Mannheim, 16. Januar 2019. (red/pro) Im Vorfeld der Kommunalwahl spitzt sich die Lage bei der AfD Mannheim zu. Wenn die Bezeichnung “gäriger Haufen” zutrifft, dann auf die Verhältnisse dieses AfD-Kreisverbands. Der Vorstand und der Landtagsabgeordnete Rüdiger Klos, der 2016 das Direktmandat im Mannheimer Norden gewonnen hatte, sind sich spinnefeind. Klos beklagt einen zunehmenden Rechtsradikalismus.
Anm. d. Red.: Der Artikel wird um 23 Uhr kostenpflichtig.
Von Hardy Prothmann
Kommunalpolitisch spielt die AfD Mannheim keinerlei Rolle. Trotzdem bleibt die Frage spannend, wie sie bei den Kommunalwahlen 2019 abschneiden wird.
2014, also ein Jahr nach Gründung der Partei, erhielt sie vier Sitze im Gemeinderat – stärker als die FDP (2) oder Die Linke (2) und gleichauf mit den Freien Wählern (4). Nach der Spaltung 2015 wechselten drei Gemeinderäte zu “Alfa”, später LKR. Einer scherte aus und ist seitdem parteilos. Die drei anderen folgten später und nennen sich nun “Bürgerfraktion”.
Zwei der drei Gemeinderäte wird nachgesagt, sie wollten zurück zur AfD oder zumindest mit ihr kooperieren, Eberhard Will und Dr. Gerhard Schäffner. Beide halten nach wie vor einen mindestens guten Kontakt zur AfD. Doch die “Verräter” dürfen nicht zurück in die AfD. Treten sie als möglicherweise parteilose Kandidaten auf der Liste an? Das wäre eine Möglichkeit.
Beide fallen im Gemeinderat häufig durch radikale Wortbeiträge auf, die auf klare Ablehnung durch SPD, CDU und Grüne stoßen, aber einem AfD-Wähler gut gefallen könnten. Doch klar rechtsradikal sind die Äußerungen nicht.
Ganz im Gegensatz dazu fällt Robert Schmidt auf, früherer Sprecher des Kreisverbands, der wie Eberhard Will mal in der SPD war. In einer Kolumne “Durch meine Brille” bezeichnet er Mesut Özil als “Quotentürken” oder lässt sich “satirisch” über “Mannheimer Messerspiele” zwischen einer “schwarzafrikanischen Auswahl” und “syrischen Lokalmatadoren” aus.
Gleichzeitig tut er so, als würde er sich vom rechten Rand abgrenzen. Dabei sind im neuen und ersten AfD-Ortsverein Mannheim Nord Vorstände, die durch Facebookposts auffallen, in denen rechtsradikale Inhalte verbreitet werden. Insbesondere Peter Liebenow und Martina Helbig fallen hier massiv auf.
Keine “Beweise”, aber reichlich Hinweise
Die FAZ hatte am 14. Januar unter “Kein Problem mit braunen Flecken” auch über Herrn Liebenow berichtet, der sich offenbar mit Michael W., einem (früheren) Mitglied der “Identitären Bewegung” gut versteht. Liebenow wird wie folgt zitiert: “Ich muss den Mann ja nicht heiraten und wir haben kein Problem mit braunen Flecken bei uns in der Mannheimer AfD.”
Es gibt Fotos, die Liebenow gemeinsam mit Michael W. an AfD-Informationsständen zeigen. Angeblich “privat”. Auf einem Schnappschuss ist Silvio Waldheim, NPD-Funktionär aus Mannheim, mit der AfD-Co-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Dr. Alice Weidel anlässlich eines ihrer Besuche in Mannheim zu sehen. Die Interpretation der FAZ, diese “Dokumente” belegten eine “enge Verbundenheit” basiert auf reichlich schmaler Beleglage. Auch der Verfassungsschutz, wie die FAZ selbst schreibt, sieht keine “systematische Zusammenarbeit”.
Dass der Bundesverfassungsschutz aktuell die AfD als “Prüffall” eingestuft hat, hat zahlreiche Gründe – weil es eben in Teilen nicht nur keine Abgrenzung zu Rechtsextremen gibt, sondern Kontakte gesucht und gehalten werden und auch rechtsradikale Inhalte über soziale Netzwerke geteilt werden.
Die “Analyse”, die AfD suche Unterstützung durch die NPD, ist reichlich utopisch. Welche Unterstützung könnte man sich von einer unter-1-Prozent-Partei erhoffen? Ganz sicher hofft man aber auf Wähler, die mindestens fremdenskeptisch sind und sich längst von den etablierten Parteien nicht mehr repräsentiert fühlen.
Die Mannheimer AfD fährt hier eine Doppelstrategie. Angeblich distanziert man sich von rechten Umtrieben, tatsächlich zeigen sich Funktionsträger höchst angetan davon und teilen solche Inhalte. Martina Helbig gefällt die Identitäre Bewegung, Herr Liebenow postet Artikel von “Michael Mannheimer” oder Videos von Hogesa – ganz offenbar grenzt man sich von rechtsextremen Inhalten nicht nur nicht ab, sondern trägt dazu bei, diese zu verbreiten. Der Verfassungsschutz wird also beim Prüfen fündig werden.
Nicht die AfD, die ich vertrete
Der AfD-Landtagsabgeordnete Rüdiger Klos (58), der 2016 das Direktmandat im Mannheimer Norden gewonnen hatte, sagt auf RNB-Anfrage: “Das ist nicht die AfD, in die ich eingetreten bin und die ich vertrete. Ich habe mit Rechtsradikalen nichts zu schaffen. Ich will eine Alternative zu den alten Parteien anbieten und Politik für die Basis machen.” Freie Märkte, Souveränität für die Nationalstaaten in Europa, Euro, Griechenland-Krise, Haushaltssanierung sind seine Kernthemen. Und er sagt ernüchtert: “Vielen in der AfD geht es leider auch nur um Posten und Geld – das ärgert mich sehr.”
Der Deutsch-Italiener hat selbst Migrationshintergrund, spricht fließend italienisch. Durch rechte oder fremdenfeindliche Äußerungen ist er im Gegensatz zu anderen Abgeordneten noch nicht aufgefallen.
Herr Klos und Herr Schmidt pflegen eine tiefe Feindschaft miteinander. Das wird der AfD in Mannheim schaden. Nach dem beispiellosen Erfolg der Landtagswahl und zuvor einem Einzug in den Gemeinderat hätte die AfD eigentlich eine solide Basis, um den politischen Erfolg auszubauen. Der Kleinkrieg zwischen dem Kreisvorstand und dem Abgeordneten wird garantiert Stimmen kosten.
Probleme bei der Kandidatensuche
Eine weitere Folge wird sein, dass die AfD enorme Probleme hat, einigermaßen geeignete Kandidaten für die Kommunalwahl zu finden. Auf der Homepage der AfD Mannheim findet sich unter “Kommunales” genau ein Thema: Es werden Kandidaten gesucht. Die Personen, die sich jetzt im Vorstand des Ortsvereins organisiert haben (Herr Liebenow ist der Sprecher und auch Beisitzer im Kreisverband), sind mit Sicherheit kein Gewinn für das Gremium, sollte jemand von ihnen kandidieren und gar gewählt werden.
Bei anderen Parteien rechnet man trotzdem mit einem Erfolg für die AfD – dass diese überhaupt keine lokalpolitischen Kompetenzen hat, so die Befürchtung, würde Wähler nicht stören. Hauptsache die “Altparteien” werden abgestraft. Dass die Stadtverwaltung zusammen mit der GBG allerdings erheblich in Stadtteile im Norden investiert, die neue Bahnlinie diese Stadtteile besser anbindet, sind klare städtebauliche Ziele, die umgesetzt werden. Auch das lange im Gespräch befindliche Ankunftszentrum kommt nicht auf das Coleman-Gelände in Sandhofen. Laut AfD-Funktionären in Mannheim geschehe aber nichts und die Lokalpolitik sei gescheitert. Das sind keine politischen Inhalte, sondern nur hohle Sprüche.
Bis auf ein paar Info-Stände ist von der AfD vor Ort nichts zu bemerken. Und auch die “Mannheimer Reden”, Auftritte von prominenten AfD-Politikern, sind längst nicht mehr so erfolgreich wie 2016 noch, als Dr. Frauke Petry fast 600 interessierte Bürger ins Feudenheimer Schützenhaus zog. Heute kommen noch zwischen 100-200 Personen, wenn die Bundesprominenz auftritt. Beifall gibt es vor allem dann, wenn es gegen Migranten geht oder über die “Altparteien” gelästert wird.
Die FAZ ist für Herrn Liebenow und Herrn Schmidt “Lügenpresse”, das RNB ebenso, seit wir kritisch über die parteiinternen Querelen berichtet haben. Vor Ort bei Veranstaltungen zeigt sich Herr Schmidt aggressiv.
2021 an den Futtertrog?
Er ist zwar nicht mehr Sprecher des Kreisvorstands, sondern firmiert nun als “Koordinator”, eine Funktion, die die AfD-Satzung nicht vorsieht. Gleichwohl befindet sich die Geschäftsstelle in seinen privaten Räumlichkeiten. Die Homepage zeigt eindeutig die Handschrift von Herrn Schmidt. Er veröffentlicht hier seine Kolumne und es gibt eine Vielzahl von Nachrichten zu seinem Arbeitgeber, dem Böblinger AfD-Landtagsabgeordneten Harald Pfeiffer, weitere AfD-Landesthemen, aber so gut wie nichts zum Mannheimer Abgeordneten Klos. Zwar führt Google noch Links auf der Seite – die Inhalte hingegen sind gelöscht.
Der Hintergrund dürfte klar sein: Bei der Landtagswahl war Herr Schmidt im Süden angetreten und ging leer aus. Er landete mit 14,4 Prozent abgeschlagen auf Platz vier hinter Grünen, CDU und SPD. Die Kandidaten für die Landtagswahl 2021 werden von der Basis gewählt – Klos muss weg, scheint die Devise von Herrn Schmidt zu sein.
Möglicherweise gelingt das – ob damit aber auch erneut ein Mandat gewonnen werden kann, ist fraglich, denn der Hype um die AfD läßt nach. Je länger diese im politischen Betrieb “mitwirkt”, umso eher erkennt man auch, wes Geistes Kind einige sind. Nicht nur, was rechtsextreme Einstellungen angeht, sondern auch, wer sich über gut dotierte Mandate und “Pöstchen” auf Staatskosten einrichten möchte.
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