Südwesten, 14. März 2017. (red/pro) Das Innenministerium weist Presseberichte zurück, laut denen es im Südwesten mehrere Wahlkampfveranstaltungen türkischer Politiker vor dem Referendum zur Verfassungsänderung der Türkei am 16. April geben soll. Man habe lediglich Informationen, welche Personen erwartet werden, nicht aber, welchen Zweck die Besuche hätten.
Die Deutsche Presseagentur (dpa) hatte berichtet, dass es „noch einige der umstrittenen Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Baden-Württemberg“ geben solle. So werde die AKP-Abgeordnete, Ayse Sula vom 16. bis 18. März in Stuttgart sein. Ihr Kollege Yalçin Akdogan sei am 18./19. März in Mannheim. Der Abgeordnete Mahir Ünal wolle in diesem Zeitraum in Karlsruhe und Stuttgart auftreten. Vom 24. bis 25. März sei AKP-Berater Ozan Ceyhun in Stuttgart und Mannheim unterwegs.
Unklare Lage
Das Innenministerium bestätigte auf Anfrage Namen, Daten und die Orte. Allerdings: „Wir wissen nicht, welcher Art diese Auftritte sein werden. Es ist also nicht klar, ob es sich um Besuche oder Wahlveranstaltungen handeln wird“, sagte ein Sprecher.
In Deutschland leben rund 1,5 Millionen Türken, die zwischen dem 27. März und dem 9. April ihre Stimme zur geplanten Verfassungsänderung abgeben können. Aktuell verschärfen sich die feindlichen Äußerungen türkischer Politiker gegenüber Österreich, Deutschland und den Niederlanden fast täglich und haben die Grenze des Zumutbaren längst überschritten.
In Mannheim leben rund 28.000 Menschen türkischer Abstammung, das sind 20,2 Prozent der Bevölkerung. Die türkischstämmige Gruppe ist damit mit Abstand die größte vor den Polen mit rund 13.000 Menschen und 13,1 Prozent der Bevölkerung. Insgesamt haben in Mannheim 43,6 Prozent der Menschen einen Migrationshintergrund. (Daten: 31. Dezember 2015, Stadt Mannheim)
Kein Recht auf Wahlkampf
Das Bundesverfassungsgericht hatte in der vergangenen Woche klar festgestellt, dass türkische Politiker kein Recht haben, in Deutschland vor Publikum aufzutreten. Dennoch wird dies wegen des hohen Guts der Versammlungs- und Meinungsfreiheit häufig gewährt.
Die Stadt Gaggenau hatte allerdings kürzlich die Veranstaltung eines türkischen Verbandes mit dem türkischen Justizminister Bekir Bozdag nicht genehmigt – wegen Sicherheitsbedenken. In der 30.000-Einwohner-Gemeinde waren weit über 1.000 Menschen erwartet worden. In Relation zu Mannheim wäre das eine Veranstaltung mit rund 10.000 Menschen, was auch in Mannheim ein absolute Herausforderung für die Sicherheitslage wäre.

Bei einer Demo von Türken am 16. Juli 2016 auf dem Paradeplatz in Mannheim versammelten sich mehrere hundert nationale Türken und beendeten die Veranstaltung mit „Alahu Akbar“-Rufen.
In den Niederlanden hat es erhebliche Tumulte türkischer Staatsbürger am Wochenende gegeben, nachdem die türkische Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya dort nicht auftreten durfte und wieder nach Deutschland zurückeskortiert wurde, nachdem sie dort mangels Landeerlaubnis in den Niederlanden landen musste.
Unterdessen kündigte die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Dienstag in Saarbrücken an, die Regierung werde „alle Möglichkeiten ergreifen, solche Auftritte auf saarländischem Boden zu verbieten.“ Innertürkische Konflikte hätten nach Ansicht der Politikerin in Deutschland „nichts zu suchen“.
CDU-Chef Löbel: „Kein türkischer Wahlkampf auf Mannheimer Boden“
Wir fordern die Stadtverwaltung auf, keine städtischen Räumlichkeiten zu Wahlkampfzwecken türkischer Politiker zur Verfügung zu stellen. Ich erwarte mir ein klares Zeichen der Stadtverwaltung, dass wir als tolerante Stadtgesellschaft es nicht dulden, dass auf Grundlage der Meinungs- und Versammlungsfreiheit Wahlkampf türkischer Politiker auf deutschem Boden gemacht wird, um genau diese Meinungsfreiheit in der Türkei weiter einzuschränken. Wer den Rechtsstaat und die Demokratie mit Füßen tritt, der muss Grenzen aufgezeigt bekommen,
teilte Herr Löbel per Pressezusendung mit.
Die Stadt sollte dabei nach Auffassung des CDU-Bundestagskandidaten auch jeden Antrag privater Dritter im Zuge der Versammlungsstättenverordnung sorgfältig prüfen, ob aus Sicherheitsgründen die jeweilige Veranstaltung gestattet werden könne oder nicht. Sicherheit und ein friedlicher Zusammenhalt der Stadtgesellschaft müssten Vorrang haben. Zwar sei die Versammlungsfreiheit ein hohes Gut, allerdings müssten auch die Grenzen aufgezeigt werden.