Rhein-Neckar/Welt, 05. April 2018. (red/pro) Das Rheinneckarblog ist tot – es lebe das Rheinneckarblog. Ok, das ist jetzt arg dramatisch, weil es halt arg dramatisch ist. Am 01. April haben wir „Ende. Aus. Vorbei“ verkündet. Viele haben das als „Aprilscherz“ eingeordnet und sind teils nervös, teils freudig erregt gewesen, weil seitdem nichts mehr veröffentlicht worden ist. Ein Späßchen machen wir immer gerne – tatsächlich ist die Lage todernst.
Von Hardy Prothmann
Dieser Text basiert auf Notwehr. Eigentlich hätten wir den „Aprilscherz“ zu unserem „Game Over“ noch gerne länger durchgehalten, aber das geht nicht. Erstens, weil es kein Scherz war und zweitens, weil sehr viele Menschen das Ende sehnlichst erwarten oder in Sorge sind, dass es tatsächlich soweit sein könnte.
Das Ende ist seit neun Jahren eine tägliche Option
Kann das sein, dass das Rheinneckarblog „dicht macht“?
Die Frage ist falsch. Andersrum wird ein Schuh draus – es ist sehr erstaunlich, dass das Rheinneckarblog so lange durchgehalten hat. Wie war das möglich? Das ist die richtige Frage.
Das erkläre ich Ihnen.
Das Ende ist seit neun Jahren eine tägliche Option.
Ich bin seit 1991 freier Journalist, erst als freier Mitarbeiter für eine Lokalzeitung (Mannheimer Morgen), wie das bei vielen der Fall ist, dann als Zulieferer für fast alle große Medien, was nur geht, wenn man hart arbeitet und Qualität liefert.
Vor allem in den 90iger Jahren war das Auskommen mehr als „bekömmlich“, dann kam die Dotcom-Blase und mit dem Internet viele Chancen, aber auch immense Verluste für klassische Medien, die durch neue Nachrichtenportale im Lokalen und Regionalen bis heute nicht aufgefangen werden können. Das es das Rheinneckarblog in der vorliegenden Form gibt, grenzt an ein Wunder – tatsächlich ist das sehr harte Arbeit.
Ich bin als Bürger 2009 durch Zufall zum „Bloggen“ gekommen (Heddesheimblog) und habe das mit allen Fehlern, die man machen kann, ausprobiert und weiterentwickelt. Ich behaupte, es gibt deutschlandweit keinen Journalisten, der seit 2009 mehr experimentiert hat, als ich das getan habe. Auf eigenes und teils erhebliches Risiko. Dabei habe ich auch jeden Fehler gemacht, den man machen kann.
Es wurden erhebliche Erwartungen an mich gestellt, ich hatte selbst viele und gleichzeitig sollte alles wie immer sein – das war oft der Punkt, an dem es Streit gab. Wer Neues macht, kann es nicht wie immer machen und Leute, die „des hänmer schun imma so gemacht, mache mer moje ah so“, sind da nicht die besten Wegbegleiter um auf Expedition zu gehen.
Herzlichen Dank an alle, die sich an der Hatz beteiligt haben
Nebenbei ist ein kleiner Betrieb entstanden, der einige Nachwuchsjournalisten solide ausgebildet hat. Ein journalistisches Angebot, das immer wieder für Furore gesorgt hat – zuletzt mit einer Aktion, bei der sich bundesweit sehr viele Menschen zusammengeschlossen haben, um mich persönlich und das RNB ein für allemal zu erledigen. Darunter, das nehme ich klar zur Kenntnis, sehr, sehr viele „sogenannte“ Journalisten, von denen sich viele „dem System“ durch politisch überkorrektes Verhalten empfehlen wollen. (Wer sich hier aufregt – das meine ich nicht politisch, sondern systemisch-egoistisch betrachtet, denn das Futter wird sehr knapp.)
Ob das RNB am Ende ist, ist offen. Bislang war die Hatz intensiv, aber erfolglos.
Ich für mich habe schon länger mit dem Blog abgeschlossen.
Ich muss das nicht tun. Ich mache das, weil ich es wichtig finde. An dem Tag, an dem ich das sinnlos finde, schließe ich ab.
Was für eine Freiheit. (Was viele nicht verstehen – ich kann mit Mangel leben und bin tatsächlich nicht erpressbar. Luft und Liebe und ab und an ein paar leckere Nudeln reichen mir.)
Es gibt keine Pflicht für mich, bis heute 47 abgeschlossene juristische Verfahren zu absolvieren (von denen ich nur eins „unglücklich“ verloren habe), für die ich rund 50.000 Euro bezahlen musste. Ich möchte auch nicht „Staatsfeind Nummer 1“ sein, wie mich gerade die Staatsanwaltschaft Mannheim einordnet (ok, ist übertrieben, die „ermitteln nur“, ob als objektivste Behörde der Welt oder aus persönlichen Gründen, lasse ich mal offen, obwohl ich die so oft geärgert habe, dass ich meinen könnte… und immerhin hält man mich für einen mutmaßlichen Störer des öffentlichen Friedens, interessant).
Wissen Sie, ich muss das echt nicht machen – seit vielen Jahren habe ich erhebliche Einkommenseinbußen, weil ich mich mit „Gott und der Welt“ anlege, was nicht eben sympathisch macht.
Journalismus ist harte Arbeit
Gleichzeitig bin ich vielen Vorbild (echt jetzt, wer will das erleben, was ich erlebe?) und vielfach belegt ist, dass ich als einzelner, freier Journalist mit einem kleinem Team (jeder, der sich hier gut eingebracht hat, ist ein Hero! und allen anderen habe ich die Tür gewiesen) immer wieder bundesweit für Aufmerksamkeit sorge.
Durch Inhalte. Durch harte Arbeit.
Auch gegen scheinbar übermächtige Gegner – der Prozess, den der Großverlag Dr. Haas-Gruppe (Mannheimer Morgen) gegen mich angestrengt hatte, war existenzbedrohend. Warum? Ich habe zweifelhafte journalistisch-redaktionelle Veröffentlichungen angemahnt und wurde mir Furor überzogen. Kein Angebot zum vernünftigen Austausch wurde angenommen – die wollten mich vernichten. Das ist meine Meinung, die Umstände bestätigen das (Und wissen Sie was? Wenn ich so etwas schreibe, ist immer die Angst im Nacken, ob „die“ wieder klagen werden, weil ich das so meine. Da muss man vorsichtig sein…). Ich habe den Prozess mit hervorragender anwaltlicher Unterstützung vollumfänglich vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe gewonnen. Mein Eindruck: Sehr souveräne Richter, klare Geister. Sehr gut. Respekt. (Wärs anders gelaufen, hätte ich auch vor Souveränität Respekt gehabt.)
Scheißgefühl vs. Gutgefühl
Das hat lange gedauert und ja, das ist ein Scheißgefühl, wenn man nicht weiß, wie das ausgeht. Über zwei Jahre ging das.
Für mich persönlich ist das ein sehr gutes Gefühl. Es geht weiter und ich kann behaupten und belegen, dass ich bundesweit ein Solitär bin. Ich bin frei, ich bin unabhängig, ich lasse mich nicht knechten und ich nehme erhebliche Nachteile in Kauf für meine Haltung, weswegen mich manche für irre halten (ein wenig irre muss man sein).
Dazu gehört auch, dass ein mir unbekannter Journalist beim SWR mich als „Herr Wichtigmann“ bezeichnet, um mich zu erniedrigen.
Ich weiß nicht, wie dieser Journalist sein Urteil begründet. Er hatte nie Kontakt zu mir, er schreibt das einfach so hin. Gebührenfinanziert. Mit dicker Hose.
Er muss nicht wie ich dafür Sorge tragen, dass man Umsätze macht, um Angestellte und Mitarbeiter zu bezahlen.
Solche Leute, die sich keinerlei Mühe geben, wohlgebettet sind, ihre Weltsicht möglicherweise im Kantinenschnack verfestigen, sind ein nachhaltiges Problem des Journalismus. Sie recherchieren nicht, sie sind nicht draußen, sie sind nach an den Menschen dran, sie sind nicht offen – sie wissen vor der Veröffentlichung, was veröffentlicht wird. Das ist tatsächlich nichtig und überhaupt nicht wichtig – aber sie haben eine enorme Reichweite und halten ihren Müll für „Meinung“ oder auch „Journalismus“. Im „Volk“ nennt man solche Leute mittlerweile „Systemjournalisten“. Leider ist diese Bezeichnung zutreffend – und das finde ich sehr bitter.
Dummschwätzer Überall
Ebenso wie der Dummschwätzer Prof. Dr. Frank Überall, der einen Nichtjournalisten Jan Böhmermann für sein Ziegenficker-„Gedicht“ verteidigt, weil man den „Kontext“ sehen müsse und nachweislich den hier veröffentlichten, fiktionalen „Terroranschlag“ mit Verve als Schaden für den Journalismus einordnete – ohne den Kontext zu kennen. Wie ist die Steigerungsform? Dumm, dümmer, am Überallsten?
Was soll man dazu noch sagen, außer, dass es absurd ist? Der Bundesvorsitzende des größten Journalistenverbands macht sich zum Volldeppen – und wird landauf, landab als „wichtige“ Stimme zitiert. Das ist bemerkenswert für den Zustand aller Medien, die dessen Meinungsmüll veröffentlichen. Geht so Journalismus? Indem man einen Dummschwätzer als „wichtige“ Stimme zitiert? Echt jetzt? (Herr Überall, bevor Sie Ihre Anwälte in Stellung bringen, googlen Sie das Dummschwätzer-Urteil des BVerfG – es passt Ihnen maßgeschneidert.)
Was unser fiktionaler Text an Beben verursacht hat, ist vollständig absurd und tatsächlich erschlagend.
meta, meta, meta
Ich bin aktuell sehr gefordert, die unglaublich vielen Metaebenen solide aufzuarbeiten. Dabei hilft auch niemand mit, weil da draußen ganz viele Angst haben, vorgeführt zu werden – dabei haben die das selbstverantwortlich bereits getan.
Finanzierung von Journalismus – ein ganz heißes Eisen
Wir haben mit den meisten unserer Werbekunden überhaupt keine Probleme, was unsere Veröffentlichung angeht. Mit einem anderen Teil haben wir erhebliche Probleme.
Das ist ein sehr heißes Eisen, weil wir selbstverständlich geschäftliche Kontakte vertraulich behandeln, aber andererseits nicht gewillt sind, unerträgliche Entwicklungen nicht zu thematisieren, um zu belegen, was „hinter den Kulissen“ so abgeht. Dabei ist uns bewusst, dass Überbringer schlechter Nachrichten als erste dran sein können – das droht uns. Na und?
Gucken Sie oben – damit kann man umgehen, wenn man frei und unabhängig ist. Und nicht verstrickt in irgendwas.
Das trifft auf mich als Person, als Redaktionsleiter und als Geschäftsführer zu. Ich bin schon immer, egal aus welcher Situation mit gradem Rücken und erhobenem Haupt rausgangen.
Frei, unabhängig, kritisch
Ich bin ein freier, unabhängiger und kritischer Journalist.
Ich bin ein Durchschnittsbürger. Nicht vorbestraft, auch, wenn mir das viele Medien nun andichten wollen.
Und das bleibe ich.
Wenn das RNB in Abhängigkeiten gebracht werden sollte, dann mache ich es zu.
Kein Problem damit.
Verlust droht und kommt, wenn es Gründe gibt
Meine bescheidene Meinung ist, dass der Öffentlichkeit hier im Raum ein ganz erheblicher Verlust entstehen würde, weil eine nachgewiesen kritische, streitbare, aber immer korrekte publizistische Stimme fehlen würde. Wenn das so sein soll, wird das so sein.
Und ich benenne jeden, der dafür verantwortlich ist.
Ob nervöse Kunden oder all die Leute, die sich gerne an geistiger Arbeit bedienen, aber keinen Cent dafür zahlen wollen. Beide Gruppen sind ein großes Thema.
Und dumme Medienrezipienten, die über null Medienkompetenz verfügen, nenne ich dumme Leute – weil das die Tatsache trifft.
Ab dem 09. April geht es weiter, möglicherweise holprig, weil das Beben immens war und man (auch ich) sowas nicht einfach wegsteckt.
Sie können sich auf unsere klar gekennzeichneten Informationen verlassen.
Wir bieten Ihnen Nachrichten & Informationen – und ab und an Experimente, die aber auch immer klar erkennbar sind.
Weitere Experimente
Zur Info: Beim Deutschen Presserat haben wir gerade Beschwerden gegen die FAZ, die Süddeutsche Zeitung, den Mannheimer Morgen sowie die Nachrichtenagentur dpa eingelegt – wir sind schon sehr gespannt, wie der Beschwerdeausschuss damit umgeht. Das wird heikel für den. Auch das ein Experiment – wir sind eines von wenigen Blogs, die dort Mitglied sind (wir wurden darum vom Presserat selbst gebeten) und richten uns nun gegen große Medien. Auch das ist meta – gab es noch nicht, wird Nervosität erzeugen.
Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Beste Grüße
Ihr
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