Ludwigshafen/Mannheim/Rhein-Neckar, 10. Juli 2017. (red/cr) Im Dezember 2016 soll ein damals 12-jähriger deutsch-irakischer Junge versucht haben, auf dem Ludwigshafener Weihnachtsmarkt zwei Nagelbomben zu zünden. Nachdem die gescheiterten Attentate und der mutmaßliche Tatverdächtige ausgemacht waren, befindet er sich in Betreuung an einem der Öffentlichkeit unbekannten Ort. Nun wurde bekannt, dass einer seiner Betreuer ein mutmaßlich radikaler Salafist sein soll.
Nach Recherchen von Report Mainz (SWR) kam es zu einem möglicherweise fatalen Fehler bei der Betreuung des mittlerweile 13-jährigen Jungen, der im vergangenen Dezember versucht haben soll, auf dem Ludwigshafener Weihnachtsmarkt zwei Bomben zu zünden.
Demnach bestätigte das rheinland-pfälzische Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz, dass einer der Betreuer des Teenagers ein mutmaßlicher Salafist ist.
Erst jetzt hätte eine Sicherheits- und Zuverlässigkeitsüberprüfung des Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz Erkenntnisse geliefert, „die den Verdacht begründeten, dass eine Nähe zu islamistischen Kreisen bestehen könnte. Das Jugendministerium veranlasste umgehend, dass der Mann noch am gleichen Tag aus der Betreuung abgezogen wurde.“
Sicherheitsüberprüfung nicht vorgeschrieben
Demzufolge betreue der Mann den 13-Jährigen bereits seit über sechs Wochen. Gesetzlich vorgeschrieben war die Sicherheitsprüfung nicht.
In diesem Fall hätten jedoch laut Jugendministerium die beteiligten Behörden eine Sicherheitsüberprüfung aller Betreuer durch das Landeskriminalamt vereinbart.
Einem „Insider“ zufolge, so der Bericht, habe der 30-Jährige Betreuer den Teenager auch im Koran unterrichtet und mit ihm gebetet. Das Jugendamt Ludwigshafen habe sich dazu lediglich schriftlich geäußert, dass eine „kritische und begleitete Auseinandersetzung“ mit der bisherigen religiösen Orientierung des 13-Jährigen zum Betreuungskonzept gehöre.
Belastendes Material
Der 30-Jährige soll 2013 in Mannheim an der inzwischen verbotenen Aktion „Lies“ teilgenommen haben, bei der Ausgaben des Korans kostenlos verteilt wurden.
Außerdem soll er auf Facebook antiisraelisches Material und Inhalte von bekannten Salafisten geteilt haben. Auf Internetvideos ist er in Mannheim als Ordner bei einer Kundgebung von führenden Salafisten-Predigern, darunter Pierre Vogel und Ibrahim Abou-Nagie, im März 2014 zu sehen.
Sicherheitskreise und eine Zeugenaussage sollen laut Report Mainz belegen, dass er regelmäßig eine Moschee in Mannheim besuchte, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, weil sie als Anlaufstelle für Salafisten gilt.
Gegenüber Report Mainz habe sich der Betreuer des Ludwigshafener Teenagers nicht äußern wollen. Weiter werden Experten zitiert.
Klare Beurteilung
Der Islamwissenschaftler Michael Kiefer von der Universität Osnabrück sagte etwa Report Mainz:
Die Mitwirkung bei der Lies-Aktion ist ein klarer Hinweis auf eine Szene-Zugehörigkeit.
Zu einem ähnlichen Urteil kommt demnach Susanne Schröter, die Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam:
Diese Person ist ein ganz überzeugter Salafist. Wenn man sich sein Facebook-Profil anschaut, dann hat er die salafistische Ideologie vollkommen verinnerlicht.
Weiter soll sie den Vorfall eine „unerträgliche Panne“ genannt haben mit der Begründung, nun müssten die Bemühungen um die Deradikalisierung wieder von vorne beginnen.
Ministerium zieht Konsequenzen
Der Psychologe war den Recherchen zufolge von einem freien Jugendhilfeträger eingesetzt worden, der unter anderem Filialen in Hessen und Rheinland-Pfalz betreiben soll.
Dem Bericht nach habe das Jugendministerium Rheinland-Pfalz bereits Konsequenzen gezogen und folgende Stellungnahme abgegeben:
Bei eventuellen Neueinstellungen, die in der Betreuung eingesetzt werden, erfolgt (die) Überprüfung bereits vor Aufnahme der Tätigkeit.