Kandel/Landau, 21. Februar 2018. (red/pro) Die Staatsanwaltschaft Landau hat zum mutmaßlichen Mörder einer 15-Jährigen Informationen zu einem Altersgutachten veröffentlicht. Demnach ist der Tatverdächtige „mindestens“ 17,5 Jahre alt, vermutlich aber 20 Jahre alt. Der Fall nimmt den erwarteten dramatischen Verlauf.
Von Hardy Prothmann
Wir hatten als erstes Medium den Fall Kandel als „Politikum“ beschrieben. Darauf bilden wir uns nichts ein. Journalistische Ehrlichkeit und Transparenz ist für uns Standard.
Nachdem erste Recherchen erhebliche Zweifel am Alter des Tatverdächtigen erkennen ließen, hat die Staatsanwaltschaft Landau dies nun fast zwei Monate nach der Bluttat von Kandel bestätigt.
Demnach ist der Tatverdächtige Afghane nicht 15 Jahre alt, sondern eher 20 Jahre alt. Der Altersgutachter meint, das „Mindestalter“ liege bei 17,5 Jahren. Über das Höchstalter teilte die Behörde nichts mit. Es gilt der Mindestgrundsatz.
Der Tatverdächtige war nach eigenen Angaben bei seiner Einreise nicht im Besitz von Ausweispapieren und hatte, so die Staatsanwaltschaft, sein „Geburtsdatum mit 01.01.2002 angegeben“:
Dieser war nach seinen eigenen Angaben bei seiner Einreise nach Deutschland nicht im Besitz eines Ausweispapiers und hatte sein Geburtsdatum mit 01.01.2002 angegeben.
Das ist natürlich Quatsch und eine behördliche Falschinformation. Wenn das Alter nicht bestimmt werden kann, wird behördlich der erste Januar des vermuteten Geburtsjahres verzeichnet. Es ist empörend, wenn Behörden falsche Informationen streuen.
Inzwischen liegt das Gutachten zur Altersschätzung des Beschuldigten vor. Der Sachverständige kommt in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass bei dem Beschuldigten von einem wahrscheinlichsten Lebensalter von ca. 20 Jahren auszugehen sei. Das absolute Mindestalter des Beschuldigten bestimmt der Sachverständige derzeit auf 17 ½ Jahre. Die durchgeführten medizinischen Untersuchungen zur Erstellung des Gutachtens umfassten neben der körperlichen Untersuchung auch röntgenologische Untersuchungen der Hand, des Gebisses und der Schlüsselbeine,
teilt die Staatsanwaltschaft mit. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Beschuldigte das 21 Lebensjahr bereits vollendet hätte. Anders übersetzt: Ausgeschlossen ist das nicht, das kann man aber nicht beweisen.
Laut Gutachten sei der Beschuldigte Heranwachsender. Das ist entscheidend für die Verurteilung, nach möglicherweise Jugendstrafrecht.
Kritisch ist die Mitteilung, weil andere Behörden den Tatverdächtigen als deutlich jünger eingeschätzt hatten. Und das zieht – politisch betrachtet – all die angebliche genauen Einschätzungen woanders ins Zweifel. In erhebliche.
Anders übersetzt: Es herrscht behördliches Chaos und man kann nicht darauf vertrauen, dass Jugendämter zuverlässig das Alter von unbegleiteten, minderjährigen Ausländern bestimmen. Wäre der Tatverdächtige weiterhin als 15 Jahre alt eingeordnet, hätte er rund drei Jahre mehr den Genuss der Jugendhilfe als Anspruch, mal ganz unabhängig von der Strafrechtsfrage.
Die rheinland-pfälzische Landesregierung unterschätzt nach unserer Auffassung bislang komplett die politische Dimension dieses Tötungsdelikts.
Es ist eben kein 15-jähriger Flüchtling, der die 15-jährige Mia erdolcht hat, sondern ein nahezu Erwachsener, der die deutschen Behörden über sein Alter getäuscht hat und womöglich erst deswegen in Kontakt mit dem Mädchen kam. Das ist erheblich dramatisch und empörend.
Er hat sich zudem mutmaßlich eine besondere Betreuung erschlichen, die der Sozialstaat als Jugendschutz begreift, möglicherweise aber zum Täterpotenzial pervertiert.
Wer sich die politischen Auswirkungen des Mordes in Kandel anschaut, muss staunen, wie hilflos die Behörden sich ans Messer des Populismus ausliefern. Und auch, wie „wenig Eier“ andere Medien haben, Tacheles zu reden. Es geht nicht darum, rechtsradikal zu vermeiden und abzulehnen. Es geht darum, den Rechtsstaat einzufordern und sich diesem mit allen Konsequenzen zu bekennen.
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Mias Mörder ist nicht 15 Jahre alt, sondern deutlich älter. Alle haben es geahnt, jetzt ist es behördlich mindestens festgestellt, eine politische Reaktion der Verantwortlichen gibt es bislang nicht.
Wir leben in einem freien und demokratischen Land, in dem man aktuell den Eindruck haben muss, dass gewisse Parteien erhebliches Interesse daran haben, dass die AfD Mehrheitspartei wird, um die Führung zu übernehmen.
Die Ermittlungen sind laut Staatsanwaltschaft noch nicht abgeschlossen. Neben der Vernehmung von Zeugen dauere insbesondere die Auswertung der bei dem Beschuldigten sichergestellten Mobiltelefone an. Der Beschuldigte, der nach wie vor von seinem Schweigerecht Gebrauch mache, befinde sich weiterhin in Untersuchungshaft.
Ob und wann er dort seinen 18 Geburtstag feiert, teilte die Behörde nicht mit. Mia ist tot und wird niemals 16 Jahre alt werden. Sie wurde am Mittwoch nach Weihnachten 2017 am Nachmittag getötet. In einem Drogeriemarkt. Einfach so.
Ihr Alter ist bekannt. Ihr Todestag auch. Ihr Mörder wird sich als „Jugendlicher“ einer Erwachsenenstrafe entziehen wollen. Nachdem er sich ihr zuvor als vermeintlich Gleichaltriger in täuschender Absicht genähert hat.
Es wird viele Menschen geben, die das verabscheuen, die das nicht verstehen wollen.
Und es wird andere Menschen geben, die diese Menschen sofort als Nazis beschimpfen.
Wie dieser „Klassenkampf“ ausgeht, ist nicht offen – es wird zu offen ausgetragenen Konflikten kommen. Konkret zu Gewalt.
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