Mannheim, 31. Mai 2015. (red/pro) Der CDU-Kreisverband Mannheim hat heute in einer Pressekonferenz im Anschluss an eine “Sondersitzung” des Kreisvorstands erstmalig öffentlich Stellung zu Berichten über die Finanzsituation der Partei bezogen. Danach hat der Kreisverband aktuell Schulden in Höhe von 95.000 Euro.
Von Hardy Prothmann
Am Sonntagmorgen kamen laut dem Kreisvorsitzenden Nikolas Löbel insgesamt 20 von 23 Kreisvorstandsmitgliedern zu einer “Sondersitzung” ab 10:30 Uhr zusammen, zu der Herr Löbel gestern per email um 18:01 Uhr eingeladen hatte. Deshalb war diese Sitzung auch nicht beschlussfähig, sondern hat eine knapp dreiseitige “Erklärung” erarbeitet.
Schuldenstand 2014 laut Vorstand: 95.000 Euro
Laut dieser Erklärung belastet insbesondere der Oberbürgermeisterwahlkampf 2007 bis heute die Partei. Insgesamt habe man dort 430.000 Euro ausgegeben, bei 280.000 Euro Einnahmen – unterm Strich musste der Kreisverband Kosten in Höhe von 150.000 Euro übernehmen, saldiert mit 20.000 Euro bestehenden Schulden habe der Kreisverband 2008 170.000 Euro Schulden gehabt.
Mit Datum 31. Dezember 2014 sollen die Schulden des Kreisverbands 95.051,23 Euro betragen. Gläubiger sind Einzelpersonen in Höhe von rund 10.000 Euro, “übergeordnete Verbände” sowie mehrere Banken.
Wie sich die Finanzsituation in den ersten fünf Monaten 2015 verändert hat, wurde nicht mitgeteilt. Da die Ortsverbände zum Stichtag über ein “Reinvermögen” von 24.553,93 Euro verfügten, über das der Kreisverband laut CDU-Satzung verfügen könne, ergäbe sich ein Schuldenstand der Mannheimer CDU von rund 72.000 Euro. Allerdings wolle man das Geld der Ortsverbände nicht antasten, sondern über einen “Cash-Pool” Zinsbelastungen einsparen. Das Geld solle auf einem gemeinsamen Konto verwaltet werden und spare so Kontokorrent-Zinsen von jährlich rund 2.000 Euro, erläuterte der Vorsitzende Nikolas Löbel.
Unter seinem Vorgänger Claudius Kranz sei somit der Schuldenstand der CDU seit 2008 “nahezu halbiert” worden. Zutreffend sei, dass der Kreis seit August 2014 nicht mehr an den Bezirksverband abführt und dieser keine Zahlungen mehr an den Kreisverband leistet. Dies sei so vereinbart. Außerdem stunde der Bezirksverband die Rückzahlung eines Kredits durch den Kreisverband bis zum 31. September 2015, da der Kreisverband wegen des OB-Wahlkampfs unter einer außerordentlichen Belastung stehe – dies sei auf Initiative von Nikolas Löbel einstimmig vom Bezirksverband unter Vorsitz von Peter Hauk beschlossen worden. Einen Kreisvorstandsbeschluss habe es nicht gegeben, da Herr Löbel diesen Vorgang als “Geschäft der laufenden Verwaltung” gesehen habe und dieser zum Vorteil des Kreisverbands sei. Die Kreditkonditionen wurden nicht mitgeteilt.
93.000 Euro für OB-Wahlkampf
Weiter erläuterte Nikolas Löbel, dass der OB-Wahlkampf für den Kandidaten Peter Rosenberger in Höhe von 93.200 Euro voll finanziert sei und die Kreisfinanzen vermutlich nicht belaste. Der Kreis habe zugesagt, 5.000 Euro der Kosten zu übernehmen und falls dies nötig sei, bis 15.000 Euro zuschießen würde. Diese Beträge seien im Wahlkampfbudget enthalten, könnten erwirtschaftet werden und führten nicht zu neuen Schulden.
Widersprüchliche Aussagen und Sanierungskonzept
Der Kreisverband sei, laut der Erklärung, “verschuldet, aber nicht überschuldet”. Auf unsere Nachfrage wies Herr Löbel von sich, dass der Kreisverband möglicherweise zahlungsunfähig sei oder dies bald sein könnte. Die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen, Staatszuschüssen, Spenden und Mandatsbeiträgen deckten die Ausgaben. Es sei gelungen, in den vergangen Jahren im Mittel rund 12.000 Euro Schulden pro Jahr abzubauen. 2013 sogar 36.000 Euro, dafür sei wegen der Kommunahlwahl 2014 ein Defizit von 12.000 Euro entstanden. Die widersprüchliche Aussage, dass die Wahlkämpfe seit der OB-Wahl 2007 unabhängig von den Kreisfinanzen finanziert würden, erläuterte Herr Löbel nicht.
Er selbst wolle bis vor der Sommerpause ein Sanierungskonzept vorlegen und soll von der Mitgliederversammlung beraten werden. Ziel sei es, die Verschuldung “noch schneller” zurückzuführen und den Kreisverband zu entschulden. Dafür wollen man auch für eine Erhöhung der Abgaben durch Mandatsträger werben.
Distanzerung gegenüber Braun – Unterstützung für Rosenberger
Der Kreisvorstand distanziere sich von “öffentlich getätigten Behauptungen und Vermutungen des Mitglieds Heinrich Braun”. Seine “Vorgehensweise” werde als “schädigendes Verhalten verurteilt”. Auf Nachfrage wollte sich Herr Löbel nicht äußern, ob gegen Herrn Braun ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet werden soll. Ebenfalls auf Nachfrage sagte Herr Löbel zu, dass Herr Braun entgegen anderer Anweisungen jederzeit Einblick in den Rechenschaftsbericht des Kreisverbands nehmen könne, nachdem man nun diese Transparenz hergestellt habe.
Gegenüber dem Oberbürgermeister-Kandidaten Peter Rosenberger bedauere man die aktuelle Debatte “mitten im laufenden Wahlkampf” und entschuldige sich ausdrücklich dafür. Herr Rosenberger sei der bestmögliche Kandidat und die Partei stehe geschlossen hinter ihm. Damit stellt der Kreisvorstand erstmals einen Zusammenhang zwischen der Debatte und dem laufenden Wahlkampf her – zuvor wurde dies immer wieder zurückgewiesen.
Mutmaßungen über Schulden der Partei entbehrten laut Erklärung des Kreisvorstands “jeglicher Grundlage”. Die Partei habe ihre Finanzen immer “ordnungsgemäß und wirtschaftlich verwaltet”.
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