Eppelheim/Rhein-Neckar, 15. April 2018. (red/pro) Die Feuerwehr Eppelheim ist am Anschlag, Teile der Bevölkerung auch. Allein seit Jahresbeginn gab es 21 Einsätze in der Gemeinschaftsunterkunft (GUK) in der Lilienthalstraße. Die Feuerwehr Eppelheim hatte dazu am Sonntagmorgen eine Stellungnahme veröffentlicht – um abends erneut zu Einsatz Nummer 22 ausrücken zu müssen. Wieder ein Fehlalarm.
Kommentar: Hardy Prothmann
Am Sonntagabend war die Feuerwehr Eppelheim wieder im Einsatz. Wieder in der “GUK”. Wieder Fehlalarm.
Bevor Sie unseren eigentlichen Artikel lesen, dokumentieren wir eine Facebookmeldung der Feuerwehr Eppelheim, die am Sonntagvormittag veröffentlicht worden ist:
“Da ist ja sowieso nichts?”
“Stellungnahme zur aktuellen Einsatzsituation
Aufgrund der zurzeit häufig auftretenden Fehlalarme einer Brandmeldeanlage im Norden Eppelheims, erreicht uns vermehrt Kritik von Bürgerinnen und Bürgern, die uns direkt ansprechen, Nachrichten und E-Mails schreiben oder uns auch auf der Einsatzfahrt sarkastisch Beifall klatschen. Im Hintergrund stehen meist die gleichen Fragen wie „Muss das sein?“ und „Kann man da nichts ändern?“. Hierzu möchten wir kurz Stellung nehmen:
Die Feuerwehr Eppelheim nimmt jeden Einsatz ernst und behandelt ihn, bis zur eindeutigen Identifizierung als Fehlalarm, wie einen vollwertigen Einsatz, unabhängig von Einsatzort, Einsatzgrund und beteiligten Personen. Dazu gehört das Ausrücken aller dem Einsatzszenario entsprechenden Fahrzeuge sowie die Anfahrt mit Blaulicht und Sondersignal.
Eine „da ist ja sowieso nichts“-Mentalität ist unseres Erachtens nach höchst fahrlässig. Denn sollte es tatsächlich zu einem Unglücksfall kommen und die Feuerwehr trifft erst verspätet oder mit zu geringer Mannschaftsstärke ein, wären Reaktionen und Anschuldigungen gegenüber der Feuerwehr entsprechend. Und das nicht nur in sozialen Netzen, denn es drohen den Verantwortlichen der Feuerwehr dann auch rechtliche Konsequenzen.
Weder die Feuerwehr noch die Stadt Eppelheim sind Betreiber der auslösenden Brandmeldeanlage und können daher auch nichts an der aktuellen Situation verändern. Der Betreiber ist informiert und hat Umbaumaßnahmen, die zur Verbesserung der Situation führen sollen, in Aussicht gestellt.
Wir bitten daher die Bürgerinnen und Bürger um Verständnis für die aktuelle Einsatzsituation. Wir als Feuerwehr kommen lediglich unseren Verpflichtungen nach, die wir zum Wohle Aller ehrenamtlich in unserer Freizeit ableisten. Denn ein Fehlalarm kann nicht nur ein Ärgernis für die betroffenen Anwohner sein, er bedeutet auch, dass über 50 Personen aus ihrem Alltag oder Schlaf gerissen werden, sich zum Feuerwehrhaus begeben, ihre Schutzkleidung anziehen und zum Einsatz ausrücken. Und das für jeden Bewohner Eppelheims, jederzeit.”
Sachliche Positionierung des Kommandanten
Ich kenne den Kommandanten Uwe Wagner noch nicht persönlich. Am Nachmittag hatten wir wegen dieser Meldung telefoniert.
Er teilte mit, dass es im vergangenen Jahr 30 Einsätze in der GUK gab, meist Fehlalarme, ab und an holte man eine verbrannte Pizza aus dem Ofen: “Die Belegung wechselt häufig, die Kochgewohnheiten, auch die Uhrzeiten dieser Menschen aus anderen Ländern, sind andere als bei uns und Brandmeldealarme und anrückende Feuerwehren sind den dort wohnenden Menschen eher nicht bekannt.”
Das Zitat ist auf wesentliche Aussagen eines umfangreichen Gesprächs verkürzt. Herr Wagner ist seit 1982 in der Feuerwehr, 57 Jahre alt, im elften Jahr als (ehrenamtlicher) Kommandant und äußert sich so, wie ich das von Feuerwehrkommandanten gewohnt bin: Sachlich.
Er weiß, dass es auch in Weinheim oder Walldorf-Wiesloch teils zu erheblichen Einsatzzahlen gekommen ist – überall ist der Kreis zuständig.
Er teilt mit, dass die Stellungnahme mit Bürgermeisterin Patricia Rebmann (SPD) abgestimmt sei und man der Bevölkerung vernünftig die Situation darstellen wolle und auf Kritik reagiere:
Wir sind als Feuerwehr zu jeder Zeit für jeden da, daran kann es keinen Zweifel geben. Aber die Situation ist belastend. Ob die Alarme teils böswillig ausgelöst werden, weiß ich nicht, ich stelle nur eine sehr, sehr hohe Zahl fest.
Klar ist: Solche Stellungnahmen bringt man nicht aus Langeweile, sondern, weil der Druck hoch ist.
Am Telefon teilte er mit, dass die Rauchmelder vom Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis, das die GUK betreibt, gegen Wärmemelder ausgetauscht werden sollen, möglicherweise schon am Montag, den 16. April. Die Hoffnung: Das könnte Entspannung bringen. Für die Bevölkerung, die Bewohner, aber auch die Feuerwehrfreiwilligen.
Wieder Fehlalarm – Nummer 22 seit Jahresanfang
Auch am Sonntagabend ist unklar, wieso gleich vier Rauchmelder ausgelöst haben. Vor Ort sei kein auffälliger Rauch zu erkennen gewesen, dafür ein Wasserschaden, der möglicherweise einen Kurzschluss erzeugt haben könnte. Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizei waren wie immer vor Ort – volles Programm also, denn es könnte ja ein “echter” Einsatz sein. Tatsächlich ist auch jeder Fehlalarm immer ein echter Einsatz.
Man habe die erste Etage komplett geräumt und entlüftet. Man habe versucht, vier Hausmeister zu erreichen: Ohne Erfolg. Letztlich sei ein Sozialbetreuer vor Ort erschienen, der ebenfalls vergeblich die Hausmeister zu erreichen versucht habe.
Rund 100 Menschen leben in der GUK Lilienthalstraße, die, daran kann aus unserer redaktionellen Sicht kein Zweifel bestehen, ein Problemfall ist.
Bei der Feuerwehr Eppelheim sind rund 50 Freiwillige aktiv, dazu je 25 in der Kinder- und Jugendfeuerwehr. Das sind gute Zahlen, die zeigen, dass es viele Freiwillige in Eppelheim gibt, die aktiv anderen helfen oder das in Zukunft tun wollen.
Aktuell braucht die Feuerwehr Eppelheim dringend Hilfe – durch den Rhein-Neckar-Kreis. Denn sicher ist, dass diese erhebliche Schlagzahl an Fehlalarmen, die immer als echte Alarme behandelt werden, nicht nur durch Teile der Bevölkerung negativ aufgenommen werden, sondern auch an der “Moral der Truppe” über kurz oder lang zehren werden.
Landrat Stefan Dallinger (CDU) sollte das zur Chefsache machen – aus Respekt vor den Freiwilligen wie auch aus Verantwortung gegenüber der Bevölkerung und den untergebrachten Flüchtlingen. Und definitiv aus politischen Gründen, denn es wird andere geben, die die drängende Frage stellen werden, wie “solche Zustände” überhaupt sein können.
Die Feuerwehrfreiwilligen leisten ihr gesellschaftlich herausragendes Engagement aus Überzeugung. Dafür haben sie jegliche Unterstützung verdient und sicher keine “Nötigungssituation”, die Stellungnahmen erforderlich machen.