Rhein-Neckar, 23. Juli 2013. (red/hs) In unserer Interviewreihe mit Bundestagskandidaten haben wir für den Wahlkreis Rhein-Neckar auch den 41-jährigen Dr. Stephan Harbarth (CDU) befragt, der ebenfalls Kreis-Vorsitzender der CDU Rhein-Neckar ist. Seit Mai 2008 ist er Vorstandsmitglied der SZA Schilling, Zutt & Anschütz Rechtsanwalts AG in Mannheim, die Unternehmen wie Daimler, Südzucker, BASF und MLP berät. Der durchschnittliche Umsatz pro Berufsträger lag 2012 bei 611.000 Euro. Der Abgeordnete ist gut im Geschäft: Mindestens 26 (!) meldepflichtige Nebentätigkeiten über 7.000 Euro hat er für die Jahre 2011 und 2012 angemeldet – allerdings anoymisiert. Am 13. Juni sind ihm unsere Fragen zugestellt worden, eine Antwort wurde bis spätestens 26. Juni versprochen. Seitdem haben wir mehrmals per email und telefonisch nachgefragt und keine Antwort mehr erhalten. Unser Autor Helle Sema ist für den CDU-Politiker eingesprungen und antwortet, was er denkt, was Herr Dr. Harbarth geantwortet haben könnte.
Interview: Helle Sema*
Herzlichen Glückwunsch, Herr Dr. Harbarth – man kann Ihnen schon jetzt zum Wahlsieg gratulieren, denn Ihr Wahlkreis gilt als sicher schwarz. Ist Wahlkampf unter solchen Umständen eigentlich für einen erfolgsorientierten Menschen wie Sie noch eine Herausforderung?
Antwort*: Natürlich. Ich kämpfe um jede Stimme.
Ein wenig betrüblich war das vergangene Wahlergebnis schon. Sie haben 2009 ein Minus von fünf Prozentpunkten gegenüber 2005 eingefahren. Kommen Sie im September noch über 40 Prozent?
Antwort: So Gott will, ja. Der Glaube der Menschen ist so fest, dass wohl einige dachten, Sie bräuchten mich nicht zu wählen, weil ich sowieso gewählt werde. Stimmt ja auch – ich gewinne den Wahlkreis natürlich direkt.
Bei der Landtagswahl 2011 wurde die CDU nach 60 Jahren an der Macht abgewählt. Sie haben deutlich Prozentpunkte verloren, wie andere auch. Hat die CDU langfristig ein Problem?
Antwort: Daran ist vor allem der Mappus schuld.
“Ich schlafe gut und habe keine Albträume.”
Umgekehrt gewinnen die Grünen deutlich hinzu – können Sie sich eigentlich eine schwarz-grüne Koalition vorstellen?
Antwort: Danke der Nachfrage. Ich schlafe gut und habe keine Albträume.
Wenn ja: Wie reagieren Parteikollegen auf Ihre Haltung.
Wenn nein: Sind Leute wie Boris Palmer nicht irgendwie die moderneren CDUler, die neuen Konservativen?
Antwort: Das hätten Sie wohl gerne. Herr Palmer bemüht sich redlich, dem Walldorfschüler fehlt aber der richtige Glaube.
Im Gegensatz zu vielen Ihrer Parteikollegen kommunizieren Sie ganz selbstverständlich über neue Medien wie Facebook und Twitter. Warum und wann machen Sie das?
Antwort: Ich mache das meistens gar nicht selbst. Das machen Studenten von der jungen Union für mich.
Bringt Sie das näher an die Bürger heran? (Bitte Beispiele)
Antwort: Man muss halt alles mitmachen. Ein Fest, ein Sportereignis sind mir aber lieber. Beispiel: Sommerfest TV Waibstadt.
Übergeordnete Interessen: “Natürlich bin ich Lobbyist.”
Wenn man sich nach Ihnen erkundigt, hört man, dass Sie sich fleißig auf Sitzungen vorbereiten und als sympathischer Mensch rüberkommen. Im Februar haben Sie es sich allerdings mit vielen Leuten, vor allem FDP-Wählern komplett verscherzt. Die von Ihnen und Marco Buschmann (FDP) vorgelegte Aktienrechtsnovelle löste einen Sturm der Empörung aus – Kritiker werfen Ihnen beiden vor, Sie wollten Kleinaktionäre enteignen. Was sagen Sie dazu?
Antwort:Es ist unerträglich, wenn ein paar Kleinaktionäre wichtige unternehmerische Entscheidungen nicht verstehen. Es gibt übergeordnete Interessen. Die Zusammenhänge zu erklären ist an dieser Stelle zu komplex.
Pikant ist auch, dass große Kanzleien den Entwurf ausgearbeitet haben. Wer bezahlt die eigentlich dafür oder machen die das ehrenamtlich?
Antwort: Ich bitte um Streichung dieser Frage.
Wenn man das jetzt so von außen betrachtet: Würden Sie sich noch als Volksvertreter beschreiben, der im guten Sinne für alle Menschen das Beste zu erreichen versucht oder sind Sie eher ein Interessenvertreter, der für wenige das meiste rausholen will?
Antwort: Da gibt es gar keinen Gegensatz. Natürlich bin ich ein Lobbyist. Und wenn die Wirtschaft stark bleibt, geht es auch dem Volk gut.
“Die Entschädigung für das Ehrenamt geht in Ordnung.”
Es gibt ja den Spruch, jeder ist sich selbst der Nächste. Der fiel uns sofort ein, als wir uns die Liste ihrer anmeldepflichtigen Nebentätigkeiten angeschaut haben. Imposant: 26 anonyme Mandate Stufe 3, also über 7.000 Euro. Macht mindestens stolze 182.000 Euro “Nebenverdienst” in zwei Jahren, zuzüglich Abgeordnetensalär von rund 11.000 Euro monatlich, zuzüglich Bezüge als Vorstand einer wirtschaftlich sehr erfolgreichen Wirtschaftskanzlei. Was ist eher der Nebenjob – der als Vorstand oder der als Abgeordneter?
Antwort: Meine Bezüge als Abgeordneter sind als Entschädigung für die ehrenamtliche Tätigkeit in Ordnung – ich muss allerdings nebenbei Geld verdienen, ich habe ja eine Familie zu ernähren. Darüber hinaus kann ich die Neiddebatte längst nicht mehr hören – als Leistungsträger stelle ich mich dem Land zur Verfügung. Ich müsste das nicht tun.
Müssen nicht die Mandate, also die privaten wie das des Abgeordneten, wechselseitig unter den vielfältigen, damit verbundenen Aufgaben leiden?
Antwort: Überhaupt nicht. Sie sind ja miteinander verbunden.
“Ich bin Katholik – mein Gewissen ist rein.”
Entscheiden Sie tatsächlich frei nach bestem Wissen und Gewissen oder sind Sie nicht vielmehr durch Ihre Tätigkeiten und beruflichen Verflechtungen gezwungen, gewisse Interessen zu vertreten?
Antwort: Ich gehe meinem Beruf aus voller Überzeugung nach, also ist auch mein Gewissen rein.
Spenden Sie eigentlich für wohltätige Zwecke? In welcher Höhe?
Antwort: Selbstverständlich, sofern das steuerlich abzugsfähig ist.
“Abgeordnetenbestechung gibt es doch gar nicht.”
Wie ist eigentlich Ihre Position in Sachen “Abgeordnetenbestechung”. Die Bundesregierung hat das ja aktuell schon wieder auf die lange Bank geschoben. Haben Sie eine Idee, warum?
Antwort: Ich habe klar dagegen gestimmt, weil ich nicht glaube, dass es sowas gibt. Deswegen muss man also auch keine Gesetze verschärfen.
Nochmal zur Aktienrechtsnovelle – die Schutzgemeinschaft für Kapitalanleger bezeichnet Kanzleien wie Hengeler Mueller, die in der Sache tätig war, als Enteignungsindustrie. Was sagen Sie zu dem Vorwurf?
Antwort: Der Neid ist ein großes Übel. Sie sollten lieber mal die Bibel lesen, beispielsweise 1. Petrus, 2: Legt also alle Bosheit ab, alle Falschheit und Heuchelei, allen Neid und alle Verleumdung.
Haben Sie den Vorstoß einfach mal so probiert oder erst durch den massiven Protest den Rückzug angetreten – viel ist ja nicht mehr übrig von den von Ihnen geplanten Änderungen.
Antwort: Es gab leider unerwartete Widerstände. Die FDP hat gewisse Ministerinnen nicht wirklich im Griff. Das ist kein Problem der CDU, macht aber sinnvolle Politik nicht gerade einfacher.
Wie beurteilen Sie eigentlich den EnBW-Deal?
Antwort: Vom Grundsatz her war die Idee gar nicht mal so schlecht – die Ausführung war ungenügend. Herr Mappus verfügt leider nicht über das erforderliche Wissen und hätte sich vorher Expertenrat einholen sollen. Meine Kanzlei hätte ihn selbstverständlich neutral beraten.
“Meine anwaltliche Schweigepflicht macht mir gewisse Antworten unmöglich.”
Innerhalb der CDU haben Sie einige Funktionen und eine starke Stellung – ist es denkbar, dass Sie von der Bundes- in die Landespolitik wechseln? Beispielsweise als Finanz- oder Wirtschaftsminister, sollte die CDU wieder an die Macht kommen?
Antwort: Woher wissen Sie das? Dazu äußere ich mich nicht.
Was waren in der aktuellen Legislaturperiode die wichtigsten Aufgaben in Ihrem Wahlkreis?
Antwort: Dafür zu sorgen, dass die Menschen mich lieben und respektieren.
Was werden die wichtigsten in der kommenden Wahlperiode sein?
Antwort: Sie haben Verständnis dafür, dass meine anwaltliche Schweigepflicht mir eine Antwort unmöglich macht.
* Anm. d. Red.: Alle Antworten dieser Satire stammen von Autor Helle Sema und nicht von Dr. Stephan Harbarth. Die Fragen wurden in der vorliegenden Form an Herrn Dr. Harbarth gesandt, der über fünf Wochen lang keine Zeit fand, sie zu beantworten.