Mannheim/Rhein-Neckar, 09. Juni 2015. (red) Angeblich hat die CDU Mannheim 95.000 Euro Schulden. Und angeblich stammen die aus dem Wahldebakel von 2007, als der CDU-Kandidat Ingo Wellenreuther trotz eines exorbitanten Wahlkampf-Etats von 430.000 Euro nur magere 32,07 Prozent bei der Oberbürgermeisterwahl erreichte. Nach unseren Informationen stimmen weder Schuldenstand noch mutmaßliche Gründe. Fakt scheint vielmehr zu sein, dass die Buchführung der Mannheimer CDU ein “flowing system” ist.
Von Hardy Prothmann
Nach den uns vorliegenden Informationen – und das muss man so vorsichtig formulieren, weil es immer wieder Überraschungen gibt – betrug der Schuldenstand der CDU Mannheim im Oktober 2014 “nur” 35.000 Euro. Doch das ist nur eine vorübergehende Auskunft.
Denn erst am Jahresende wird eine satte Rechnung gestellt – die der gemeinsamen Geschäftsstelle in Heidelberg. Die teilen sich drei CDU-Kreisverbände Rhein-Neckar mit 45 Prozent, Heidelberg mit 25 Prozent und Mannheim mit 30 Prozent. Angeblich betrug die Rechnungssumme zum Jahresende im Dezember rund 35.000 Euro – andere uns vorliegende Informationen ergeben nur einen Anteil von 22.000 Euro.
Standinformationen sind Makulatur
Was auch immer der tatsächliche Betrag ist – er wird im Dezember in Rechnung gestellt, im diesem Jahr verbucht, aber erst im Folgejahr bezahlt – sprich: Die Jahresendsumme zum “Bilanzstichtag” 31. Dezember ist nur wenige Wochen später wieder Makulatur.
Der CDU-Kreisvorsitzende Nikolas Löbel nannte auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz am 31. Mai einen Schuldenstand von 95.000 Euro zum Stichtag 31. Dezember 2014. Zählt man 35.000 Euro zu den vom vorhergehenden Vorsitzenden Claudius Kranz genannten Schuldenstand von 35.000 Euro im Oktober 2014 hinzu, ergeben sich 70.000 Euro. Dazu kommen nicht überwiesene Abführungen an den Bezirksverband in einer Höhe von etwa 10.000 Euro sowie “Privatkredite” von Mitgliedern von ebenfalls rund 10.000 Euro sowie eine Veranstaltung mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble Anfang November in gehobenen Ambiente und die von Nikolas Löbel initiierte “Mitgliederbefragung”. Summa summarum kann das auf rund 95.000 Euro Schuldenstand hinauslaufen. Zumindest in den “Büchern”. Zum Jahresende.
CDU-Finanzen jongliert
Im Januar/Februar 20215 dürfte der schon wieder ganz anders ausgesehen haben – da werden Mitgliedszahlungen fällig und erst dann wird die Kreisgeschäftsstelle anteilig bezahlt. Es fließt also Geld, aber es fließt auch enorm viel ab. Und offenbar ist die CDU am Rande der Liquidität – warum sonst sollte man einen Kredit beim Bezirksverband bis zum Herbst “aussetzen”?
Der Kreisvorsitzende Nikolas Löbel sagt, dass Einnahmen und Ausgaben “gedeckt” seien. Und dass die Kreiskasse von Wahlkampfkassen “getrennt sei”. Doch wieso begründet der Kreisverband gegenüber dem Bezirksverband den “Ausstand” bei der Schuldentilgung dann mit dem anstehenden Wahlkampf? Wenn die eine Kasse mit der anderen nichts zu tun hat, ist das nicht nachvollziehbar.
Ein Schuh wird draus, wenn man davon ausgeht, dass die Kassen eben nicht getrennt sind, sondern für wechselseitige Umbuchungen genutzt werden. Wer Geld auf der “hohen Kante” hat, muss nichts hin- und herbuchen. Wer klamm ist und hohe Kosten zu tragen hat, muss “jonglieren” – und Jonglieren ist eine Kunst. Nicht nur mit Bällen oder Keulen.
Schulden sind solange kein Problem, bis sie eingefordert werden und Konsequenzen folgen. Nach unseren Informationen zahlt der Bezirksverband keine Gelder mehr an den Kreisverband aus, weil der Kreisverband bei der Abführung an den Bezirksverband im Rückstand ist. Je nach Informationslage hat der Kreis gegenüber Mitgliedern zwischen 12 und 30.000 Euro Schulden. Was, wenn die einfordern?
Die Kalkulation setzt auf “Psychologie” – die Mitglieder hinhalten bis ins Unendliche, wenn es sein muss. Wagt jemand, einen Schuldbefehl an die Partei zu stellen? Wohl kaum. Also kann man diese “Schulden”, die oftmals anscheinend “mündlich” vereinbart sind, aus “Rechenschaftsberichten” heraushalten.
Schuldenbombe
Über Nikolas Löbel – das ergeben unsere Recherchen – tickt eine Schuldenbombe. Ob Herr Löbel das auch so sieht, ist uns nicht bekannt. Ihm kann das persönlich egal sein, weil es keine Schulden sind, für die er persönlich einstehen muss. Der CDU kann es nicht egal sein, weil die “Partei der Wirtschaft” beim eigenen “Haushalt” zumindest in Mannheim ein jämmerliches Bild abgibt.
Nahezu 100.000 Euro ist das Wahlkampf-Budget für Herrn Rosenberger – und bis zu 15.000 Euro trägt der Kreisverband, der ansonsten seine Finanzen “klar” von Wahlkämpfen trennt. Herr Rosenberger ist der CDU Mannheim aktuell also nur “ein Viertelche” von dem Wert, was man in den Wahlkampf Wellenreuther gepumpt hat.
Sehr interessant ist, dass offenbar Herr Rosenberger CDU-intern mittlerweile bei rund “28” Prozent taxiert wird – ein Wert, den wir in Gesprächen mit politischen Akteuren bereits vor drei Wochen angenommen haben – offenbar hat diese Einschätzung auch die CDU erreicht.
Die logische Konsequenz für den Kreisvorsitzenden Nikolas Löbel müsste ein sofortiger Rücktritt sein – war er es doch, der 2007 den Rücktritt von Peter Frankenberg gefordert hatte. Darauf hoffen viele innerhalb der CDU – doch wer soll Löbel folgen? Da stirbt die Hoffnung.
Ob-Wahlkampf ist egal – es geht um Land- und Bundestag
Glück für Nikolas Löbel und Pech für die CDU – solange sich innerhalb der Partei niemand findet, wird “Der Macher”, “Das Talent”, Chef der Mannheimer CDU bleiben.
Wie es heißt, “schielt” Herr Löbel auf das Bundestagsmandat von Professor Jüttner – was diesem gar nicht gefallen dürfte, weil das “Missverhältnis” kein offenes Geheimnis ist. Es gibt auch Gerüchte, dass Herr Löbel im Mannheimer Süden zur Landtagswahl antreten will. Es gibt aber auch Gerüchte, dass Herr Rosenberger das möchte – und wenn das der Fall sein sollte, darf einem die Stadt Horb leid tun. Denn damit würde der amtierende Oberbürgermeister Peter Rosenberger der Gemeinde zum zweiten Mal den Hinweis geben, dass er gerne von dort weg will – heim nach Mannheim oder als Alternative nach Stuttgart. Hauptsache raus aus der Provinz.
Zurück zu den Finanzen: Nikolas Löbel hat der CDU-Kasse vermutlich immens geschadet, weil er “seinen” Kandidaten erst im Februar präsentiert hat. Spender dürfte es gegeben haben – aber wer bis zu 3.300 Euro geltend machen wollte, der konnte das nur für 2015, da 2014 bis zum 31. Dezember noch kein Kandidat feststand. Hat das die Partei zwischen 20.-40.000 Euro gekostet? Die Frage dürfen CDU-Mitglieder intern stellen.
Ebenso, was die “Strategie” des Kreisvorsitzenden angeht, die “Einnahmen zu erhöhen” – wofür, wenn Einnahmen und Kosten sich “tragen”? Für den Landtagswahlkampf 2016, um die “Kriegskasse” zu füllen? So gesehen sind “hohe” Schulden ein Anreiz für viele Spenden – und geeignet, die CDU-Mitglieder zu melken.
Anders gesehen müssen sich CDU-Mitglieder fragen lassen, ob sie sich von ihrem Kreisvorsitzenden an der Nase herumführen lassen wollen.
Und es wird nicht wenige geben, die ihre Stimme für “Rosi” nicht geben – im Zweifel als Nichtwähler, die lieber einen Sonntagsspaziergang machen. Auch das ist ein “flowing system” – einatmen, ausatmen, Schritt um Schritt zur Entspannung. Das gilt auch für “Rosi”, wenn er Spaziergänge machen wird und über seine Rolle nachdenkt und feststellt, dass er für Nikolas Löbel ein Lückenfüller war, sich seine Rolle in Horb verscherzt hat und auch mit einer Bewerbung als Bürgerdienstleiter in Mannheim nicht erfolgreich sein wird, obwohl der den Job schon mal hatte.