Kandel, 28. Januar 2018. (red/pro) Rund 1.000 Teilnehmer auf der Seite „Frauenbündnis Kandel“ und rund 150 Teilnehmer bei „Wir für Menschlichkeit“ standen sich heute in Kandel gegenüber. Die Polizei hatte einige Hundertschaften und geschlossene Einheiten in Stellung gebracht, um die Gruppen auseinanderzuhalten – nicht ohne Grund, denn die Stimmung war aufgeheizt.
Bis zum Nachmittag lagen der Polizei keine Informationen vor, dass es zu Auseinandersetzungen gekommen sei: „Wir haben starke Kräfte vor Ort und achten auf eine klare Trennung der Gruppen“, sagte uns ein Sprecher.
Unter den 1.000 Teilnehmern des „Frauenbündnis Kandel“, das von einem Mann organisiert ist, sollen sich rund 100 Personen aus der rechtsradikalen Szene befinden – bei der Gegendemo sollen „überschaubar“ ein bis zwei Dutzend Vertreter der linksradikalen Szene vertreten sein.
Ursprünglich waren rund 200 Personen auf der einen Seite und rund 90 auf der anderen Seite angemeldet. Für das „Frauenbündnis Kandel“ war bundesweit mobilisiert worden – auf allen rechten und rechtsradikal einschlägig bekannten Internetseiten sowie auf Facebook. Immer wieder wurde auf der Demo des „Frauenbündnis“ „Widerstand“ skandiert sowie „Kandel ist überall“, „Merkel muss weg“, „Volksverräter“ und „Lügenpresse“.
Bis zum Nachmittag konnte die Polizei als Erfolg vermelden, dass bis auf Verkehrsbehinderungen keine besonderen Vorkommnisse zu verzeichnen seien.
Am 27. Dezember 2017 war die erst 15-jährige Mia in einem Drogeriemarkt von ihrem Ex-Freund, einem angeblich 15 Jahre alten afghanischen Flüchtling erstochen worden. Die Staatsanwaltschaft Landau ermittelt wegen Mordes gegen den Tatverdächtigen. Zudem wurde richterlich eine Altersfeststellung angeordnet, da erhebliche Zweifel am minderjährigen Alter des Tatverdächtigen bestehen.
Das Tötungsdelikt hat bundesweit für hohe Aufmerksamkeit gesorgt und die Debatte um mutmaßlich minderjährige Flüchtlinge sowie eine erhöhte Kriminalität durch zugewanderte Ausländer befeuert.
Dabei wird die Stimmung zwischen Personen, die Zuwanderung begrüßen oder ablehnen, immer zugespitzter. Schaut man auf die Zahlen der Teilnehmer, ist deutlich zu erkennen, dass das Lager der Ablehner deutlich mehr Zulauf hat.
Aus der AfD soll es Aufrufe gegeben haben, nicht an der Demo teilzunehmen oder zumindest nicht erkennbar, um nicht mit Rechtsradikalen in Verbindung gebracht zu werden. Im Vorfeld war aber durchaus durch AfD-Vertreter oder AfD-nahe Personen zur Teilnahme aufgerufen worden. Vor Ort trat die baden-württembergische Landtagsabgeordnete Dr. Christina Baum (AfD) auf.
Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde soll emails mit Drohungen erhalten, ebenso Mitglieder von Flüchtlingsinitiativen. Die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Anne Spiegel (Grüne) hat seit einigen Tagen Personenschutz.
Aktuell lösen sich die Versammlungen auf – die Polizei sorgt weiterhin dafür, dass die Personen der verschiedenen Gruppen nicht aufeinandertreffen, weil das mit Sicherheit zu Gewaltszenen führen würde.