Kandel/Rhein-Neckar, 01. Februar 2018. (red/pro) Unsere Berichte und Kommentare zum Mord in Kandel haben mehrere zehntausend Leser/innen erreicht. Wir haben das Tötungsdelikt sofort als “Politikum” eingeordnet, weil die Umstände alle “Zutaten” dafür aufweisen, um weite Kreise zu ziehen und eine hohe Aufmerksamkeit zu erlangen. Der Tod einer Jugendlichen ist aber nicht geeignet, um extremen Kräften einen freien Lauf zu ermöglichen und schon gar nicht einer “Willkommenskultur” des “jetzt erst recht”.
Anm. d. Red.: Das ist ein langer Text. Wenn Sie bis zum Ende durchhalten, dürfen Sie diesen gerne honorieren.
Kommentar: Hardy Prothmann
Wer – aus welchen Motiven auch immer – nicht bereit ist, sich seriös an der Sache orientiert mit dem Mordfall Kandel auseinanderzusetzen, bedient nur Reflexe und weitere Spannungen, die unsere Gesellschaft irgendwann sprengen könnten.
Was wen?
Wer angesichts des Mordes an einer jungen Frau, einer Jugendlichen im Alter von 15 Jahren, gestorben an einem Nachmittag nach Weihnachten, in einem Drogeriemarkt, in der Provinzgemeinde Kandel, erstochen durch einen abgelehnten Asylbewerber, der angeblich auch 15 Jahre alt sein soll, der vorher ihr “Freund” war, tatsächlich meint, diese Bluttat zum Anlass nehmen zu müssen, um die “Willkommenskultur” weiter zu beschwören und sich voller Inbrunst gegen Rassismus und gegen Fremdenfeindlichkeit einzusetzen, hat, mit Verlaub, massiv einen an der Waffel, beschämt dieses Mädchen auf unerträgliche Weise und befördert extreme Haltungen.
Das tote Mädchen wird so zum Spielball von Ideologen und Extremen hier wie dort.
Wer so reagiert, stößt sehr, sehr viele Menschen massiv vor den Kopf, die sich Sorgen machen. Die Töchter haben und sich Gedanken machen: “Was, wenn das meine Tochter getroffen hätte?”
Wer von Menschen, die sich Sorgen machen, eine bedingungslose Willkommenskultur auch für mögliche Mörder fordert und alle, die dem nicht folgen wollen als “Nazis” und “Rassisten” beschimpft, der treibt diese Menschen extremen Haltungen zu, weil eine solche Forderung an sich schon extrem ist.
Freiheit hat immer Grenzen
Unsere demokratisch verfasste Grundordnung ist eine freiheitliche. Sie ist so aufgestellt, dass sie möglichst viel Freiheit ermöglichen soll. Sie will jedem die Möglichkeit der individuellen Entfaltung geben. Freiheit ist aber ohne Verantwortung nicht nur nichts, sondern höchst gefährlich. Eine freiheitliche Ordnung muss, um funktionieren zu können, immer die Grenzen der Freiheit definieren. Das ist in unserem System der Fall, durch eine umfangreiche Gesetzgebung, die Grenzverletzungen ab einer gewissen Stufe unter Strafe stellt.
Die unkontrollierte Zuwanderung einer erheblichen Zahl von Menschen musste unser freiheitliches System zwangsweise herausfordern. Wer das bis heute nicht erkennen will, war und ist nicht ernst zu nehmen.
Was wollen gewisse Bürger in Kandel, wenn diese angesichts eines Mordopfers gerade erst recht eine Willkommenskultur vehement einfordern und sich gegen Rassismus positionieren? Soll Kandel so eine Art Jerusalem werden, ein Ort des Fanals, um zu beweisen, dass der Glaube an das Gute jede Schandtat überwinden wird? Soll Mia am Ende “für uns alle” gestorben sein? Um gemeinsam Schmerz zu teilen, wie weiland die entstehende Christenheit im Angesicht des gekreuzigten Jesus? Hat jemand vorher das Mädchen gefragt, ob sie mit dieser Rolle der Entwicklung ihres individuellen Schicksals einverstanden ist und sich vom Himmel aus betrachtet am Ende gerne für den Glauben an das Gute hingab?
Ja, ich provoziere mit solchen Sätzen. Dass ist mir bewusst. Auch die Folgen sind mir bewusst. Es wird nicht wenige geben, die mich wie in der Vergangenheit verächtlich werden machen wollen. Vor allem solchen, die intellektuell überfordert sind.
Wer tatsächlich meint, dass man mal eben Grenzen öffnet und Menschen ein rauschendes Begegnungsfest feiern, eine Riesensause, bei der alle Spaß haben und sich am Ende glücklich in den Armen liegen, der hat hat nicht begriffen, dass bereits ein Mannheimer Stadtfest eine erhebliche Herausforderung für die Sicherheitsbehörden ist. Dabei treffen sich dort eher Menschen, die sich im “Kulturkreis” überwiegend auskennen sollten.
So nicht!
Meine Analyse als politischer Journalist, der sich seit fast 30 Jahren gesellschaftlich relevanten Themen widmet, ist, dass Kandel nicht überall ist, aber überall sein könnte und auch mit nicht unerheblicher Wahrscheinlichkeit sein wird.
Wer meint, mit einem inszenierten “Frauenbündnis Kandel” einen “Widerstand” auslösen zu können, der liegt hoffentlich falsch. Insbesondere dann, wenn man nachweisen kann, dass es gewisse interessierte Kreise im Hintergrund gibt, die eine Melange aus Reichsbürgern, Rechtsradikalen und Rechtspopulisten darstellen.
Wer “Lügenpresse” skandiert, und “Widerstand” und “Volksverräter”, hat sich aus einer demokratischen Streitkultur verabschiedet und diskreditiert. Solche Leute sind nicht geeignet, auch nur ansatzweise am Bestand einer freiheitlichen Grundordnung mitzuwirken. Die können behaupten, sie setzten auf das Grundgesetz, das sind nur Lippenbekenntnisse. Solche Leute argumentieren mit teils echten Argumenten, allerdings ohne die Komplexität eines Rechtsstaats zu reflektieren und damit im luftleeren Raum.
So nicht!, ist die Überschrift dieses Kommentars. Die Aufforderung gilt allen. Sowohl denen, die sich für eine Integrationspolitik einsetzen wollen, aber massive Probleme ignorieren und “schön reden” wie auch jenen, die alles Fremde gerne pauschal “weg” hätten – beides ist vollständig illusorisch und am Ende, wenn es ideologisch wird, massiv gefährlich.
Im Stuttgarter Landtag ist gestern ein Antrag der FDP gescheitert. Weder die Landesregierung noch die Mehrheit im Parlament ist aktuell bereit, sich den Sorgen der Bevölkerung mit Nachdruck anzunehmen.
Unsichere Freiheit wird nicht akzeptiert
Die Menschen im Land wollen einen starken Staat erleben, der die deutlich gestiegene Kriminalität effektiv bekämpft und verfolgt. Sie wollen ein sicheres Leben und sind mit Sicherheit bereit, mit Zugewanderten gut zusammenzuleben, wenn die Alltagserfahrung so ist, dass man gut zusammenleben kann.
Wer – aus welchen parteitaktischen Motiven auch immer – aber nicht wahrnehmen will, dass eine zunehmende Unsicherheit nicht akzeptiert wird, der muss sich nicht wundern, wenn die Gesellschaft sich radikalisiert.
Die Schwierigkeit, eine erneute große Koalition zu bilden, zeichnet das deutlich ab. Mit quasi letzter Kraft versucht man irgendwie eine Regierung zu bilden. Viele Medien schauen dabei auf den enormen Erfolg der AfD, der allerdings als “Schande” eingeordnet wird.
So gut wie niemand nimmt das einfach als Fakt zur Kenntnis und zieht daraus konsequente Schlüsse. Die Chance auf den Erfolg für die AfD hat sich dabei lange angekündigt.
Auch der Flüchtlingszustrom hatte sich lange angekündigt und passierte nicht von jetzt auf nachher.
Auch die Krisen in vielen Ländern dieser Welt haben sich lange angekündigt.
Und auch eine zunehmende Kriminalität hat sich lange angekündigt – ebenso der Mord in Kandel, der auch anderswo hätte begangen werden können.
Zu viel Reaktion, statt Aktion
“Nazis raus” ist keine Antwort auf Sorgen von Bürgern, die konkret in Morden enden. Mia wurde nicht von einem Nazi ermordet, wie man sich einen Nazi halt so vorstellt.
War es aber vielleicht doch ein Nazi, einer neuen Typs? Diese Frage hat sich noch niemand gestellt. Hat hier vielleicht ein Rassist und Fremden- wie Frauenfeind mit einem Messer jemanden ermordet, der nicht in sein feindliches Weltbild passte?
Auch das haben wir schon mehrfach berichtet – ein struktureller Antisemitismus ist unter Muslimen, insbesondere der arabischen Welt keine theoretische Idee, sondern konkrete Wirklichkeit.
Ein massiv negatives Frauenbild ebenso. Eine überzeichnetes Männerbild ebenso.
Wer – aus welchen Motiven auch immer – sich dieser Debatte nicht stellt, handelt verantwortungslos.
Die Politik agiert leider zu wenig und reagiert nur mit Reflexen.
Wenn die Straftaten solcher Art zunehmen sollten, sitzen die Verantwortlichem auf einem Pulverfass und habe die Lunte in der Hand, die sie selbst anpusten.
So nicht!
So wird das tatsächlich möglicherweise tatsächlich böse enden – und daran kann niemand ein Interesse haben, der die freiheitliche Grundordnung nicht nur schätzt, sondern aktiv verteidigen will.
Aktuell ist der Rechtsstaat wieder einmal durch Aufklärung gefordert – durch eine lückenlose Aufarbeitung, wie es zum Mord an Mia kommen konnte, wie dieser durchgeführt wurde und was sich darauf für notwendige Konsequenzen ergeben.
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