Rhein-Neckar/Kandel/Stuttgart, 11. Januar 2018. (red/pro) Nach dem Tötungsdelikt in Kandel wird wieder einmal debattiert: Vordergründig über die Altersfeststellung von angeblich minderjährigen Flüchtlingen, tatsächlich geht es aber um viele Aspekte rund um das Thema Flüchtlinge. Die Reflexe sind eindeutig. Es geht um die Deutungshoheit – grob gezeichnet ist ein Kampf zwischen Vertretern der Willkommenskultur und denen, die Flüchtlinge eben nicht willkommen heißen. Insbesondere öffentlich-rechtliche Medien fallen dabei wieder einmal unangenehm auf, indem sie Partei werden, anstatt ihren Informationsauftrag ordentlich zu erledigen.
Kommentar: Hardy Prothmann
Nein, Frau Weber. Ich brauche von Ihnen keinen Zuspruch von wegen “nur Mut”. Ich bin mutig. Ich brauche auch keine Aufforderung zu mehr Empathie. Ich bin empathisch.
Ich lasse mich auch nicht instrumentalisieren. Von niemandem und das schließt Sie und den SWR mit ein. Sie, Frau Weber, schreiben:
Für mich ist klar: Unsere Gesellschaft lebt von Empathie für andere. Doch diese Gefühle werden missbraucht.
Massiver Missbrauch
Der Missbrauchsvorwurf trifft zu. Es gibt einen massiven Missbrauch der Willkommenskultur durch Ausländer, die angeblich als Flüchtlinge Schutz suchen: Es beginnt mit massenhaft betrügerischen Angaben zu deren Herkunft und geht weiter mit massiven kriminellen Handlungen vom Diebstahl über den Raub und Vergewaltigungen bis hin zum Mord und Terroranschlag reichen.
Ach so, ich habe Sie nicht vollständig zitiert:
Kühl kalkuliert von NPD, von AfD-Politikern und von Rechten.
Sie schreiben ferner:
Ich bin der Meinung, wenn der Eindruck entsteht, der deutsche Staat lasse sich hier allzu leicht hinters Licht führen, dann macht man es den Hetzern leicht.
Fragen über Fragen
Ich bin ganz anderer Meinung, Frau Weber. Durch meine journalistische Arbeit stelle ich fest – und nicht als einziger Journalist -, dass sich der deutsche Staat allzu leicht hinters Licht führen lässt. Ist Ihnen die Biographie des Weihnachtsmarktattentäters Anis Amri bekannt? Und vom Mörder von Freiburg? Haben Sie aktuell in Erfahrung gebracht, dass der aus einer psychiatrischen Klinik in Alzey geflohene Abschiebehäftling Hicham B. mittlerweile wohl in Italien weilt? Fragen Sie sich, wie das sein kann, dass er es nach Italien geschafft hat, wie zuvor der in Griechenland verurteilte Straftäter, der dann in Freiburg eine junge Frau vergewaltigt und getötet hat? Ist Ihnen zu Ohren gekommen, dass konkrete Kontrollen in Hamburg und im Saarland den Verdacht mehr als nahelegen, dass ein Drittel bis zur Hälfte der angeblich minderjährigen, unbegleiteten Ausländer gar nicht minderjährig ist?
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Sicher ist Ihnen nicht entgangen, dass ARD und SWR “Kandel” zunächst klein halten wollten, was aber nicht gelungen ist.
Was ist Ihr Kalkül?
Ich bin sogar der Meinung, Frau Weber, dass Sie in verantwortlicher Position sich die Fragen stellen müssten, welchen Beitrag Sie leisten, dass die Stimmung bei vielen Menschen kippt? Und zwar durch vorsätzliche Unterlassung Ihre eigentlichen Aufgabe, nämlich einer soliden, ausschließlich journalistisch getriebenen Berichterstattung, die sich nicht “populistisch” an links-rechts-Reflexen abarbeitet, sondern dezidiert den Fragen nach Verantwortlichkeiten nachgeht.
Es ist nicht Ihre Aufgabe, die Ängste und Sorgen von Menschen als rechtsradikal abzustempeln und Rechten ihre “Menschlichkeit” abzusprechen (haben Sie mal über “menschlich zu bleiben” nachgedacht?). Es ist Ihre Aufgabe, diese Ängste und Sorgen ernst zu nehmen.
Ihr Scheuklappenblick auf Rechtsradikale soll doch nur von eigenen Unzulänglichkeiten ablenken. Ich widerspreche Ihnen deshalb vehement, auch aus demokratischen Gründen. Die NPD, die AFD und “Rechte” haben das demokratische Recht, ihre Positionen zu vertreten. Man darf in Deutschland gegen Ausländer sein. Man darf politisch instrumentalisieren. Das tun alle.
Ganz sicher sind die Hasskommentare in sozialen Medien widerlich. Ganz sicher sind menschenfeindliche Positionen abzulehnen. Ganz sicher ist jeder Radikalismus immer kritisch zu betrachten. Und ganz sicher sind kriminelle Handlungen durch Übergriffe auf Menschen und Sachen juristisch zu verfolgen, ebenso wie Morddrohungen.
Sie meinen weiter:
Sie versuchen, die Wut in Hass umzuwandeln, das Entsetzen in Angst. Mit einer Lawine von Beleidigungen bis hin zu Morddrohungen werden die Worte derjenigen, die versuchen menschlich zu bleiben, erstickt. Sie missbrauchen Mias Tod. Das Schlimme ist, das Kalkül könnte aufgehen. Viele verstummen. Und da, wo deutliche Positionen von Politikern gefordert werden, ertönt ein vielstimmiger Chor. Zum Beispiel bei der Altersfeststellung.
Ganz ehrlich, Frau Weber – welches Kalkül verfolgen Sie? Sind Sie dafür, dass sich Betrüger jünger machen können, als sie sind, um als Erwachsene unter Jugendlichen untergebracht zu werden? Sind Sie dafür, dass junge Menschen ahnungslos in Gefahr gebracht werden, weil sie unaufgeklärt und euphorisch dazu neigen, sich in Kontakt zu erwachsenen Fremden zu begeben, deren Denkmuster sie nicht ansatzweise verstehen? Sind Sie bereit, solche Situationen durch eine gefühlsduselige Berichterstattung noch zu befördern?
Haben Sie mal den revolutionären Gedanken gewagt, ob “die” gegen “uns” sein könnten? Oder gehen Sie selbstverständlich davon aus, dass “die” “uns” ganz töfte finden und alles tun, um ja ganz schnell so wie “wir” zu sein?
Kandel kann und ist überall
Sie schreiben von den Menschen in Kandel, die “stellvertretend für uns alle stehen”. Da haben Sie ausnahmsweise einen klugen Satz geschrieben. Denn Kandel ist heute Kandel und morgen ein anderer Ort. Kandel kann überall sein. Ob Freiburg oder wenige Tage nach Kandel eine versuchte Vergewaltigung in Speyer.
Das Rheinneckarblog hat bereits 2015 die Problematik mit UMAs grundsätzlich analysiert und vorausgesagt. Zwei Jahre später kam der Brandbrief des Mannheimer Oberbürgermeisters Dr. Peter Kurz – das wurde dann ein bundesweites Thema. Dann kam Kandel, kurz davor war Darmstadt.
Es geht überhaupt nicht darum, Ausländer zu diskriminieren, indem man feststellt, dass diese relativ betrachtet deutlich krimineller sind als die hier lebende Bevölkerung. Es geht zunächst mal darum, dass man dies eindeutig feststellen und belegen kann und deswegen deutlich machen muss. Selbstverständlich gibt es auch unter Deutschen Kriminelle – in Summe sind diese sogar in der Mehrzahl, relativ betrachtet aber nicht. Es geht darum, genau zu differenzieren, wer die Straftäter sind, welche Verbrechen zu begehen und wie Staat und Gesellschaft damit vernünftig, aber auch entschlossen umgehen. Es geht um die einfache Frage, ob man sich bei gegebener Kriminalität noch mehr ins Haus holen sollte. Warum sollte man das? Um die eigene Empathiefähigkeit zu testen?
Kritik ist keine Hetze – Hetze ist keine Kritik
Uns Journalisten sollte es darum gehen, mit gesicherten Fakten und klaren Einordnungen den Menschen bei einer Meinungs- und Entscheidungsfindung als Dienstleister zu helfen – das ist unser Job. Dazu gehört nicht, sich politisch korrekt zu verhalten, sondern dazu gehört auch, harten Gegenwind auszuhalten.
Wenn Sie meinen, jegliche Kritik ins Radikale abschieben zu müssen, dann treiben Sie, Frau Weber, immer mehr Menschen genau zu denen, vor denen Sie vermeintlich warnen. Wenn Sie den gewaltvollen Tod der 15-jährigen Mia dahingehend umdeuten, das Mädchen als Gelegenheit zu mystifizieren, endlich wieder “unsere Empathie” zu bestärken, dann müssen Sie sich, Frau Weber, nicht wundern, wenn sich Menschen angewidert abwenden. Denn die Menschen wollen kein leidgeprüftes Leben, um sich einer göttlichen Prüfung zu unterwerfen und sich im gemeinsamen Schmerz selbst zu empfinden, sondern sie wollen sicher leben können und am Abendtisch die Tochter sehen und keine Todesnachricht übermittelt bekommen.
Wissen Sie, Frau Weber, es gibt eine ganze Reihe von Texten auf dem Rheinneckarblog, die irgendwelche Rechten als Bestätigung der eigenen Weltsicht nutzen. Unter anderem, weil sich diese Arbeiten kritisch mit der Flüchtlingspolitik auseinandersetzen. Es gibt deshalb Gruppen, die meinen, das Rheinneckarblog als “rechtes Medium” einordnen zu müssen. Das halte ich als redaktionell Verantwortlicher aus. Denn wer die Texte liest, findet weder eine Hetze gegen Menschen, noch irgendein radikales Gedankengut, sondern ein klares Bekenntnis zum Rechtsstaat. Er findet aber auch kritische Analysen, die – ich muss “leider” einfügen – in den allermeisten Fällen zutreffen. Wir benennen Probleme und setzen auseinander, was die Fakten zu diesen Problemen sind.
Die Öffentlich-rechtlichen verlieren massiv an Glaubwürdigkeit
Als langjähriger Mitarbeiter öffentlich-rechtlicher Sender bin ich massiv enttäuscht, weil die Qualität bei vielen Sendern massiv sinkt. Es gibt ganz hervorragende Kollegen, die eine wirklich erstklassige Arbeit leisten. Deswegen bin und bleibe ich auch auf unbestimmte Zeit vom Grunde her ein Unterstützer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Schlagzahl der unzureichenden journalistischen Arbeit bis hin zu Meinungsmanipulation nimmt aber besorgniserregend zu. Und genau davor warne ich Sie, Frau Weber. Der SWR und andere Sender verlieren damit rasant an Glaubwürdigkeit. Was auch die von mir verantwortete Arbeit dann trifft, wenn es heißt “die Medien”.
Ich möchte nicht mit unzureichender Arbeit in Verbindung gebracht werden, aber ich muss – leider – unverschuldet auch das aushalten.
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Um Sie nochmals am Anfang abzuholen. Nein, Frau Weber, unsere Gesellschaft lebt nicht von der Empathie für andere. Unsere Gesellschaft ist rechtsstaatlich verfasst und soll das bleiben. Vor Gericht zählt keine Empathie, sondern da zählen Beweise. Wenn ich meine Steuern nicht zahle, hat niemand auf dem Finanzamt irgendeine Empathie für mich, dass ich vielleicht mit der Buchhaltung nicht hinterhergekommen bin. Wenn ich falsch parke, hat niemand Empathie, dass ich es halt eilig hatte.
Unsere Gesellschaft ist kein Almosenstaat, aber stark genug, viele mitzunehmen, die nur wenig leisten. Wenn diese Stärke verloren geht, kann man irgendwann keine anderen mehr mitnehmen.
Empathie mit Verbrechern?
Ich habe keine Empathie mit Totschlägern und Mördern, die grundlos Menschen aus dem Leben reißen. Ich habe auch keine Empathie mit “Hilfsbesoffenen”, die Realitäten nicht erkennen wollen. Ich habe schon gar keine Empathie mit Journalistendarstellern, denen statt einer Informationsoffensive nur politisch korrektes Blabla einfällt.
Kandel ist ein Politikum. Das Rheinneckarblog hat das sofort derart eingeordnet – bevor es bundesweit Thema geworden ist, oder vielleicht ist es auch deswegen Thema geworden, weil bundesweit Medien bei uns mitlesen.
Kandel ist ein Kriminalfall. Ein “Einzelfall”. Aber ein “untypischer” – und das muss – journalistisch – zu denken geben, weil es eben in zunehmender Zahl weitere “untypisch” Einzelfälle gibt.
Kandel und andere Einzelfälle werden zunehmend auch zum Prüfstein journalistischer Kompetenz, Frau Weber. Sie sollten schnell versuchen, aus alten, lieb gewonnenen Denkmustern auszubrechen, weil niemand Empathie mit einem Sender haben wird, der den erwartbaren Ansprüchen immer weniger genügt.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich würde mir von Ihnen, Frau Weber, mehr Mut zu handfestem Journalismus wünschen.
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