Mannheim, 21. Mai 2015. (red/pro) Die CDU Mannheim hat aktuell inhaltlich fertig. Während der amtierende Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) mit Inhalten und souveränem Auftreten punktet, wird die CDU von partei-internen Streitigkeiten gelähmt. Aktuell tritt ein Kreisvorstandsmitglied zurück, der Streit zwischen dem Kreisvorsitzenden Nikolas Löbel und dem geschassten Schatzmeister Heinrich Braun eskaliert immer mehr. In der Partei brodelt es, andere sind vollkommen frustriert. Man darf annehmen, dass das erst der Anfang ist. Die Frage ist, wann die Partei dem Master of Desaster Löbel das Handwerk legt.
Von Hardy Prothmann

Hardy Prothmann. Foto: sap
Um es klar und deutlich zu formulieren: Nein, es kann niemandem gefallen, was in der Mannheimer CDU aktuell vor sich geht. Die CDU ist Deutschlands wichtigste Partei. Sie stellt die Kanzlerin und sie hat viel zu sagen in diesem Land. Doch in Baden-Württemberg ist sie nach 60 Jahren an der Macht erstmals in der Opposition. In Mannheim nur zweitstärkste Kraft – hier hat man sich Gemeinderat innerhalb weniger Wahlperioden von 23 auf 12 Sitze halbiert. Auch hier hat sich die Partei von hohem Niveau herabgewirtschaftet. Wenn die CDU wieder zu alter „Größe“ zurückfinden will, muss sie sich einem Erneuerungsprozess stellen und der hat nichts mit Jugend, sondern nur mit Haltung zu tun.
Das Problem der CDU ist – das teilt sie mit anderen Parteien -, dass vermutlich nicht die besten Köpfe vorne stehen. Der komplette Vorstand des Kreisverbands ist angesichts der desaströsen Verhältnisse gefragt zu handeln und zu zeigen, ob man Kopf hat. Handelt der Vorstand nicht, ist es eine Abnickertruppe ohne Haltung. Namentlich sind das: Dr. Ingeborg Dörr, Prof. Dr. Hans-Jörg Fischer, Egon Manz, Thorsten Bock, Christian Stalf, Alexander Quick. Sowie die Beisitzer: Oliver Althausen, Roger Bloemecke, Gerhard Bumb, Katharina-Sarah Dörr, Gertrud Dorer, Alexander Fleck, Gabriele Fleck, Dr. Christoph Gutknecht, Dr. Jens Kirsch, Bernd Kupfer, Wilken Mampel, Katja Mayer, Chris Rihm, Marianne Seitz, Dr. Adelheid Weiss. Nicht mehr betroffen ist Alexander Manz, der hat aktuell alle Ämter niedergelegt und verlässt die CDU.
Führung verursacht Leid

Politik ist immer einer Frage der Haltung – in der CDU hängt ziemlich viel durch.
Die CDU Mannheim leidet seit Jahren unter ihrem „Führungspersonal“. Nikolas Löbel ist insofern eine „konservative Idealbesetzung“ – er führt die Tradition der kollektiven Selbstzerlegung konsequent fort.
Was hat Claudius Kranz als Kreisvorsitzender geleistet? Pieppieppiep? Welche Rolle spielt Oliver Althausen? Wieso sind vermeintlich starke Persönlichkeiten wie ein Steffen Ratzel oder ein Prof. Dr. Hans-Jörg Fischer nicht präsenter? Wieso wird ein profilloser Alexander Fleck auch nur ansatzweise für „höhere Weihen“ gehandelt? Wie kann es ein Polizeibeamter Egon Manz zulassen, dass die Polizei durch Kranz und Fleck massiv zu beschädigen versucht wurde?
„Piep, piep, piep – wir haben uns alle lieb!“ – schlimme Bilder vom CDU-Parteitag. pic.twitter.com/HbD5VUpoqq
— ZDF (@ZDF) 12. Dezember 2014
Links Alexander Fleck, Mitte Claudius Kranz, rechts egal. Im Mittelpunkt des Spotts bei der „heute-show“.
Aktuell hat der Pressereferent Alexander Manz die Segel gestrichen, tritt von allen Ämtern zurück und hat fertig mit der CDU. 34 Jahre alt. Betriebswirt. Engagiert. Sozialer Flügel. Gleichzeitig geht der Kreisvorsitzende Löbel in den Clinch mit Heinrich Braun. Erfolgreicher Steuerberater. Finanzfachmann. Streitbar. Ohne Ambitionen auf ein Amt, aber stur, wenn es um „die Ordnung“ geht. 28 Jahre Parteimitglied. So lange wie der Kreisvorsitzende alt ist.
Immenser Druck
Unsere Veröffentlichungen zur CDU setzen die Partei immens unter Druck. Die vollkommen desaströse Mitgliederbefragung. Die stotternde Benennung des Oberbürgermeisterkandidaten Peter Rosenberger. Keine Themen, keine Agenda – nichts, außer Langeweile auf der einen Seite und Stress und Streit auf der anderen Seite.
Nach unseren exklusiven Veröffentlichungen hat sich auch die örtliche Tageszeitung nach auffälligem Zögern zur Berichterstattung entschlossen – ganz klar, weil man die sonst so gar nicht mehr ernst nimmt.
Der Kreisvorsitzende Nikolas Löbel ist fest entschlossen, unsere Berichterstattung weiterhin nicht ernst zu nehmen. Offenbar kennt er die Kommunalwahlergebnisse nicht und offenbar realisiert er nicht, dass wir nicht darauf warten, dass er uns ernst nimmt, sondern wir ihn schon lange als ernstzunehmendes Problem für die CDU ausgemacht haben.
Herr Löbel kann sich entscheiden, uns nicht oder so wenig wie möglich zu informieren. Wir werden trotzdem informiert. Kein Tag vergeht seit Monaten, an dem wir nicht mit CDU-Mitgliedern mailen oder telefonieren. Wer das im einzelnen ist, bleibt unser Geheimnis. Aber was wir erfahren, machen wir öffentlich. Und seit wir das machen, steigt der Druck enorm.
Multiplikatoren entscheidender als Masse
Klar, wir sind noch ein kleines Medienangebot im Vergleich zu „Auflagenriesen“ wie dem Mannheimer Morgen (der Scherz musste sein angesichts dramatischer Auflagenverluste), aber wir setzen nicht auf Reichweite, sondern auf Relevanz. Jeweils zehn Prozent unserer täglichen Leser sitzen in Stuttgart und Berlin – Behörden, Abgeordnete, Verbände lesen sehr interessiert mit, 80 Prozent lesen in der Region. Und unsere Leser in der Region sind ebenfalls sehr interessiert und nicht Lieschen Müller, sondern in großer Zahl Entscheider. Multiplikatoren.
Wir erfahren sogar über Umwege, dass andere Parteimitglieder anderer Parteien hellauf entsetzt über die Vorgänge bei der CDU Mannheim sind – eigentlich könnten die sich ja freuen, könnte man meinen. Tun sie aber nicht, weil sie die Gefahr erkennen: Denn die CDU Mannheim befördert in ungeahntem Maße die Politikverdrossenheit.
Da ist nichts, was Lust, was Laune macht. Das ist nicht, was bewegt, was beschäftigt. Da ist nur Streit und Zwietracht und Cliquenwirtschaft sowie Duckmäusertum. Die vorhandene inhaltliche Arbeit der Fraktion geht in der Wahrnehmung unter. So kommt das bei den Menschen an.
Rosi kann einem leid tun
Der Kandidat Peter Rosenberger kann einem Leid tun, denn er steht im Schatten vieler Abrechnungen, die gerade auf den Tischen liegen. Alles in allem ist das eine große Katastrophe. Ein dilettierender politischer Karrierist sorgt für Wirbel und Unruhe. Ein Vorstand ohne Haltung geht in Deckung. Und ein Oberbürgermeisterkandidat weiß gar nicht, wie ihm geschieht.
Nein, das kann niemandem gefallen. Die CDU Mannheim braucht dringend einen reinigenden Schub. Die Partei hat hervorragende Persönlichkeiten in zweiter Reihe. Das Problem ist: Fast alle sind nicht auf die Partei angewiesen und nicht bereit, sich für den akuten Schmarrn aufzuopfern. Dagegen stehen einige, die nichts als die Partei haben und andere, die Selbstbestätigung brauchen.
Alle sind sie heillos verzweifelt und suchen Schuldige. Im Zweifel sogar die SPD. Welche Schuld laden die Sozialdemokraten auf sich? Sie agieren geschlossen und voller Elan. Mit sich und für Ihren Kandidaten Dr. Peter Kurz. Aus Sicht gewisser CDU-Funktionäre ist das eine „Unverschämtheit“, weil sie sich für was „Besseres“ halten. Geht es noch kleiner im Selbstbewusstsein?
Diese fatale Selbstüberschätzung wird der CDU im Oberbürgermeisterwahlkampf das Genick brechen. Kandidat Peter Rosenberger kann froh sein, wenn er „an die 30 Prozent“ erhält. Er hat am wenigsten falsch gemacht, wird aber der größte Verlierer aller Zeiten sein. Und obwohl er nicht schuldig ist, wird man ihm die Schuld in die Schuhe schieben – das weiß er nur noch nicht. Aber er ahnt es. Nur kommt er aus der Nummer nicht mehr raus. Fatal ist, dass sein größtes Risiko sein Wahlkampfleiter ist: Nikolas Löbel.
Und egal, wie groß die Not ist, sie werden eins nicht tun und den aktuellen Kreisvorsitzenden absetzen und jemand anderem die Wahlleitung in die Hand geben. Doch das müsste in den nächsten Tagen passieren und könnte für grandiose Welle sorgen, die trotz der Defizite in der Partei den Kandidaten Rosenberger nach oben spülen könnten, wenn das gut gemacht ist.
Denkbar wäre auch, dass Peter Rosenberger auf die Unterstützung der CDU verzichtet und klar macht, dass er nicht der CDU-Kandidat ist, sondern als Persönlichkeit antritt, die mit den Parteiquerelen nichts zu tun hat. Das würde ihm vermutlich sogar Prozentpunkte bringen. Doch würde er dann nicht die CDU im Gemeinderat düpieren? Das sind Fragen, die bei Dr. Kurz und Christopher Probst nicht auftauchen. Woran das wohl liegt?
Peter Rosenberger hat wie jeder Kandidat die Chance, diese Oberbürgermeisterwahl zu gewinnen. Tatsächlich hat er keine. Was soll das also alles? Rückfragen an Bürgermeister der Region ergeben: Selbst die Kollegen haben keine Idee. Außer vielleicht: „Landtag? Bundestag?“
Aber keiner versteht, wieso Herr Rosenberger dafür in Mannheim kandidiert und sich eine garantierte Niederlage abholt. Am 14. Juni wissen wir vermutlich, wer gewonnen hat und in den Wochen drauf, ob es bei und mit Herrn Rosenberger einen Plan gab/gibt.
Fest steht: Amtsinhaber Dr. Peter Kurz ist aktuell gut drauf, sehr entspannt und für Späßchen zu haben. Ebenfalls entspannt wirkt Christopher Probst. Gar nicht entspannt ist Peter Rosenberger.