Rhein-Neckar/Rheinpfalz, 06. Dezember 2016. (red/ric) Der Paritätische Wohlfahrtsverband Rheinland-Pfalz/Saarbrücken bietet seit Anfang des Jahres Workshops für hauptamtliche und freiwillige Flüchtlingshelfer an. Ziel des Trainings ist, Konfliktsituationen mit Flüchtlingen deeskalierend und souverän zu meistern. Die Ursache für Konflikte hat vielfältige Gründe. Umso sinnvoller, dass die Helfer weitergeschult und auf mögliche Konfliktszenarien vorbereitet werden. Unterstützt wird das Projekt, das in Zusammenarbeit mit der Opfer- und Täterhilfe Mainz arbeitet, vom Bundesbeauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration.
Von Riccardo Ibba
Claudia Schymalla ist Koordinatorin für Flüchtlingsarbeit beim Paritätischen Wohlfahrtsverband. In dieser Funktion steht sie in regelmäßigem Kontakt mit den Helfenden. Und diese haben einen schweren Job. Hin und wieder kommt es zu komplizierten Situationen, mit denen die Helfer konfrontiert werden. Dann ist einfühlsames Handeln gefordert, damit die Situation nicht eskaliert.
Die meisten Geflüchteten begegnen unseren haupt- und ehrenamtlichen Helfern sehr respektvoll und voller Dankbarkeit. Trotzdem kommt es gelegentlich zu Auseinandersetzungen zwischen Geflüchteten.
Ein wesentlicher Grund dafür sei das oftmals beengte Platzangebot in den Unterkünften.
Manche Geflüchtete reagieren unter dem Eindruck der traumatischen Fluchterlebnisse teilweise unerwartet heftig,
sagt Frau Schymalla. Die Bedingungen in den Einrichtungen seien insgesamt sehr schwierig und bringen damit Konfliktpotenziale mit sich. Da Helfer und Geflüchtete oft nicht dieselbe Sprache sprechen, erschwerten diese Kommunikationshindernisse manche Situationen zusätzlich.
Aus diesen Erfahrungen heraus hat der Paritätische Wohlfahrtsverband sich an die Opfer- und Täterhilfe in Mainz gewandt und bietet seit Anfang des Jahres Deeskalations-Trainings für die Helfer an.
Perspektive auf die Situation der Geflüchteten
Monika Steinmeir und Dieter Hansen haben in Mainz ein Programm entwickelt, um Techniken der Deeskalation zu erlernen und anzuwenden. Im Mittelpunkt steht dabei zumeist der Blick aus der Perspektive der Geflüchteten. Bevor ein Konflikt friedlich gelöst werden kann, müssen die Hintergründe erfasst werden.
Welche kulturellen Gepflogenheiten gilt es zu berücksichtigen? Wie wirkt sich die Heimatlosigkeit oder traumatische Belastungen auf die Psyche eines Menschen aus?
Doch auch die Selbstreflexion der Helfenden spielt eine gewichtige Rolle. Wie reagiere ich in und auf Stresssituationen? Habe ich wirklich verstanden, was den Konflikt auslöst? Bin ich vielleicht selbst Teil des Problems, weil ich etwas aus Sicht des anderen falsch mache? Schwierige Fragen, auf die es keine einfachen Antworten und häufig immer andere Antworten gibt.
Gerade für die freiwilligen Helfer stellt dieses Seminar eine Art Grundausbildung dar. Während die Hauptamtlichen ihre Kenntnisse zur Deeskalation auf den neuesten Stand bringen, bekommen die Freiwilligen einen Einblick in das Thema. Viele wissen sonst kaum, wie sie im Konfliktfall angemessen reagieren sollen,
führt Frau Schymalla aus.
Sind diese Hintergründe verinnerlicht, geht das Seminar vom theoretischen in den praktischen Teil über. Die Leiter des Workshops demonstrieren den Teilnehmern in verschiedenen Übungen wie sich Konflikte früh erkennen lassen und friedlich zu lösen sind. Zumeist entspringen kritische Situationen aus Alltagssituationen und sind schnell zu schlichten, vorausgesetzt sie werden früh genug wahrgenommen.
Begeistertes Interesse
Die Helfer nehmen nach Angaben von Frau Schymalla das Programm bisher begeistert auf – es besteht somit ein messbarer Bedarf. Die erste Veranstaltung im April in Mainz war sogar überbucht, eine zweite im November in Kaiserslautern sehr gut besucht. Für das kommende Jahr sind weitere Seminare geplant.
Wer kann wie teilnehmen?
Die meisten Flüchtlingshelfer – egal ob hauptamtlich oder freiwillig – sind an Organisationen angedockt, zum Beispiel an die ortsansässige Kirche oder einen karitativen Verein. Da wir mit all diesen Organisationen bestens vernetzt sind und ihnen unserer Angebote via Email zukommen lassen, sollten sich interessierte Bürger an ihre Einrichtung wenden um Informationen zu erhalten. Unser Verteiler ist groß. Ansonsten kann sich jeder über unsere Homepage informieren.
sagt Frau Schymalla. Eine Leiterin eines ASB-Sozialdienstes wird auf der Webseite der Paritätische wie folgt zitiert:
Ich kenne Streitsituationen unter Flüchtlingen, in denen ich schlichten musste. Durch das Training habe ich neue Techniken hinzu gelernt, fühle mich aber auch in meinem bisherigen Verhalten bestärkt. Um Konfliktsituationen souverän zu lösen, gehört es für mich dazu, sich selbst nicht in Gefahr zu bringen.
Das Deeskalations-Programm ist dabei nur ein Baustein, um im Umgang mit Geflüchteten für die Zukunft gewappnet zu sein. Weitere Fortbildungen werden bereits angeboten. Themenschwerpunkte sind unter anderem das Begleiten traumatisierter Menschen, sowie die interkulturelle Kommunikation.