Mannheim/Berlin, 15. Juni 2018. (red/pro) Der Deutsche Presserat hat mit Pressemitteilung von heute erstmals eine „öffentliche Rüge“ gegen das Rheinneckarblog.de ausgesprochen. Insgesamt wurden zehn Rügen ausgesprochen, drei davon gegen Bild, eine gegen die TAZ.
Der Pressekodex regelt unter Ziffer 16:
Es entspricht fairer Berichterstattung, vom Deutschen Presserat öffentlich ausgesprochene Rügen zu veröffentlichen, insbesondere in den betroffenen Publikationsorganen bzw. Telemedien.
Richtlinie 16.1 – Inhalt der Rügenveröffentlichung
Der Leser muss den Sachverhalt der gerügten Veröffentlichung erfahren und informiert werden, welcher publizistische Grundsatz durch die Veröffentlichung verletzt wurde.
Der Presserat teilt mit:
Der Presserat rügt den RHEINNECKARBLOG für die Erfindung eines Terror-Anschlags. Unter der Überschrift „Massiver Terroranschlag in Mannheim“ hatte der Blog detailliert über einen Terroranschlag und ein „Blutbad apokalyptischen Ausmaßes“ mit 136 Toten berichtet, die es gar nicht gegeben hatte. Die Redaktion gab an, der Text sei so übertrieben gewesen, dass jeder durchschnittliche Leser hätte stutzig werden müssen. Der Presserat folgt der Kritik der Beschwerdeführer, dass über den fiktionalen Charakter des Berichts erst hinter einer Bezahlschranke aufgeklärt wurde. Unabhängig von der Absicht, die die Redaktion mit dem erfundenen Bericht verfolgte, hat sie damit dem Ansehen der Presse massiv geschadet, befand der Presserat.
Wir stellen fest: Der Presserat selbst informiert in seiner Pressemitteilung nicht, gegen welchen „publizistischen Grundsatz“ verstoßen worden sein soll. Ein Verstoß gegen „publizistische Grundsätze“ wegen „fiktionalen Charakters“ eines Textteils gibt es nämlich nicht im Pressekodex.
Nach Auffassung des Presserat, laut Mitteilung, sei der fiktionale Charakter nicht zu erkennen gewesen. Wir haben im Artikel „Alle Fakes zum angeblichen Terroranschlag im Überblick“ alle falschen oder fiktionalen Stellen in rot markiert – der Text ist ein „Blutbad“.
Die inhaltlichen Gründe für die Rüge kennen wir bislang nicht – der Presserat hat uns diese noch nicht mitgeteilt. Während die Pressemitteilung online ging, kommen die Entscheidungsgründe mit der Post!
Wir werden diese wie immer transparent veröffentlichen und dazu Stellung nehmen. Es zeichnet sich eine interessante Konstellation ab. Sollte der Presserat tatsächlich als Begründung, was zu vermuten ist, rügen, dass die Leser erst eine Bezahlschranke (für ein Probeabo für 30 Tage zu Null Euro) hätten überwinden müssen, dürfte das spannend werden, denn soweit uns bekannt ist, gibt es im Pressekodex keine Ziffer, die die Vermarktung von publizistischen Inhalten als rügenswert sieht. Eine solche öffentliche Rüge würde im Kern bedeuten, dass eine Vermarktung von publizistischen Inhalten per se „unanständig“ ist und dem „Ansehen der Presse“ schadet – wir sind gespannt wie die Flitzebogen auf die Argumentation.
Da unser Text selbstverständlich Ziffer 1 zur „Wahrhaftigkeit“ berücksichtigt hat, weil wir klipp und klar den kritisierten Inhalt als erfunden und damit nicht wahr eingeordnet haben, sehen wir auch eindeutig keinen Verstoß. Dies hatten wir dem Presserat in unserer Entgegnung mitgeteilt. Auch dem Presserat sollten die höchstrichterlichen Entscheidungen bekannt sein, dass man Texte im Kontext zu beurteilen hat. Es war grundsätzlich jedem Nutzer möglich, mit ganz geringem Aufwand den kompletten Text lesen zu können – sogar kostenfrei.

Hurra – endlich eine Rüge für Prothmann. Viele DJV-Funktionäre sind gerade sehr, sehr glücklich. Screenshot: Facebook-Seite des DJV NRW
Weiter werden wir uns die Zusammensetzung des Beschwerdeausschusses genau anschauen – denn sollten dort DJV-Vertreter Mitglied gewesen sein, muss eine klare Befangenheit vermutet werden, weil der DJV-Vorsitzende Frank Überall noch am Tag der Veröffentlichung sich im Deutschlandfunk negativ zum Bericht geäußert hatte, allerdings ohne diesen zu kennen und wenn doch, auf Basis einer Urheberrechtsverletzung.
Denn Herr Überall behauptet, er habe den vollständigen Text von der Redaktion des Deutschlandfunks übermittelt bekommen, was nicht sein kann, da keiner der Mitarbeiter Abonnent unseres Angebot war und damit den geschützten Text in Gesamtheit nicht kennen konnte. Es gibt technische Möglichkeiten die Bezahlschranke zu umgehen, dann hätte aber ein öffentlich-rechtliches Medium einen privaten Urheber quasi bestohlen – oder aber Herr Überall.
Wir haben mit beiden Seiten Kontakt dazu aufgenommen, Herr Überall behauptet, den Text erhalten zu haben, der Deutschlandfunk behauptet das Gegenteil. Klären können wir das nicht. Dieser Hintergrund ist aber megainteressant – weil entweder illegal gehandelt worden ist und wenn nicht, sowohl Herr Überall als auch Deutschlandfunk ohne Kenntnis des gesamten Artikels sich öffentlich geäußert haben und damit vollständig ahnungsfrei und gegen die gesetzlich vorgeschriebene Sorgfaltspflicht. Wie man es dreht und wendet – peinlicher geht es nicht mehr.
Wie offensichtlich die Befangenheit ist, zeigt auch, dass verschiedene DJV-Verbände und Funktionäre umgehend die ausschließlich auf RNB fokussierte Nachricht verbreitet haben, dass eine Rüge ausgesprochen wurde. Wir haben beispielhaft, wie im Screenshot zu sehen, darauf geantwortet.
Hintergrund: Vor vielen Jahren hat der für RNB verantwortliche Redakteur Hardy Prothmann den DJV durch kritische Berichterstattung erheblich unter Druck gesetzt. Ein Kritikpunkt war, dass der DJV über Jahrzehnte Presseausweise an Nicht-Journalisten ausgegeben hat, die sich damit über „Presserabatte“ Vorteile verschafft haben. Im Ergebnis führte diese Praxis mit dazu, dass die Bundesinnenministerkonferenz sich zurückzog und damit der „amtliche“ Presseausweis gestorben war. Heute bieten eine Vielzahl dubioser Organisationen Presseausweise gegen Geld an, was dazu führt, dass die Anerkennung als Berufsjournalist über den Presseausweis erheblich gelitten hat.
Wir selbst haben auch mehrere Beschwerden gegen Tageszeitungen in Zusammenhang mit der Berichterstattung über den „fiktionalen“ Terroranschlag eingereicht – dazu haben wir ebenfalls noch keine Mitteilung.
Wir warten nun die Begründung ab und werden prüfen, ob wir Beschwerde einlegen.
Hinweis: Der Deutsche Presserat ist ein freiwilliges Selbstkontrollorgan der Presse. Über Jahrzehnte konnten hier nur Zeitungen Mitglied sein. Wir sind als einer der ersten regionalen Online-Nachrichtenmedium Ende 2013 auf Anfrage des Deutschen Presserats dort Mitglied geworden. Das kostet uns 100 Euro im Jahr. Seither hat es einige Beschwerden gegen unsere Berichterstattung gegeben, die allesamt keinen Erfolg hatten. Einmal wurde ein Hinweis erteilt. Ein Rüge ist die schärfste Form der Missbilligung, allerdings ohne direkte Konsequenzen. Als Mitglied sind wir verpflichtet, die Rüge zu veröffentlichen und mit dem gerügten Beitrag zu verknüpfen, was wir dann tun, wenn diese uns inhaltlich vorliegt.