Mannheim/Rhein-Neckar, 14. Februar 2017. (red/pro) Die Freien Wähler/Mannheimer Liste (FW/ML) kritisieren die Stadt Mannheim, weil ein Veranstaltungsraum auf dem Gelände des Luisenparks für eine Veranstaltung der Wählervereinigung nicht nutzbar sein soll. Dabei geht es nicht um die FW/ML, sondern um die Sorge, dass Parteien wie die AfD solche Räumlichkeiten anmieten könnten. Das will man “strategisch” verhindern. Eine Strategie, die vorsätzlich den demokratischen Meinungsbildungsprozess behindern will, ist keine keine, sondern eine zutiefst antidemokratische Haltung.
Kommentar: Hardy Prothmann
Im Kampf gegen die AfD hat es jetzt die Freien Wähler/Mannheimer Liste getroffen. Man wollte den “politischen Aschermittwoch” im Pavillon des Luisenparks begehen und hat einen herausragenden Gast eingeladen: Polizeipräsident Thomas Köber.
Die FW/ML steht überhaupt nicht im Verdacht, eine radikale Vereinigung zu sein. Stadtrat Christopher Probst, Unternehmer und tief verwurzelt in der Stadt, hatte beim OB-Wahlkampf als Herausforderer einen absoluten Achtungserfolg erzielt. Sein Wahlkampf war hart, aber fair.
Der Gast, Polizeipräsident Thomas Köber, steht mit seinem Engagement für ein gutes Zusammenleben der Kulturen in der Stadt. Und zwar herausragend. Er ist eine der entscheidenden Persönlichkeiten in leitender Funktion, die den Frieden in der Stadt garantiert.
Doch die städtischen Räumlichkeiten stehen der FW/ML und ihrem honorigen Gast nicht zur Verfügung – aus Sorge, die AfD könnte dort ebenfalls Veranstaltungen anmelden wollen. Reichlich erstaunlich ist die Argumentation des Stadtsprechers Ralf Walther:
Zu prüfen ist immer der konkrete Veranstaltungsraum. Der Zulassungsanspruch einer politischen Partei zu einer bestimmten Einrichtung für Parteiveranstaltungen setzt voraus, dass diese Einrichtung von der Stadt für öffentliche Zwecke gewidmet worden ist. Bei zahlreichen städtischen Veranstaltungsräumen ist dies der Fall, sie stehen allen Parteien und Wählervereinigungen offen. Eine Unterscheidung besteht nicht, es gilt der Gleichheitsgrundsatz. Anders sieht es aus, wenn entschieden wurde, dass Räumlichkeiten generell nicht für Parteiveranstaltungen zur Verfügung gestellt werden, dann besteht für keine Partei oder Wählervereinigung ein Zulassungsanspruch. Das wird bei den Veranstaltungsräumen des Luisenparks bereits seit 1996 so gehandhabt.
Klingt gut, ist aber konsequent nicht zutreffend. Sowohl die CDU, als die FW/ML oder Grüne haben im Luisenpark seit 1996 Räumlichkeiten angemietet.
Die Stadt Mannheim muss nun klipp und klar definieren, welche Räumlichkeiten nach dem “Gleichheitsgrundsatz” zur Verfügung stehen und welche nicht. Ausnahmen darf es keine geben. Für niemanden. Doch je enger man die Räume zuschnürt, umso weniger Platz gibt es für politische Debatte. Das ist keine Strategie, sondern ein gefährliches Unterfangen.
In Weinheim gingen Stadtverwaltung und Gemeinderat soweit, dass die Stadthalle nicht mehr für bundesparteiliche Veranstaltungen genutzt werden können. Der Grund: Man wollte die Anmietung durch die NPD verhindern und hat damit im Ergebnis allen demokratischen Parteien den größten Veranstaltungsort der Stadt gesperrt. Ist das ein Erfolg im Kampf gegen Rechtsextremismus? Das darf man bezweifeln.
In Mannheim geht es aber nicht nur um städtische Veranstaltungsorte. Insbesondere die Antifa und mit dieser linksradikalen Vereinigung verbundene Organisationen, darunter Stadträte der Grünen und der SPD haben in der Vergangenheit massiv gegen private Vermieter von Räumlichkeiten interveniert. Das ging hin bis zu persönlichen Drohungen.
Offenbar wachen aktuell auch andere Medien auf – wir haben dieses Vorgehen immer und eindeutig als nicht hinnehmbar kritisiert. Vor allem, als Rentner und Frauen durch Linksradikale körperlich angegangen worden sind. (Anm. d. Red.: Bespuckt, bedrängt und zu Boden gestoßen.)
Die NPD ist bedeutungslos. Von der AfD kann man halten, was man will. Wir betrachten die AfD in unserem Berichtsgebiet und ihm Südwesten immer kritisch, aber auch als Teilnehmer am politischen Meinungsbildungsprozess. Dabei geht es nicht darum, ob uns das gefällt oder nicht, sondern darum, über politische Kräfte zu informieren und einen Meinungsbildungsprozess möglich zu machen.
Deswegen haben wir uns zu keinem Zeitpunkt an dem AfD-Bashing, das lange Zeit medialer Konsens war, beteiligt. Wir dokumentieren Aktivitäten und Positionen der Partei kritisch, anlassbezogen und analytisch. Aber niemals hysterisch und niemals antidemokratisch.
Eine rechtskonservative Partei ist in Deutschland zulässig und hat ein Recht auf Mitwirkung bei der politischen Meinungsbildung. Ebenso wie linksorientierte Parteien oder solche aus der Mitte. Selbst die rassistische und rechtsextreme NPD wurde durch das Bundesverfassungsgericht nicht verboten. Zwar vordergründig wegen Bedeutungslosigkeit, aber inhaltlich vor allem deswegen, weil der Rechtsstaat kein Gesinnungsstaat ist.
Die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner muss nach unserer Auffassung mit offenem Visier und mit Argumenten geführt werden – nicht mit verwaltungstechnischen Tricksereien und schon gar nicht mit der Bedrohung der Existenz von Gastwirten oder Boykott-Aufrufen von Unternehmen.
Das erzeugt nur eine Spirale der Provokationen und letztlich der Gewalt. Beides ist zunehmend feststellbar – beunruhigend feststellbar.
Wer die demokratische Debatte im öffentlichen Raum freiwillig beschränkt, um unliebsame Gegenspieler zu behindern, beschränkt nicht den Gegner, sondern sich selbst. Das ist ein Armutszeugnis gegenüber den eigenen Argumenten und der eigenen Haltung.
Die AfD hat einen Höhenflug erlebt, wie ihn die politische Bundesrepublik noch nicht erlebt hat. Die Partei ist jetzt vier Jahre alt und wird mehr und mehr nicht an “Utopien”, sondern an Realitäten gemessen. Die sind ernüchternd – was kaum anders zu erwarten war.
Aber auch andere Entwicklungen sind ernüchternd. Viele AfD-Forderungen wie die Schließung der Grenzen sind – durch CDU und SPD – umgesetzt. Bei der theoretischen “Schießbefehl”-Debatte bekamen “Demokraten” deutschlandweit Schnapp-Atmung. Die zunehmende Zahl der Mittelmeer-Toten ist kein Schnappatmungs-Thema für die wohlfeile demokratische Gesellschaft. Warum nicht?
Auch eine andere Debatte und Aufmerksamkeit findet viel zu wenig statt: Die FW/ML stoßen aktuell eine notwendige und demokratische Debatte an und übernehmen damit sehr viel mehr Verantwortung als die “etablierten Parteien”. Indem sie darauf hinweist, dass Demokratie inhaltliche Auseinandersetzung ist. Politische Kultur muss als Debatte von Argumenten, Positionen und Zielen verstanden werden, nicht als “Verhinderung” von vermeintlich unliebsamen Positionen, die man durch die Hintertür selbst vertritt, um dem “Volkswillen” zu genügen.
Demokratie braucht Raum – auch kommunale Veranstaltungsräume. Wer der Demokratie öffentlichen Raum nicht, muss sich nicht wundern, wenn die Perspektiven enger werden.