Rhein-Neckar/Welt, 01. April 2018. (red) Aktualisiert. Im Januar 2011 ist das Rheinneckarblog.de an den Start gegangen. Seither haben wir über 18.000 Texte veröffentlicht. Sieben Jahre und drei Monate später geht das Projekt heute zu Ende. Wir danken für Ihre Aufmerksamkeit.
Es war eine spannende Zeit, die wir genutzt haben, um viel zu experimentieren. Das hat nicht jedem Freude bereitet.
Abstrakte Bedrohungslage
Der Staatsschutz bestätigt uns eine „abstrakte Bedrohungslage“, insbesondere gegenüber dem Redaktionsleiter Hardy Prothmann, insbesondere durch Linksextreme, aber auch Rechtsextreme. Es gab tätliche Angriffe auf uns, viele Shitstorms mit weiteren Bedrohungen und massiven Beleidigungen.
Es gab 46 juristische und existenzbedrohende Auseinandersetzungen, die wir allesamt nicht verloren, die allermeisten sogar gewonnen haben (2010 (damals Heddesheimblog) war das erste und einzige, das wir verloren haben). Beispielsweise mussten wir durch eine Klage eines Mannheimer Großverlags bis vor das Oberlandesgericht Karlsruhe ziehen, wo wir letztlich vollumfänglich obsiegt haben. Spaß hat das keinen gemacht und die rund 50.000 Euro in Summe hätten wir lieber auf dem sowieso schmalen Konto.
Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft Mannheim gegen uns (Verfahren 48), weil wir mutmaßlich eine Straftat begangen haben sollen (StGB § 126), indem wir einen fiktionalen Terroranschlag beschrieben haben. Man ermittelt, ob wir den öffentlichen Frieden gestört haben. Das ist schon kurios, denn das tun wir ständig und aus Überzeugung (aber nicht im Sinne dieses Paragrafen). Denn wir nehmen das mit der streitbaren Demokratie ernst.
Selbstverständlich haben wir niemals zur Gewalt aufgerufen, auch nicht zur Diskriminierung, auch nicht zu Boykotten – aber wie selbstverständlich wird uns mit Gewalt gedroht, wir werden aufs Übelste beleidigt und diskriminiert und die Boykottaufrufe sind Legion.
Um das mal spitz zu formulieren: Was wir häufig erleben, ist entfesselter Hass. Und Hetze.
Auch aktuell rufen viele, darunter sehr viele, denen wir durch unsere Berichte Fehlverhalten, ob Kungeleien. Lügen, Falschbehauptungen, Aufruf zum Hass, Gewaltbereitschaft, Diskriminierung und noch viel mehr üble Sachen nachweisen konnten, wieder zum Boykott gegen uns auf. Wegen eines Textes, der sicherlich provokant war, über den man streiten kann – aber kaum jemand äußert inhaltliche Argumente zu den sehr vielschichtigen Dimensionen und Folgen dieses Textes. Für viele reicht: Schuldig durch Anklage, obwohl die völlig unsubstantiiert und nur „gefühlt“ ist.
Es reicht, wenn es reicht
Irgendwann ist es mal gut.
Was kritische Journalisten, insbesondere in kleinen Einheiten aushalten müssen, geht auf keine Kuhhaut. Mit anderen Worten: Die Belastung ist geradezu pervers und man muss sich fragen, warum man sich das antut? Wir haben bislang geantwortet, weil es wichtig ist für eine streitbare Demokratie. Für das Ringen nach besten Argumenten. Für die Prüfung von Fakten und Aussagen.
Wir haben immer politisch farbenblind gearbeitet, ohne Ansehen von Personen oder Institutionen, vollständig unabhängig und immer kritisch, was sowohl positive wie negative Inhalte erzeugte.
Wir haben uns dabei nicht eben viele Freunde gemacht, was nach unserer Auffassung auch nicht Sinn und Zweck von Journalismus ist: Der soll Fakten recherchieren, prüfen und einordnen. Punkt. Damit können sich Leser dann Meinungen bilden. Es ist nicht Aufgabe von Journalismus, sich mit irgendeiner Sache gemein zu machen.
Jungen Leute empfehlen wir definitiv nicht, Journalismus als Beruf anzugehen – außer, man ist bereit, eben nicht unabhängig zu arbeiten oder nur Probleme zu haben.
Keine Investigation mehr
Wir geben Ihnen ein paar Beispiele von tatsächlich sehr, sehr vielen für unsere inhaltlich erfolgreiche Arbeit:
Als die NPD 2015 ihren Bundesparteitag in Weinheim abhielt, wurde die Polizei massiv von Linksradikalen angegriffen. Zunächst berichteten alle Medien über Polizeigewalt gegen junge Demonstranten. Bis auf uns. Durch beharrliche Recherche konnten wir belegen, dass das Fakenews waren. Letztlich entschlossen sich die Sicherheitsbehörden dazu, ungeschnittene Videoaufnahmen der Beweis- und Festnahmeeinheiten (BFE) zu zeigen. Damit wurde zweifelsfrei dokumentiert, dass die kritisierte Polizeigewalt eine Mär war.
Das Tötungsdelikt vor der H4-Wache war wochenlang in den Schlagzeilen. Wieder massive Vorwürfe gegen die Polizei. In anderen Medien wurden von Dutzenden von Zeugen berichtet, die ein Fehlverhalten der Polizei dokumentieren sollte. Alles Blödsinn.
Als Pinguin Nr. 53 aus dem Luisenpark verschwand und später ohne Kopf aufgefunden wurde, gab es sogar eine weltweite Berichterstattung. Wir hatten sehr schnell alle verfügbare Fakten bei der Hand und festgestellt, dass der „Pinguin-Mörder“ vermutlich ein Fuchs war. Zuvor gab es Stories über internationale Verbrecherringe, die seltene Tiere stehlen und handeln. Alles Blödsinn.
Gegen die Stadt Mannheim gab es massive Kampagnen mit heftigsten Vorwürfen, unter anderem zur Buga. Es soll getrickst und getäuscht worden sein. Wir konnten die Falschbehauptungen als solche enttarnen und im Gegenteil feststellen, dass insbesondere eine Lokalzeitung mit mindestens fragwürdigen Methoden arbeitet – die hat uns dann verklagt und ist krachend gescheitert.
Wir haben die Stadt Mannheim massiv kritisiert wegen der Beschneidung von Gemeinderäten – Stichwort: Redaktionsstatus. Und uns dabei auf die Seite des Anliegens von Stadtrat Julian Ferrat gestellt. Der ist ein Kauz und schräg, aber in der Sache hatte er nach unserer Auffassung Recht und konnte sich – nach Einsicht der Stadt, möglicherweise durch unsere Berichte – durchsetzen. Check. Demokratie hält auch Kauze aus.
Wir haben häufig andere Medien für massive Fehler kritisiert – wir kennen keinen Bericht, der uns Fehler nachweisen konnte. Richtig eklig war, als eine Lokalzeitung ein Mordopfer für ein Sommerrätsel missbrauchte. Dafür gab es eine Rüge durch den Deutschen Presserat (Da sind wir auch seit drei Jahren Mitglied und haben einige Beschwerden erhalten, die weder zu einer Missbilligung noch Rüge führten).
Insbesondere zur Flüchtlingskrise, die nach unserer Auffassung schon 2012 begann und nicht erst 2015, haben wir sehr umfangreich berichtet. Wir waren die ersten, die kriminelle unbegleitete minderjährige Flüchtlinge thematisiert haben, zwei Jahre später (im vergangenen Herbst) wurde das dann ein hochpolitisches Thema (und ist es noch, uns egal, müssen wir nicht mehr machen). Wir haben miese Zustände in den Unterkünften dokumentiert und unsere Berichte haben dafür gesorgt, dass rechte Sicherheitsfirmen gekündigt worden sind, dass es lebensrettende Verkehrsmaßnahmen gab – zur „Belohnung“ wurde in den Unterkünften das Foto von Hardy Prothmann aufgehängt: Do not enter.
Wir haben nachgewiesen, dass beim sogenannten „Hygiene-Skandal“ der UMM selbst bei sehr großen Medien mit sehr unsauberen Recherchemethoden gearbeitet wurde. Beispiel: An Skalpellen sollen Blutreste geklebt haben. Nur blöd, dass in der fraglichen Zeit längst Einwegskalpelle verwendet wurden, die nicht gereinigt, sondern nach der OP weggeworfen werden. Keins der großen Medien hat seine Fakenews bis heute berichtigt.
Fast alle unsere Analysen haben sich in der Wirklichkeit bewahrheitet. Jüngeres Beispiel: Beim Prozess gegen OEG-Schläger haben wir als einziges Medium über eine mutmaßliche Jugendgang berichtet. Kurz darauf wurde eine Polizeistreife angegriffen, aktuell wurden drei mutmaßliche Räuber verhaftet und kamen in Untersuchungshaft – die Beteiligten sollen in noch zu ermittelnden Zusammenhängen zu den OEG-Schlägern stehen.
All das ist nun vorbei.
Erst knallen die Korken, dann der Rest
Wir wissen genau, wer jubeln wird. Die Korken werden knallen: Von Champagner über glutenfreien Bio-Sekt bis hin zu Henkel trocken.
Und wir wissen, wer zu uns gehalten hat und wer nicht. Möglicherweise werden einige, die uns als unbequem betrachtet haben, sich uns bald zurückwünschen, denn es wird keine publizistische Stimme nachwachsen, die ein Korrektiv zu den hiesigen Medien darstellt. Die können nun schalten und walten wie sie wollen und reiben sich sicher schon die Hände.
Das wird dramatisch werden und die Auswirkungen haben – mal wieder eine vorausschauende Analyse – viele nicht im Blick. Behörden wie Polizei und Kommunen oder städtische Betriebe und andere werden sich noch umschauen, aber niemanden entdecken, der sich interessiert, prüft und dann korrekt berichtet, wie die Sachlage ist und diese dazu noch einordnet.
Keine Sorge – aktuell ist die Mannschaft eh klein und Redaktionsleiter Hardy Prothmann kümmert sich darum, dass die Mitarbeiter keine überraschenden Verluste erleiden. Er selbst fällt weich und hat sich einen äußerst lukrativen Vertrag gesichert.
Er wechselt auf die dunkle Seite der Macht, die ihm alle Möglichkeiten zur Entfaltung seiner Talente ermöglicht und das auch noch hervorragend bezahlt.
Es wird fürchterlich werden. Und es werden jede Menge „offene Rechnungen“ beglichen werden. Versprochen.
In diesem Sinne.
Frohe Ostern und schöne Osterferien.
Aktualisiert.
Man sieht sich.
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