Rhein-Neckar/Sinsheim/Stuttgart, 10. Januar 2016. (red/pro) Während nach dem Terroranschlag von Berlin die Debatte um erhöhte Sicherheitsmaßnahmen und eine konsequentere Abschiebung geführt wird, übersieht man, mit welcher Vehemenz insbesondere die regierenden Grünen in Baden-Württemberg den Rechtsstaat außer Kraft setzen. Mit einer gezielten medialen Inszenierung wurde die Abschiebung eines Afghanen kurz vor Weihnachten verhindert. Das Argument: Es sei ein konvertierter Christ und damit eindeutig einer Verfolgung in Afghanistan ausgesetzt. Die Realität: Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte bereits 2013 festgestellt, dass der Mann ein Opportunist ist und eben kein Christ. Obwohl dessen Asylantrag abgewiesen wurde und obwohl das Verwaltungsgericht geurteilt hatte, dass er ausreisen muss und obwohl noch im Dezember 2016 ein Eilantrag abgewiesen wurde, darf der Mann bleiben, weil die Grünen das so wollen.
Von Hardy Prothmann
Jede Debatte über Abschiebungen wird zur Farce, wenn man die Hintergründe zum Fall eines Afghanen kennt, dessen Abschiebung auf Druck des grünen Landtagsabgeordneten Hans-Ulrich Sckerl, des grünen Landesvorsitzenden Oliver Hildenbrand sowie des grün geführten Staatsministeriums des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann erfolgreich verhindert haben.
Uns liegt das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Darin wird geschildert, dass der afghanische Staatsbürger nach seiner Einreise am 24. September 2010 seine Anerkennung als Asylberechtigter beantragte. Er gab an, der Volksgruppe der Hazara anzugehören und schiitischen Glaubens zu sein. Am 14. Januar 2011 wurde er durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF) angehört. Am 09. Mai 2011 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigten ab und stellte fest, „dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 60 Abs. 1 AufenthG und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 – 7 AufenthG nicht vorliegen und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Afghanistan an.
Klage und angebliche Konversion
Am 27. Mai 2011 klagte der Afghane gegen den Aberkennung – allerdings ohne Begründung. Vermutlich wollte er nur Fristen wahren. Da er keine Ahnung vom deutschen Rechtssystem hat, muss er hier Unterstützung gehabt haben. Mutmaßlich von religiösen Einrichtungen oder von Aktiven in der „Flüchtlingshilfe“
Erst am 15. März 2013 legte der Kläger eine Taufurkunde der Evangelischen Kirchengemeinde Sinsheim vor. Danach sei er am 06. November 2011, also sechs Monate nach dem abgelehnten Asylbescheid, in der Stadtkirche Sinsheim getauft worden.
Das Gericht kam aufgrund der Dokumente und der Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung, „dass die Hinwendung zum Christentum bei dem Kläger nicht aus innerer Überzeugung, sondern allein aus prozesstaktischen Gründen erfolgte.“ Konkret führt das Gericht im schriftlichen Urteil aus:
Nur wenn verlässlich festgestellt werden kann, dass die Konversion auf einer glaubhaften Zuwendung zum christlichen Glauben im Sinne einer ernsthaften Gewissensentscheidung, auf einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel mit einer identitätsprägenden festen Überzeugung und nicht lediglich auf bloßen Opportunitätsgründen beruht, kann davon ausgegangen werden, dass ein Verschweigen, Verleugnen oder die Aufgabe der neuen Glaubenszugehörigkeit zur Vermeidung staatlicher oder nichtstaatlicher Repressionen im Heimatland den Betroffenen grundsätzlich und in aller Regel unter Verletzung seiner Menschenwürde existentiell und in seiner sittlichen Person treffen würde und ihm deshalb nicht zugemutet werden kann. Nur bei einem in diesem Sinne ernsthaften Glaubenswechsel kann das Gericht zu der Überzeugung gelangen, dass der schutzsuchende Ausländer bei einer Rückkehr in sein islamisches Heimatland von seiner neuen Glaubensüberzeugung nicht ablassen könnte (vgl. zu diesem Maßstab: Hess. VGH, Urt. v. 26.07.2007 – 8 UE 3140/05.A – NVwZ-RR 2008, 208). Hiervon ist das Gericht aber nicht überzeugt.
Christliche Helfershelfer vs. rechtsstaatliche Gerichtsbarbkeit
Konkret übersetzt: Der Mann ist ein Lügner – mutmaßlich unterstützt durch die evangelische Kirchengemeinde und „Flüchtlingshelfer“. Dazu das Gericht:
Der Kläger hat zu seinem Glaubenswechsel im Rahmen der mündlichen Verhandlung nur oberflächliche, ohne erkennbare innere Beteiligung vorgetragene Angaben gemacht. Auf die Frage, wie er zum christlichen Glauben gefunden habe, gab er an, „ein Freund“ von ihm habe ihm darüber berichtet, und er habe festgestellt, dass das „sehr interessant“ für ihn gewesen sei.
Wie sorgfältig das Gericht den Fall abgewogen hat, ist im Urteil festgehalten:
Nach der Taufe war der Kläger aber nicht mehr am Gemeindeleben interessiert. Allein die Einlassung, er müsse seit sechs Monaten arbeiten, und sein Arbeitgeber „halte ihn vom Glauben fern“, vermag das Gericht nicht zu überzeugen. Möglichkeiten, sich im Gemeindeleben zu engagieren, gibt es auch außerhalb der Gottesdienste.
Das Verwaltungsgericht bemüht sich weiter um Aufklärung und fordert eine Stellungnahme des Dekans ein- doch diese taugt nicht für eine eindeutige Einschätzung aus Sicht des Gerichts:
Auch die vom Gericht eingeholte Stellungnahme, die der Dekan der Evangelischen Gemeinde Sinsheim unter dem 19.03.2012 abgab, gibt für eine Konversion des Klägers nichts her. Sie enthält nur allgemeine Auskünfte.
Am 21. März 2013 entscheidet das Verwaltungsgericht, dass der Afghane weder Asyl erhält noch als Kriegsflüchtling anerkannt wird und kein Aufenthaltsrecht in Deutschland hat. Das Gericht kommt zur Überzeugung:
Des Weiteren besteht kein Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG.
Die Inszenierung
Der grüne Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich Sckerl, Innen- und rechtspolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion und nach eigenen Angaben Rechtsanwalt, „urteilt“ gegenüber dem SWR ganz anders am 15. Dezember 2016 – einen Tag nach einem Eilantrag, der die Abschiebung verhindern sollte und den das Verwaltungsgericht ebenfalls abgelehnt hat:
(…) über den sehr klare und sehr eindeutige Stellungnahmen von Kirchengemeinderatsmitgliedern vorliegen, dass er ein aktiver Christ ist. Es war für uns völlig unvorstellbar, dass so jemand nach Afghanistan abgeschoben wird. Wir haben da alle Hebel in Bewegung gesetzt. Ich habe mich selber eingeschaltet gegenüber dem Staatssekretär Jäger, der im Innenministerium dafür zuständig ist. Nach vielen und zum Teil heftigen Interventionen und dann auch mit Hilfe der Staatskanzlei und auch dem Landesvorsitzenden der Grünen ist es gelungen den Innenminister davon zu überzeugen, dass er diesen Betroffenen lieber aus dem Flieger herausnimmt und nicht abschiebt.
Der SWR-Reporter fragt nach, weshalb „so ein Druck nötig gewesen sei, um die Abschiebung zu verhindern“. Darauf antwortet Herr Sckerl:
Weil der Innenminister und sein Staatssekretär offensichtlich der Auffassung waren, man könne diesen Menschen rechtmäßig abschieben. Verstehen kann ich nicht, wie der Innenminister und der Landesvorsitzender einer Partei mit dem C im Parteinamen zehn Tage vor Weihnachten einen Christen nach Kabul abschiebt.
Was weiß Herr Sckerl überhaupt?
Herr Sckerl äußert also belegt, dass er nicht verstehen kann, wie ein deutsches Verwaltungsgericht einen Opportunisten als Opportunisten bezeichnet und ausführlich begründet, dass selbst bei einer tatsächlichen Konversion zum Christentum kein Abschiebegrund vorliege und auch nicht durch die Zugehörigkeit zum Stamm der Hazara. Man könnte auch meinen, dass Herr Sckerl grundsätzlich die Rechtsstaatlichkeit und gerichtliche Entscheidungen in Zweifel zieht.
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Möglicherweise wusste Herr Sckerl nichts von den juristischen Vorgängen. Nichts vom abgelehnten Asylbescheid. Nichts von der abgewiesenen Klage. Nichts von dem abgewiesenen Eilantrag. Dann muss man sich allerdings fragen, was Herr Sckerl überhaupt weiß und ob er sich statt auf die deutsche Gerichtsbarkeit lieber auf „klare Aussagen“ von „Kirchengemeinderatsmitgliedern“ verlässt, selbst dann, wenn diese gerichtlich als untauglich eingeordnet werden.
Keine weiteren Recherchen – Aufklärung mangelhaft
Der SWR hat nach unserer Kenntnis nicht mehr zur Sache recherchiert – zumindest ist uns nicht bekannt, dass der Sender irgendetwas veröffentlicht hat, was die frühere „Berichterstattung“ korrigiert. Auch andere große Medien bringen keine Aufklärung.
Niemand will dieses heiße Eisen anfassen, dass eine grün-dominierte Landesregierung dem Rechtsstaat eine Nase dreht und der Juniorpartner CDU wegguckt, weil schon die Warnung des Abgeordneten Sckerl über ein „belastetes Verhältnis“ offensichtlich reicht, um den Innenminister Thomas Strobl (CDU) nachhaltig zu beeindrucken. (Siehe diesen Bericht von uns.)
Interessierte Gruppen können nun wieder gerne behaupten, das Rheinneckarblog „betreibe das Geschäft der AfD“ – auch das ist eine interessengeführte Lüge. Wir sind Journalisten und berichten, was vorgeht, wer wie „verantwortlich“ handelt. Wir betreiben ein journalistisches Geschäft unabhängig von Parteien und Interessen im Auftrag für eine Öffentlichkeit, die verlässliche Informationen und deren Einordnung erwartet.
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Fest steht – die Abschiebung eines Afghanen ohne Aufenthaltsrecht wurde durch „heftige“ Intervention des grünen Landtagsabgeordneten Hans-Ulrich Sckerl verhindert. Nach dessen Aussage war neben dem grünen Landesvorsitzenden auch die Staatskanzlei und damit Ministerpräsident Winfried Kretschmann involviert und damit auch verantwortlich. Der CDU-Innenminister Strobl hat sich dem politischen Theater gebeugt und die Rechtsbeugung hingenommen.
Fest steht, dass Hans-Ulrich Sckerl der Öffentlichkeit einen falschen Christen untergeschummelt hat. Fest steht, dass die vorrangige Bevorzugung von Christen eine Position der AfD ist, die die Grünen gekapert haben. Fest steht, dass Innenminister Strobl an der grünen Leine durch die Manege geführt wurde.
Der angebliche Christ ist keiner. Er lebt seit sechs Jahren in Deutschland. Seit fast vier Jahren muss er ausreisen – das wurde aktuell verhindert. Die Kosten der Verfahren trägt der deutsche Steuerzahler, weil die Verfahren „kostenfrei“ sind.
Welche Meinung sich unsere Leserschaft aus diesen recherchierten und belegbaren Informationen bildet, entscheidet jeder selbst. Ebenso, ob Politiker glaubhaft und kompetent sind und die drängenden Probleme in Sachen Flüchtlingskrise tatsächlich anpacken. Lesen Sie dazu auch: „Stiehlt sich Kretschmann aus der Verantwortung“, vom 17. Dezember 2016.
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