Rhein-Neckar, 04. Juli 2017. (red/pro) Es gibt Mitteilungen, die schreibt man nicht gerne. Das ist Alltag. Auch diese Mitteilung ist eine für uns alltägliche Meldung. Verantwortlich. Vorausschauend. Und eindeutig. Das Rheinneckarblog ist eine kleine journalistische Redaktion mit hoher publizistischer Relevanz. Hinter dieser Redaktion steht vor allem ein Mensch – der Gründer und redaktionell verantwortliche Hardy Prothmann. 50 Jahre alt, seit 1991 Journalist und seit 2009 “Blogger”, was nur eine moderne Form von Journalismus ist. Unterstützt durch viele junge Menschen, deren Berufsziel “Journalist” ist, was sich möglicherweise rabiat ändern könnte. Aktuell wird unsere junge Unternehmung vor allem durch zwei Prozesse bedroht. In beiden Fällen klagt im weiten Sinne die Lokalzeitung Mannheimer Morgen gegen uns und das ist existenzbedrohlich.
Von Hardy Prothmann
Am Abend des 03. Juli 2017 erreichte mich die Nachricht meines Anwalts. Ich möge doch bitte die Erwiderung auf den Schriftsatz der Gegenseite zur Kenntnis nehmen und mich dazu bis 14 Uhr am heutigen 04. Juli äußern.
Das sind neun Seiten geballter juristischer Inhalt. Keine Ahnung, was Sie so nach 18 Uhr tun, aber solche Schreiben gehören für mich zum Job. Aktuell ist es 03:08 Uhr. Am Ende des Artikels teile ich Ihnen mit, wann ich ins Bett gekommen bin.
Zeitung klagt gegen Blog
Verabredungen mit Freunden? Sport? Pizza? Kino? Sofa? Können Sie vergessen. Hier geht es ums Eingemachte. Verabredung ist gecancelt. Konkret geht es um 17 Worte in einer Überschrift und in einem Satz, die im Ergebnis für den Verlierer rund 14.000 Euro kosten. Dazu hunderte von Seiten durch die Anwälte und das Gericht.
Sie reiben sich die Augen und fallen vom Glauben ab? Sie haben richtig gelesen. Die Mannheimer Morgen Großdruckerei und Verlag GmbH (MM) hat mich wegen einer Überschrift und einem Satz verklagt. Der komplette Inhalt des Artikels wurde nicht angegriffen – doch der ist Basis für Überschrift und ersten Satz als Meinungsäußerung.
Der MM hat vor dem Landgericht Mannheim zunächst gewonnen – danach wurden mir eine Überschrift und der erste Satz des Vorspanns zu einem Artikel untersagt (Den Artikel und alle Infos können Sie hier nachlesen). Dagegen bin ich in Berufung gegangen – nicht aus Trotz oder weil ich nichts Besseres zu tun habe, sondern, weil ich fest überzeugt bin, dass die Entscheidung des Landgerichts Mannheim vollständig falsch war und weil es mir um den Grundsatz der Meinungsfreiheit geht: Journalismus muss nicht nur Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft hart kritisieren können, sondern auch die Kritiker, also Journalisten und Medien.
Sollte der MM mit seiner Klage durchkommen, das ist meine Meinung, wäre das eine Katastrophe – nicht nur für mich und meine Mitarbeiter, sondern für den Journalismus allgemein. Dagegen ist die Causa Böhmermann Pillepalle. Denn es gäbe eine Art “Präjustiz” – jede Meinungsäußerung, ob Medien möglicherweise manipulieren könnten, hätte ein Urteil, dass solche Meinungen nicht zulässig sind. Abmahnungen in Reihe wären die Folge.
Und wissen Sie was – der Satz vorher, der ist nicht abgestimmt mit meinen Anwälten. Da verhalte ich mich unklug, ich sichere mich nicht bis ins letzte Detail ab. Das möchte ich auch nicht und das geht an der journalistischen Realität vorbei. Wenn nur der Journalist sich äußern kann, der in der Lage ist, bei jedem kritischen Artikel vor Veröffentlichung Anwälte für teuer Geld prüfen zu lassen, dann gibt es bald keinen Journalismus mehr. In der Realität findet das nicht statt – Großverlage können juristische Probleme wegstecken oder kalkulieren sie ein. Kleine Angebote wie RNB können nichts kalkulieren und schon gar nicht wegstecken.
Wir waren früher, besser und sind angreifbarer
Wir haben in den vergangenen Jahren ein vielbeachtetes Medienangebot aufgebaut. Unsere Berichte haben oft für Kontroversen gesorgt. Wir wurden vielfach von allen möglichen Seiten – auch körperlich – angegriffen.
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Unsere Berichte zeichnen sich durch eine hohe Qualität aus. Oft waren wir Monate und länger anderen Medien voraus und haben gegen den “Mainstream” berichtet und lagen damit richtig. Neben unseren Leser/innen in der Region werden wir viel in Stuttgart und Berlin und anderen Großstädten gelesen – dort, wo die Entscheider sitzen.
Wir haben investigativ gearbeitet und jede Menge Fake News als solche enttarnt.
Wir haben mehrere zehntausend Leser im Monat. Aber nur ein geringer Teil ist bislang bereit, für unsere Leistung auch zu zahlen. Auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Unsere Rheinneckarblog-Plus-Angebote entwickeln sich gut, aber nicht derart, dass wir darauf unsere Arbeit finanziell stützen könnten.
Wir haben das Vertrauen unserer Werbepartner gewonnen, die sich in unserem Angebot wohl fühlen und dieses wegen der hohen Aufmerksamkeit schätzen. Ich persönlich bedanke mich für mein kleines Unternehmen und alle Mitarbeiter sehr gerne für die gute Zusammenarbeit mit diesen Partnern, die sich absolut korrekt verhalten haben. Anzeige gegen Artikel – wie das oft der Fall ist – hat noch nie stattgefunden.
Entscheidungen über 24.000 Euro in den kommenden Wochen
Kommende Woche haben wir Termin in Karlsruhe vor dem Oberlandesgericht. Da geht es in Summe um rund 14.000 Euro für den Verlierer.
Doch das ist nicht alles. In einem anderen Fall hat uns der MM auf insgesamt 6.000 Euro Schadenssumme plus Anwalts- und Gerichtskosten verklagt, was locker gut nochmals 10.000 Euro ausmacht.
Unabhängig von den Summen sind solche Vorgänge erheblich belastend. Rein zeitlich, weil man sich damit beschäftigen muss und natürlich persönlich, weil ein Verlieren existenzbedrohlich ist – für mich persönlich. Der Großverlag würde eine Niederlage finanziell locker verkraften.
Vor Gericht und auf See ist man in Gottes Hand. Ich hoffe auf eine gerechte Gerichtsbarkeit. Das Landgerichtsurteil konnte ich nicht akzeptieren, weil die Verhandlung regelrecht absurd war. Ich bin gespannt, wie es kommende Woche vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe sein wird und welche Entscheidung die Richter treffen werden.
Für mich persönlich kann ich vorab ankündigen, dass im Falle einer Niederlage das RNB Geschichte sein wird, sofern es keine Unterstützung durch die Leserschaft geben sollte, die ein Fortkommen ermöglicht.
Hohe Investition, viel Leidenschaft und immer noch Zuversicht
Ich habe in den vergangenen sieben Jahren einen fast sechsstelligen Betrag aus meinen Rücklagen investiert, um dieses neue Medium zu schaffen. Es gibt keine Fremdinvestoren und das RNB ist vollständig unabhängig. Nicht aber vom wirtschaftlichen Erfolg, der sich zunehmend einstellt. Aber auch sehr angreifbar, was juristische Klagen mit entsprechenden Kosten angeht.
Nach meiner Meinung ist der MM fest entschlossen, uns nach Strich und Faden wegzuklagen, um sich sein Monopol zu sichern – was eigentlich nur ein Eingeständnis ist, dass wir so viel mehr besser machen, als diese Traditionszeitung.
Wie sonst käme man wegen 17 Wörtern auf die Idee, so einen Musterprozess zu veranstalten? In diesem Fall geht es nur um eine Chance, uns anzugreifen, nachdem wir vorher und auch nachher schon oft Kritik geübt haben. Hier will man die Chance auf den Exitus nutzen. Die halte ich für zweifelhaft – aber letztlich entscheidet ein Gericht und auch, welche Mittel man hat. Meine sind dann aufgebraucht.
Sie, liebe Leserin, lieber Leser, können das alles ganz amüsant finden – hoho, Popcorn, da zoffen sich zwei.
Sorry, es geht nicht um Show, es geht ums Eingemachte. Und wenn wir verlieren, stelle ich RNB auf Sicht ein.
Die Verträge mit den Werbepartnern werden erfüllt. Wir berichten bis Ende 2017. Dann ist Ende. Dann hört RNB auf. Dann hat der MM das absolute Monopol. Und die Hoffnung, dass es eine Gegenstimme zur Zeitung gibt, also Meinungsvielfalt ist damit begraben. Niemand wird sich auf dieses Minenfeld wagen.
Sie entscheiden hier und jetzt und heute, welche Medien Sie wollen und wie Sie informiert werden wollen. Auch die Werbepartner entscheiden das – auch mögliche neue, mit denen wir Termine haben. Sie als Bürger und Unternehmen als Werbepartner entscheiden, was passiert und wie verantwortlich man dafür ist.
Good Night and good luck!
Es ist genau 04:11 Uhr.
Gute Nacht und viel Glück.
Für Sie, für mich und meine Mitarbeiter. Wenn wir nicht verlieren, haben wir noch lange nicht gewonnen. Unsere Arbeit benötigt nicht nur Ihr Interesse, sondern auch Ihr Geld, um unsere Arbeit bezahlen zu können, die wir für Sie leisten – unabhängig davon, ob wir Ihre Meinung bestätigen oder nicht. Wir sind Journalisten und recherchieren unabhängig und an den jeweiligen Sachen orientiert. Wir arbeiten nicht, um Werbekunden zu gefallen oder Ihnen, falls Sie uns Geld geben. Wir arbeiten, um unseren Job zu machen und gut und verlässlich zu informieren.
Wenn Ihnen das gefällt, geben Sie uns Geld. Wenn Sie das nicht interessiert, lassen Sie es und finden sich mit den Verhältnissen ab. Dann gibt es halt ein journalistisches Angebot weniger.
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Falls wir in beiden Klagen verlieren, bedeutet das für mich persönlich, dass ich möglicherweise Privatinsolvenz anmelden muss, um mich von weiteren Schäden freizuhalten.
Mein Ruf ist einwandfrei. Ich bin ein professioneller Journalist, der erwiesen keine harte Arbeit scheut. Meine Reputation ist umfänglich.
Und eine mögliche Privatinsolvenz wird sich rumsprechen. Überlegen Sie mal, das das in der Konsequenz bedeutet?
Welche jungen Leute werden noch in diesen Beruf gehen wollen, wo man für Leistung mit dem Abseits rechnen muss? Wer traut sich noch was? Wer berichtet mutig und nicht nur angepasst, wie man das bei “etablierten” Medien überall feststellen muss?
Und wer ist verantwortlich für diesen Zug ins schwarze Loch der Meinungslosigkeit und konsequenten Gefälligkeit? Eine Lokalzeitung, deren Methoden zweifelhaft sind und die nicht mit Kritik umgehen kann. Nach meiner Meinung ist das schon fast eine perverse Entwicklung.
Ein Meinungsmedium erreicht den Tod eines Meinungsmediums zur Bewahrung der eigenen umstrittenen Meinung, die gar nicht eigene Meinung ist, sondern die von Lesern ohne jegliche journalistische Reputation. Ironie off.
Gerüchte und Tatsachen
Wichtig ist ein Hinweis von meiner Seite. Es wurde immer wieder kolportiert, dass ich mit dem Mannheimer Morgen irgendeine Rechnung offen hätte. Das ist kompletter Quatsch. Ich war neben meinem Studium von 1991-1994 als freier Mitarbeiter für die Zeitung tätig. Das ist also über 23 Jahre her. Seitdem gibt es keinen persönlichen oder beruflichen Kontakt zu diesem Medium, bis auf eine Anfrage, die nicht beantwortet worden ist und auch über zehn Jahr zurückliegt.
Ich habe mich nie bei dieser Zeitung um einen Job oder Aufträge nach der Studienzeit beworben. Fest steht, ich finde, dass die Inhalte der Zeitung sehr schlecht gemacht sind, seit vielen Jahren. Wie bei vielen anderen Zeitungen auch.
Fest steht auch, dass das RNB seit einigen Jahren Mitglied im Deutschen Presserat ist und gegen uns verschiedene Beschwerden eingingen, die keinen Erfolg hatte. Fest steht auch, dass im selben Zeitraum gegen den MM verschiedene Beschwerden eingingen, die Erfolg hatten.
Fest steht auch, dass der MM das RNB als Medium vollständig ignoriert – aber mit Nachdruck juristisch bekämpft.
Jedem das, was er will
Darüber kann sich jeder seine Meinung bilden, was das wohl bedeutet.
Mein persönliches Leben, liebe Leserin, lieber Leser, habe ich seit einigen Jahren unter den Scheffel einer konsequenten Information der Öffentlichkeit gestellt, um Sie unabhängig und gut zu unterrichten. Ich bin damit in erhebliche persönliche und finanzielle Vorleistung getreten, die bislang nur mäßig gewürdigt wurde.
Um Fördergelder habe ich mich nie bemüht – ich bin der Überzeugung, dass der Markt es richten muss. Und wenn unser Angebot bei Ihnen im Gegensatz zu guten Erfolgen bei Werbekunden nicht erfolgreich ist, dann wollen Sie halt nichts für Leistung bezahlen. Ob das in Ihrem Interesse ist, müssen Sie selbst abwägen. Wenn das RNB eingestellt wird, kommt nicht sofort ein Nachfolger. Garantiert nicht.
Es gibt interessierte Anfragen für meine Fähigkeiten. Jeder von Ihnen entscheidet mit, wie ich mich entscheide.
PR und Strippenziehen ist lukrativ und ganz ehrlich: Ich täte mich locken lassen. Journalismus ist mein Traumberuf.
Ich mache aber gerne auch Jobs, die nicht nur wenig Brot mit unsicherem Belag sichern, sondern jede Menge Leckereien.
Insbesondere, weil ich freiwillig viele Jahre auf jeglichen Luxus verzichtet habe. Für eine Öffentlichkeit, die offenbar überwiegend nicht gewillt ist, den Luxus von unabhängigem Journalismus wertzuschätzen. Auch das ist eine Tatsachenbehauptung – für die mich aber niemand verklagen wird.
Jedem das, was er will.
Sie wollen unser Angebot? Dann zahlen Sie dafür. Wenn Ihnen das zu teuer ist, wird es Sie – versprochen – teuer zu stehen kommen.
In diesem Sinne.
Sie können hier Geld geben oder es lassen.
Hier finden Sie ein aktuelles Interview, dass der Medienberater Marian Semm mit mir geführt hat – interessant für alle Menschen aus der Branche und die, die sich für Medien interessieren.