Rhein-Neckar, 11. März 2020. (red/pro) Aktuell ist keine Zeit, um sich über persönliche Einschränkungen aufzuregen oder Hamsterkäufe zu machen. Aktuell ist es höchste Zeit zu zeigen, dass die Kollektivgemeinschaft vernünftiger Menschen zusammenhält und gemeinsam agiert, um eine Krise schnellstmöglich zu überwinden. Schnellstmöglich ist keine Frage von Stunden oder Tagen, sondern Monaten. Wer glaubt, die aktuelle Corona-Krise sei ein Sturm im Wasserglas, hat nichts verstanden und sollte sich schnell neu einnorden.
Kommentar: Hardy Prothmann
Es gibt für den überwiegenden Teil der Bevölkerung überhaupt keinen Grund für irgendeine Panik. Selbst wenn, was zu erwarten ist, mindestens zwei Drittel der Bevölkerung sich mit dem Corona-Virus infizieren – die allermeisten werden das ohne größere Probleme überstehen.
Aber alle, die alt und schwach sind, die bereits unter anderen Erkrankungen leiden, sind in erheblicher Lebensgefahr. Je weiter die Corona-Epidemie ihre Kreise zieht, um so mehr werden gefährdet werden und die Möglichkeiten einer intensiv-medizinischen Versorgung sind endlich. Das ist die Lage.
Ich war und bin äußerst skeptisch, ob ein “Shut-down” eine Lösung sein kann. Ohne Plan wird eine dramatische Einschränkung der Waren- und Dienstleistungsprozesse aus meiner Sicht verheerende Folgen haben und mehr Probleme schaffen, als lösen – und die gefährdeten Menschen werden trotzdem sterben.
Was ich von der Politik erwarte, ist Höchstleistung. Es gibt ab sofort keinen geregelten Arbeitstag mehr, kein Wochenende, sondern nur noch Höchstleistung.
Das erwarte ich aber auch von der Wirtschaft, der Kultur, der Bildung und anderen Systemen.
Wer denkt, er müsste sich mit 20 Paketen Klo-Papier und 100 Dosen Ravioli eindecken, muss an der Kasse abgewiesen werden. Normaler Bedarf ja, Hamsterkäufe nein. Das müssen die Versorger entscheiden.
Alle Unternehmen müssen zielgerichtet dahin denken, den Betrieb aufrecht zu erhalten, aber möglichst viel Home-Office, Freistellungen, Urlaub anzubieten, einzurichten – was auch immer da gedacht werden kann.
Gewisse Berufsgruppen werden das nicht leisten können: Polizeibeamte, die einen Straftäter festnehmen, können die Handschellen nicht mit zwei Meter Abstand anlegen. Aber sie können in anderen Situationen für sich und andere durchaus Abstände herstellen, beispielsweise bei Kontrollen.
Der Staat muss dafür sorgen, in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Einrichtungen, dass sensible, dringend benötigte Fachkräfte leistungsfähig bleiben – das ist vor allem medizinisches Personal. Es kann nicht sein, dass hier reihenweise Fachkräfte ausfallen, weil sie durch fehlerhafte Routinen möglicherweise im Rahmen ihrer Arbeit infiziert worden sind und unter Quarantäne gestellt werden müssen und damit Lücken in ein ohnehin schon überfordertes System reißen.
Dafür kann es sinnvoll sein, solche Personen im Alltags- und Privatleben zu unterstützen – damit sie isoliert leben können und bei der Arbeit gut geschützt. Wenn diese Leistungsträger ausfallen, haben alle einen Schaden.
Ich beschäftige mich nicht erst seit Beginn dieser Krise mit solchen Szenarien. Was ich aktuell feststelle, bestärkt meine grundsätzliche Annahme, dass auf allen Ebenen zu wenig vorausgedacht wird: Was-wäre-wenn-und-wie-agieren-wir-dann? Wer reagiert, wird von Ereignissen geführt, wer agiert, hat die Sache in der Hand.
Es nützt überhaupt nichts, wenn man irgendwelche “Krisenpläne” hat, die man aber erstmal selbst wieder lesen und verstehen muss, um dann irgendwann Entscheidungen zu treffen. Man muss jede Krise immer als aktuell und unmittelbar vorhanden ansehen – nur dann kann man schnell und entschieden handeln.
Die Corona-Krise kann einen – aus meiner Sicht – sehr positiven Effekt haben. Nämlich: Man muss gesamtgesellschaftlich umdenken und aus der Komfortzone rauskommen, in der man es sich gemütlich gemacht hat.
Wer die von mir verantwortete Berichterstattung kennt, weiß, dass ich Freiheitsrechte massiv verteidige. Aber auch, dass ich keine Freiheit ohne ein funktionierendes, verlässliches Staatswesen erkennen kann.
Was ich mir wünsche, ist, dass endlich jemand Führungsbereitschaft übernimmt und klare Ansage macht. Beispielsweise diese:
“Wir haben eine Krise, die wir nur als Staat und damit als alle Bürger im Land gemeinsam solidarisch bewältigen können. Das bedeutet, dass die staatlichen Behörden umfangreiche Maßnahmen vorbereiten, die von allen Bürgern individuell und allen Systemen gestützt werden müssen. Das ist ein Experiment, das wir machen müssen, um zu erkennen, ob es sinnvoll ist oder nicht. Wir arbeiten auf einen kontrollierten Shut-down hin, der zwei Wochen dauern wird und vor allem dann erfolgreich sein könnte, wenn alle mitmachen. Es gibt keinen Egoismus, sondern nur das Kollektiv, das gemeinsam agiert, um jedem einzelnen zu nützen. Um die Krise zu bewältigen und viele Menschenleben zu retten.”
Natürlich wären die Folgen drastisch – die sind das aber auch, wenn man sich scheibchenweise in diese Situation begibt und versäumt, dass zur Staatsräson zu machen und dabei die Bürger in einem Dialogprozess und einer gesellschaftlichen Debatte mitnimmt – denn nach dieser Krise ist vor der nächsten Krise.
Selbst wenn alle Maßnahmen aktuell greifen sollten und die Folgen nicht dramatisch werden sollten, wird “Corona” spätestens im nächsten Winter uns alle erneut einholen.
Bundeskanzlerin Merkel ist auf dem Weg in den Ruhestand – die Kandidatenfrage steht seit Wochen im Raum und es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die CDU Geschlossenheit zeigt. Bei der SPD ist die Lage noch dramatischer. Und die beiden grünen Bundesvorsitzenden zeigen auch keinerlei Führungskompetenz.
Jens Spahn könnte, wenn er wollte, der neue Spitzenkandidat werden, wenn es ihm gelingt, diese Krise zu meistern. Die Frage, ob er das kann, stellt sich eigentlich nicht. Er muss es können. Denn wenn er es nicht kann, steht das Land Kopf.
Kann man eine Volkswirtschaft runterfahren? Selbstverständlich. Denn das gab es schon öfter. Ob bei der Ölkrise oder nach den Terroranschlägen von 9/11. Entscheidend ist, wie ausgeführt, ob man agiert oder reagiert. Wer agiert, ist immer im Vorteil.
Warum nicht aktuell Schulen schließen und dafür die Sommerferien verkürzen? Das ist nur ein Gedankenspiel. Man kann sich viele Gedanken machen, um zu agieren.
Wir Bürger müssen staatliche Behörden dabei unterstützen – jeder ist individuell verantwortlich, seinen Beitrag zu leisten, um ein System zu schützen, das individuelle Freiheiten weitmöglichst garantiert. Wenn wir in Egoismen verfallen, wird das Ergebnis sein, dass es zu Repressionen kommt, gegen die es Widerstände gibt und daraus entsteht keine Ordnung, sondern Chaos.
Es ist höchste Zeit für Solidarität – nicht für die “sozialistische Internationale”, die den Begriff gekapert hat ohne zu erklären, wer das eigentlich sein soll, sondern gegenüber jedem anderen Bürger, gegenüber dem Staat, der uns Freiheit ermöglicht, aber vielleicht aktuell einschränken muss, damit es auch künftig Freiheit geben kann.
Denn klar ist, dass es Gesetze gibt, die bis zum nationalen Notstand führen können, wenn nicht alle an einem Strang ziehen. Das kann niemand wollen.
Denken Sie drüber nach und kommentieren Sie den Beitrag gerne.
Lesetipp über Zustände in einem italienischen Krankenhaus.
Ihr
Hardy Prothmann
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