Rhein-Neckar/Berlin, 23. Dezember 2016. (red/pro) Der mutmaßliche Terrorist Anis Amri (24) ist in der Nacht in Sesto San Giovanni in der Nähe von Mailand in Italien bei einem Schusswechsel mit zwei Polizeibeamten getötet worden. Ein Beamter wurde durch einen Schuss in die Schulter verletzt. Der Terrorverdächtige schoss mit einer Pistole Kaliber 22. Er selbst wurde durch mindestens einen Schuss in den Brustkorb getötet und verstarb am Ort des Schusswechsels, einem Bahnhofsplatz.
Damit ist die Fahndung nach dem mutmaßlichen Attentäter von Berlin beendet. Anis Amri gilt als Fahrer des entführten 40-Tonner-Lkw, der über den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz unterhalb der Gedächtniskirche donnerte und dabei elf Menschen tötete und rund 50 zum Teil schwer verletzte. Der polnische Fahrer des Lkw war entführt und im Führerhaus erschossen aufgefunden worden.
Nach der Tat von Montagabend gegen 20 Uhr wurde zunächst ein tatverdächtiger Pakistani verhaftet, der allerdings bald wieder auf freien Fuß kam. Im Führerhaus des Lkw wurde ein Geldbeutel mit den Duldungspapieren des dann tatverdächtigen Tunesiers Anis Amri gefunden. Der Mann wurde europaweit zur Fahndung ausgeschrieben.
Offenbar gelang es Amri über Belgien bis nach Paris zu kommen, von wo aus er nach Italien weiterreiste. Die italienischen Behörden sollen keinerlei Informationen gehabt haben, die zur Ergreifung des Flüchtigen geführt haben. Vielmehr habe es sich um eine Routinekontrolle durch zwei Beamte gehandelt. Amri habe das Feuer auf die Beamten eröffnet, einen durch einen Schulterschuss verletzt, der andere Beamte tötete Amri durch einen Schuss in dessen Brustkorb.
Von Amri ist ein Bekennervideo aufgetaucht, dass den Mann auf einer Brücke in Berlin zeigt. Im Video bekennt er sich zum „Islamischen Staat“ (IS). Nach einem Bericht der Bild-Zeitung sollen marokkanische Behörden das Bundeskriminalamt vor Amri gewarnt haben und zwar konkret vor einem bevorstehenden Anschlag.
Amri war vermutlich im Alter von 19 Jahren über Libyen nach Italien gekommen. Hier soll er wie auch schon in Tunesien straffällig geworden sein und eine Haftstrafe von vier Jahren verbüsst haben. Im Juli 2015 soll er von Italien nach Deutschland gekommen sein – zunächst nach Freiburg, dann nach Nordrhein-Westfalen. Hier war er in Emmerich bei Kleve untergebracht. Seit Februar 2016 soll er sich vor allem in Berlin aufgehalten haben – allerdings „hochmobil“.
Er soll Kontakte zu radikalen Islamisten unterhalten haben, unter anderem zu Abu Walaa, der inhaftiert ist und dem vorgeworfen wird, Kämpfer für Daesh (IS) angeworben zu haben.
Die Behörden hatten Amri teils intensiv überwacht. Offenbar wusste man in Deutschland aber nichts von seiner kriminellen Vergangenheit. Im Sommer soll sein Asylantrag abgelehnt worden sein, im August soll er sich in Abschiebehaft befunden haben, wurde aber wieder freigelassen, da die Ausreisepapiere nicht vorlagen. Diese wurden von den tunesischen Behörden einen Tag nach dem Attentat von Berlin den deutschen Behörden zugestellt.
Seit Dienstag fahndete unter Leitung des Generalbundesanwalts Dr. Peter Frank das Bundeskriminalamt nach dem flüchtigen Terrorverdächtigen. Es gab zahlreiche Razzien, der Tatverdächtige konnte aber nirgendwo ausgemacht werden. Offenbar gelang ihm die Flucht über Belgien nach Paris von wo aus er weiter nach Italien reiste. Hier endete dessen Flucht mit seinem Tod in der Nacht auf den 23. Dezember gegen vier Uhr morgens.
Generalbundesanwalt Frank kündigte an, dass die Ermittlungen zu Unterstützernetzwerken auf Hochtouren laufen. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel kündigte an, dass man überprüfen werde, welche Lehren man aus dem Fall ziehen müsse.
Wir hatten intensiv zur Sache berichtet. Nach unserer Auffassung ist Amri der wahr gewordene Albtraum. Als minderjähriger unbegleiteter Flüchtling in Europa angelandet, wurde er hier straffällig und hat sich weiter radikalisiert. Er konnte sich frei in Europa bewegen und trotz intensiver Beobachtung den Anschlag planen und durchführen. Danach konnte er sich fast vier Tage dem Zugriff der bundes- und europaweit fahndenden Behörden entziehen und wurde nur zufällig durch eine Polizeistreife kontrolliert.
Die Behörden sprechen weiterhin von einer „abstrakt hohen“ Terrorgefahr in Deutschland. Wie konkret diese werden kann, hat der Anschlag auf friedliche Menschen in Berlin gezeigt.