Mannheim, 18. Dezember 2017. (red/pro) Nachdem es am Donnerstag einen Großeinsatz der Polizei wegen sechs mutmaßlichen Schlägern im Heranwachsendenalter in der Fußgängerzone „Planken“ gegeben hat, drohen weitere Eskalationen. Der Vater eines der Jungen hat auf Facebook Selbstjustiz gegenüber einem Beamten angekündigt.
Von Hardy Prothmann
Hier noch eine persönliche Nachricht an den adipösen Beamten mit grauem Bart der L6 Wache, der meinem minderjährigen hilflosen in handschellen gefesselten Sohn brutal vor das Schienbein getreten hat, ich werde Sie persönlich zur Strecke bringen. Natürlich decken sich die Beamten gegenseitig und ich werde strafrechtlich nichts ausrichten können, aber es geht auch anders!
Das schreibt der Vater öffentlich auf Facebook. Der Mann ist angeblich Fachlehrer an einer Berufsschule in freier Trägerschaft in Mannheim.
Am Donnerstagabend war es zu einem Großeinsatz der Polizei gekommen. Eine Streife aus zwei Beamten soll durch Heranwachsende zunächst übel beleidigt worden sein und bei der anschließen Personenkontrolle gab es nach Darstellung der Polizei einen Angriff auf die Beamten. Insgesamt waren danach 18 Streifenwagenbesatzungen im Einsatz. Sechs Heranwachsende wurden festgesetzt und erkennungsdienstlich behandelt. Fünf Polizeibeamte wurden verletzt, einer so schwer, dass er seinen Dienst nicht fortsetzen konnte.
Schwere Vorwürfe gegen die Polizei
Der Vater behauptet nun gegenüber der Lokalzeitung Mannheimer Morgen, dass die Beamten die Heranwachsenden angegriffen und schwer verletzt hätten. Die Zeitung berichtete dies auf Basis einer email, die der Mann an die Redaktion geschrieben haben soll. Darin kündigt er auch an, dass er mit Videos seine Behauptungen belegen könne. In dem Bericht ist nicht erkennbar, dass die Redaktion vor Berichterstattung sich tatsächlich einen Eindruck verschafft hat, ob an den Behauptungen des Mannes etwas dran sein könnte. Der Mann war offenbar nicht selbst vor Ort – damit ist er noch nicht einmal Augenzeuge.
Jetzt stehen wegen dieser Berichterstattung schwere Vorwürfe gegen die Polizei im Raum – ohne jeglichen Beleg, allein auf Basis einer Behauptung einer durch Verwandtschaft involvierten Person. Das hat mit seriösem Journalismus nichts mehr zu tun.
Skandalisierung statt seriöser Berichterstattung
Wir erinnern hier an frühere Vorkommnisse – besonders krass war die Berichterstattung vieler Medien im Fall des Tötungsdelikts vor der H 4-Wache in der Innenstadt. Damals gerieten dort Ausländer in Streit. Ein Beamter war allein auf der Wache, sprang aus dem Fenster (weil er nicht allein durch die Einlasstür konnte, die von einer Person bedient werden muss), versuchte die Streitenden zu trennen, wurde selbst angegangen und flüchtete zurück durchs Fenster in die Wache. Unmittelbar danach kam es zu einem Messerstich, der das Opfer im Oberkörper so schwer verletzte, dass der Mann an Ort und Stelle verblutete.
Danach präsentierten verschiedene Medien Aussagen von vermeintlichen „Augenzeugen“. Man erhielt den Eindruck, dass der Beamte schuld am Tot des Mannes gewesen sei und zudem keine Hilfe geleistet habe. Die Polizei geriet damals enorm unter Druck. Später erwiesen sich die Vorwürfe als vollständig haltlos – die angeblichen Augenzeugen konnten vor Gericht nur vage Aussagen machen, die meisten hatten gehört, dass jemand gehört hatte, dass… und so weiter.
Die Heranwachsenden gehören nach unseren Informationen zum Umfeld jugendlicher Schläger, denen aktuell wegen Raub und schwerer Körperverletzung vor dem Landgericht Mannheim der Prozess gemacht wird. Dieser Prozess wird durch ein massives Polizeiaufgebot geschützt, nachdem es zu aggressiven Tumulten im Zuschauerraum gekommen war.
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Der Facebook-Post des Vaters hat möglicherweise eine strafrechtliche Relevanz, da er offen Gewalt gegen Polizeibeamte ankündigt. Allein wegen dieser Aggressivität scheidet der Mann aus unserer Sicht als ernst zu nehmender Hinweisgeber aus.
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Anm. d. Red.: Auch wir erhalten immer wieder „Hinweise“ zu allen möglichen Themen. Diesen gehen wir nach, bevor wir berichten. Reine Behauptungen werden von uns niemals berichtet, insbesondere dann nicht, wenn sie massiv abträglich und rufschädigend sind. Im Landespressegesetz steht: „Die Presse hat alle Nachrichten vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit, Inhalt und Herkunft zu prüfen.“ Staatliche Behörden sind zur wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet. Aus unserer Sicht gibt es bislang keinerlei Hinweise, um an der Darstellung der Polizei begründete Zweifel zu erkennen – ein Hinweisgeber, der mit einem Tatverdächtigen verwandt ist, ist für uns keine verlässliche Quelle, auf die wir eine Berichterstattung gründen würden.
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