Mannheim, 08. Juni 2015. (red/ms) Mannheims Wohnungsmarkt hat Defizite – hier ist die Kommunalpolitik sich einig. Aber was sind diese Defizite? Darüber herrscht Streit. Auch die Oberbürgermeister vertreten verschiedene Ansichten und haben unterschiedliche Vorstellungen davon, wie Wohnungspolitik und Stadtentwicklung in den nächsten acht Jahren aussehen sollen.
Von Minh Schredle
Wohnungsbaupolitik und Stadtentwicklung zählen zu den komplexesten kommunalpolitischen Themen überhaupt. Ein klassicher Konflikt: Wie viele Freiheiten kann eine Stadt ihren Einwohner/innen beim Wohnungsbau lassen, ohne dass dadurch die Ziele der Stadtentwicklung gefährdet werden?
In Bebauungsplänen wird dabei genaustens reglementiert, was an welcher Stelle zulässig ist. Teilweise sind diese Vorgaben zu strikt und der Bürgerschaft wird kaum noch Raum für die Verwirklichung ihrer Ideen und Träume gelassen – an anderer Stelle sind die Vorgaben nicht präzise genug und eine Besiedlung entsteht, die ein Stadtbild über Jahrzehnte hinweg entstellen kann. Es ist also schwierig, einen angemessenen und gerechten Spagat zu finden.
Ein wichtiges Thema für den Mannheimer Wohnungsmarkt der Zukunft wird die Konversion der freigewordenen US-Militärflächen spielen: Allein auf dem Areal des Benjamin-Franklin-Village soll mit einem Investitionsvolumen von etwa 220 Millionen Euro ein neuer Stadtteil für bis zu 8.000 Einwohner entstehen.
Top-Thema Wohnungsbau |
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![]() Dr. Peter Kurz (SPD). Foto: Daniel Lukac |
Dr. Peter Kurz spricht in seinem Wahlprogramm davon, dass zwischen 2015 und 2023 mindestens 6.000 neue Wohneinheiten entstehen sollen – mit einer zügig vorangetriebenen Konversion auf dem Benjamin-Franklin-Areal könnte ein Großteil dieses Ziels verwirklicht werden.Der amtierende Oberbürgermeister will im gesamten Stadtgebiet Wohnraum mit mehr Grünflächen vermischen, um so für mehr Lebensqualität und mehr Gesundheit zu sorgen:
Herr Dr. Kurz spricht davon, dass man den Konversionsprozess im Allgemeinen dazu nutzen wolle, die vorhandenen Defizite des Mannheimer Wohnungsmarktes zu beseitigen – worin genau allerdings die Defizite liegen, wird von den verschiedenen Fraktionen im Gemeinderat derzeit sehr unterschiedlich beurteilt. In seinem Wahlprogramm geht Herr Dr. Kurz nicht konkreter darauf ein. Jedenfalls will Herr Dr. Kurz am Leitbild der sozial durchmischten Stadtteile festhalten und eine kleine städtische Gesellschaft gründen, die „Stadt-Akupunktur“ betreiben soll: Diese soll mit öffentlichen Einrichtungen gezielt intervenieren und helfen, soziale Problemlagen in Stadtteilen wie der Neckarstadt West zu reduzieren. |
![]() Christopher Probst (ML) |
Christopher Probst äußert sich in seinem Wahlprogramm nur sehr zurückhaltend zu wohnungsbaupolitischen Zielen.Er befürworte grundsätzlich, dass die einzelnen Stadtteile Mannheims jeweils ihren eigenen Charakter haben – auch wenn es an manchen Stellen Verbesserungspotenziale und Handlungsbedarf gebe.
Herr Probst spricht sich dafür aus, Barrierefreiheit – auch im Zusammenhang mit anstehenden Sanierungen – weiter auszubauen. Er will sich außerdem dafür einsetzen, den Einzelhandel in den Stadtteilen zu stärken, um so die Versorgungsqualität zu verbessern und zu verhindern, dass Einwohner in das Umland abwandern. |
![]() Peter Rosenberger (CDU) |
Städteplanerische Festsetzungen und streng reglementierte Bebauungspläne würden den Menschen ihre Freiheit nehmen, insbesondere junge Familien würden deswegen aus Mannheim abwandern, um im Umland ihr Traumhaus zu verwirklichen. Im Wahlprogramm von Peter Rosenberger heißt es:
Wie genau er dagegen vorgehen will, dass Stadtteile zukünftig nicht zu heterogen werden, erklärt Herr Rosenberger nicht in seinem Wahlprogramm. Herr Rosenberger vertritt die Forderungen der CDU-Fraktion und setzt sich für deutlich mehr Eigenheimsbildung ein – auch wenn dafür der Bestand auf Konversionsflächen verdichtet besiedelten Neubauten zum Opfer fällt. So plant er, auf den Hammon Barracks möglichst viel Eigentumswohnungen für junge Familien anzubieten. |
Auffällig ist, dass keiner der Kandidaten sich explizit für mehr sozialen Wohnungsbau ausspricht. Diesen durch Neubauten zu verwirklichen, wird allerdings zunehmend problematischer, weil die Baukosten in den vergangenen Jahren drastisch in die Höhe gestiegen sind und dadurch quasi unmöglich geworden ist, Neubauten unter 10 Euro pro Quadratmeter rentabel zu vermieten.
Eine Möglichkeit, sozialen Wohnraum zu schaffen, bieten die Bestandswohnungen auf den Konversionsflächen, die zum Teil vergleichsweise kostengünstig saniert werden könnten. Amtsinhaber Dr. Peter Kurz schreibt in seinem Wahlprogramm: „Mein Ziel ist es, die Zahl der preisgünstigen Wohnungen bei der GBG zu halten, auch wenn im Einzelfall Neubauten den Altbestand ersetzen müssen.“
Tatsächlich ist der Altbestand der GBG Wohnungsbaugesellschaft im Schnitt über 50 Jahre alt. Ähnlich wie beim Adolf-Damaschke-Ring ist demnach anzunehmen, dass innerhalb der nächsten Jahrzehnte immer mehr Altbausanierungen als nicht mehr rentabel betrachtet werden und künftig durch zunenehmend kostenintensive Neubauten ersetzt werden – unabhängig vom Kandidaten.
Anm. d. Red.: Dieser Bericht ist Teil einer Serie, in der wir die verschiedenen Positionen der Kandidaten vorstellen. Bis zur Wahl am 14. Juni veröffentlichen wir zu den TOP-Themen eine Artikelreihe, die sich mit den Unterschiedenen und Gemeinsamkeiten in den Wahlprogrammen befassen und die Sie allesamt unter dem Schlagwort „Wahlkampfpositionen“ finden können werden. Die aufgeführte Reihenfolge der Kandidaten entspricht keiner Präferenz, sondern erfolgt nach dem Alphabet.
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