayerischen Finanzminister Markus Söder, der per Video zugeschaltet ist:
Sie haben bei dieser Wahl das schlechteste Wahlergebnis eingefahren, an das sich die CSU erinnern kann. 38 Prozent, das sind minus 10 Prozent. (Sendeminute 22:13′)
In der Runde sitzen Renate Künast (Grüne), Klaus von Dohnanyi (SPD), Frauke Petry (AfD), Gregor Gysi (Die Linke) und Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo. Und niemand zuckt.

Weder Frau Maischberger noch ihre Redaktion kennen den Unterschied zwischen Prozent und Prozentpunkten. Damit wird „Journalismus“ Quatsch mit Soße. Quelle: ARD-Sendung Maischberger
Kein einziges Mal wird in der Sendung korrekt zwischen Prozent und Prozentpunkten unterschieden. Die Union hätte sich über „nur“ -8,6 Prozent gefreut, sie wäre dann nämlich nicht auf 32,9 Prozent abgestürzt, sondern bei 37,9 Prozent gelandet. Das wäre nur 3,6 Prozentpunkte Verlust und fünf Prozentpunkte besser als beim tatsächlichen Ergebnis.
Die Sache mit Prozent und Prozentpunkten
Ganz ehrlich, so viel Inkompetenz macht erst fassungslos und dann wütend. Sitzen hier wirklich Spitzenpolitiker und eine spitze bezahlte Moderatorin sowie ein spitze bezahlter Chefredakteur und keiner kennt den Unterschied zwischen Prozent und Prozentpunkten?
Die Unionsparteien hatten 41,5 Prozent 2013 und erreichten 2017 nur noch 32,9 Prozent. Das entspricht nicht einem Verlust von 8,6 Prozent, sondern von rund 21 Prozent. Die Differenz sind 8,6 Prozentpunkte. Gleiches für die CSU, auch hier sind es rund 21 Prozent Verlust und 10 Prozentpunkte.
Wie tragisch falsch die Sendung Maischberger informiert, erkläre ich an einem einfachen Beispiel:
Eine Partei erhält bei einer Wahl 1 Prozent der Stimmen. Bei der nächsten Wahl 2 Prozent. Folgt man der maischbergerschen Mathematik, hat die Partei also 1 Prozent hinzugewonnen. Tatsächlich hat die Partei 100 Prozent hinzugewonnen. Denn Prozent bezeichnet den relativen Anteil, der Prozentpunkt (auch Basispunkt genannt), den absoluten Wert. Die Partei hat also absolut einen Prozentpunkt hinzugewonnen und relativ ihr Ergebnis um 100 Prozent gesteigert.
Relativ absolute oder absolut relative Pleite?
Wenn Kaufleute den Unterschied zwischen Prozent und Prozentpunkten nicht kennen, muss die Firma im Handumdrehen Konkurs anmelden. Wenn Herrn Schäuble sowas passieren würde, wären die Staatsfinanzen ruckzuck im Eimer. Wenn Journalisten und Politiker elementare Dinge nicht verstehen, ist die politische Willensbildung pleite – relativ wie absolut. In der Schule gibt es dafür absolut ein f – für falsch.
Die tagesschau der ARD bietet seit einiger Zeit einen „faktenfinder“ an, die Sendung Maischberger hat einen Faktencheck. Nun raten Sie mal, ob diesen über Gebührengelder hoch bezahlten Redaktionen irgendetwas auffällt, zu dem Mist, den sie an ein Millionenpublikum verbreiten? Natürlich nicht.
Liebe Frau Maischberger, liebes Redaktionsteam der Sendung: Die Volkshochschulen bietet tolle und gar nicht teure Kurse zur politischen Bildung an. Wenn man da artig fragt, bekommt man den erheblichen Unterschied zwischen Prozent und Prozentpunkten so lange erklärt, bis man es verstanden hat.
Denn selbst Frau Maischberger dürfte verstehen, dass, sollte ihr Anlageberater ihr einen Prozentpunkt mehr Verzinsung aufs Kapital versprichen, also eine Steigerung von 4 Prozent auf 5 Prozent, sie am Ende des Jahres echt wütend wäre, wenn er tatsächlich eine Erhöhung um ein Prozent meinte, denn dann gibt es nur 4,04 Prozent.