Mannheim, 20. Mai 2017. (red/pro) Aktualisiert. Einzelne Feudenheimer Bezirksbeiratsmitglieder bemängeln, dass sie zur vergangen Sitzung des Hauptausschusses nicht geladen worden seien. Das interpretieren sie als Verstoß gegen die Geschäftsordnung und fordern, die Beschlussvorlage “Leitentscheidung Grünzug Nordost” von der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung zu nehmen. Die Stadtverwaltung sieht das anders. Droht nun ein Rechtsstreit?
Obwohl die Beschlussvorlage zum Grünzug Nord-Ost und zur BUGA eindeutig Feudenheimer Gemarkung betrifft, waren zur gemeinsamen Sitzung des Hauptausschusses und des Ausschusses für Umwelt und Technik am 16. Mai 2017 die Feudenheimer Bezirksbeiräte nicht eingeladen. Das zuvor von den Mitgliedern eingeholte Meinungsbild des Feudenheimer Bezirkbeirates ergab eine überwiegende Ablehnung der jetzigen Grünzug- und BUGA-Planungen. Die gewählten Ausschussvertreter konnten das Feudenheimer Votum bei der Sitzung jedoch nicht vorstellen. „Was nützen Geschäftsordnungen, die nicht eingehalten werden ?“ meint Bezirksbeirat Götz. Damit die Rechte des Bezirksbeirates nicht übergangen werden, sollte die Entscheidung im Gemeinderat verschoben und eine Sondersitzung der Ausschüsse mit Einladung der Bezirksbeiräte erfolgen,
schreiben die Bezirksbeiräte Alexander Fleck, Gisela Fleck, Rolf Götz, Dr. Ulrich Lehnert, Birgit Sandner-Schmitt, Dr. Ulrich Schaefer, Dr. Wolfgang Wacker sowie Benedikt Zaja in einer Pressemitteilung. Das sind acht von 12 Bezirksbeiräten (je 12 in allen 17 Stadtbezirken).
Dr. Ulrich Schaefer ergänzt im Anschreiben:
Am 16.5. wurde als TOP 1 der Hauptausschusssitzung / AUT-Sitzung der Leitplan für den Grünzug Nord-Ost / BUGA als Beschlußvorlage diskutiert. Die Bezirksbeirats-Vertreter der betroffenen Stadtteile waren nicht geladen. Sie konnten also keine Stellungnahme abgeben. Dies verstößt gegen Paragraph 6 der “Geschäftsordnung für Bezirksbeiräte” vom 22. Juli 2014. Im genannten Partagraphen ist die “Entsendung von Vertretern” geregelt. Um dieses Versäumnis nachzuholen, müßten auf den nächsten Sitzungen von Hauptausschuss und AUT der TOP nochmals behandelt werden mit Einladung und Rederecht der Bezirksbeiräte. In der Konsequenz müßte der Tagesordnungspunkt zu dem Thema von der nächsten Gemeinderatssitzung abgesetzt werden.
Hintergrund: Nach der Gemeindeordnung Baden-Württemberg können in Stadtkreisen, Großen Kreisstädten und in Gemeinden mit räumlich getrennten Ortsteilen Gemeindebezirke gebildet werden und Bezirksbeiräte eingesetzt werden. Die ehrenamtlichen Mitglieder werden nach Parteiproporz durch den Gemeinderat vorgeschlagen und bestellt, die Anzahl richtet sich. Sie können an Ausschusssitzungen beratend teilnehmen. Ein Stimmrecht haben sie nicht. Vorsitzender eines Bezirksbeirats ist der Oberbürgermeister oder eine von ihm bestellte Person.
Insbesondere in Mannheim ist das Phänomen zu beobachten, dass Bezirksbeiratsmitglieder sich häufiger “übergangen” fühlen, vor allem dann, wenn ihre Haltung zu einer Sache nur teils oder nicht berücksichtigt wird. Sie fühlen sich in ihren “Rechten” beschnitten. Das ist ein Trugschluss. Selbst wenn alle 17 Bezirksbeiräte 100 Prozent geschlossen anderer Meinung zu einer Entscheidung der Gemeinderatsmehrheit wären, hätte das keinen Einfluss und es wären auch keine Rechte beschnitten.
Bezirksbeiräte können sich beratend einbringen, selbstverständlich die Interessen ihres Bezirks vertreten, müssen aber auch die Interessen anderer Bezirke oder der gesamten Kommune betrachten. Wenn Bezirksbeiräte die Rolle einer “außerparlamentarischen Opposition” einnehmen, ist der Sinn und Zweck von Bezirksbeiräten nicht verstanden worden. Hinzu kommt eine Selbstüberschätzung: Bezirksbeiräte sind nicht demokratisch durch die Bürger und eine Wahl legitimiert. Sie können nur Niederschriften über Beratungsergebnisse fertigen, aber keine verbindlichen Beschlüsse fassen.
Im vorliegenden Fall trifft zu, dass die Beschlussvorlage keine Stadtteilrelevanz angibt und dementsprechend keine Bezirksbeiräte zugeladen worden sind. Auf Nachfrage erklärt die Stadtverwaltung dazu:
Der Bezirksbeirat (BBR) ist gem. § 65 Abs. 2 Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO) zu wichtigen Angelegenheiten, die den Gemeindebezirk betreffen, zu hören. Dies kann in einer Sitzung des BBR geschehen oder aber der BBR kann eines seiner Mitglieder zu den Ausschusssitzungen entsenden. Die BBRäte Käfertal, Neckarstadt-Ost, Neuostheim/Neuhermsheim, Schwetzingerstadt-Oststadt, Vogelstang und Wallstadt wurden in einer gemeinsamen Sondersitzung am 04.05.2017 über den aktuellen Planungsstand zum Grünzug Nordost informiert. Insofern fand eine Anhörung der tangierten BBR statt.
Auf Nachfrage teilte Dr. Ulrich Schaefer mit, dass man auch rechtliche Schritte prüfen wolle, falls die Beschlussvorlage nicht von der Tagesordnung des Gemeinderats genommen würde. Das steht den Bezirksbeiratsmitgliedern natürlich frei, tatsächlich dürfte das unserer Einschätzung nach keinerlei Chancen haben.
Denn die Bezirksbeiräte wurden unterrichtet und konnten sich einbringen – nicht zum ersten Mal. Über den einzelnen Stadtteilbezug hat der Grünzug Nordost eine Bedeutung für die gesamte Stadt.
Vorwürfe, die Stadtverwaltung würde sich vorsätzlich über die Geschäftsordnung hinwegsetzen, sind demnach nicht zutreffend und wenig förderlich für eine ernsthafte Zusammenarbeit, bei der die einzelnen Personen ihre Rollen kennen.
Aktualisierung, 07. Juni, 14:00 Uhr:
Laut RNF haben fünf Bezirksbeiratsmitglieder aktuell Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz sowie Bürgermeister Lothar Quast beim Regierungspräsidium Karlsruhe eingelegt, weil man die Bezirksbeiräte nicht zu den Sitzungen AUT und Hauptausschuss eingeladen habe. Unsere Redaktion wurde bislang nicht durch die Antragsteller informiert – möglicherweise, weil wir von keiner Chance auf Erfolg ausgehen.
Anm. d. Red.: Von Redaktionen werden immer professionelle Standards eingefordert. Diese Forderung ist legitim. Allerdings sollten sich andere auch korrekt verhalten und nicht nach “Gefallen” Informationen versenden. Denn damit verzerren sie die Möglichkeit, dass sich Nutzer unterschiedlicher Medien eine ordentliche Meinung bilden können. Wer anderen Manipulation und Fehlverhalten vorwirft, sollte auf eigenes, korrektes Verhalten sorgsam achten.