Mannheim, 11. August 2017. (red/pro) Die Staatsanwaltschaft Mannheim hat mit Schreiben vom 28. Juli 2017 mitgeteilt, dass die öffentliche Beleidigung des AfD-Landtagsabgeordneten Rüdiger Klos als “Arschloch, den keiner kennt”, zwar den Straftatbestand der Beleidigung darstellt, aber ein öffentliches Strafverfolgungsinteresse wegen geringer Schuld nicht gegeben sei. Warum wir meinen, dass die Staatsanwaltschaft Mannheim möglicherweise ein Pappnasenverein sein könnte, der sich vor allem mit Sesselpupsen beschäftigt, thematisiert unser Kommentar.
Kommentar: Hardy Prothmann
Jetzt ist es amtlich. Ab sofort können Sie nach der Beurteilung der Staatsanwaltschaft Mannheim Ihrem Hass freien Lauf lassen.
Staatsanwältin Katja Schremb teilte dem Landtagsabgeordneten Rüdiger Klos (AfD) mit, dass die Bezeichnung als “Arschloch, den keiner kennt” durch den grünen Stadtrat Gerhard Fontagnier zwar eine Beleidigung darstelle, aber ein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung nicht gegeben sei (§ StPO 153). Denn die Schuld sei als gering einzustufen.
Der Beschuldigte sei nicht vorbestraft und die Beleidigung sei im Zusammenhang einer Rede gefallen, die “grundsätzliche Kritik an den Positionen” der AfD geübt habe. Die Beleidigung (§ 185 StGB) habe nicht im Vordergrund gestanden. Die “Presse” habe darüber berichtet und über die Presse habe der “Beschuldigte die entsprechende Formulierung bedauert”.*
Wenn Sie also mal so richtig vom Leder ziehen wollen und jemand als “Arschloch”, “Wichser”, “Schwachmaten”, “Grünschimmling”, “Kinderficker”, “Gesichtsfotze” oder “Schwanzlutscher” bezeichnen wollen – nur zu. In Mannheim wird das nicht verfolgt. Insbesondere gegenüber demokratisch gewählten Abgeordneten und anderen Volksvertretern dürfen sie es so richtig krachen lassen.
Sie müssen nur beachten, dass Sie Ihre Beleidigung nicht in den Vordergrund stellen, sondern diese “beiläufig” erfolgt und in eine Performance eingebunden ist. Wenn andere um Sie herum Klobürsten hochstrecken und Plakate mit Kloschüsseln zeigen und Sie noch irgendwas von “Orkus der Geschichte” murmeln, dann ist alles gut. Sicherheitshalber sollten Sie später noch irgendwo eine solche oder ähnliche Formulierung wählen:
“Das ist mir rausgerutscht”, sagt Fontagnier dem “MM”. Bei jener Gegendemonstration sei es ihm darum gegangen, “die jungen Leute zu beruhigen”. Daher habe er sich bemüht, ihnen sprachlich nah zu sein. “Aber diesen blöden Ausdruck bedauere ich im Nachhinein.”
Erklären Sie also Ihr Bedauern, betonen Sie Ihre Friedfertigkeit und würzen Sie das noch mit einer Art Pädagogik oder dem Anliegen eines “kulturellen Austauschs” und schwups, ist das Rezept für straffreie Beleidigungen zusammengerührt.
Sie können mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Staatsanwaltschaft Mannheim Ihnen nicht nachstellen wird.
Um den Beweis zu erbringen, nenne ich die Staatsanwälte mal in diesem aufklärerischen Zusammenhang “selbstherrlich bürokratisch gelangweilte Pappnasen”, die vor lauter “Sesselpupsen” offenbar aus Sorge um politisch nicht korrekte Ermittlungen mit einem verschobenen Werteatlas durch die Gegend stolpern.
Was ich nicht tun würde, ist, diese Personen als „dahergelaufene Staatsanwältin“, „durchgeknallte Staatsanwältin“, „widerwärtige, boshafte, dümmliche Staatsanwältin“, „geisteskranke Staatsanwältin“ zu bezeichnen. Davon distanziere ich mich eindeutig, weise aber darauf hin, dass solche Bezeichnungen das Bundesverfassungsgericht beschäftigt haben und möglicherweise zulässig sind. Zur Aufklärung verweise ich auf die Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts und einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung.
Ich habe also einen pädagogischen Sinnzusammenhang hergestellt, biete weiterführende Informationen an und habe mich distanziert und entschuldige mich schon mal vorab, falls das irgendjemand irgendwie falsch verstehen möchte. So war das nicht gemeint.
Kein Staatsanwalt ist eine Pappnase, die haben alle echte Nasen. Ob sich jemand selbst herrlich findet, hängt vom Standpunkt des Betrachters ab. Ob jemand mit Elan oder langer Weile seinen Job macht, ist ebenso eine Wertungsfrage. Und mal ehrlich: Hat nicht jeder von uns schon mal in einen Sessel gepupst? Egal, ob politisch korrekt oder nicht?
Und die Sache mit dem Werteatlas – ja die wird spannend. Wir haben da so ein paar Recherchen in der Hinterhand, deren Ergebnis sie dann lesen können, wenn die Recherchen abgeschlossen sind.
*Anm. d. Red.: Es ist nicht zutreffend, dass “die Presse” in der Sache berichtet hat. Das RNB hatten exklusiv berichtet. Am 30. September 2016 – hier der Artikel “Dieses Arschloch, den keiner kennt“. Am 16. November hatten wir berichtet “Eisiges Schweigen zu “dieses Arschloch, den keiner kennt“. Erst danach, am 08. Dezember 2016, hat sich der grüne Stadtrat Gerhard Fontagnier gegenüber einer Lokalzeitung geäußert – unsere Anfragen hat er nicht beantwortet. Eine persönliche Entschuldigung gegenüber dem Abgeordneten Rüdiger Klos hat es nie gegeben, wie uns Herr Klos versichert hat. Gerhard Fontagnier war wie Herr Klos Kandidat bei der Landtagswahl 2016 im Wahlkreis Mannheim-Nord. Herr Klos hat dort das Direktmandat gewonnen. Zweiter wurde der SPD-Abgeordnete Dr. Stefan Fulst-Blei, der gleichzeitig das letzte Direktmandat der SPD verloren hat. Herr Fontagnier kam entgegen dem Landestrend abgeschlagen auf Platz drei. Im Anschluss postete Herr Fontagnier, man möge ihm doch Grafikaufträge zukommen lassen, weil ihm Altersarmut drohe.