Mannheim/Rhein-Neckar, 13. Januar 2018. (red/pro) In ihren Plädoyers haben einige Verteidiger der OEG-Schlägerbande massiv Kritik an den Medien geübt. Erst die mediale Berichterstattung habe die Bevölkerung verunsichert. Und durch die geforderten hohen Haftstrafen wolle die Staatsanwaltschaft der Öffentlichkeit ein Gefühl der Sicherheit zurückgeben. Solche Aussagen dürfen nicht unkommentiert bleiben.
Kommentar: Hardy Prothmann
Sechs heranwachsende Schläger überfallen zwei Heranwachsende in einer S-Bahn, schlagen diese und begehen gemeinschaftlich einen Raub. Nur wenige Wochen später fallen die Schläger in einer OEG-Bahn über einen Mann her, der sich ihnen entgegenstellt, als einer eine junge Frau belästigt und beleidigt. Der Mann erleidet vielfältige Verletzungen, darunter einen Nasenbeinbruch und leidet heute unter Angstzuständen.
Einige der Angeklagten zeigen sich noch vor Gericht und in der Haft äußerst aggressiv. Alle sind bereits mehrfach durch Straftaten aufgefallen und teils zu Haftstrafen verurteilt worden, obwohl zur Tatzeit in der OEG-Bahn im März 2017 erst 17 oder 18 Jahre alt. Sie entstammen einem Milieu, dass sich in Form der Zuschauer derart aggressiv zeigt, dass der Prozess durch massive Polizeipräsenz geschützt werden muss.
Das Opfer Mehmet E. wird durch Familienangehörige eines der Angeklagten bedroht. Einige Angeklagte wie auch ihr befreundeter Mob verhalten sich drohend gegenüber Berichterstattern. Im Dezember greifen fünf Jungendliche eine Polizeistreife an, was zu einem Großeinsatz führt. Einer der Angreifer ist ein Bruder eines der Angeklagten. Der Angriff erfolgt nur wenige Stunden nach dem Ende eines Prozesstages im öffentlichen Raum in der Fußgängerzone Planken.
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Gegen einen Angeklagten gab es in Bensheim einen Prozess, einer war gerade mal zwei Monate nach der Verbüßung von rund dreieinhalb Jahren einer fünfjährigen Haftstrafe wieder auf Bewährung draußen, ein anderer soll nach der massiven Gewaltattacke im März im September wieder eine Körperverletzung in Tateinheit mit Raub in einer S-Bahn begangen haben.
Sie sehen aus wie Bübchen – sind aber Gewalttäter
Alle Angeklagten sehen aus wie Bübchen, schmale Gestalten. Nur Taufik M. fällt durch seine ausgeprägte Physiognomie des Gesichts auf – aber auch durch eine durchaus vorhandene Intelligenz, die er aber nicht für ein ordentliches Leben nutzen konnte. Alle Angeklagten sind gewaltbereit und gefährlich.
Wenn Medien zutreffend über gemeinschaftlich begangene Straftaten im öffentlichen Raum, in Straßenbahnen, die jährlich von Millionen Fahrgästen benutzt werden, berichten, dann sind nicht die Medien schuld an einer Verunsicherung der Öffentlichkeit, sondern solche Typen wie diese jugendlichen Schläger, die aus welchen Gründen auch immer andere Menschen überfallen, bedrohen, berauben und im Zweifel massive Gewalt anwenden.
Strafverteidiger erfüllen eine wichtige Aufgabe
Strafverteidiger erfüllen eine wichtige Aufgabe. Jeder hat im Rechtsstaat das Recht auf eine ordentliche Verteidigung, bei der insbesondere darauf geachtet werden muss, dass Ermittlungsergebnisse, Beweismittel und Zeugenaussagen eindeutig eine Schuld belegen oder im Zweifel für den Angeklagten eben keine Berücksichtigung erfahren dürfen.
In diesem Prozess ist vor allem ein Strafverteidiger positiv aufgefallen, der Freiburger Anwalt Thorsten Schulte-Günne. Obwohl dessen Mandant, Taufik M., ihn und einen weiteren Verteidiger weitestgehend ablehnte, hat Herr Schulte-Günne einen guten, besonnenen Job gemacht. Er hat die meisten Wortbeiträge geleistet, kritisch nachgefragt und verfolgte stets konzentriert und aufmerksam die Beweisaufnahme – trotz der Ablehnung durch seinen Mandanten. Die ursprünglich in der Anklageschrift behauptete Haupttäterschaft seines Mandanten konnte nicht nur nicht bewiesen werden, sie kann als widerlegt gelten. Ob sein Mandant diese Leistung schätzt, ist mir nicht bekannt.
Haltlose Kritik
Die Kritik an den Medien, insbesondere durch Rechtsanwältin Bauknecht und Rechtsanwalt Allgeier, ist haltlos, unangebracht und trägt weiter zu einer erheblichen Verunsicherung der Öffentlichkeit bei. Wer hochgradig gewaltbereite Heranwachsende zu verniedlichen versucht, leistet keine Verteidigungsarbeit, sondern versucht die Öffentlichkeit massiv zum Nachteil derselben zu täuschen. Jeder dieser Schläger stellt eine hochgradige Gefährdung von Menschen dar, die sich in die Öffentlichkeit begeben. Dazu gehören auch einige der „Freunde“ im Zuschauerraum, von denen man mit Sicherheit einige irgendwann mal auf der Anklagebank wiedersehen wird.
Die Aufgabe von seriösen Medien ist, die Öffentlichkeit mit Fakten und Einordnungen umfänglich in Kenntnis zu setzen, um sich eine Meinung bilden zu können.
Alle Angeklagten sind bereits mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Alle bisherigen „erzieherischen Maßnahmen“ haben diese jungen Männer in keiner Weise beeindruckt. Am Beispiel dieser Delinquenten muss sogar noch mehr öffentliche Debatte gefordert werden, ob solche Maßnahmen nicht zu lasch sind und eher als Aufforderung verstanden werden, prügelnd und raubend weiter den Alltag zu „gestalten“.
Deshalb ist eine Kritik an der Staatsanwaltschaft, die angeblich zu hohe Strafen fordert, um ein Exempel zu statuieren, absolut zurückzuweisen. Bei diesem Prozess bietet sich eindeutig die Gelegenheit, den Angeklagten und ihrem Milieu klar zu machen, dass sich Staat und Gesellschaft eben nicht auf der Nase herumtanzen lassen, sondern konsequent gegen unbelehrbare Straftäter vorgehen.
Kein Medium hat irgendwelche Höchststrafen gefordert, sofern uns bekannt ist. Aber klare Strafen müssen verhängt werden, weil sich diese Klientel sonst auf den Schenkel klatscht und die Verachtung der Öffentlichkeit und des Rechtsstaats nur neue Nahrung erhält.
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Auch die Familien haben massive schuld – diese stehen aber nicht vor Gericht
Nicht verurteilt vor diesem Gericht werden die Familien der Angeklagten. Die aber müssten sich sehr viele Fragen stellen, was deren Schuld betrifft. In diesen Familien sind diese jungen Männer zu dem geworden, was sie sind: Asoziale Schläger ohne Respekt vor anderen Menschen.
Und die Öffentlichkeit muss zur Kenntnis nehmen, wie „multikulti“ diese Schlägerbande ist. Drei haben türkische Wurzeln, einer davon einen deutschen Pass, einer stammt aus Osteuropa, einer aus Eritrea, ein weiterer ist arabischer Herkunft und staatenlos. Im Publikum setzt sich diese Mischung fort, ergänzt durch Schwarzafrikaner und „Bio“-Deutsche. Hier ist ein kunterbunter Haufen zu erleben, der durch aggressives Auftreten bei gleichzeitiger Verachtung des Rechtsstaats extrem auffällig ist. Man darf hier jeden Gedanken an Integration als gescheitert bewerten.
Was in der medialen Berichterstattung untergegangen ist: Vermutlich gab es weitere Tatbeteiligte, die aber nicht eindeutig ermittelt worden sind. Klar ist: Dieses Milieu hat keine festen Strukturen und tritt in wechselnden Konstellationen auf. Der Alltag ist geprägt durch Schulversagen, Drogen, Alkohol und Straftaten.
Der Weg in die Kriminalität ist trotzdem nicht vorgezeichnet, denn in Deutschland erhält jeder Hilfe, um sich ein ordentliches Leben aufbauen zu können. Das beginnt bei der sozialpädagogischen Betreuung über Schulangebote und sehr viele offene Ausbildungsstellen. Angebote und Arbeit gibt es genug – man muss dies nur wollen.
In der Haft haben alle die Möglichkeit, über ihr bisheriges verkorkstes Leben nachzudenken. Sie können dort Ausbildungen beginnen und sich auf ein Leben als ordentliches Mitglied der Gesellschaft vorbereiten. Dabei sollten sie sich bewusst werden, welche Gefahr von ihnen bislang ausgeht, wie sehr sie den öffentlichen Frieden gestört haben und welche Schuld sie durch Raub und Gewalt gegenüber individuellen Opfern tragen. Und sie dürfen auch gerne darüber nachdenken, welche enormen Kosten sie dem Staat auferlegt haben – durch Gerichtskosten wie Kosten durch den nötigen Polizeieinsatz während der Verhandlung sowie die Kosten der Haft.
Zu befürchten ist, dass weder die Angeklagten noch ihr Milieu das auch nur ansatzweise verstehen werden.
Auch gewissen Strafverteidigern würde eine wenig Nachdenken über reale Verhältnisse nicht schaden.