Rhein-Neckar, 08. März 2020. (red/pro) Die Mechanismen sind immer dieselben – deutsche Medien hetzen hinter jeder „News“ her, Zeit für eine vernünftige Einordnung bleibt meist nicht und wenn, fehlt es an der Fähigkeit zur vernünftigen Einordnung. Ob Terrorattacke, Naturkatastrophe oder jetzt eben die Corona-Pandemie. Das dafür verantwortliche Virus heißt Aufmerksamkeit – die soll sich möglichst rasch verbreiten. Aufklärung gerät da zur unbedeutenden Nebensache.
Kommentar: Hardy Prothmann
Seit Wochen bestimmt das Corona-Virus die Schlagzeilen der meisten Medien in Deutschland. Doch welche Neuigkeiten gibt es eigentlich außer dem stündlichen oder täglichen Update, dass es nun hier so und so viele Infizierte sind, die mal männlich, mal weiblich sind? Und was sagen die Zahlen eigentlich aus? Welchen inhaltlichen Nachrichtenwert haben solche Zahlen?
Wenn das RNB die Möglichkeit hätte, würden wir sofort nach Taiwan aufbrechen und dort vor Ort recherchieren. Denn Taiwan hat überraschend wenig Fälle und offenbar nach der SARS-Epidemie 2003 ein sehr gutes Schutzsystem aufgebaut. Hier würde man zuverlässige Informationen finden, die man sicherlich auf Deutschland anwenden könnte. Insbesondere ARD und ZDF haben die Mittel, aber man konzentriert sich lieber auf Schlagzeilen, denn infiziert, wie sie alle sind, geht es nur um Reichweite und damit Aufmerksamkeit und nicht um Aufklärung.
Ich bezweifle mittlerweile, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn einen guten Plan hat, wie man die Corona-Krise bewältigen kann. Denn es wird nur scheibchenweise übermittelt, was sowieso jeder erwartet. Erst hieß es, Maßnahmen wie in Italien sehe man in Deutschland nicht, doch aktuell werden punktuell immer mehr Schulen geschlossen. Warten wir es ab – demnächst sind Großveranstaltungen und Messen dran.
Am 27. Januar 2020 stellte man die erste mit dem SARS-CoV-2-Erreger infizierte Person in Deutschland fest. Heute, am 08. März 2020 sind es am Morgen 847 bestätigte Infektionen. Doch das ist nur die offizielle Zahl. Bei der Polizei würde man das „Hellfeld“ nennen – also die bekannt geworden Straftaten. Das „Dunkelfeld“ kennt man nie. So auch beim Corona-Virus.
Man muss davon ausgehen, dass eine erhebliche Zahl von Menschen bereits infiziert war und wegen geringer Symptome nichts davon wusste und längst wieder auskuriert ist. Wie viele Menschen aktuell infiziert sind und andere Menschen anstecken, die wiederum andere Menschen anstecken, ist völlig unbekannt.
Das einzige Mittel, um diesen Kreislauf zu durchbrechen, ist, möglichst wenig Kontakte zu anderen Menschen zu haben. Damit wird die Infektionskette verlangsamt, unterbrochen wird sie nicht. Genau das ist die Strategie der Experten vom Robert-Koch-Institut und dafür gibt es einen einzigen entscheidenden Grund: Kommt es zu einer drastischen Ausbreitung werden die medizinischen Ressourcen irgendwann nicht mehr ausreichen, um die schweren Fälle zu versorgen. Grundsätzlich kann jeder ein schwerer Fall werden, tatsächlich sind es vor allem Alte und Schwache, wie die durchschnittliche Alterszahl der bereits über 400 Toten in Italien zeigt: 82 Jahre.
Sehr erstaunlich finde ich, dass es offenbar überhaupt keinen schnell und eindeutig umsetzbaren Plan gibt, mit einer solchen Pandemie umzugehen – und das nach den verheerenden Pandemien des vergangenen Jahrhunderts und der SARS-Epidemie 2003.
Wir werden die Corona-Krise überstehen. Nicht alle, aber die allermeisten. Corona oder andere SARS-Viren werden wie die Grippe und andere Infektionskrankheiten aber immer wiederkehren, man muss im Wortsinn damit leben. Man kann sich dabei auf die Medizin verlassen und sich gegen viele Krankheiten impfen lassen – übrigens auch aktuell noch gegen die Grippe. Das hilft sehr, aber nie 100 Prozent.
Was noch mehr hilft, ist das eigene Verhalten. Und sich verantwortlich gegenüber sich selbst und anderen zu verhalten, ist denkbar einfach: Hände gründlich waschen, Hust- und Nießetikette einhalten, in epidemischen Zeiten Abstand halten und vor allem: Sich um die kümmern, die wirklich gefährdet sind. Oma und Opa, der Onkel mit dem Herzkatheter, der Nachbar mit der Transplantation, die brauchen Unterstützung, damit sie sich möglichst fern von anderen halten können, solange das immer wieder ein aktuelles Risiko sein könnte.
Das gilt übrigens auch für Personen, die man dringend in solchen Zeiten der Krise braucht: Ärzte und medizinisches Personal. Gerade hier müssen Maßnahmen greifen, die ein Infektionsrisiko deutlich senken, denn wenn diese Personen ausfallen, leiden am Ende die Patienten mehr als nötig oder es wird sogar lebensbedrohlich.
Dazu braucht es nicht tägliche Meldungen über Zahlen, sondern wie vom RNB gefordert auch bei Terrorattacken und Naturkatastrophen sowie anderen Ereignissen mit einem hohen Schadenspotenzial eine gesellschaftlich vernünftige Debatte, damit man weiß, was zu tun ist, was vernünftig ist und was vollständiger Blödsinn. Aktuell geht es zwar um den Schutz der Menschen – dafür muss man aber die Infrastrukturen schützen. Dazu gibt es keine Alternative.
Das betrifft auch die Frage, ob man nun einen „Shut-down“ braucht oder nicht? Solch krasse Maßnahmen führen möglicherweise zu erheblich größeren Schäden, deren Folgen sich erst später zeigen. Wenn Firmen pleite gehen, viele Menschen ihre Arbeit verlieren und massive Versorgungsengpässe die Folgen sind, hat man nicht viel gewonnen, sondern mutmaßlich mehr verloren.
Das öffentliche Leben darf nicht zum Stillstand kommen, man kann es aber zeitweise verlangsamen, durch viele verschiedene Maßnahmen, die ein gemeinschaftliches Bewusstsein verlangen, statt individuellen Egoismus. Firmen können Mitarbeiter frei stellen, Arbeitnehmer können Urlaub nehmen (auch unentgeltlich), Unternehmen und Behörden ihre Abläufe anpassen, damit das öffentliche Leben zwar langsamer wird, aber in Bewegung bleibt.
Von der Politik und Wissenschaft muss man erwarten, dass sie die Ärmel hochkrempeln (hätten sie schon längst machen sollen) und sich auch andere Krisen anschauen wie Fukushima 2011 oder den Tsunami von 2004. Wo waren die Schwachstellen? Was muss man besser machen? Was hat gut funktioniert und wie passt man das auf andere Infrastrukturen an?
Systeme sind dann gut, wenn sie lernen – aus Erfolgen und Fehlern. Daraus sollten dann Pläne entstehen, an die man sich nicht erinnert, Motto: „Da war doch was“, sondern die man schnell in die Tat umsetzen kann, weil es ein öffentliches Bewusstsein dafür gibt. Deshalb üben BOS-Kräfte auch ständig, deswegen gibt es in Schulen Brandalarmübungen, deswegen macht man einen Erste-Hilfe-Kurs, wenn man einen Führerschein macht (a propos, wann war das bei Ihnen? Wissen Sie noch alles?). Und daraus können Gesetze entstehen, die beispielsweise regeln, welche Unternehmen zu schützen sind, welche Vorräte es braucht und auch, mit welchen Mitteln der Staat die unterstützt, die vor dem Aus stehen, weil sie eine langandauernde Krise nicht wirtschaftlich überstehen können. In diesem Fall als Beispiel die Tourismusbranche – nicht nur in Italien, sondern auch das deutsche Reisebüro ist erheblich betroffen.
Dazu braucht es aber auch eine Politik, die unmissverständlich und ohne Angst agiert, auch harte Wahrheiten zu übermitteln. Die Medien sind aufgefordert, nüchtern und ohne Stimmungsmache diese Krisen zu begleiten. Ich weiß, das ist ein frommer Wunsch, aber je mehr Menschen sich an Medien wenden und dort deutlich machen, dass sie mit Panikmache nicht einverstanden sind, desto schneller lernt auch dieses System.
Und: Solche Krisen wirken überall vor Ort, brauchen aber eine internationale Verständigung. Das Corona-Virus stammt aus dem fernen China und sorgt hier bereits für erhebliche Folgen. Es hat sich über alle Grenzen hinweggesetzt, weil keine Zollbestimmung, keine Nationalität, kein biometrischer Pass das Virus an seiner Verbreitung hindert.
2017/2018 sind rund 25.000 Menschen an der Grippe allein in Deutschland gestorben – wo war die Aufregung? Nirgends. Warum? Weil man seit Jahrzehnten mit der Grippe lebt, sie gehört quasi zum Leben dazu. Der SARS-CoV-2-Erreger wird aktuell wie eine mystische Gefahr behandelt. Das ist Quatsch – das neue Virus gehört ab sofort eben auch zum Leben dazu. Weitere werden folgen.
Ängste und Sorgen machen auch krank – das thematisiert so gut wie niemand. Doch dagegen gibt es ein bewährtes Mittel: Aufklärung durch Verständnis der Fakten.
Wenn die Entwicklung der Infektionen in Deutschland ähnlich wie in Italien voranschreitet, wird es hier auch „rote Zonen“ geben. Auch das ist nicht sehr schlimm, wenn die Zeit genutzt wird, sich darauf vorzubereiten.
Hier stehen für die Zukunft viele Fragen im Raum, die dringend geklärt werden müssen. Beispielsweise der Verkehr. Viele politischen Kräfte fordern mehr öffentlichen Personennahverkehr. Doch genau hier kommen viele Menschen auf engem Raum zusammen – beste Bedingungen für die Ausbreitung eines aggressiven Virus. Wie organisiert man das also so, dass Gefahren eingedämmt werden? Nur noch bestimmte Gastzahlen zulassen, damit Abstand gewahrt werden kann?
Beispielsweise der Sport: Schließt man ausgerechnet die Orte, an denen Menschen sich körperlich fit halten, was die beste Voraussetzung für ein gutes Immunsystem ist? Beispielsweise die Schulen: Auch hier geht es oft beengt zu – kann man das verändern?
Immerhin: Aktuell dreht sich alles um das Corona-Virus, der nahende Weltuntergang durch den Klimawandel hat Pause. Die nächste sehr erhebliche Krise wartet schon auf uns: Die Flüchtlingskrise 2020. Auch hier zeigt sich, dass seit 2015 die Bundesregierung schlicht und ergreifend zu wenig getan hat, um nicht „überrascht“ zu werden, wie 2015.
Häufig ist hier zu lesen, „das darf sich nicht wiederholen“. Das wird sich auch nicht so wiederholen – kommt es zu ähnlichen Zugangszahlen, wird es zu Gewalt kommen, wie man aktuell auf den griechischen Inseln sehen kann. Dort wird auch auf Flüchtlinge geschossen – bislang nur mit Tränengas. Wenn die Türkei will, werden die Grenzschützer überrannt werden, einfach so und dann stellt sich die Frage: Lässt man es zu oder lässt man es nicht zu?
Auch hier zeigen sich Politik und Medien nicht lernfähig. Die aktuelle Forderung mancher Politiker, doch 5.000 Kinder aus den Lagern in Griechenland nach Deutschland zu holen, heißt was? Warum nicht nur 1.000 oder 10.000 Kinder? Warum 5.000 Kinder, muss die erste Frage sein. Die zweite: Was passiert dann? Selbstverständlich wird dann die Forderung nach dem Familiennachzug kommen – und schnell sind es dann 20.000 bis 40.000 Personen. Wer „selektiert“ eigentlich die Kinder nach welchen Kriterien? Man kann sich auf die „unbegleiteten minderjährigen Ausländer“ beschränken – welche Erfahrungen man mit einem Teil von diesen machte, weiß Mannheim nur zu gut.
Und es werden auch hier viele Falschinformationen verbreitet, indem ständig von syrischen Kriegsflüchtlingen gesprochen wird – fast 80 Prozent der Personen, die den illegalen Grenzübertritt geschafft haben und inhaftiert wurden, sind Afghanen und Iraker – keine Syrer. Und weiter werden die Migranten mit dem Virus in Verbindung gebracht – auch das ein absoluter Blödsinn, selbst wenn jemand infiziert wäre, sobald er die mehrwöchige Reise übersteht, wäre er nicht mehr ansteckend.
Zurück zum Corona-Virus: Halten Sie sich vor allem an die behördlichen Informationen, wenn Sie sich informieren wollen. Und wenn Sie Medien nutzen, tun Sie das bitte äußerst kritisch und vergleichen Sie. Achten Sie dabei darauf, dass, wenn viele dasselbe melden, alle nur Agenturen abschreiben, bevorzugt dpa, also keine eigene Recherche und Prüfung vorliegt.
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