Mannheim/Rhein-Neckar, 01. Juni 2015. (red/pro) Aktuell gibt es mitten im Oberbürgermeister-Wahlkampf mächtig Zoff innerhalb der CDU. Der Druck nach unseren exklusiven Veröffentlichungen ist so stark, dass die Partei zum ersten Mal seit 70 Jahren “konkrete Zahlen” zu den Parteifinanzen veröffentlicht. Eigentlich ein Skandal in einer transparenten Gesellschaft – die CDU versucht das als “Innovation” zu verkaufen. Der von der eigenen Partei abgesetzte Schatzmeister Heinrich Braun soll zeitgleich mit dem Novum der Bösewicht sein, der sich “schädlich” verhalten hat, was der Kreisvorstand “verurteilt”. Heinrich Braun ist kein Held – er hat nur ein Gewissen. Die Frage ist, wen die Öffentlichkeit am Ende als “Held” begreift.
Von Hardy Prothmann
Die Tragödie um die Parteifinanzen der CDU dauert seit Wochen. Die Choreografie ist nicht festgelegt – sie entwickelt sich. Fast wie einem absurden Theater eines Luigi Pirandello, in dem sechs Personen ihren Autoren suchen.
Was der großartige und umstrittene Pirandello vor gut 100 Jahren erdacht hat, wird heute Wirklichkeit – nicht mehr der Autor bestimmt das Stück, sondern die Akteure suchen ihren Autoren. Sind wir als Rheinneckarblog durch unsere investigative Exklusivität als “Akteur” Geschichtenschreiber? Oder die Zeitungen mit ihrer noch höheren Reichweite? Funk und Fernsehen spielen jedenfalls schon mal kaum eine Rolle.
Oder ist es Heinrich Braun? Ein pfälzisch-stämmiger Steuerberater mit einem gewissen Stursinn und einem Faible für Zahlen, der nach 28 Jahren Mitgliedschaft in der CDU das Theater um die Finanzen der Partei satt hat? Oder seine Gegenspieler, die Heinrich Braun loswerden wollen? Viele Rollen sind besetzt – offen ist, wie sie ausgefüllt werden.
Heinrich Braun ist ein Glücksfall als “Quelle” und für die CDU – das kapieren viele nur noch nicht
Soviel steht fest: Heinrich Braun hat Journalisten mit Informationen versorgt. Er ist damit ein “Whistleblower“. Ein Informant. Eine Quelle. Und zwar eine besondere. Um das ganz klar zu benennen: Die meisten “Quellen” handeln nicht aus “hehren” Motiven. Eifersucht und Rachsucht sind die häufigsten Motive, wenn “Quellen” sich an Medien wenden – das ist so ganz “klassisches Theater”. Nur manchmal ist es das Gewissen, das es nicht mehr aushält. Und dann wird es intellektuell – ob man will oder nicht. Die “Massen” werden nicht verstehen, was hier passiert – Boulevard-Medien werden es möglichst einfach “erklären”. Die Story ist scheinbar einfach, aber brutalstmöglich kompliziert. Und sie ist lokal, aber bundesweit gültig.
Heinrich Braun, ein renommierter Steuerberater mit gut gehender Kanzlei, spezialisiert auf Prozesse mit den Finanzbehörden, und seit 28 Jahren Parteimitglied der CDU ohne Ambitionen auf “höhere Weihen” in der Partei, hatte irgendwann landläufig gesagt “die Schnauze voll”. Er ist kein Edward Snowden – aber irgendwie schon. Ihn nervt das “etablierte System”.
Der spätestens seit 2007 desaströse finanzielle Zustand der CDU Mannheim treibt ihn um. Er “glaubt das alles gar nicht”, was da vor sich geht. Und irgendwann fragt er nach. Es wird gemauert, er fühlt sich auf gut pfälzisch “veräppelt”. Er erhöht den Druck Stück um Stück – letztlich “knallt” es. Der erzeugte Druck ist so stark, dass der Kreisvorsitzende Nikolas Löbel zwei Wochen vor der Oberbürgermeisterwahl die “Transparenz-Offensive” als letzte Ausfahrt Hoffnung versucht.
Für Heinrich Braun besteht in der aktuellen CDU keine Hoffnung mehr. Man wird ihn rauswerfen wollen. Gute Verbindungen anderer CDU’ler “zur Zeitung” versuchen auch, den Fachmann öffentlich zu diskreditieren. Heinrich Braun soll seine Haltung, eine Haltung zu haben, teuer bezahlen. Durch öffentliche Denunziation.
Heinrich Braun ist ein absolut seltener Glücksfall
Doch Heinrich Braun ist weder eine Soldatin wie Chelsea Manning, die lebenslang als Häftling für ihre Haltung bezahlen muss, und auch kein Parteisoldat oder ein Diplomat, den man an den letzten Ort der Welt versetzen könnte und auch niemand, dem Ungemach droht, sondern ein Fachmann, geschätzt von seinen Mandanten. Unabhängig. Unerschrocken. Unbändig.
Heinrich Braun ist der seltenste Glücksfall, den man sich als Journalist wünschen kann. Ein Informant, der Ahnung und keine Angst hat. Ein Quelle, die man nicht schützen muss, sondern die sich durch Kompetenz selbst schützt.
Heinrich Braun ist 48 Jahre alt und noch niemals war er Gegenstand einer Berichterstattung – außer, wenn er außergewöhnliche Prozesse vor höchsten Gerichten gewonnen hat. Dann interessierte sich die Fachpresse. Die von ihm erstrittenen Urteile werden in der wissenschaftlichen Lehre zitiert. Braun ist ein Fachmann. Einer, der abseits der Öffentlichkeit wirkt.
Und Herr Braun will gar keine journalistische Quelle sein – so habe ich ihn zumindest erlebt. Meine ursprünglichen Hinweisgeber waren andere – doch irgendwann war klar, dass ich mit Herrn Braun reden muss. Der gab sich störisch, wollte alles “intern” klären, war ehrlich und transparent, weil er Recherchen bestätigte oder zumindest nicht zerredete. Aber er zeigte sich als schwierige, nicht eben kooperative Quelle.
Geänderte Verhältnisse
Doch dann änderten sich die Verhältnisse – als Herr Braun erleben musste, dass seine beharrlichen Nachfragen auf eine Mauer des Schweigens stießen und als er spürte, dass seine Nachfragen weder gewünscht noch toleriert wurden. Als Herr Braun feststellte, dass man ihn beschädigen wollte, da wurde Herr Braun sauer.
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Die Basis des Geschäfts von Herrn Braun beruht auf zwei Säulen: Seiner Kompetenz und seiner Verschwiegenheit. Es gibt keinen bekannten Fall, dass Herr Braun jemals eine “Geschäftsbeziehung” “schädlich” behandelt hätte. Er wird für seine Leistungen bezahlt – dem Vernehmen nach sehr gut – und er erledigt seine Aufgabe im Sinne seiner Mandanten und nach Recht und Gesetz.
Mit der CDU hat Herr Braun kein Geschäfts-, sondern ein Überzeugungsverhältnis. Er ist konservativ, die CDU ist seit 28 Jahren seine Partei, an die er Geld bezahlt und für die er in überschaubaren Umfang ehrenamtlich tätig ist. Er hat sich hier und da angeboten, mehr Aufgaben zu übernehmen. Aber das wollte man nicht. Vollkommen in Ordnung für Herrn Braun, denn im Job verdient er harte Euros und Anerkennung. CDU ist für ihn Überzeugungsarbeit im Ehrenamt – aktuell erlebt er, wie ihm die Ehre durch Parteikameraden nach fast drei Jahrzehnten abgeschnitten werden soll. Da wird der Zahlenmann Braun emotional – denn das ärgert ihn so richtig. Einen, der strukturell für Ordnung sorgt und nach seiner Auffassung unordentlich behandelt wird.
Kompliziert – aber schlüssig
An der ehrenwerten Gesellschaft der CDU zweifelt er mehr und mehr. Es kommt zum Eklat, weil sich Herr Braun zwischen Überzeugung und Kompetenz herausgefordert fühlt. Und er fordert heraus. Mit Kompetenz. Indem er strukturelle Probleme der CDU Mannheim und vermutlich darüber hinaus öffentlich macht – zumindest für Journalisten, die ihm Zeit geben, seine Sicht der Dinge zu erklären.
Und was Herr Braun erklärt, ist manchmal etwas kompliziert, aber im Grunde schlüssig. Er macht sich große Sorgen um seine Partei, will für Aufklärung und reinen Tisch sorgen und wird zum “Schädling”. Ok, das ist das Substantiv, was er macht, sei “schädlich”, sagen der Kreisvorsitzende Nikolas Löbel und ohne Widerspruch der gesamte restliche Kreisvorstand der CDU Mannheim per Erklärung. Alle gegen einen.
Namentlich alle, die Herrn Braun für “schädlich” halten und sein Verhalten “verurteilen”: Nikolas Löbel, Dr. Ingeborg Dör, Egon Manz, Oliver Althausen, Alexander Quick, Christian Stalf, Thorsten Bock, Prof. Dr. Hans-Jörg Fischer, Roger Bloemecke, Gerhard Bumb, Katharina-Sarah Dörr, Gertrud Dorer, Alexander Fleck, Gabriele Fleck, Dr. Christoph Gutknecht, Dr. Jens Kirsch, Bernd Kupfer, Wilken Mampel, Katha Mayer, Chris Rihm, Marianne Seitz, Dr. Adelheid Weiss.
Und der Ortsverband Oststadt/Schwetzingerstadt distanzierte sich laut Vorsitzendem Dr. Alfons Schulze-Hagen von dem “Schatzmeister Heinrich Braun” eindeutig (die, die sich auf unsere Nachfrage nicht von Herrn Braun distanziert haben, haben wir nicht aufgeführt): Dr. Alfons Schulze-Hagen, Klaus Fritz, Bernhard Hucht, Artur Schauer, Adolf Haltern, Dr. Jens. J. Kirsch, Prof. Dr. Martin Kornmeier, Dr. Maike-Tjarda Müller, Adelina Schauer, Renate-Diana „Dany” Strobel.
(Falls jemand zu Unrecht in diesen Aufzählungen steht, anscheinend ist die Namensliste des Vorstands schlecht gepflegt, bitte email an redaktion@rheinneckarblog.de, dann korrigieren wir das.)
Auf die Idee, den Fachmann Heinrich Braun, der in Sachen Zahlen und Bilanzen jeder anderen im Kreisverband vermutlich “mal eben so in die Tasche stecken kann” verantwortlich einzubinden, kommt genau niemand. Zumindest nicht offiziell.
Bedrohte Quellen
Stattdessen droht Herrn Braun das, was bis heute meistens den so genannten “Whistleblowern”, den Hinweisgebern, den Informanten droht, wenn sie “auffliegen” – sie werden geschnitten, denunziert und oft vernichtet, wenn es möglich ist. Als “Verräter”, “persona non grata”, “nicht im Sinne von”, “schädlich”, “verurteilt”.
Herr Braun hat von Anfang an durch uns das Angebot gehabt, als “Quelle” geschützt zu werden. Das wollte er nicht – obwohl es auch einen “geschützten” Austausch gab. Wir prüfen auch immer, ob wir die Quelle schützen müssen, obwohl diese das nicht will. Das ist Teil unserer journalistischen Verantwortung. All das haben wir vollumfänglich eingehalten – wie immer.
Herr Braun ist aus unserer Sicht ein “Glücksfall” – weil er fast unangreifbar ist. Letztlich ist niemand unangreifbar, aber Herr Braun kalkuliert sein Risiko souverän. Er selbst ist “vom Gefühl her angegriffen”, insbesondere durch ungeprüfte Zeitungsberichte, zeigt sich aber nicht eingeschüchtert. Seine Vermutungen erweisen sich als “zutreffend” – auch, wenn sie als “falsche Darstellung” gebrandmarkt werden sollen, als “unhaltbar”, als Spekulation. Dafür, dass Herr Braun wie wir Journalisten im Trüben fischen musste, weil er keine Zahlen kannte, hat er erstaunlich exakt kalkuliert. Er ist halt vom Fach. Und seine Überlegungen decken sich mit unseren Recherchen und denen von Kollegen. Herr Braun ist für uns eine von vielen Quellen.
Sehr viele Quellen haben nicht das “Glück”, so unantastbar wie Herr Braun zu sein, weil sie wirtschaftlich abhängig sind. Viele “Quellen” scheuen das “Risiko” und vermeiden es, obwohl der Druck da ist, “sich zu outen”. Menschen, die Missstände anprangern, sind keine Übeltäter. Sondern sie leiden oft über lange Zeit – und entscheiden sich dann mit dem Risiko zum eigenen Nachteil für eine Information.
Das macht sie nicht immer zu Helden, aber Menschen, die sich mehr trauen als andere. Und unterm Strich sind die allermeisten, die es wagen, aus Gewissensgründen die Öffentlichkeit über ein Vertrauensverhältnis zu Journalisten zu suchen, ein Gewinn für die Gesellschaft. Denn nur so können Missstände verbessert werden – durch Anklage derselben. Klar wird erst dementiert, klar wird erst versucht, die Quellen zu beschädigen, aber am Ende steht fast immer eine hoffentlich positive Veränderung.
Chancen nutzen oder Schaden vergrößern?
Die CDU Mannheim, der Bezirksverband Mannheim und die CDU Baden-Württemberg wären gut beraten, den angeblich versuchten Schaden durch Herrn Braun als eine konsequent konstruktive Haltung zu nehmen und das Parteimitglied umgehend, umfassend und ohne Zweifel parteiintern zu “rehabilitieren”.
Wenn das nicht passiert, wird der Abstieg, zumindest in der CDU Mannheim garantiert rasant sein – Einzelne werden gerade deswegen daraus Vorteil schlagen. Doch die Partei und ihre ehrliche, konservative Überzeugung wird auf ganzer Linie verlieren.
Herr Heinrich Braun hat durch seine, was Finanzen angeht, “konservative Haltung” dafür gesorgt, dass durch die CDU Mannheim zum ersten Mal in der 70-jährigen Nachkriegsgeschichte, so der Kreisvorsitzende Nikolas Löbel, konkrete Zahlen zu den Finanzen der Partei öffentlich gemacht worden sind. Mit Hilfe von uns und anderen Medien.
Das bedeutet auch, dass die Parteimitglieder zum ersten Mal zumindest ansatzweise in dieser Sache informiert werden. Das bedeutet weiter, dass man nicht mehr um “irgendwas” herumreden kann.
Erstaunlich ist, dass es einen Heinrich Braun brauchte, der einen Rechenschaftsbericht über 35 Euro Ausgaben für Kontogebühren zurückhielt, um 95.000 Euro Schulden “an Land zu spülen”.
Heinrich Braun ist ein Vorbild
Heinrich Braun hat sich überhaupt nicht schädlich verhalten – sondern ist ein Vorbild.
Er hat auch nicht den Kandidaten Peter Rosenberger im Oberbürgermeisterwahlkampf “beschädigt”. Der Kandidat wäre gut beraten, wenn er morgen verkünden würde, dass er sich mehr Leute wie Heinrich Braun in der Partei wünschte, die klare Kante zeigen, ehrlich und unerschrocken sind.
Das würde aber seinen Wahlkampfmanager Nikolas Löbel massiv beschädigen – deswegen wird Herr Rosenberger niemals zu Heinrich Braun stehen. Und deswegen werden andere Heinrich Braun dafür verantwortlich machen, dass Nikolas Löbel ihn mitten im Wahlkampf einfach hat absetzen lassen.
Mal ehrlich, Heinrich, hätteste halt mal die Klappe gehalten, werden so manche sagen.
Denen sage ich: Machs Maul auf, wir haben hier Demokratie und nicht Hinterzimmer. Engagier Dich, setz Dich ein, sei ehrlich, ansonsten schleich Dich.
Herzliche Grüße an alle da draußen, die Haltung haben.