Mannheim/Rhein-Neckar/Stuttgart/Berlin, 05. Dezember 2016. (red/pro) Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat angekündigt, Standorte für ein „Ankunftszentrum“ zu prüfen – in Mannheim und Schwetzingen. Alle mit der Sachlage befassten Personen gehen von Mannheim aus und hier vom ehemaligen US-Army-Stützpunkt Coleman im Mannheimer Norden. Nach unseren Recherchen handelt es sich nicht um ein „Drehkreuz“ für neue Flüchtlinge, sondern um ein konzentriertes Abschiebelager, denn auf dem Essener Parteitag der CDU kündigte der Minister konsequentere Abschiebungen an.
Kommentar: Hardy Prothmann
Wir können nicht in die Zukunft schauen – aber treue Rheinneckarblog-Leser/innen wissen, dass wir mit unseren Analysen in den meisten Fällen auf den Punkt genau treffen oder zumindest tendenziell richtig liegen.
Nach unseren Recherchen plant die grün-schwarze Regierung eine Art multifunktionales Konzentrationslager im Mannheimer Norden auf der US-Militärfläche „Coleman“. Innenminister Thomas Strobl (CDU) nennt das „Ankunftszentrum“, doch das ist nur ein Teil der Wahrheit und hört sich eher nett an, damit man das auch durchbekommt.
Vorbild für dieses „Drehkreuz“ ist das Patrick Henry Village in Heidelberg, wo aktuell noch ein „Drehkreuz“ betrieben wird. Hier können angeblich täglich 600 Registrierungen bearbeitet werden. Rechnet man den Standort Coleman mit 3.500 Personen Kapazität, wären diese also innerhalb einer Woche abgearbeitet und das Lager leer. Da aktuell überhaupt keine Neuzugänge von Flüchtlingen in dieser Höhe zu verzeichnen sind, stände das Lager also drei von vier Wochen leer oder würde im Minimalbetrieb laufen.
Konzentration bedeutet Umsatzoptimierung
Um einen solchen konzentrierten und hocheffizienten Standort auch wirtschaftlich sinnvoll zu betreiben, muss man also davon ausgehen, dass es keinen Leerstand gibt, sondern „Umsatz“. Das bedeutet, dass dieses Lager ein konzentrierter Standort werden soll, über den nicht nur Flüchtlinge in Baden-Württemberg abgewickelt werden, sondern auch aus anderen Bundesländern.
Einen Pferdefuß hat der Plan – das US-amerikanische Militär muss die Fläche erst einmal freigeben. Danach gehört sie der Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten, der BIma. Gibt es möglicherweise Pläne des Bundes, Standorte zu konzentrieren? Welchen Einfluss haben die Länder auf solche Standorte?
Klar ist, dass Herr Strobl in einem sehr umfangreichen Interview mit der Welt eine massive Ausweitung der „Rückführungen“, sprich Abschiebungen angekündigt hat. Bis jetzt ist er nur ein Ankündiger, denn auch Baden-Württemberg schiebt nur im niedrigen einstelligen Bereich ab. Wer solch lange Interviews gibt, will politisch etwas vorbereiten.
Laut einer Anfrage der kurzzeitig bestehenden Fraktion „Alternative für Baden-Württemberg“ (ABW) an die Landtagsverwaltung, kann der „Abschiebe“-Minister kaum „erfolgreiche“ Zahlen vorlegen. So wurden von rund 100.000 Asylantragstellern in 2015 nur rund 2.450 Personen abgeschoben, also 2,45 Prozent. Abgelehnt wurden 2015 aber fast 10.000 Personen. So betrachtet wurden weniger als ein Viertel abgeschoben. Insgesamt wächst die Zahl der Personen, die klar ausreisen müssen oder nur „geduldet“ werden und eigentlich ausreisen müssen, von Monat zu Monat. Wie viele genau das sind, kann oder will das Ministerium nicht beziffern.
2015 war noch grün-rot dran – bislang ist nicht zu erkennen, dass Herr Strobl sich durch „konsequente Abschiebungen“ auch in der Praxis auszeichnet.
Es soll weniger einfach werden
Die deutsche Bürokratie hat es den Zugewanderten einfach gemacht. Repressionen oder nur Einschränkungen gibt es so gut wie keine. Hat jemand keine Papiere, gibt es sogar die allerbesten Chancen auf Duldung, denn man weiß nicht, wohin man diese Personen abschieben soll. „Unbegleitete minderjährige Ausländer“, so genannte UMAs, genießen zudem einen besonderen Schutz. Wie hoch die Zahl der über 18-Jährigen ist, die sich als unter 18 Jahren ausgeben – niemand weiß es. Und niemand scheint es wirklich genau wissen zu wollen.
Bislang. Die Euphorie der Willkommenskultur läuft aus, die Gut-Fühl-Party ist vorbei – der Erfolg rechter Parteien überall in Europa und auch in Deutschland weicht langsam der Ernüchterung, dass es so nicht weitergehen kann – für Strobl&Co. Also wird die Hardliner-Linie inszeniert – möglicherweise sogar ernsthaft. Kein Geld mehr, nur noch Sachleistungen, schlechte Standorte, keine Wohlfühl-Atmosphäre mehr. Nirgends.
Zeit der Hardliner
Die Verfahren dauern zu lange, Integration ist so nicht möglich. Das hat man gelernt. Also hat man das beschleunigt. Das funktioniert. Was noch nicht gelöst ist, sind die Fälle, die keine Integrationsaussicht haben.
Angesichts der kommenden Bundestagswahl gibt Herr Strobl also den Hardliner und will auch nach Afghanistan abschieben. Und just bevor er das breit im Welt-Interview verkündet, kündigt er ein „Ankunftszentrum“ für Baden-Württemberg an. Motto: Willkommen und Abschied.
Wer neu ankommt, wird registriert, gecheckt und weiterverteilt. Wer nicht weitverteilt wird, wird zwar nicht interniert, aber konzentriert. Von Coleman aus ist Frankfurt Flughafen nur 30 Minuten entfernt.
Coleman ist auch von Mannheim entfernt. Dazwischen liegt eine Autobahn, Infrastruktur gibt es keine. Coleman ist ein Standort ohne Hoffnung. Von hier aus findet alles statt – nur keine Integration. Das könnte auch der Plan sein. Den Willen zu brechen. Die Aussichtslosigkeit klar machen. Die Gefügigkeit fördern. Wer ohne Bleibechance nach Coleman kommen wird, soll bald von hier aus wieder verschwinden.
Grüne überlassen Strobl die Drecksarbeit
Erstaunlich ist, dass die Grünen genau nichts zu diesen Plänen sagen. In Deckung gegangen ist ein Euphemismus für deren Verhalten. Sie überlassen Thomas Strobl die Drecksarbeit. Der hofft vermutlich für die CDU Land gegenüber der AfD zu gewinnen und die Grünen kalkulieren, dass sie hoffentlich keiner in der Mitverantwortung verhaftet. Beide suchen nur parteipolitische Vorteile, aber sicher keine tragfähigen Lösungen.
Wir gehen davon aus, dass Coleman ein Konzentrationslager wird. Klingt schlimm, irgendwie nach Nazi. Ist aber nicht Nazi, sondern weltweiter Standard. Aus den heutigen Konzentrationslagern wird niemand in Vernichtungslager verschickt, sondern zum Lagerleben verdammt oder darf zurück nach Hause. In die Heimat.
Sie halten das Wort „Konzentrationslager“ für eine „Provokation“? Weil man zutreffende Worte aus historischer Schuld nicht mehr verwenden darf? Lassen Sie uns darüber diskutieren. Klingt „Zentrale Registrierungsstelle“ für Patrick Henry Village besser? Oder „Ankunftszentrum“ für Coleman in Mannheim?
Merken Sie was? „Konzentrationslager“, „Zentrale“, „Zentrum“ – die Wurzel ist centra, der Mittelpunkt. Alle politische „Konzentration“ läuft aktuell auf ein zentrales Lager hinaus, wo Flüchtlinge „konzentriert“ untergebracht werden sollen. Warum sollte man das nicht Konzentrationslager nennen, wenn sich alle Konzentration der politischen Kräfte darauf ausrichtet?
Lesen Sie hier unsere Analyse, was passiert, wenn das US-Militär nicht aus Coleman abzieht.
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