Mannheim/Rhein-Neckar, 02. Mai 2017. (red/pm/pro) Die grüne Gemeinderatsfraktion reagiert als erste auf die Debatte um die umstrittenen Liedzeilen im Song „Marionetten“ der „Söhne Mannheim. Die Grünen sehen „eine rote Linie überschritten“. Sie fordern deshalb einen Verzicht auf eine Zusammenarbeit der Stadt mit den „Söhnen Mannheims“ und Xavier Naidoo.
Nach der Veröffentlichung von „anti-staatlichen“ Liedzeilen auf dem neuen Album „MannHeim“ im Lied „Marionetten“, reagiert die grüne Gemeinderatsfraktion unmissverständlich und fordert einen sofortigen Verzicht der städtischer Behörden oder Betriebe auf eine Zusammenarbeit mit der Band und dessen Frontmann.
Schon 2014 forderten die Grünen im Gemeinderat, dass sichergestellt wird, dass bei der Planung des Medienparks auf den Taylor-Barracks und anderen Projekten bzw. Schnittstellen die politischen Aktivitäten von Xavier Naidoo nicht zum Tragen kommen und Mannheim angelastet werden. Die Grünen hatten zuvor bereits mehrfach öffentlich Kritik an den mindestens fragwürdigen Liedtexten und Redeauftritten Naidoos bei den Reichsbürgern geäußert hatten. Leider zeigt der jüngste Songtext „Marionetten“ nach Ansicht der Grünen, dass die zumindest inhaltliche Nähe zu den Reichsbürgern und Antidemokraten unverändert in die Öffentlichkeit und den großen Fankreis getragen wird,
heißt es in einer Pressemitteilung.
Stadtrat Gerhard Fontagnier, kulturpolitischer Sprecher, wird in der Zumeldung so zitiert:
Mittlerweile haben auch Politik und Öffentlichkeit erkannt, wie gefährlich Reichsbürger und Co sind. Diese feiern jetzt mit der NPD, der AfD und anderen demokratiefeindlichen Organisationen ihren Held. Auch die Mannheimer Reichsbürgerszene beschäftigt mit bedenklichen Aktionen Ämter, Richter und Polizei und feiert den Song und seinen Urheber. Die Gewalttexte im Song könnte der ein oder andere gefährliche Spinner der antidemokratischen Szene als Aufruf verstehen, im Sinne von: „Wenn der Star Naidoo das sagt, dann ist was dran …“. Ob es den Söhnen recht ist oder nicht, ihre Vorbildrolle ist nicht zu leugnen. Warum setzen Sie diese nicht positiv ein um etwas mit denen zu bewegen die sich für diese Stadt engagieren? Im Gegenteil, sie beleidigen in ihrem Text jeden der sich politisch in den Parlamenten engagiert (Volks-in-die-Fresse-Tretter) – viele davon ehrenamtlich in den Kommunalparlamenten. Es ist erschreckend, dass Texte einer Band, die einst-mals Gegen-Rechts und für den Frieden engagiert war, mittlerweile von Rechtsextremen und Antidemokraten gefeiert werden.
Herr Fontagnier hat allerdings Erinnerungslücken – im Zusammenhang mit der Demo „Mannheim sagt Ja“ Anfang 2015 hatte er eindeutig mit Rolf Stahlhofen kooperiert – einer der bekannten „Söhne Mannheims“, der Xavier Naidoo ständig in Schutz nimmt. Aktuell äußerte er sich auf Facebook:
Wenn die Blendgranaten verpufft sind, kann sich mit dem wahrem Inhalt des Albums auseinandergesetzt werden. Und nicht mit Wörtern, die aus dem Zusammenhang gerissen werden. Die grösste Lüge ist das weglassen!
Wir haben Herrn Stahlhofen angefragt, was denn aus dem Zusammenhang gerissen sein soll und was weggelassen. Diese Fragen hat er nicht beantwortet. Inhaltliche Kritik als „Blendgranaten“ zu bezeichnen, zeigt, dass Herr Stahlhofen die Inhalte von „Marionetten“ verteidigt und die Inhalte als „wahr“ ansieht. Im Song werden alle Bundestagsabgeordneten und „Volksvertreter“ pauschal als „Sachverwalter“ und mit der antisemitischen Symbolik als „Marionetten“ bezeichnet. Weiter wird zur Gewalt aufgerufen und das lyrische Ich will „jeden zerfetzen, den es in die Finger bekommt“.
Stadtrat Dirk Grunert, Vorsitzender der grünen Fraktion, betont, dass niemand das Recht auf die künstlerische Freiheit leugne und es in dem scheinbar von ihnen gehassten System auch die Söhne und Naidoo einen solchen Song produzieren und damit Geld verdienen könnten:
Allerdings gibt es eben auch das Recht diesen Songtext und andere zu kritisieren und auf eine Zusammenarbeit mit den Xavier Naidoo und den Söhnen zu verzichten. Dass aber das Album nach unserer Stadt benannt ist und die Söhne den Namen unserer Stadt mit solchen Songs hinaustragen, ist unerträglich.
Einen Auftritt von Naidoo und den „Söhnen“ zum Abschluss des Fahrradjubiläumsjahr dürfe es unter diesen Umständen nicht geben. Die rote Linie sei längst überschritten und mit fadenscheinigen Erklärungen könne man sich nicht zufrieden geben. Tatsächlich haben sich die Band und ihr Frontmann noch nicht mit einer Erklärung zu Wort gemeldet.
Die anderen Fraktionen im Mannheimer Gemeinderat haben sich noch nicht positioniert. Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz hatte sich am Wochenende äußerst irritiert über die Liedinhalte von „Marionetten“ gezeigt und eine Erklärung verlangt, um dann weiter zu beraten und zu entscheiden, wie das künftige Verhältnis zur Band zu gestalten sei. Der Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Matthias Sandel, hingegen zelebrierte auf Facebook seinen gestrigen Konzertbesuch, was man als „private“ Unterstützung für die „Söhne Mannheims“ und Xavier Naidoo interpretieren kann.
Die CDU-Stadträtin Rebekka Schmitt-Illert hingegen äußerte sich bereits am 30. April auf Facebook:
Vielleicht ist jetzt ja endlich die Schwelle erreicht, wo sich die Stadt offiziell distanzieren kann? Wer was textet von wegen Politiker in Fetzen reißen ohne Rücksicht auf Paragraphen und Gesetze, hat sicher nichts dagegen, wenn er von den „Volksverrätern“ Gegenwind bekommt. Vermutlich fühlt er sich dann noch bestätigt…
In einem Zeitungsbericht wird spekuliert, man könnte gegen die Band klagen und verlangen, den Namen „Mannheim“ nicht weiter zu verwenden. Das ist natürlich völliger Humbug. Städtenamen können selbstverständlich innerhalb einer Marke verwendet werden.