Herxheim/Rhein-Neckar, 27. Februar 2018. (red/hs) Seit vergangenem Herbst wird mit großen Aufregerschlagzeilen über eine “Hitler-Glocke” in einem Kirchturm in Herxheim berichtet, debattiert und vor Gericht gestritten. Seit 1934 bimmelt die Glocke dort – Ende 2017 kam es dann zum Showdown. Die Kritiker wollten, dass die Glocke entfernt wird. Der Gemeinderat hat am Montag mit 10:3 Stimmen entschieden: Die Glocke bleibt.
Meinung: Helle Sema
Selbst die ARD, die schon mal den Mord an einer jungen Frau (Freiburg) für nicht so relevant hält und sich bei einem anderen Mord an einem Mädchen (Kandel) erst Mal zurückhält, postet reichweitenstark auf Facebook zur “Hitler-Glocke”, auf der steht: “„Alles fuer’s Vaterland – Adolf Hitler“ (inklusive Deppenapostroph). Wow. Das muss ein wirklich, wirklich wichtiges Thema sein.
Nach der Entscheidung des Gemeinderats Herxheim tickert dpa die Meldung und schwupsdiwups ploppt die Meldung in sehr vielen Internetmedien auf, viele Tageszeitungen werden die Nachricht bringen: Die Hitler-Glocke bleibt hängen. Wow.
Es gab in Herxheim ein “breites Medieninteresse”. Übersetzt heißt das: So gut wie kein Journalist interessiert sich sonst für die “idyllische Weinbaugemeinde”, aber aktuell lauern jede Menge, teils von weither angereiste Journalisten auf ein Zitat, und sei es nur ein Wort, um Stimmung zu machen. “Die Hitler-Glocke bleibt hängen” ist eher nicht sexy, sondern irgendwie banal. Außer Spesen nix gewesen? Schade für die Journalisten, es reicht nicht für eine kreischende Schlagzeile. Aber die ARD bestätigt durch Themenaufnahme – Herxheim war wichtig für die Zeitgeschichte der deutschen Gesellschaft.
Totale Endverteufelung
Lohnt das nicht ein Leitartikeldebatte? Nö. Das erledigen asoziale Medien heute aus denen sich die etablierten Medien dann nach Gusto bedienen. Auf Facebook werden sich viele daran stören und das für “unglaublich” halten. Mindestens. Vielleicht auch für “widerlich”, “abstoßend”, “eklig”. Verbunden mit vielen Ausrufezeichen und Kotz-Symbolen. Dankbar von Qualitätsjournalisten verwertet, die im Wortsinn in der Scheiße wühlen und diese zielgruppengerecht aufbereiten, um sie medial zu verfüttern, während die nachrichteninteressierte Zielgruppe einen Coffee-to-go aus Plastikbechern trinkt und später einen Bio-Salat aus der Plastikbox löffelt, um sich dann individualisiert vor Mitternacht in einem durchgehend beheizten anonymen Fitness-Studio auf dem Laufband die Energie für den nächsten Tag zu erlaufen, was die persönliche App dokumentiert.
Viele Journalisten leben so – also alle, die nicht klassisch ein ungesundes Leben führen. Die einen saufen, die anderen laufen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie ständig über Schlagzeile nachdenken. Kaum jemand denkt über Schlagseite und absaufen nach – obwohl Journalismus seit Jahren kentert, weil nicht mehr informiert, sondern nur noch skandalisiert wird. Die Masse will das so – wie faschistoid das ist, darüber denkt kaum jemand nach.
Die Präsmisse ist: Das Volk denkt nicht, sondern will bedient werden. Um Informationen geht es schon lange nicht mehr. Es geht um Klicks und Quoten. Aufmerksamkeit um jeden Preis. Gerne bis zur totalen Aufmerksamkeit – es gibt leider kaum Medien, die ihre eigenen volksempfängerischen, faschistoiden Orientierungen hinterfragen.
Man bekommt in den Aufregernachrichten kaum Informationen, die das eigene Denken mal anregen könnten. Beispielsweise, wenn aus linksgrünen Ecken immer wieder gegen den rechten Feind “widerlich”, “abstoßend”, “eklig” geäußert wird. (Anm. d. Red.: Interessierte Leser/innen von RNB bleiben dran, lesen weiter bis unten, mindestens bis zu “abartig”, was wir für widerlich, abstoßend und eklig halten. Was aber leider Alltagssprache ist, aber nur selten thematisiert wird. Jugendliche sagen auch gerne: “Wie behindert ist das denn?”, oder stellen existenzielle Fragen: “Wie behindert bist Du eigentlich?”.)
Tausende Autobahnkilometer, die jeden Tag von Hunderttausenden Menschen benutzt werden, stammen ursprünglich aus der Zeit des NS-Regime. Ebenso hunderte von Brücken, Eisenbahntrassen. Selbst Wasser- und Stromleitungen sind teils noch aus dieser Zeit. Wenn es mal stockt, fühlen sich alle “behindert” und werden zornig. Über all die anderen Behinderten auf der Straße und vollständig behinderte Behörden und einen behinderten Staat, der für das Chaos verantwortlich ist.
Und jede Menge Gesetze – beispielsweise der “Mord-Paragraf” (STGB 211) sind Nazi-Überlieferungen. Und die Bundesrepublik Deutschland ist Rechtsnachfolger des Dritten Reichs. Das muss man sich mal geben – alles naziverseucht.
Es ist eigentlich ganz einfach: Man entkommt der Geschichte nicht. Die Nazis haben das historisch größte Verbrechen aller Zeiten begangen – damit muss man sich halt abquälen. Ob es einem gefällt oder nicht.
“Nicht alles in der NS-Zeit war nazistisch, rassistisch, antisemitisch.” Wer das als Politiker äußert, tritt zurück, wie in Herxheim der frühere Bürgermeister Ronald Becker, der den Frevel begangen hatte, zu meinen, das bis heute Dinge aus der NS-Zeit benutzt werden.
Gegen die totale Endverteufelung dieser zwölf Jahre einer menschenverachtenden Diktatur steht man üblicherweise auf verlorenem Posten. Wer dazu aufruft, vernünftig mit dieser Zeit umzugehen, bekommt mindestens imaginär sofort das Hakenkreuz ans Revers geheftet und ist damit ein NAZI.
Wer diese Logik zum Kotzen finden, interessiert sich irgendwann für die AfD, die das oben Beschriebene anprangert, sich ebenso aufpumpt, keinen intellektuellen Inhalt anbietet, aber halt Gegenwehr gegen den linken Stumpfsinn. Das ist zwar keine aussichtsreiche Alternative, aber wenigstens kein gleichmachender Mainstream, denken sich wohl viele, die für enorme Wahlerfolge der AfD sorgen.
Auch die alternativlose deutsche Nachrichtenagentur macht mit
Der Herxheimer Gemeinderat stützt sich auf das Gutachten einer “Glockensachverständigen” und hat vernünftig entschieden. Die Glocke bleibt und es soll eine Form einer mahnenden Erinnerung geben, möglicherweise eine Tafel an der Kirche.
“Im Gutachten heißt es, eine “Entsorgung” der Glocke sei “eine Flucht vor einer angemessenen und aufgeklärten Erinnerungskultur”, berichtet Spiegel Online mit Material von dpa. Man beachte die Anführungszeichen bei “Entsorgung”. Da hat einer aufgepasst!
Hardcore-Nazijäger werden hier sofort erkennen wollen, dass die Gutachterin vermutlich auch eine Faschistin ist, die sich sorgt, ein nationalsozialistisches Kulturerbe könnte der Vernichtung durch “Volksfeinde” anheim fallen. Andere werden den überwiegenden Teil des Gemeinderats als Nazis ansehen, ach was, eigentlich bis auf wenige aufrechte Antifaschisten das gesamte Dorf als Nazi-Hochburg bezeichnen.
Eine dieser aufrechtesten aller aufrechtesten Widerstandskämpferinnen ist eine pensionierte Lehrerin und Organistin im Ort, die uns böse emails schreibt. Sigrid P. meint, dass der Anzeigenerstatter, ein früher verurteilter Bankräuber jüdischer Abstammung von uns diffamiert worden sei und meint dann ernsthaft in Bezug auf unsere Hinweise: “Ein Journalist, der im Internet für Prozesskosten um Geld betteln muss, richtet sich selbst!!”
Die Welt der Meinungsfreiheit birgt so manche Überraschungen. Wie beruhigend ist die Erkenntnis, dass Artikel 5 Grundgesetz selbst dümmste Meinungen schützt, solange sie keine anderen Rechtsgüter verletzen. Jeder in Deutschland hat grundgesetzlich das Recht, sich zum, wenn es sein muss, sogar total, größten Meinungsdeppen aller Zeiten zu machen. Sogar öffentlich. Was andere dazu meinen, ist nicht egal, sondern unterliegt auch der Meinungsfreiheit – das ist Meinungsterroristen aber egal. Die kennen nur eine Meinung – die eigene. Und – pardon – scheißen auf das Grundgesetz. Aus logischen Gründen, wer meint, allein im Besitz der Wahrheit zu sein, erkennt konsequent sonst nur Lügner.
Denken Sie mal drüber nach.
Nazi-Rathaus – mitten in Mannheim
Irgendwann wird sich die Aufregung legen – kehrt dann Langeweile ein? Das muss nicht sein. Vielleicht deckt ein investigatives Magazin der ARD dann auf, dass das Rathaus Mannheim in E 5 in der NS-Zeit geplant und 1936 zu bauen begonnen worden ist. Fertig gestellt wurde es zwar erst 1951. Aber mal ehrlich: Das sind 9 Jahre während der NS-Zeit, eindeutig unter Hitler entworfen und geplant gegen 6 Jahre Bauphase in der Nachkriegszeit.
Und der Bau ist anders als die von außen nicht sichtbare Glocke ein Riesenklotz, von dem aus die Geschicke Mannheims entschieden werden. Hier zieht doch der Nazi-Geist durch jede Ritze! Auch noch von einem SPD-Bürgermeister benutzt. Ja, geht’s noch? Das ist doch ein Riesenskandal! Wenn hier heute Bürgerdienste erbracht werden, wer weiß schon, ob es nicht schon bald wieder Volksbürgerdienste sein werden, wenn man dieses Rathaus der Schande nicht sofort einreißt?
Ist ja “abartig”
Falls Sie das auch interessiert. Das besonders gerne von Jugendliche benutzte Wort “abartig” (körperlich und geistig Behinderte) ist ein klar von den Nazis benutztes Wort. Mädels übrigens auch (Bund deutscher Mädel). Mischehe, eindeutig ein Nazi-Wort, wurde vor einiger Zeit vom Stadtrat Eberhard Will (früher AfD, jetzt LKR) in einer Ausschusssitzung benutzt – niemand hat ihn rausgeworfen. Suchen Sie online mal “ausmerzen” und lassen Sie sich “News”-Treffer anzeigen – Sie werden sich wundern, wie viele Nazi-Medien es in Deutschland gibt, besonders auffällig sind Sportjournalisten. Dasselbe machen Sie bitte mit dem Wort Selektion.
Wenn es Sie dann so richtig gruselt, erstellen Sie doch bitte eine Petition zur Strafbewehrung des Wortes “Führer”, das bis heute ein absolut gängiges Wort ist, obwohl es doch das NS-Wort schlechthin ist, wegen Adolf Hitler, ehrerbietig der Führer genannt. Boykottieren Sie alle Reiseführer. Nehmen Sie niemals an faschistischen Museumsführungen teil. Lehnen Sie jedes Führungszeugnis ab. Fordern Sie Betreiber von ÖPNV ab, die Fahrzeugführer abzuschaffen, also das Wort, nicht die Menschen, ebenso ersatzlose Streichung des Polizeiführers, aber auch der Führungsetage, führender Technologie, eben alles, was automatisch ins Nazi-Verderben führt.
Anm. d. Red.: Ja, Antifa. Wir wissen, dass Ihr es schon immer gewusst habt. Der Hardy Prothmann ist der allerschlimmste aller allerschlimmsten Nazis. Der verharmlost, wo er nur kann, die Nazi-Zeit. Direkt Beschwerde beim Deutschen Presserat einlegen. Oder auch nicht. Der Axel-Springer-Verlag ist da auch Mitglied – vermutlich ist der Presserat also auch faschistisch. Bleibt als Erkenntnis: Ihr seid umzingelt von Nazis. Überall. Gleich mal ne Demo anmelden, die dann von Nazi-Behörden geprüft und von Nazi-Polizisten geschützt wird, damit echte Nazis Euch nicht nach Strich und Faden aufmöbeln.
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