Ellwangen/Südwesten, 02. Mai 2018. (red/pol/pro) Rund 150 Asylbewerber in der Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Ellwangen sollen mit Gewalt und Androhung weiterer Gewalt zwei Streifenwagenbesatzungen angegriffen haben. Einen derartigen Fall hat es nach unserer Kenntnis bundesweit noch nicht gegeben – wer meint, dass eine solche Lage nicht absehbar war, lügt oder zeigt sich als inkompetent. Der Vorfall ist alarmierend und wird massive Folgen haben.
Kommentar: Hardy Prothmann
Seit Montagnacht ist klar, dass Polizeieinsätze in Flüchtlingsunterkünften zum Himmelfahrtskommando werden können.
Es muss niemanden überraschen, was in der Nacht zum Montag (30. April) in der Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Ellwangen vorgefallen ist.
Zwei Streifenwagenbesatzungen suchten und fanden einen Mann, gegen den eine Abschiebeverfügung vorliegt. Der Mann wurde gegen 2:30 Uhr mit Handschellen gefesselt und zum Streifenwagen gebracht. Doch plötzlich sahen sich laut Polizei die zwei Streifenwagenbesatzungen unvermittelt einer Meute Randalierern gegenüber, die die Beamten bedrohten und durch Tritte und Schläge die Streifenwagen beschädigten.
“Fragen Sie mal, wie es in denen aussieht”
Zunächst sollen sich rund 50 Bewohner “solidarisiert” haben und zeigten ein aggressives und drohendes Verhalten, um die Beamten zur Freilassung des Togolesen zu nötigen. Die wütende Menge schwoll dann auf 150 Personen an.
Die als extrem aggressiv und gewaltbereit empfundene Konfrontation führte dazu, dass die Polizei die bereits im polizeilichen Gewahrsam befindliche Person wieder freilassen musste, auch um eine andernfalls befürchtete massive Eskalation der Situation zu vermeiden. Durch Schlagen mit den Fäusten auf die zwei Streifenwagen war zu diesem Zeitpunkt bereits ein Dienstfahrzeug beschädigt worden,
teilt die Polizei mit. Auf Nachfrage wurde bestätigt, dass die Beamten körperlich nicht zu Schaden kamen: “Aber fragen Sie die mal, wie es innen drin aussieht”, sagt uns ein Beamter.
In der LEA leben derzeit rund 500 Menschen, die meisten aus afrikanischen Ländern, meist aus Nigeria, Guinea und Kamerun. Togo ist ein westafrikanischer Kleinstaat am Golf von Guinea mit rund 7,7 Millionen Menschen, das Land ist arm, die Menschenrechtslage kritisch, rund ein Drittel der Kinder zwischen 5-14 Jahren sollen Kinderarbeit verrichten, bis heute werden Kinder als Sklaven gehandelt und vorwiegend ins Ausland verkauft.
Die Polizei ermittelt nach dem Vorfall nun wegen des Tatbestandes der Gefangenenbefreiung, aber auch wegen des Verdachtes des Landfriedensbruches und anderen Straftaten.
Der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Aalen, Bernhard Weber, wies in einer Mitteilung darauf hin, dass die Straftatbestände des Landfriedensbruches und der Gefangenenbefreiung eine Durchsetzung der polizeilichen Maßnahme auch mit Gewalt gerechtfertigt hätte:
In einer so aggressiven und gewaltbereiten Ausnahmesituation den kühlen Kopf bewahrt zu haben, da kann ich meinen Kollegen nur großen Respekt zollen.
Allerdings war Herrn Weber auch wichtig anzuführen: “Wir gehen zwar davon aus, dass sich auch unser Gegenüber in einem äußerst angespannten Zustand befand und sich diese Menschen in dieser Gruppendynamik möglicherweise zu einem Handeln hätten hinreißen lassen, das sie bei nüchterner Überlegung vielleicht nicht getan hätten. Es ist aber auch ganz klar, dass sich der Rechtsstaat nicht von einer aggressiven Menge in der Durchsetzung rechtsstaatlichen Handels abbringen lässt. Das Recht wird durchgesetzt werden, dafür stehen wir. Wir werden auch weiterhin unserem Auftrag konsequent nachgehen.”
Innenminister in der Kritik – mal wieder
Tatsächlich dürfte das schwierig werden – mit Sicherheit sind die vier Beamten nicht in der Lage, in der Nacht 150 dunkelhäutige Menschen zu identifizieren. Strafverfolgung muss aber immer auf Beweisen basieren, alles andere wäre Willkür.
Der Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke kommentierte per Mitteilung:
Die Zustände sind alarmierend. Im nach den Worten des Innenministers sichersten Bundesland scheitert Herr Strobl an der Durchsetzung einer Abschiebung, weil der Polizei das Personal fehlt, 200 gewaltbereite Migranten in den Griff zu bekommen. Mit seiner regelmäßigen Aussage, man werde rechtsfreie Räume nicht dulden, ist der Innenminister wieder einmal gescheitert. Ganz offensichtlich sind seine Vorkehrungen zur Durchsetzung des geltenden Rechts nicht ausreichend.
Diese Entwicklung ist nach unserer Ansicht absehbar. Seit 2016 kommen immer weniger Zuwanderer ins Land – Asylbewerber so gut wie keine und auch keine Kriegsflüchtlinge. Tatsächlich sind es aber noch an die 200.000 Menschen, die jährlich ins Land kommen, die meisten sind jung und männlich und stammen beispielsweise aus afrikanischen Staaten, in denen keine guten Lebensbedingungen herrschen.
Wer junge Männer zusammenlegt, kann die Zeit stoppen, bis es zu Konflikten untereinander kommt, aber auch gegenüber der Polizei. Auch im Bereich des Polizeipräsidiums Mannheim gab es 2015 bis heute immer wieder Großeinsätze, teils mit über 20 Streifen, wenn Gruppen von Zuwanderern in Konflikt geraten waren. Dass sich eine derart große Meute gegen vier Beamte stellt, ist neu – aber nicht überraschend.
Viel entscheidender ist die Frage, wie das Innenministerium mit der Lage umgehen wird – denn klar ist, dass die “Bewohner” ganz klar “gegen die Polizei gewonnen haben”. 150 Menschen haben einen Gefangenen befreit, Polizeibeamte bedroht, Streifenwagen mutwillig beschädigt. Diese Nachricht wird sich herumsprechen – und die Folgen können fatal sein.
Für viele jungen Männer ist eine Abschiebung in ihre Heimatländer keine Option – sie werden sich dagegen wehren und es werden dabei auch Waffen eingesetzt werden. Das können Messer und alle Arten von Hieb- und Schlagwaffen sein, die man gerade so zur Hand hat.
Eindruck absoluter Machtlosigkeit
Wie der stellvertretende Polizeipräsident des Präsidiums Aalen richtig feststellt: Die Beamten hätten auch Gewalt anwenden können. Wer das übersetzt bei einer Verhältniszahl von 4:150 Personen, weiß genau, was gemeint ist – der Einsatz der Schusswaffen. Die Dienstwaffe P2000 (Heckler & Koch) ist mit 13 oder 16-Schuss-Magazinen ausgestattet (aus Kostengründen in BW 13 Schuss). Der Schusswaffeneinsatz gegenüber Menschenmengen ist extrem problematisch und eigentlich ein vollständig untaugliches Mittel, was die Aussage des Polizeipräsidenten eher disqualifiziert.
Offenbar war das Polizeipräsidium nicht in der Lage, entsprechende Verstärkungen zu entsenden, was wiederum höchst problematisch ist, da sich dadurch der Eindruck der absoluten Machtlosigkeit verstärkt.
Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass die Aussage, “die meisten Flüchtlinge” sind unproblematisch und machen keine Probleme erstens richtig ist, aber zweitens den Blick auf tatsächliche Sicherheitsprobleme verstellt: Entscheidend ist die Frage nach der Größe von Gruppen oder der Anzahl von Straftätern. Aber einer relevanten Zahl kommt die Sicherheit in Schieflage, wie aktuell in der LEA Ellwangen. Macht hat, wer eine Situation beherrscht – das Polizeipräsidium Aalen hat die Situation in Ellwangen (Ostalbkreis) auch nicht ansatzweise beherrscht.
Man kennt solche extrem aggressiven Reaktionen bereits aus Frankreich und Italien und diese werden in Deutschland nach unserer Einschätzung zunehmen – auch die Gewalt gegen Polizeibeamte im “ganz normalen” Einsatz, sobald sie es mit einer gewissen Klientel zu tun bekommen. Insbesondere im Nahbereich sind Beamte dann insbesondere durch Messerattacken in lebensgefährlicher Lage. Sollten Schusswaffen zum Einsatz kommen (was im Nahbereich selten möglich ist), werden sich die Beamten Vorwürfen ausgesetzt sehen.
Keine politische Führung erkennbar
Die zuständigen Innenminister haben die Aufgabe, mittels der Polizei in der Öffentlichkeit für Sicherheit, Recht und Ordnung zu sorgen. Tatsächlich fehlen aber überall Beamte und die Tatsache, dass die Gewalt gegen Polizeibeamte tendenziell klar zunimmt, wird nicht für einen Bewerbersturm sorgen. Beamte, die ihren Dienst bis zur Ruhezeit verlängern, sind meist nicht für solche Einsätze “am Mann” geeignet, weil zu alt. Und kein Polizist bei Verstand ist schießwütig – wenn es zur Schussabgabe kommt, gibt es regelmäßig Ermittlungen gegen die Beamten, die geschossen haben.
Es gibt so gut wie keine öffentliche Debatte darüber, was die Schussabgabe gegen einen Menschen für den Beamten bedeutet: Das ist eine absolute Stresssituation, die psychisch enorm mitnehmen kann. Nicht selten wird danach der Dienst quittiert. Polizeibeamte sind keine Berufskiller.
Die deutsche Polizei schießt selbstverständlich, wenn dies unvermeidlich ist und nur dadurch Gefahr für Leib und Leben abgewendet werden kann. Aber die deutsche Polizei ist nicht die amerikanische oder mexikanische oder russische, wo ganz andere “Einstellungen” herrschen. Niemand hier im Land wünscht sich eine solche Polizei, wie sie in anderen Ländern “üblich” ist.
Der durchschnittliche Streifenbeamte ist auf Konfliktsituationen wie in der LEA nicht vorbereitet. Ganz im Gegenteil. Dass die Beamten aus der LEA gejagt worden sind, ist unzumutbar. Tatsächlich bestreitet das RNB einen “kühlen Kopf” der Beamten – vermutlich ist denen der “Arsch auf Grundeis” gegangen angesichts der Lage. Unser Bestreiten richtet sich explizit nicht gegen die Beamten, die hatten aber analytisch betrachtet nur Glück, da heil rauszukommen – Kontrolle geht anders.
Es kann Polizeibeamten auch nicht zugemutet werden, in solche Situationen zu kommen – das wäre grob fahrlässig und ein massiver Verstoß gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers Bundesrepublik Deutschland, in diesem Fall das Land Baden-Württemberg.
Dass es zwei Tage nach dem Vorfall kein Sterbenswörtschen des Innenministers Thomas Strobl (CDU) zu dieser Krisenlage gibt, ist bezeichnend und ein – mit Verlaub – Armutszeugnis und ein Beleg politischer Führungslosigkeit. Niemand darf ein “Exempel” fordern – das hier ist Deutschland und nicht irgendein Militärstaat. Aber welche Konsequenzen wird es geben? Keine?
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Doch politische Führungslosigkeit führt zwangsläufig dazu, dass die “Herausforderungen” gegen den Staat immer größer werden, bis es doch zum “großen Knall” kommt. Deswegen ist auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis90/Die Grünen) absolut in der Verantwortung.
Frust wird Widerstand erzeugen
Der Landtagsabgeordnete und rechtspolitische Sprecher der Grünen, Hans-Ulrich Sckerl mag sich so zitieren lassen (Die Welt): “In einem Rechtsstaat muss ein solches Verhalten strafrechtliche Konsequenzen haben. Klar ist: Frust ist keine Entschuldigung für Straftaten.”
Tatsächlich sind Herr Sckerl und die Grünen lange Zeit die Vorreiter der Willkommenskultur gewesen, die genau diese Entwicklungen alle nie bedacht haben und deswegen auch vollständig ratlos sind, wie man damit umgehen sollte. Jeder Kritiker wurde sobald als möglich als Rassist dargestellt. Es ist auch derselbe Herr Sckerl, der verhinderte Abschiebungen nach Afghanistan unter Umgehung des Rechtsstaats massiv verteidigt.
Bezeichnend ist auch, dass Herr Sckerl, der mal Jura studiert hat, offenbar den Unterschied zwischen mutmaßlichen Straftaten und festgestellten Straftaten nicht kennt. Aktuell liegen mutmaßliche Straftaten vor und mit hoher Sicherheit werden wenn, nur wenige Einzelne für Straftaten tatsächlich belangt werden können. Die anderen haben die Erfahrung gemacht, dass sie dem deutschen Rechtsstaat und der Exekutive durch schiere Masse überlegen sind – wenn daraus eine Bewegung würde, nicht auszudenken, was die Folgen wären.
Selbstverständlich sind diese Menschen frustriert und werden es bleiben und deshalb weitere Straftaten begehen – auch wenn sich Herr Sckerl das nicht vorstellen kann oder möchte.
Und selbstverständlich steigt der Frust bei den Polizeibeamten und in der Bevölkerung, was am Ende der AfD, dem erklärten Hauptfeind der Grünen, nützen wird. Die AfD muss eigentlich gar nichts tun – sie muss keinerlei gestaltende Politik vorweisen. Für ihre Erfolge ist der Dilettantismus der anderen mehr als ausreichend.
Zur Erinnerung – in Mannheim soll ein “AnKeR”-Zentrum für bis zu 3.500 entstehen – übersetzt, ein Abschiebezentrum im Mannheimer Norden. Dort hat die AfD 2016 eines der Direktmandate gewonnen und der SPD das letzte Direktmandat gleichzeitig abgenommen. Im kommenden Jahr sind Kommunalwahlen in Baden-Württemberg – es wird dramatisch werden für die etablierten Parteien.
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Nachtrag: Nach unseren Recherchen werde die Polizei das Geschehen “analysieren” und sich künftig anders vorbereiten. Was das im Ergebnis bedeutet – Einstellung von Abschiebungen oder Auftreten mit Macht, wissen wir nicht.
Tatsache ist, dass das Ellwangen-Syndrom massive Probleme verursacht. Sollte ein Beamter künftig verletzt oder gar zu Tode kommen, wäre das für den Menschen und seine Angehörigen sehr tragisch – und das sofortige Ende der politischen Karriere für die politisch Verantwortlichen. Da fehlt uns jedes Mitleid mit den politisch Verantwortlichen.
Tatsächlich sind diese dringend aufgefordert, sofort alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um das Leben von Beamten zu schützen.
Weiter ist Meuten wie der von Ellwangen klar zu machen, dass man sich zwar in großer Zahl zusammenrotten kann, dass aber keine wirklich gute Idee ist, weil der Rechtsstaat dagegen konsequent vorgeht. Mit allen rechtsstaatlichen Mitteln. Die sind ausreichend – wenn sie angewendet werden sollten.
Der Togolese ist Stand Mittwochabend übrigens “untergetaucht” – der deutsche Rechtsstaat ist offenbar völlig unfähig, eine mittellose Person zu finden und ein Gerichtsurteil durchzusetzen. Jeder Mensch mit festem Wohnsitz in Deutschland hingegen wird dagegen mit mit allen Konsequenzen und harten Fristen behördlich verfolgt, wenn er auch nur eine Ordnungswidrigkeit begangen haben sollte – das ist sehr viel Stoff für sehr viel Konflikt und politisch hoch brisant.