Mannheim, 10. Juni 2015. (red/ms) Eine Stadt zu gestalten, muss mehr sein als nur zu verwalten. Neben Arbeiten, die unmittelbar anstehen und bewältigt werden müssen – was sind die Visionen für die nähere Zukunft? Wohin soll Mannheim sich entwickeln? Und welche übergeordneten Ziele sollen dabei verfolgt werden?
Von Minh Schredle
Dr. Peter Kurz (SPD), Christopher Probst (Mannheimer Liste) und Peter Rosenberger (CDU): Sie alle loben Mannheim im Wahlkampf für die Weltoffenheit und Toleranz der Stadt. Mannheim muss bunt bleiben – da sind die Oberbürgermeisterkandidaten sich einig.
Aber welche Ziele verfolgen sie darüber hinaus? Wie soll sich die Stadtästhetik langfristig entwickeln? Wie will man ein friedliches und respektvolles Miteinander in den verschiedenen Stadtteilen ermöglichen? Wo will man Mannheim in zehn oder zwanzig Jahren sehen?
Das Thema Stadtentwicklung ist wohl die größte und komplexeste Aufgabe, die Kommunalpolitiker zu beraten haben. Denn Stadtentwicklung kann nicht losgelöst für sich alleine betrachtet werden – es gibt Querschnittsthemen zu all den anderen bedeutenden Komplexen, die meist für sich schon komplex genug sind: Haushalt, mittelfristige Finanzplanung, Verkehr, Wohnungspolitik, Integration, Bildung, Sicherheit und Sauberkeit – und aktuell in Mannheim vor allem: Die Konversion.
Jahrzehnte lange Planungsprozesse sind notwendig
In ihren Wahlprogrammen und auf verschiedenen Veranstaltung schneiden die Oberbürgermeisterkandidaten meistens nur kleine Teilbereiche dieser Themenkomplexe an. Denn hinter einem einzelnen einer Vielzahl von Punkten verbergen sich häufig jahrelange Planungsprozesse.
Außerdem haben die Entscheidungen, die für die Stadtentwicklung getroffen werden, eine so große Tragweite, dass ein Oberbürgermeister zwar nette Wunschvorstellungen haben kann – die tatsächliche Realisierung hängt dann allerdings von einer Vielzahl anderer Faktoren ab: Welche Ergebnisse haben anschließende Untersuchungen und Gutachten? Welche finanziellen Mittel stehen zur Verfügung? Lassen sich Investoren finden? Treten unerwartete Umstände ein? Neue Gesetzgebungen auf Landes- und Bundesebene? Widerstand aus Nachbargemeinden? Was sagen Bürgerinitiativen?
Am bedeutendsten ist allerdings: Ein Oberbürgermeister hat durch seine Position zwar viel Macht – er ist aber nicht das entscheidende Souverän einer Stadt. Die endgültigen Beschlüsse müssen vom Gemeinderat oder der Bürgerschaft getroffen werden. Demnach sind sämtliche Wahlkampfversprechen mit Vorsicht zu genießen.
Top-Thema Stadtentwicklung |
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![]() Dr. Peter Kurz (SPD). Foto: Daniel Lukac |
Der Amtsinhaber plant die Stadt in den kommenden Jahren deutlich grüner werden zu lassen und will durch neue Freiflächen und Naherholungsgebiete Gesundheit und Lebensqualität in Mannheim verbessern. Wegweisend dafür sei die Konversion. Auf den Flächen sollen sozial durchmischte Quartiere entstehen, die Arbeit, Wohnen und Freizeit dicht zusammenbringen. So soll etwa auf dem Benjamin-Franklin-Areal neben Wohnraum für 8.000 Menschen eine Ingenieursmeile entstehen, Mannheim solle sich als Modellstadt für das Projekt Industrie 4.0 bewerben:
Bedeutend sei es außerdem, dass neue Wohnquartiere den Charakter der gesamten Stadtgesellschaft widerspiegeln. Insbesondere das Benjamin-Franklin-Areal habe laut Herrn Dr. Kurz das Potenzial, sich zu einem Vorzeigestadtteil zu entwickeln. Herr Dr. Kurz will mit einer kleinen städtischen Gesellschaft neben der GBG „Problemimmobilien“ in den sozial schwächeren Stadtteilen erwerben, diese aufwerten und so Impulse geben. Er verspricht in seinem Wahlprogramm außerdem, sich dafür einzusetzen, ein Förderprogramm für Dach- und Hinterhofbegrünungen auf den Weg zu bringen, mit dem das Mikroklima in der Stadt verbessert werden soll. |
![]() Christopher Probst (ML) |
Christopher Probst will die Sanierungsstaus und „versteckte Schulden“ in Mannheim abbauen und so der Stadt langfristig ihre finanzielle Handlungsfähigkeit absichern. Bei der Entwicklung der Konversionsflächen gehe es laut Christopher Probst dennoch nicht um den größtmöglichen Profit, sondern die bestmögliche Stadtentwicklung. Daher dürften bei neu ausgewiesenen Gewerbegebieten nicht die klein- und mittelständigen Unternehmen vernachlässigt werden:
Statt sich von ein paar wenigen Großinvestoren abhängig zu machen, solle man auf Vielfalt setzen. Christopher Probst befürwortet nachdrücklich den Grünzug Nord-Ost und die Renaturierung des Spinelli-Areals. Aber:
Stattdessen sei es für eine gelungene Stadtentwicklung beispielsweise bedeutsamer, dieses Geld dafür zu verwenden, das heruntergekommene Verkehrsnetz zu sanieren und auszubauen. |
![]() Peter Rosenberger (CDU) |
Ein zentrales Wahlkampfthema von Herrn Rosenberger ist die Sauberkeit in der Stadt. Er plant, Mannheim ein bisschen idyllischer zu gestalten. Beim Konversionsprozess wirft er der Stadt und ihrer Verwaltung einige Verfehlungen im Planungsprozess vor – unter anderem eine mangelhafte Bürgerbeteiligung. Er sagt außerdem:
Daher plane er, auf Franklin-Mitte und Funari kreativen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und auf der Offizierssiedlung und dem Sullivan-Areal hochwertigen und attraktiven Wohnraum zur Eigentumsbildung für junge Familien und Top-Verdiener zu schaffen. Damit vertritt Herr Rosenberger im Wesentlichen die Positionen, die von der Stadt bislang festgelegt worden sind. |
Anm. d. Red.: Dieser Bericht ist Teil einer Serie, in der wir die verschiedenen Positionen der Kandidaten vorstellen. Bis zur Wahl am 14. Juni veröffentlichen wir zu den TOP-Themen eine Artikelreihe, die sich mit den Unterschiedenen und Gemeinsamkeiten in den Wahlprogrammen befassen und die Sie allesamt unter dem Schlagwort „Wahlkampfpositionen“ finden können werden. Die aufgeführte Reihenfolge der Kandidaten entspricht keiner Präferenz, sondern erfolgt nach dem Alphabet.
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