Rhein-Neckar/Mainz/Wiesbaden, 08. Juni 2018. (red/pro) Der Mordfall Susanna F. weist sehr viele Ungereimtheiten und offene Fragen auf, die sich erst in den kommenden Tagen, Wochen, Monaten klären werden. Die Ermittlungsbehörden werden aus ermittlungstaktischen Gründen einige Informationen zurückhalten und manche Fragen zunächst nicht beantworten. Wir zeigen transparent auf, welche – auch unangenehme – Fragen sich für uns ergeben.
Viele Menschen haben nach der Gewissheit, dass Susanna F. tot ist, ihre Anteilnahme und ihr Mitleid ausgedrückt – häufig in sozialen Netzwerken. Politiker haben sich geäußert. Die einen fordern „volle Härte“, andere machen die Bundesregierung verantwortlich für den Tod dieses Mädchens und anderer Opfer, wieder andere meinen, die Nationalität des Täters dürfe keine Rolle.
Klar ist, dieser Mordfall ist wie Kandel auch politischer Sprengstoff – das ist auch den Ermittlungsbehörden bewusst, darf aber für die Ermittlungen keine Rolle spielen. Der Fall muss aufgeklärt werden, ohne Ansehen irgendwelcher Personen.
Zunächst muss festgestellt werden – das Mordopfer Susanna F. trifft keine Schuld an ihrem Tod. Ebensowenig die Familie. Schuld sind immer nur der oder die Mörder. Diese Schuld muss zweifelsfrei durch Ermittlungsbehörden festgestellt und dann angeklagt werden. Ein deutsches Gericht muss schließlich den oder die Täter rechtskräftig verurteilen. Dies wird lange Zeit dauern.
Im Zusammenhang mit diesen Ermittlungen müssen aber auch die Umstände, die zur Tat führten, beleuchtet und eingeordnet werden – auch, wer welche Verantwortung hatte und welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Wer ist für was (auch politisch) verantwortlich?

Nach Verbrechen kommen die Beamten der „Kriminaltechnik“, um Tatorte zu untersuchen. Symbolbild
Die Familie der Susanna F.
Zunächst ist festzustellen: Von öffentlichem Interesse ist das Privatleben von Susanna F., ihrer Familie und ihrem Freundeskreis nur sehr bedingt. Es geht hier um eine Minderjährige, die erhöhten Schutz genießen sollte. Alle haben ein Recht auf Wahrung der Privatsphäre, insbesondere, wenn private Informationen kein begründetes öffentliches Interesse haben.
Doch bereits die Mutter hat massiv gegen ihre eigenen Rechte gehandelt und nach unserer Auffassung auch gegen die Rechte ihrer toten Tochter. (Siehe: Das tote Mädchen von Wiesbaden – kritische Anmerkungen.) Juristisch gesehen darf sie das weitestgehend – wir halten es dennoch für fatal, weil sie viele privaten Informationen über Facebook und gegenüber Boulevard- und anderen Medien preisgegeben hat, die nichts aufklären, sondern nur Schaden anrichten und möglicherweise auch das Andenken an das Mädchen wie die Rolle der Mutter und weiterer Personen beschädigen oder beschädigen könnten.
Denn im Raum steht auch, ob die Mutter ihrer Erziehungs- und Aufsichtspflicht ausreichend nachgekommen ist. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, dass eine Mutter über Facebook in umfangreicher Form persönliche Informationen über eines ihrer Kinder an eine allgemeine Öffentlichkeit nach außen trägt. Wir sind – nach unserer Kenntnis – das einzige Medium bundesweit, das ein solches Verhalten aus Gründen aktuell problematisiert. Private Angelegenheiten gehören nach unserer Auffassung nicht auf Facebook oder andere „asoziale Medien“.
Offenbar hat das 14-jährige Mädchen seit etwa Februar häufig oder dauerhaft die Schule geschwänzt – genaue Details gibt es nicht, nur eine Angabe der Polizei dazu, dass Schulschwänzen ein Thema war. Wie viele Tage die Woche, dauerhaft oder gelegentlich, ist unklar. Laut Polizei war das Mädchen häufiger „abgängig“. Was das bedeutet, ist ebenfalls unklar. Wusste die Mutter nicht, wo und mit wem sich die Tochter aufhielt oder blieb das Mädchen auch über Nacht oder über Tage weg? Laut Polizei wurde diese über das Verhalten des Mädchens nicht informiert. Woher weiß die Polizei dies also? Vermutlich durch Ermittlungsarbeit – nahe liegt, dass die Informationen aus der betreffenden Schulbehörde kommen, was aber nicht mitgeteilt worden ist.
Wir haben bereits problematisiert, dass sowohl die Mutter, als auch die Behörden, als auch viele Medien massiv in Persönlichkeitsrechte des Mädchens eingegriffen haben – die volle Namensnennung, das Veröffentlichen von Fotos sind heftige Eingriffe ins Persönlichkeitsrecht, die verantwortlich abgewogen werden müssten. Ob diese Abwägung ausreichend stattfand, halten wie für zweifelhaft.
Susanna F. war Jüdin
Ebenso die Angaben des Zentralrats der Juden in Deutschland, dass das Mädchen zur jüdischen Gemeinde Mainz gehörte. Denn dadurch stellt sich umgehend die Frage, ob möglicherweise auch ein „politischer“ Hintergrund vorliegt, denn der Tatverdächtige ist mutmaßlich Moslem. Antisemitismus ist unter Moslems weit verbreitet, insbesondere unter denen, die nicht aus demokratischen und aufgeklärten Gesellschaften stammen. Sicher ist, dass man einen Zusammenhang aktuell weder bestätigen noch ausschließen kann. Die Frage, ob es für die Tat eine Rolle spielte, dass Susanna F. eine Jüdin war, bleibt also offen und wird vermutlich nicht geklärt werden können.
Ob das eine Rolle spielte, wird nur klar werden können, wenn es Zeugen gibt, die dies nachvollziehbar bestätigen oder wenn Informationen auftauchen, die diesen Hinweis geben – beispielsweise Chatprotokolle oder andere schriftliche Quellen. Es braucht hier also einen Positivbeweis, der ein antisemitisch-rassistisches Motiv belegen könnte.
Einen Negativbeweis wird man nicht führen können, weil das nur der oder die Täter wissen können und voraussichtlich dazu keine Angaben machen werden. Susanna F. kann man dazu nicht mehr befragen. Vorstellbar bleibt, dass der oder die Täter das Mädchen möglicherweise wegen ihres Judentums geschändet und getötet haben.
Klar ist, dass insbesondere in traditionell-konservativen Kreisen vieler muslimischer Länder Frauen, die sich „freizügig“ zeigen, als „Schlampen“ verachtet werden. Die Kategorisierung „Jüdin“ kann da noch erschwerend hinzukommen. Susanna F. – und hier spielen die vielen öffentlichen Fotos eine Rolle – hat sich durchaus „erwachsen“ dargestellt, durch betontes Schminken. Hinzu kommt, dass sie möglicherweise eine Ausreißerin war, die „bewusst“ den Schutz der Familie verlassen hat.
Wir veröffentlichen keine Fotos des Opfers oder andere private Fotos.
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Dubiose Zeugen
Elektrisierend ist die Zeugenlage.
Laut Angabe der Ermittler soll sich am 29. Mai, eine Woche nach Verschwinden des Mädchens, eine nicht näher bestimmte „Bekannte“ von Susanna F. bei der Mutter gemeldet haben, um dieser mitzuteilen, dass das Mädchen tot ist und irgendwo verscharrt sei. Hier ballen sich die Fragen: Wer ist diese „Bekannte“? Woher weiß diese Zeugin, was sie mitteilt? Seit wann weiß sie das? Woher kennt sie Details? In welcher Beziehung stand sie zum Opfer? Wieso hat die Zeugin sich nicht an die Polizei gewandt oder eine Möglichkeit eröffnet, dass die Behörden sie erreichen? Wieso hat die Mutter keine Kontaktmöglichkeit zur Zeugin für die Behörden hergestellt – Kommunikation funktioniert in zwei Richtungen, wenn die Zeugin die Mutter erreichen konnte, müsste man auch die Zeugin erreichen können? Die Polizei teilte lediglich mit, dass es keinen Kontakt gab, weil diese wichtige Zeugin sich in einem „Kurzurlaub“ befunden hätte.
Der nächste Zeuge ist der 13-jährige Flüchtlingsjunge, angeblich aus Afghanistan, der in der Unterkunft leben soll, in der auch der mutmaßliche Täter Ali B. (20, Iraker) mit seiner achtköpfigen Familie gelebt hatte. Er gibt vergangenen Sonntag die entscheidenden Hinweise, die zur Entdeckung der Leiche von Susanna am vergangenen Mittwoch führten.
Woher weiß der Junge vom Tod des Mädchens? Welche Details weiß er? Von wem weiß er das? Seit wann weiß er das? Welche Rolle spielt er? Wieso wendet er sich erst an die Polizei, als der Täter und dessen Familie genau an diesem Tag, dem 03. Juni, mutmaßlich bereits ins irakische Erbil zurückgekehrt sind? Wieso sollte sich ein Mörder einem 13-Jährigen anvertrauen, nachdem dieser Mörder mit hohem Aufwand sein Opfer verscharrt und mit Reisig abgedeckt hatte, damit man die Leiche nicht entdeckt? Welche Beziehung hatte das Opfer zu diesem Zeugen? Ist dieser Zeuge wirklich Afghane und wirklich erst 13 Jahre alt? Welche Beziehung hatte er zum mutmaßlichen Täter und dessen Familie? Welche Informationen hat er an die Polizei gegeben, von denen noch nichts bekannt ist? Fotos der Leiche? Beschreibungen der Tat? Hinweise zum Täter und möglichen weiteren Tätern oder sonstwie Beteiligten?
Hier ergebenen sich geballte Fragen, die wir nur in Auszügen dokumentieren – aus professionellen Gründen.
Überwachungsmaßnahmen
Die Polizei hat nach eigener Darstellung nach der Vermisstenanzeige mittels Telekommunikationsüberwachung versucht, den Standort des Mädchens über das Mobiltelefon zu bestimmen. Dies soll misslungen sein. Am 24. Mai soll aber die Mutter eine Whatsapp erhalten haben, die mutmaßlich nach dem Tod des Mädchens verfasst worden ist – von wem ist unklar. Klar ist, dass das Telefon eingeschaltet gewesen sein muss. An welchem Standort? Für welche Zeit? Wo ist dieses Mobiltelefon? Hatte es der Täter oder eine andere Person? Wieso hat die Polizei keine Informationen zu dieser Aktivität – oder verschweigt sie diese aus „ermittlungstaktischen“ Gründen und wenn ja, weshalb?
Oder liegen die Ermittlungsbehörden falsch? Stammt die Nachricht vielleicht doch von Susanna? Inhaltlich wird mitgeteilt, die Mutter solle sich keine Sorgen machen und nicht nach ihr suchen, sie reise für zwei, drei Wochen nach Paris (die Stadt der Liebe). Stutzig macht, dass die dokumentierte Sprache eher auf eine Jugendliche hindeutet und insgesamt auf jemanden, der des Deutschen mächtig ist? Konnte der oder die Täter tatsächlich verantwortlich für diese Botschaft sein oder hat sie eine dritte, noch unbekannte Person geschrieben?
Starb Susanna doch nicht, wie angenommen, in der Nacht vom 22. auf den 23. Mai, sondern erst in den Tagen danach?
Die Leiche
Laut Staatsanwaltschaft Wiesbaden wurde der Leichnam noch in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag obduziert. Die Polizei machte Angaben zum Zustand der Leiche – diese sei nicht stark verwest, sondern eher ausgetrocknet gewesen, was für die Spurensicherung eher von Vorteil sei.
Grund sei die trockene Witterung gewesen. Doch das ist zweifelhaft. In der vermeintlichen Mordnacht hat es geregnet und am 01. Juni sogar heftig – eine „Austrocknung“ vor Ort ist somit zweifelhaft.
Nach unserer Erfahrung ist eine solche schnelle Obduktion und die Übermittlung des Ergebnisses – vergewaltigt und erdrosselt – außergewöhnlich. Für die Todeszeitbestimmung gibt es verschiedenste Indizien und Methoden, wie Leichenstarre, Todesflecken und auch die Besiedlung von Insekten. Dazu wurde nichts mitgeteilt.
Die Behörden teilten mit, dass der DNA-Abgleich mit Sicherheit bestimme, dass es sich um Susanna F. handelt. Mutmaßlich ist davon auszugehen, dass die Pathologen auch Spuren für Sexualverkehr gefunden haben. Sind diese aber so eindeutig, dass nur eine Vergewaltigung in Frage kommt oder könnte ein Geschlechtsverkehr auch einvernehmlich stattgefunden haben?
Wurde Sperma entdeckt? Im Genitalbereich der Scheide, am After oder an anderen Stellen? Von einer oder mehreren Personen? Wenn es DNA-Spuren gibt, lassen sich diese eindeutig einem oder mehreren Tätern zuweisen? Dazu haben die Behörden bislang keine Angaben gemacht.
Weist die Leiche Drogen- oder Alkoholkonsum auf? Wurde sie nackt aufgefunden? Zweifel ergeben sich daraus, dass die Beamten angeblich fast an der Leiche vorbeigelaufen sind, aber ein „Wäscheschild in der Sonne geblinkt“ haben soll, was die Aufmerksamkeit eines Beamten erregte, woraufhin die teils verscharrte und abgedeckte Leiche neben einer schwer zugänglichen Gleisanlage gefunden worden sein soll. War das Wäschestück angezogen oder auf dem Körper der Leiche? Keine Angaben bislang.
Was war todesursächlich? Angeblich wurde das Mädchen erdrosselt. Mit Händen oder mit einem Werkzeug wie einer Schnur, einem Schal oder etwas anderem? Wurde ein Tatwerkzeug gefunden? Welche anderen Verletzungen weist der Leichnam auf? Konnten Abwehrspuren wie DNA unter den Fingernägeln entdeckt werden?
Warum war ein Gesichtsabgleich nicht sicher möglich? War das Gesicht durch Gewalteinwirkung oder Tierfraß zerstört? Wurden persönliche Gegenstände wie Ausweis oder andere Dinge gefunden, die eindeutig dem Opfer zugeordnet werden können? Wurde das Opfer möglicherweise auch noch beraubt?
Die mutmaßlichen Täter
Als mutmaßlichen Haupttäter nehmen die Behörden einen angeblich 20-jährigen Flüchtling aus Irak an, der mutmaßlich Ali B. heißen soll. Wieso schreiben wir „mutmaßlich“ und „angeblich“? Weil aus unserer Sicht alle Angaben nicht zweifelsfrei sind.
Erstens ist nach Faktenlage unklar, ob der Mann 20 Jahre alt ist. Bei seiner Einreise in Deutschland im Herbst 2015 müsste er 16 oder 17 Jahre alt gewesen sein. Wie bekannt ist, wurde und wird beim Alter gerne betrogen. Ob Familie mit Kindern oder unbegleitete minderjährige Ausländer – sind die Personen angeblich minderjährig, gewährt der deutsche Staat einen erheblich größeren Schutz und wie bekannt, wurden Altersangaben häufig einfach geglaubt, medizinische Nachweise sind nur mit großen Unschärfen möglich. Der Mann kann also auch 22 oder 25 Jahre alt sein – niemand weiß es.
Insbesondere durch die vorliegenden Informationen wird klar, dass die achtköpfige Familie bei der Ausreise ganz andere Namen benutzte als den deutschen Behörden bekannt. Wenn diese also nun nach einem Ali B. suchen, fahnden sie möglicherweise nach einem Phantom.
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Worauf stützten die Behörden ihre Angaben? Mutmaßlich auf die Angaben eines 13-jährigen Flüchtlings aus Afghanistan (auch hier ist unklar, ob dieser wirklich so alt ist und woher er stammt). Wie glaubwürdig ist dieser Zeuge? Immerhin haben dessen Angaben offenbar zum Fund der Leiche geführt. Aber woher hat er diese Informationen, wie oben schon in Frage gestellt? Könnte es sein, dass mutmaßlich der Verdacht auf einen oder mehrere Täter gelenkt werden soll, um von einem anderen abzulenken? Auch dieser Verdacht ist nicht ausgeschlossen, denn den mutmaßlichen Täter kann die Polizei nicht mehr befragen – der ist weit weg im Irak und damit außer Zugriff.
Ebenfalls vollständig unklar ist eine mutmaßliche Vergewaltigung eines 11-jährigen Flüchtlingsmädchen, das ebenfalls in der Unterkunft des mutmaßlichen Mörders der Susanna F. leben soll. Diese Tat soll im März begangen worden sein. Angezeigt wurde sie am 17. Mai, also fünf Tage vor dem Verschwinden von Susanna F.. Ob der Tatvorwurf konkretisiert werden kann, ist unklar. Hier darf man fragen: Was hätten die Behörden gemacht, wenn es kein Flüchltingsmädchen, sondern eine deutsche 11-Jährige gewesen wäre? Böse Frage? Gehört zur ergebnisoffenen, journalistischen Arbeit dazu.
(Anm. d. Red.: In einigen Medienberichten, insbesondere der ARD, wurde „verharmlosend“ festgestellt, dass eine Zunahme von Kriminalität nicht wirklich erkennbar sei und außerdem viele Opfer Flüchtlinge seien, die halt Opfer von anderen Flüchtlingen würden. Das halten wir für komplett menschenverachtend und verantwortungslos. Tatsächlich aber für relevant, weil es in Flüchtlingsunterkünften offenbar rechtsfreie Räume gibt und insbesondere Frauen und Mädchen einer unkontrollierten Gewalt von Männern ausgesetzt sind, die nicht zur Verantwortung gezogen werden – oft aus „kulturellen“ Gründen, denn eine nicht-jungfräuliche Muslimin ist in konservativen Kreisen nicht mehr „vermittelbar“, was mit Sicherheit dazu führt, dass die „Schande“ unter allen Umständen verleugnet und damit einer rechtsstaatlichen Verfolgung entzogen wird. Wir haben den nicht-gegebenen Schutz für Menschen, die Schutz suchen, insbesondere Frauen und Mädchen schon früh thematisiert – diese Frage ist bei vielen Medien auch noch nicht ansatzweise angekommen.)
Unsere Fragen sollen beim besten Willen keine „Verschwörungstheorie“ nähren – wir konstruieren keine solche. Aber der Ablauf des Tatgeschehens ist bislang überwiegend unklar, die Täterbeteiligung ebenso und die Angaben der Behörden sind bei genauer Betrachtung dubios.
Damit kommen wir zum zweiten Tatverdächtigen. Nach Darstellung der Ermittlungsbehörden war ein 35-jähriger Mann türkischer Staatsangehörigkeit ebenfalls dringend tatverdächtig und wurde am Mittwochabend verhaftet. Am Donnerstagabend wurde ein beantragter Haftbefehl nicht vollstreckt – der Mann, der angeblich nach Stand Donnerstagvormittag noch Mittäter gewesen sein soll, ist am Donnerstagabend also wieder auf freiem Fuß.
Zweifel an der Arbeit der Ermittlungsbehörden
Im Ergebnis müssen die zur Haft vorgelegten Gründe also dermaßen zweifelhaft gewesen sein, dass der Amtsrichter einen Haftbefehl nicht ausstellen wollte. Ein Haftbefehl ist ein erheblicher Eingriff in grundgesetzlich garantierte Freiheitsrechte und wird nicht „pro forma“ im Vorbeigehen erteilt. Dafür müssen handfeste Gründe vorliegen. Ganz offenbar konnte die Staatsanwaltschaft diese Haftgründe nicht beibringen und nachvollziehbar belegen.
Nach rechtsstaatlichem Prinzip und journalistischer Verantwortung legen wir sogar noch eins drauf: „in dubio pro reo“. Bislang haben die Ermittlungsbehörden den Eindruck erweckt, dass der Tatverdacht gegen eine Person namens „Ali B.“ erheblich ist und ebenso gegen eine zweite Person, deren Namen nicht genannt worden ist.
Die zweite Person ist wieder frei. Die andere Person ist weg. „Weg sein“ ist kein Straftatbestand.
Wir beim RNB folgen immer unserer ersten Redaktionsregel: „Traue keinem“ und ziehen immer alle Informationen in Zweifel, wenn es keine nachvollziehbaren Belege gibt. Natürlich „vertrauen“ wir aber andererseits „Offizialquellen“ wie Behörden, weil wir gar nicht anders können, denn häufig kommen von hier wesentliche Informationen und Behörden sind zur wahrheitsgemäßen Unterrichtung der Öffentlichkeit verpflichtet.
Insbesondere, wenn uns selbst keine Möglichkeiten der Nachprüfung zur Verfügung stehen, ergibt sich das Dilemma, dass wir uns auf Angaben der Behörden verlassen müssen. Die mutmaßliche Tatbeteiligung eines zweiten Täters, die sich nicht einmal 24 Stunden später in Luft auflöst, muss deshalb auch Zweifel an anderen Angaben nähren.
Die „unglaubliche“ Ausreise
Ungläubig verfolgen wird die vorgelegten Informationen zur Ausreise der achtköpfigen Familie in den Irak.
Acht Menschen, die mutmaßlich seit dem Herbst 2015 als Flüchtlinge in Deutschland leben, reisen am 02. Juni 2018 über einen Flug Düsseldorf-Istanbul und weiter Istanbul-Irbil in den Irak aus. In das Land, aus dem sie mutmaßlich wegen drohender Folter und möglichem Todesrisiko für mindestens ein Familienmitglied geflohen sind.
Unklar ist, wann und wie diese Familie eingereist ist. Die Polizei informierte lediglich über den Flüchtlingsstatus des mutmaßlich Tatverdächtigen. Dieser soll im Herbst 2015 eingereist sein – ob mit Familie im Verbund und ob diese nachgezogen ist, ist ebenfalls unklar.
Auch unklar ist, ob nur der angeblich 20-Jährige von Folter und Verfolgung und Tötung bedroht worden sein soll oder die gesamte, achtköpfige Familie. Unklar ist auch die Identität dieser Personen und auch, ob alle „Kinder“ (Altersangaben fehlen) tatsächliche Kinder der angeblichen Eltern sind. Möglicherweise handelt es sich auch um weitläufige Verwandte oder gar keine Verwandten und die Verwandtschaft wurde nur behauptet.
Bei der Ausreise wurden nach Ermittlerangaben jedenfalls ganz anderen Namen verwendet, als den deutschen Behörden bekannt. Grundlage für die Ausreise sollen zwei „Laisser-passer“-Dokumente gewesen sein, angeblich ausgestellt durch die irakische Botschaft. Doch wie kann das sein?
Wie kann die irakische Botschaft Reisedokumente für Personen ausstellen, die in Deutschland unter ganz anderen Namen bekannt sind? Und wie kann es sein, dass acht Personen mit Dokumenten, die inhaltlich nicht zutreffende Angaben enthalten, ein Flugzeug in Düsseldorf nach Istanbul betreten? Was sagt das über Sicherheitskontrollen an deutschen Flughäfen aus? Braucht man nur ein arabischsprachig abgefasstes, vermeintlich offizielles Dokument und schon spielen Passdokumente keine Rolle mehr?
Kann es wirklich sein, dass die Bundespolizei bei der Ausreise von acht Personen, die Flüchtlingsdokumente vorlegen, nicht misstrauisch wird und keine sonstigen Sicherheitsabfragen vorgenommen werden? Und eine Fluggesellschaft interessiert sich auch nicht dafür, dass die Namen der „Identitätspapiere“ nicht mit denen des „Reisedokuments“ übereinstimmen? Diese Fragen sind hochspannend.
Mögliche Szenarien
Ob der mutmaßliche Täter „Ali B.“ also der tatsächliche Mörder ist, ist sowieso bis zur Anklage und Verurteilung unklar. Unklar ist auch, warum nicht nur er sich einem Zugriff der Behörden durch Ausreise entzogen hat.
Wie kann es sein, dass acht Personen sich in Deutschland als angeblich verfolgte Flüchtlinge über eine lange Zeit aufhalten und von heute auf morgen „überstürzt“ beschließen, das sichere Deutschland in Richtung Heimat zu verlassen, wo angeblich Verfolgung droht – also zumindest für ein Familienmitglied? Woher haben Sie das Geld, von Wiesbaden nach Düsseldorf zu reisen, möglicherweise (unbekannt) noch irgendwo zu übernachten und dann bar Tickets zu kaufen?
Muss man nicht die Frage stellen, ob diese Familie auch nur ansatzweise im Irak bedroht worden ist oder seit langer Zeit die soziale Hängematte in Deutschland genossen hat und nachdem ein Familienmitglied Probleme bekommt, man „solidarisch“ in der Gruppe ausreist?
Nachvollziehbar wäre, dass der mutmaßliche Täter ausreist, um sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen. Sippenhaft gibt es in Deutschland nicht, warum also ist die komplette Familie abgereist? Oder wusste die Familie nicht, dass es keine Sippenhaft in Deutschland gibt und ist unter falschen Annahmen „geflohen“, nachdem sie also nie im deutschen Rechtsstaatssystem angekommen ist?
Wieso wurde nicht zeitnah über eine Ausweisung des mutmaßlichen Täters entschieden? Wieso nicht über den Rest seiner Familie? Wieso nicht über den mutmaßlich anderen Täter, der möglicherweise keiner ist?
Oder gibt es ganz andere Gründe, die längst nicht bekannt sind?
Oder gibt es erhebliche Zweifel, dass der Tatverdächtige auch der tatsächliche Täter ist und hat sich die Familie solidarisch entschlossen, mit dem Familienmitglied als Familie das Risiko einer Rückkehr einzugehen?
Weitergefragt: Welche Parallelgesellschaften gibt es im Zuge der enormen Zuwanderung bereits, die der deutschen Öffentlichkeit vollständig unbekannt sind und damit außerhalb jeder vernünftigen Debatte und Auseinandersetzung stehen?
Und noch eins draufgesetzt: Was bedeutet dieser Familienfall für die Integrationspolitik? Angeblich sind doch gerade Familien besonders integrationsgeeignet? Was ist hier grundsätzlich schief gelaufen und warum?
Vorläufige Bewertung
Der Mordfall Susanna F. ist wie immer ein tragischer. Fest steht: Ein 14-jähriges Mädchen ist tot. Ihre Leiche wurde verscharrt und „entsorgt“ wie Abfall. Wie der letzte Dreck. Nachdem das Opfer ein nicht bekanntes Martyrium erleben musste.
Nach den uns vorliegenden Informationen durch eigene Recherchen und Analysen bewerten wir unsere bisherige Berichterstattung als zutreffend – abstrakt gesehen.
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Wir haben bereits am 21. September 2015 in Frage gestellt, ob auf die „Hilfsbesoffenheit“ ein heftiger „Kater“ folgen würde. (Anm. d. Red.: Lesen Sie diesen spannenden Text, der zwei Wochen nach „Wir schaffen das“ erschienen ist.) Dieser konnte ab Juni 2016 „diagnostiziert“ werden.
Weiter haben wir analysiert, dass die enorme Zuwanderung „phasisch“ vonstatten geht: Enormer Andrang, Chaos bei der Unterbringung, Professionalisierung der Organisation unter Einsatz ganz erheblicher Mittel, fehlende politische Linien, Ankommen der Menschen in einer unbekannten „Realität“. Erheblicher Missbrauch unserer Sozialsysteme. Massive Herausforderungen für die Polizei.
Weiter Ankunft der fremden Menschen, Ausruhen, Realisierung der Lage. Teils gelingende Integration, teils klare Sozialfälle auf alle Zeiten, teils Abrutschen in die Kriminalität und Bildung von Parallelgesellschaften, insbesondere in Flüchtlingslagern und -unterkünften, die der öffentlichen Information und Kontrolle vollständig entzogen sind, weil Medienvertreter und „normale Leute“ keinen Zutritt zu diesen Einrichtungen haben.
Weiter: Aus Angst vor eigenem Versagen oder Eingestehen falscher Ideen massive Gegenwehr gegen kritische Nachfragen, die das Problem der Parallelgesellschaften weiter befördert. Siehe BaMF-Skandel in Bremen und möglicherweise auch darüber hinaus.
Umgekehrt weiterer Zuspruch für „Systemkritiker“ und eine steigende Radikalisierung gegen fremden Menschen – sowohl die, die sich integrieren als auch die anderen im Zuge eines „Generalverdachts“. Zunehmende Extrempositionen zwischen „Gutmenschen“ und „Kritikern“.
Weiter: Eine erkennbare Zunahme von Kriminalität und Gewaltverbrechen, die einerseits massiv bestritten bestritten wird und andererseits massiv rassistisch instrumentalisiert wird.
Weiter: Massiver Vertrauensverlust in staatliches Handeln, das teils wegen politischer Korrektheit, teils wegen absolut „technischer“ wie „populistischer“ Überforderung tatsächlich fragwürdig wird und extreme Stimmungen befördert. Und ebenso ein erheblicher Vertrauensverlust in Medien, die als „Systempresse“ manchmal zu Recht oder auch nicht, verunglimpft werden.
Der gewaltsame Tod von Susanna F. aus Mainz wird wie der der Mia V. in Kandel und andere Verbrechen enorme politische Sprengkraft entwickeln – außer, die politisch Verantwortlichen entschließen sind endlich, mit einem Paket von geeigneten Maßnahmen das Vertrauen der Bevölkerung zurück zu gewinnen.
Wir gehen aus Gründen davon aus, dass es weiterhin zu massiven Gewalttaten kommen wird, die die deutsche Gesellschaft in der Zahl und in der Ausführung bislang eher nicht kennt. Unsere Analysen aus der Vergangenheit geben uns Recht – unsere Trefferquote ist ganz enorm, weil wir intensiv recherchieren und faktenbasiert analysieren.
Und wir weisen darauf hin, dass ähnliche Gewalttaten nichts mit dem jeweiligen Ort zu tun haben. Mord und Totschlag und auch Terror kann überall vorkommen – deswegen geht uns das alle an, egal, wo wir leben.
Anm. d. Red.: Das RNB steht für eine beispiellose Transparenz journalistischer Arbeit, weil wir unsere Arbeit als Dienstleistung im Sinne der Meinungsfreiheit begreifen. Sie finden bei uns sehr kritische Arbeiten, die immer nur Mittel der Meinungsbildung und Aufklärung sein sollen. Sie können sich mit unserer Arbeit ebenfalls kritisch vernünftig auseinandersetzen. Wir freuen uns über Kommentare, die inhaltlich argumentieren.
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