Rhein-Neckar, 01. Februar 2018. (red/pro) Unsere exklusive Recherche, die einen AfD-Hintergrund der Demonstration des „Frauenbündnis Kandel“ belegt hat, ist ersten sehr gut gelesen worden und zweitens gibt es eine Reihe sehr umfassender Leserkommentare, auf die wir ebenfalls umfassend geantwortet haben. Viele Leser haben uns angeschrieben, diesen Diskussionskommentar doch als eigenen Artikel zu veröffentlichen, damit man ihn besser findet, was wir hiermit machen.
Anm. d. Red.: Beim Kommentieren schreiben auch wir eher drauflos, statt einen konstruierten Text zu verfassen. Dieser Kommentar beschäftigt sich an Beispielen mit unserer Arbeit, dem Thema demokratische Partizipation und Verfasstheit sowie einem kritischen Blick auf „Massen“ und allgemeinen Einordnungen zu gesellschaftlichen Debatten.
Den Kommentar finden Sie unter diesem Text: „Demo in Kandel durch AfD-nahes Umfeld organisiert„. Hinweis: Mittlerweile hat eine im Text genannte Internetpräsenz ein Impressum. Als verantwortlich wird Dr. Christina Baum genannt, Landtagsabgeordnete der AfD in Baden-Württemberg.
Auch hierzu eine Erläuterung – am Fallbeispiel RNB.
Es gibt immer wieder Einzelpersonen (selten), kleine und mittlere Gruppen (häufiger), die sich mit Anliegen an uns wenden. Sofern die Schilderungen nachvollziehbar sind, prüfen wir das Anliegen. Wenn wir eine gesellschaftliche Relevanz erkennen, gehen wir in die Recherche, wenn diese verwertbare Ergebnisse bringt, berichten wir.
Teils hat das politische Folgen im Sinne der Anliegen, teils nicht. Hat es Folgen, sind wie die Helden. Hat es nicht die gewünschten Folgen, sind wir blöd, waren zu faul oder nicht hintendran gewesen.
Teils hatten Anliegen Erfolg und es wurden andere Anliegen vorgebracht , die wir aber als nicht relevant oder falsch eingestuft haben – dann waren wir die Bösen und haben uns von irgendjemandem bezahlen lassen, um nur einen Vorwurf zu nennen.
Mal werden wir als links eingeordnet, dann als Grüne oder SPD, dann FDP oder CDU – sogar AfD oder NPD. Nur die Grauen Panther waren bislang nicht dabei.
Wir haben umfangreiche und wirklich offene Bürgerbeteiligungen erlebt, bei denen aber welche überbleiben, die meinen, „das ist nicht das, was ich will.“ „Ich“ ist keine demokratische Dimension.
Wenn Sie Material sammeln, dokumentieren Sie Informationen. Auch, wenn Sie Material (Briefe) erzeugen, wird dokumentiert – beispielsweise die Untätigkeit von Politikern, sofern sie untätig sind oder wenn sie nur mit Floskeln arbeiten. Erhalten professionelle Redaktionen solche Materialien, können diese geprüft, ausgewertet und bei Relevanz veröffentlicht werden.
Relevanz ist dabei ein wichtiger Begriff – was ein Einzelner als relevant einstuft kann von anderen als nicht relevant gesehen werden.
Unsere aktuelle Kritik am SWR hat eine Vorgeschichte – wir gehen ständig mit Fremdinformationen um, werten die Arbeit anderer Medien als Quellen unter vielen aus. Außerdem trauen wir uns, andere Medien auch öffentlich kritisch zu betrachten. Dies können wir umfangreich belegen, ebenso unsere inhaltliche Kritik am Sender – die auf Briefen an den Intendanten beruhen. Es tritt keine Besserung ein? Dann berichten wir darüber.
Demokratische Staaten sind ein mühseliges Geschäft, man muss Abläufe beachten, gesetzliche Normen usw. – das wirkt oft zäh und ist es auch. Im Ergebnis haben wir eines der leistungsfähigsten Staatssysteme weltweit. Aber kein System ist fehlerfrei und was vor 20 Jahren eine gute Lösung war, ist es heute vielleicht nicht mehr.
Beispiel UMAs – wir berichten dazu seit Herbst 2015. Zunächst und dann auch immer wieder exklusiv. Mit der klaren Warnung, dass hier vor allem in Mannheim die Gefahr besteht, dass etwas aus dem Ruder läuft. Dies ist eingetreten. Die Politik hat reagiert, die Art sehen wir kritisch und bleiben dran. Aber es ist sehr wohl etwas passiert.
Der Mord von Kandel ist tragisch und wird Folgen haben – davon gehen wir fest aus. Er ist ein Einzelfall, steht aber in einer Reihe mit anderen Einzelfällen, die zusammen, obwohl sie inhaltlich nicht zusammenhängen, viele Fälle sind – und eben viele Fälle zu viel.
Wer „Widerstand“ oder „Volksverräter“ skandiert, bietet keine Lösung, sondern will aufwiegeln. Sollte dies gelingen, bis hin zu herbeifantasiertem „Bürgerkrieg“, bringt nicht Ruhe, Ordnung und Frieden, sondern Chaos und Gewalt. Wer andere Menschen oder Dinge angreift, „nimmt nicht selbst was in die Hand“, sondern ist ein Straftäter. Egal ob mit oder ohne politische Motivation.
Ein „Frauenbündnis Kandel“ ist absurd – nach wie vor werden weitaus mehr Männer Opfer von Straftaten als Frauen. Hierbei zu differenzieren, dass es erstmal um alle Männer geht und daraus die Gruppe der Straftäter. Die wiederum lässt sich beispielsweise in verschiedene Alters- und Deliktsklassen einordnen. Die größte Zahl aller männlichen Straftäter sind zwischen 18 und 30 Jahre alt – egal welcher Nationalität. Innerhalb dieser unterteilten Gruppen lassen sich wieder Unterteilungen bilden, die dann durchaus etwas mit anderen Kategorien zu tun haben. Religiös motivierte Straftaten sind sehr selten, es gibt viel mehr politisch motivierte Straftaten, die aber im Vergleich auch eher eine geringe Zahl ausmachen usw. Man kann auch kulturelle Unterteilungen vornehmen – Ehrenmorde gibt es fast ausschließlich bei muslimisch geprägten Tätern, wobei der Tatantrieb eher ein kultureller, denn ein religiöser ist, nämlich die „Ehre“.
In Deutschland wurden vor Jahrzehnten Schwule noch verfolgt – gesellschaftlich sowie gesetzlich. Diesen Misstand haben wir zum Glück hinter uns – es hat sehr lange gedauert. Ob daraus am Ende eine Homo-Ehe werden musste, da kann man unterschiedlicher Auffassung sein, aber egal ob dafür oder dagegen, die Homo-Ehe gefährdet nicht die Gesellschaft und fügt niemandem einen Schaden zu.
Mit den Zugewanderten kamen auch Straftäter ins Land und damit Herausforderungen, die gelöst werden müssen – das kann nie mit extremen Positionen passieren. Richtig ist, dass konsequent gehandelt werden muss, was aktuell in vielen Bereichen leider nicht der Fall.
Dass Menschen das bei uns geltende demokratische Grundrecht der Versammlungsfreiheit nutzen, ist erstmal vollständig legitim. Das gilt sogar für die NPD, auch wenn die Antifa das nicht verstehen will. Es gilt auch für die Antifa, auch, wenn Rechte das nicht verstehen wollen.
Wie erfolgreich der Rechtsstaat ist, zeigt sich darin, dass volksverhetzende Inhalte unter Strafe stehen und ganz überwiegend heutzutage vermieden werden. Der Nachteil dieses Erfolgs ist, dass durch viele Rechtsstreitigkeiten ausgelotet worden ist, was nicht zulässig und was noch zulässig ist. Das bedeutet: Radikale Inhalte werden „geschliffen“ oder sind klar dem Grundrecht der Meinungsäußerung zuzuordnen. Das gilt beispielsweise für „Volksverräter“ als allgemeine Aussage, ebenso wie ACAB – als allgemeine Aussage. Wer einen Polizisten aber direkt als Bastard bezeichnet, begeht eine individuelle Beleidigung, die verfolgt werden kann.
Um Dinge zu bewegen, braucht es immer Organisationen – alleine schafft das fast nie jemand. In unserer demokratischen Gesellschaft haben wir zahlreiche Organisationen, die wie Parteien beispielsweise um Aufmerksamkeit und Anhänger konkurrieren. Dazu gehört auch die AfD. Der pauschale Ablehnung ist von uns nie mitgetragen worden – eine konkrete Ablehnung problematischer Positionen hingegen schon. Das gilt aber auch für andere Parteien, weil wir farbenblind und unideologisch berichten.
„Lügenpresse“ ist eine pauschale Verunglimpfung, die alle Medienvertreter des Lügens bezichtigt, auch uns. Wir respektieren, dass das jemand meint – auch dumme Meinungen sind vom Grundgesetzt geschützt, aber wir müssen das nicht akzeptieren. Wenn viele auf einer öffentlichen Versammlung das Wort mitskandieren, fehlt uns der Ansatz, diese Menge ernst zu nehmen.
Ebenso auch bei „Widerstand“. Das ist kompletter Quatsch. Jeder kann jederzeit Widerstand leisten – mit demokratischen Mitteln.
Auch das wurde auf der Versammlung vorgetragen. Wer aber meint, sich ans Grundgesetz zu halten und gleichzeitig „Lügenpresse“ skandiert, hat nicht verstanden, dass er sich massiv gegen Artikel 5 Grundgesetz (Meinungsfreiheit) wendet und damit sein „Bekenntnis“ ad absurdum führt.
Das politische System der Bundesrepublik Deutschland ist sehr komplex und nicht durch Massendemos zu steuern, sondern nur durch kenntnisreiche und akribische Arbeit an vielen „Schräubchen“.
Auf einschlägigen Seiten, ob im Internet oder bei Facebook, findet man keine Differenzierungen und Abwägungen, sondern meist nur Verachtung, Verächtlichmachung, Hass und Hetze und insgesamt sehr einseitige Positionen, die im Kern manchmal sogar „richtig“ sind, also ein Detail zutreffend benennen, aber sich nicht mit den komplexen Zusammenhängen auseinandersetzen.
Siehe Mordfall Kandel. Möglicherweise ist das Alter des Tatverdächtigen ein Problem – das steht aber noch nicht fest. Möglicherweise haben die Behörden sich nicht gut genug abgestimmt, das wird ermittelt. Möglicherweise gibt es viele weitere Aspekte, die noch nicht bekannt, aber wesentlich sind.
Die massenhafte Zuwanderung hat viele Probleme mit sich gebracht. Diese Aussage ist zutreffend. Teils wurden sie gelöst – auch das ist zutreffend, teils nicht, was auch zutreffend ist. Greift man sich nur einen Teil raus, ist der als Teil möglicherweise zutreffend, aber niemals geeignet, ein allgemeines Urteil, ob moralisch oder juristisch zu treffen.
Unser Tipp: Immer dann, wenn verengt wird, immer dann, wenn Massen auftreten und immer dann, wenn vereinfacht wird, sollte man vorsichtig werden. Das geht meist nicht gut aus. Das gilt übrigens unserer Auffassung nach auch für die „Willkommenskultur“, als eine große Masse von Medien, eine große Masse von politisch Verantwortlichen und eine große Masse von Menschen von „Hilfsbereitschaft“ beseelt waren und weitestgehend „unempfänglich“ für eine angebrachte Kritik – das holt diese Massen gerade wieder ein.
Diese Massen hatten eine negative Auswirkung hinsichtlich ihres fast schon faschistoiden Charakters. Achtung: Wir haben nicht gesagt, das war faschistisch, sondern „fast schon faschistoid“, als der nach an eine Form von Faschismus erinnernd, wobei wir keine Gleichsetzung mit dem politischen, rechtsradikalen Faschismus meinen, sondern die „Massenbewegung“ und unsere oben genannte Warnung vor „Massen“ meinen.
Aufmerksamkeit in den Medien, wie Sie schreiben, ist kein Wert an sich – sondern die inhaltliche Auseinandersetzung damit. Wir fanden bemerkenswert, dass rund 1.000 Menschen zu dieser „Frauenbündnis“-Veranstaltung kamen, aber nur 150 Gegendemonstrationen vor Ort waren. Das zeigt erstmal einen großen Mengenunterschied.
Die zweite Betrachtung gilt den Inhalten – wer nur pfeift und trällert und Nazis raus brüllt, liefert keine nennenswerten Inhalte. Die auf der anderen Seite vorgetragenen Sorgen nehmen wir zu Kenntnis und auch ernst – sehen sie aber auch im Zusammenhang mit „Widerstand“ und „Volksverräter“ und ordnen das entsprechend kritisch ein.
Wenn wir dann noch durch Recherche aufzeigen können, dass hier im Hintergrund gewisse Kräfte wirken, bieten wir die Information an und jeder kann sich selbst seine Meinung bilden.
Falls Sie unsere inhaltliche Auseinandersetzung schätzen, können Sie diesen Kommentar, der auch Arbeit ist, gerne honorieren. Am Artikelende finden Sie die Information, wie das möglich ist.
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