Mannheim/Rhein-Neckar, 18. Dezember 2017. (red/pro) Nachdem in einer Lokalzeitung massive Vorwürfe gegen Polizeibeamte des Polizeipräsidiums Mannheim berichtet worden sind, haben wir den Leiter der Öffentlichkeitsarbeit, David Faulhaber, um ein Interview gebeten. Hier erläutert der Beamte nochmals in aller Klarheit den Auftrag und die Arbeit der Öffentlichkeitsarbeit und informiert zum Sachstand am Montag. Am vergangenen Donnerstag waren fünf Polizeibeamte durch Heranwachsende im Rahmen einer Personenkontrolle in der Fußgängerzone “Planken” verletzt worden. Der Vorfall hatte einen Großeinsatz mit 18 Streifenwagen ausgelöst.
Interview: Hardy Prothmann
Herr Faulhaber, eine Lokalzeitung berichtet von schweren Vorwürfen gegenüber der Polizei im Zusammenhang mit einer erheblichen Konfrontation zwischen Polizeibeamten und Heranwachsenden am frühen Donnerstagabend. Wann haben Sie von diesen Vorwürfen erfahren und wie haben Sie darauf reagiert?
David Faulhaber: Das Polizeipräsidium Mannheim erhielt am Sonntag über eine Anfrage des Mannheimer Morgen von den Vorwürfen Kenntnis. Den Äußerungen von Herrn Polizeipräsident Thomas Köber (siehe MM vom 18.12.2017) ist zunächst einmal nichts hinzuzufügen. Fakt ist aber auch: Sollten sich Hinweise auf strafrechtlich relevante Verfehlungen seitens der Polizei ergeben, so werden wir in enger Absprache mit der Staatsanwaltschaft in die Ermittlungen einsteigen. Zum jetzigen Zeitpunkt haben die Ermittlungen derlei Vorwürfe noch nicht ergeben.
Keine gegenteiligen Sachverhaltsschilderungen
Nach der polizeilichen Darstellung im Pressebericht vom Freitag wurden zwei Streifenpolizisten zunächst massiv beleidigt und dann im Zuge einer Personenkontrolle massiv angegangen, was letztlich einen Großeinsatz auslöste. Hält das Polizeipräsidium an der Darstellung in der Pressemitteilung fest?
Faulhaber: Es liegen uns bisher keine gegenteiligen Sachverhaltsschilderungen vor. Auch mehrere im Nachgang der Pressemeldung erhaltene Zeugenaussagen stützen die bisherigen Erkenntnisse.
Nach der Verdachtsberichterstattung der Zeitung könnte der Ablauf des Geschehens ganz anders gewesen sein. Daraus könnte sich ein erheblicher Zweifel an der Integrität der polizeibehördlichen Information der Öffentlichkeit ergeben. Wer trägt hier welche Verantwortung aus Sicht der Polizei?
Faulhaber: Als Polizeipräsidium Mannheim tragen wir die Verantwortung für unser Handeln, auch im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Klar ist allerdings auch, dass durchzuführende Ermittlungen einen anderen Geschehensablauf – gleichwohl welcher Sachverhalt zu Grunde liegt – ergeben können. Andernfalls wäre die Ermittlungstätigkeit geradezu obsolet. Gegebenenfalls wird, wie oftmals bei Verkehrsunfällen oder langwierigen Ermittlungsverfahren, nochmals über den Sachverhalt nachberichtet. Unter Umständen geschieht dies dann auch gemeinsam mit der jeweiligen Staatsanwaltschaft. Spätestens nach dem Übergang in das rein juristische Verfahren ist eine weitere Pressearbeit von uns nicht mehr geboten.
Die Berichterstattung von vergangenem Freitag hat nach wie vor Gültigkeit. Wir haben uns – wie in allen anderen Fällen auch – auf das gestützt, was uns bis dato bekannt war bzw. ist.
Keine Anzeigen bislang gegen Polizeibeamte
Hat sich der nicht weiter benannte “Familienvater” eines der beteiligten Heranwachsenden auch an die Polizei gewandt und wenn ja, wann?
Faulhaber: Wir haben die Kenntnis erhalten, dass eine Anzeige erstattet werden soll. Noch liegt uns hierzu allerdings nichts vor.
Liegen der Polizei die in der Zeitung benannten Videoaufzeichnungen vor und wenn ja, seit wann?
Faulhaber: Auch liegen uns bislang keine Videoaufzeichnungen vor. Sollten solche vorhanden sein, bitten wir darum, uns diese zukommen zu lassen. Erst dann können sie Gegenstand des Ermittlungsverfahrens werden. Gleiches gilt für Zeugenaussagen, welche wir in unserer Pressemitteilung erbeten haben.
Wurde Anzeige gegen Polizeibeamte durch beteiligte Heranwachsende gestellt? Wenn ja, mit welchem Vorwurf?
Faulhaber: Bislang sind bei uns keine Anzeigen eingegangen.
Es gilt die Pflicht zur Verfassungstreue und die Wohlverhaltenspflicht
War eine ärztliche Versorgung bei den festgenommenen Heranwachsenden notwendig und wenn ja, bei wie vielen und wegen welcher Symptome?
Faulhaber: Während der notwendigen polizeilichen Maßnahmen war keine ärztliche Versorgung notwendig. Die jungen Männer wurden jedoch noch am Abend des Geschehens entlassen. Es ist mir nicht bekannt, ob sie hiernach einen Arzt aufgesucht haben.
Verfolgt die Polizei aktiv eine Gruppe von Jugendlichen in Verbindung mit dem “Schlägerprozess”, der aktuell vor dem Landgericht Mannheim verhandelt wird?
Faulhaber: Kurz und knapp: nein.
Ist Ihnen bekannt, dass Beamte gewisse Jugendliche angeblich als “Abschaum” bezeichnen, wie in der Zeitung zu lesen ist?
Faulhaber: Diesbezüglich liegen uns keine Informationen vor. Seien Sie sicher: Sollten der Polizei Informationen bezüglich verbaler oder auch körperlicher Übergriffe vorliegen oder bekannt werden, so werden wir solchen Hinweisen konsequent nachgehen und zur Anzeige bringen. So haben wir dies in der Vergangenheit getan und so werden wir dies auch im konkreten Fall tun.
Welche dienstlichen Anweisungen und welche Kontrollen gibt es beim Polizeipräsidium Mannheim in Bezug auf “Meinungsäußerungen” von Beamten gegenüber gewissen auffälligen Gruppen?
Faulhaber: Grundsätzliche Hinweise oder Verpflichtungen sind in unterschiedlichen beamtenrechtlichen Regelungen zu finden. Unter anderem gibt es hier die Pflicht zu Verfassungstreue oder aber die Wohlverhaltenspflicht. Kolleginnen und Kollegen des Polizeipräsidiums Mannheim genießen innerhalb der Bevölkerung ein großes Ansehen und Vertrauen. Dies haben wir gegenüber unseren Mitarbeitern ebenso, was viele zurückliegende Einsatz- und Ermittlungserfolge auch widerspiegeln.
Fälle der Gewalt gegen Polizeibeamte nehmen zu
In der jüngeren Vergangenheit gab es teils massive Vorwürfe gegen die Polizei. Ob beim Tötungsdelikt vor der H 4-Wache, einem angeblich rassistischen Übergriff gegen einen afrikanischen Football-Spieler in Heidelberg oder einer “Exekution” eines Hundes in einem Getränkemarkt. Wir sehr belasten solche Vorwürfe die Moral der Beamten beim Polizeipräsidium Mannheim?
Faulhaber: Hinter jeder Uniform stecken Männer und Frauen, die mitunter sehr schwierige und anstrengende Einsatzanlässe im Nachgang zu verarbeiten haben. Es wäre fern jeder Realität zu sagen, dass dies nicht auch nach dem Dienstende stattfindet. Folglich sind darin auch oftmals Familien und Freunde mit involviert. Gerade auch die steigende Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte erschreckt uns immer wieder. Im konkreten Fall waren die eingesetzten Beamten ausschließlich dafür da, Sorge dafür zu tragen, dass andere die vorweihnachtliche Stimmung genießen können.
Klar ist auch, dass unser Handeln oftmals im Fokus der Berichterstattung steht und darin auch diskutiert wird. Dessen sind wir uns bewusst und gehen damit professionell um.
Polizeibeamte sind auch Menschen – die Zahl der Angriffe auf Polizeibeamte ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Welche Erkenntnisse hat das Polizeipräsidium Mannheim über die physische und psychische Belastung der Beamten?
Faulhaber: Zum einen verweise ich auf die polizeiliche Kriminalstatistik, die eindeutig zeigt, dass Übergriffe auf Polizeibeamte zugenommen haben. Wie in der Frage zuvor bereits angedeutet, stellt dies eine psychische Belastung dar. Wir halten für unsere Mitarbeiter entsprechende Angebote vor, die im Bedarfsfalle in Anspruch genommen werden können. Zudem hat auch jeder einzelne Vorgesetzte seinen Mitarbeitern gegenüber eine Fürsorgeverpflichtung, um übermäßige Belastungen zu erkennen.
Ansonsten sind wir uns des Umstandes, dass der Polizeiberuf ein besonders anspruchsvoller ist, voll und ganz bewusst. Durch gezielte Maßnahmen beim Einsatz- oder dem situativen Handlungstraining, aber auch durch kontinuierliche Fort- und Weiterbildungen achten wir sehr darauf, die notwendigen Kompetenzen kontinuierlich zu vermitteln.
Wir reagieren sensibel auf den Vorfall
Nach dem Vorfall am Donnerstag stellt sich die Frage, inwieweit zweiköpfige Fußstreifen nicht der Sicherheit der Öffentlichkeit dienen, sondern mögliche Angriffsziele sind. Wie reagiert das Polizeipräsidium Mannheim darauf?
Faulhaber: Trotz des Übergriffs am vergangenen Donnerstag werden wir unsere Präsenzmaßnahmen mit dem bisherigen Konzept und einem sehr erheblichen Personalaufwand fortsetzen. Wir möchten nicht abgeschottet hinter Fahrzeugscheiben Streife fahren. Ganz bewusst möchten wir für die Bevölkerung ansprechbar sein. Dass dies einen solchen Verlauf genommen hat, erschreckt uns und lässt uns gleichzeitig sensibler werden. Ein solcher Verlauf kann allerdings auch in jedem anderen polizeilichen Einsatzgeschehen stattfinden.
Zudem agieren wir, egal ob auf den Weihnachtsmärkten in Mannheim oder Heidelberg, in einem Bereich, wo binnen kürzester Zeit eine Vielzahl an Unterstützungskräften vor Ort ist und die Lage auch damit schnell geklärt werden konnte. Insgesamt, und das bekommen die eingesetzten Polizeibeamtinnen und –beamten deutlich auch vor Ort gesagt, erhalten wir einen starken Zuspruch aus der Bevölkerung und damit Bestätigung unserer Arbeit.
Als Pressesprecher des Polizeipräsidiums Mannheim haben Sie die gesetzliche Aufgabe, die Öffentlichkeit korrekt und zutreffend zu informieren. Wie beurteilen Sie die impliziten Vorwürfe, nach denen Sie dieser behördlichen Pflicht mutmaßlich nicht zutreffend nachgekommen sind?
Faulhaber: Noch einmal: Wir haben die Öffentlichkeit umfassend und korrekt informiert, und zwar über genau das, was uns zum jeweiligen Zeitpunkt bekannt war/ist. Es ist nicht meine Aufgabe die weitere Umsetzung oder Kommunikation unserer Informationen zu bewerten. Das müssen die verantwortlichen Stellen und Personen selbst tun.
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