Landau/Kandel/Rhein-Neckar, 18. Juni 2018. (red/pro) Aktualisiert. Heute hat der Mordprozess gegen Abdul D. vor der Jugendkammer des Landgerichts Landau begonnen. Dem Flüchtling aus Afghanistan wird vorgeworfen, die 15-jährige Mia V. am 27. Dezember 2017 in einem Drogeriemarkt in Kandel mit sieben Messerstichen ermordet zu haben. Zu Prozessbeginn verlangte der Mannheimer Strafverteidiger Maximilian Endler einen neuen Dolmetscher.
Maximilian Endler kündigte an, dass sein Mandant Abdul D. vollumfänglich aussagen wolle. Er bereue die Tat sehr. Allerdings wurde der Prozess gleich zum Auftakt unterbrochen, da der Strafverteidiger einen neuen Dolmetscher forderte, weil der erste unzureichend übersetzt habe. Abdul D. spricht zwar deutsch, kann aber möglicherweise der Gerichtsverhandlung nicht in allen Punkten folgen: “Der erste Dolmetscher war für ein ordentliches Verfahren nicht geeignet. Der Ersatzdolmetscher hat seine Sache gut gemacht”, sagt Herr Endler auf Anfrage.
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Der junge Mann, der im April 2016 als Flüchtling aus Afghanistan nach Frankfurt kam, hat bei seiner Altersangabe gelogen. Angeblich sei er am 1.1.2002 geboren und danach zum Tatzeitpunkt 15 Jahre alt gewesen. Doch dieses Geburtsdatum ist ein angenommenes Datum, kein gesichertes: “Für mich gilt dieses Datum bis zum Beweis des Gegenteils”, sagte Herr Endler.
Ein gerichtlich angeordnetes Altersgutachten hat festgestellt, dass er mindestens 17,5 Jahre, möglicherweise aber auch 21 Jahre alt ist. Sein Asylantrag war im Februar 2017 abgelehnt worden. Als Jugendlicher wurde er nicht abgeschoben.
Der Tatverdächtige und sein Opfer kannten sich aus der Schule und begannen 2017 eine Beziehung, in deren Verlauf es immer häufiger zu Bedrohungen seitens des Angeklagten gegenüber seinem späteren Opfer gekommen war, wie die Zeitungen der Echo-Gruppe in einer investigativen Recherche umfassend berichteten. Beleidigungen und auch tätliche Angriffe soll es danach schon vor der Tat gegeben haben.
Unklar ist, ob die Bedrohungslage nicht Maßnahmen gegen Abdul D. hätten veranlassen müssen. Die Angabe der Polizei und der Jugendbehörde sowie Betreuer sind uneinheitlich.
Weil die Staatsanwaltschaft erstens niedere Beweggründe (Eifersucht) als Motiv erkennt, verbunden mit Heimtücke (Wehrlosigkeit des Opfers), klagt sie wegen Mordes an. Möglicherweise sei die Rachlust auf “übersteigerte, kulturelle” Vorstellungen des Angeklagten zurückzuführen. “Mein Mandant hat sich kurz zur Sache eingelassen”, sagte uns Strafverteidiger Endler. Interpretiert könnte das heißen, dass er die Tat eingeräumt hat. Darauf lässt auch die Äußerung des Bedauerns schließen.
Der Prozess findet wegen des Grundsatzes “in dubio pro reo” nicht-öffentlich statt, weil das Gericht eine Minderjährigkeit des Angeklagten annimmt. Die Polizei hat umfangreiche Sicherungsmaßnahmen vorgenommen, damit der Prozess nicht gestört wird. Sollte der Angeklagte nach Jugendstrafrecht verurteilt werden und auf Mord befinden, ist die Höchststrafe 10 Jahre. Das Gericht behält sich aber weitere Erkenntnisse vor, ob der Täter möglicherweise über 18 alt ist, was dann Erwachsenenstrafrecht und mindestens 15 Jahre Haft bedeuten könnte, über 21 gilt Erwachsenstrafrecht mit lebenslang (mindestens 15 Jahre).
Der Mord hat bundesweit für Aufsehen gesorgt. Das von rechten Kreisen organisierte “Kandel ist überall” hat zahlreiche Demonstrationen in der kleinen pfälzischen Stadt organisiert, teils mit mehreren tausend Teilnehmern.
Aktualisierung: Wir haben den Text durch Aussagen des Strafverteidigers ergänzt.