Mannheim/Weinheim/Rhein-Neckar, 26. Januar 2018. (red/pro) Vier der sechs verurteilten Heranwachsen „OEG-Schläger“ haben Revision gegen die Urteile des Landgerichts Mannheim eingelegt. Drei bleiben in Haft, aber Özcan K. damit auf freiem Fuß, bis der Bundesgerichtshof in Karlsruhe (BGH) zur Revision entschieden haben wird – was frühestens im Mai der Fall sein dürfte.
Es war fast zu erwarten: Vier der sechs Angeklagten, die im vergangenen Jahr wegen gefährlicher Körperverletzung und Raub in unterschiedlicher Täterbesetzung verurteilt worden sind, lassen prüfen, ob es Rechtsfehler bei der Verhandlung der Großen Jugendkammer unter Vorsitz von Dr. Joachim Bock gegeben hat.
Insbesondere der staatenlose Taufik M., der bereits zu fünf Jahren Haft wegen anderer Taten verurteilt worden ist und dessen Gesamtstrafe auf acht Jahre erhöht worden war, hatte über seinen Verteidiger sogar einen Freispruch gefordert. Er sei (damals 18-jährig) kein Tatbeteiligter gewesen, sondern habe zu schlichten versucht. Dabei sei er selbst verletzt worden. Zum Tatzeitpunkt war er gerade mal rund zwei Monate auf Bewährung in Freiheit, nachdem er rund dreieinhalb Jahre Haft verbüsst hatte.
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Als Haupttäter gilt Jermaine L., der dem damals 28-jährigen am Boden liegenden Opfer in der OEG-Bahn (Linie 5) mehrfach gegen den Kopf „wie gegen einen Fußball“ getreten hatte. Dies hatte der zur Tatzeit 18 Jahre Angeklagte auch zugegeben, allerdings eine durch die Staatsanwaltschaft vorgeworfene „Tötungsabsicht“ verneint. Das Landgericht folgte der Einschätzung der Staatsanwaltschaft nicht, verhängte aber wegen vieler Vorstrafen den Heranwachsenden mit fünf Jahren die höchste Strafe. Richter Dr. Bock sagte dem Angeklagten, dass die Strafe auch hätte höher ausfallen können und ermahnte den jungen Mann, an sich und seiner Aggressivität dringen zu arbeiten.
Der weitere erheblich Tatbeteiligte Furkan D. (damals 18 Jahre alt) hatte vier Jahre bekommen, er war auch an einem Raub und gefährlicher Körperverletzung gegen zwei Geschädigte in einer S-Bahn einen Monat vor dem Vorfall in der OEG beteiligt.
Diese drei bleiben in Haft – nicht jedoch Özcan K., der zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden ist, wegen seiner Tatbeteiligung in der S-Bahn. Der Vorsitzende Richter Dr. Bock sagte bei der Urteilsbegründung am Mittwoch vergangener Woche, dass dieser den „Tiefpunkt“ des Verfahrens ausgemacht habe, als er auf die Frage antwortete, wie es zu den Schlägen gegen die Opfer gekommen sei: „Passiert halt.“
Revisionen haben nur selten Erfolg
Wegen Zustell- und Begründungsfristen wird der BGH in der Sache vermutlich erst im Mai entscheiden, solange sind die Urteile noch nicht rechtskräftig, weshalb Özcan K. zunächst auf freiem Fuß bleibt.
Im Jahr 2016 (Anm. d. Red.: Tätigkeitsbericht 2017 liegt noch nicht vor) wurden insgesamt 4.335 Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden erledigt. Dies stelle laut BGH – bei einer Zunahme gegenüber dem Vorjahreswert von 2,7 % – einen neuen Höchstwert innerhalb der letzten zehn Jahre dar. Von den insgesamt 3.593 erledigten Nichtzulassungsbeschwerden und Anträgen auf Zulassung der Sprungrevision führten lediglich 266 zur Zulassung der Revision durch den Bundesgerichtshof. Die Erfolgsquote (7,4 Prozent) ist damit nur leicht gestiegen (im Vorjahr: 7,0 Prozent). Die Chancen auf eine erneute Verhandlung sind also gering – aber gegeben.
Sollte der BGH einer oder allen Revisionen stattgeben, müssten die Anklagen neu verhandelt werden.
Der Prozess musste durch ein hohes Polizeiaufgebot geschützt werden, da Freunde und Verwandte der Angeklagten erheblich aggressiv waren und für teils tumultartige Zustände im Gerichtssaal sorgten.
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