Mannheim, 10. September 2015. (red/ms) Salafisten verteilen den Koran in der Mannheimer Innenstadt. Unsere Leser haben uns gefragt: „Warum dürfen sie das? Warum ist das nicht verboten?“ Wir haben uns Anfang August bei der Stadt Mannheim erkundigt. Pressesprecherin Désirée Leisner beantwortete heute unsere Anfrage.
![Quelle: By ~crystalina~ (Flickr) [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons](https://www.rheinneckarblog.de/files/2015/09/1024px-Quran_cover.jpg)
Salafisten dürfen den Koran verteilen – solange keine konkreten Anhaltspunkte auf Straftaten vorliegen. Foto: By ~crystalina~ (Flickr) [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons
Wir wurden von unseren Lesern gefragt, warum Salafisten in der Mannheimer Innenstadt Koranausgaben verteilen dürfen. Ist bekannt, dass es sich bei den Verteilern tatsächlich um Salafisten handelt? Lässt es sich mit Sicherheit ausschließen?
Désirée Leisner: Die sogenannten „Lies“-Stände gibt es in deutschen Städten, unter anderem auch in der Mannheimer Innenstadt, seit Oktober 2011. Verantwortlich für die Bereitstellung der Koranausgaben ist die salafistische Missionierungsorganisation „Die Wahre Religion“. Der bundesweite Initiator, Herr Abou-Nagie, tritt seit Jahren als radikaler Prediger der Salafistenszene auf.
In anderen Städten sollen solche Verteilungsaktionen angeblich verboten sein. Stimmt das? Wäre das auch für Mannheim denkbar? Welche Konsequenzen hätte ein Verbot für das Verteilen anderer Bücher, etwa der Bibel?
Leisner: Erkenntnisse darüber, dass solche Koranverteilungsaktionen in anderen Städten verboten worden sind, liegen keine vor. Ein Verbot hat erhebliche rechtliche Hürden. Voraussetzung ist insbesondere, dass es konkrete Anhaltspunkte geben muss, dass eine Straftat geplant ist oder dass gewalttätige Auseinandersetzungen stattfinden. Beispiele für eine geplante Straftat wären die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (vgl. § 89a StGB), die Werbung für fremden Wehrdienst (vgl. § 109h StGB) oder die öffentliche Aufforderung zu Straftaten (vgl. § 111 StGB). Spekulationen und Vermutungen genügen hierbei freilich ebenso wenig wie eine Zusammenstellung von eher allgemein gehaltenen Äußerungen, die eine fundamentalistische Tendenz aufweisen und sich nach ihren Inhalten auch in den Kontext der salafistischen Ideologie einordnen lassen. Darüber hinaus muss der Betreiber des Informationsstandes auch für etwaige oben genannte Vorkommnisse (geplante Straftat oder gewalttätige Auseinandersetzungen) verantwortlich sein, so dass in der Folge ein Verbot ausgesprochen werden kann.
Werden die Koran-Verteilungen aus Sicht der Stadt Mannheim als Gefahr wahrgenommen? Wie hoch schätzt man das Gefahrenpotenzial ein?
Leisner: Die zuständigen Sicherheitsbehörden beobachten die Koranverteilungsaktionen mit der gebotenen kritischen Achtsamkeit. Insbesondere vor dem Hintergrund aktueller globaler Spannungen sind verbale, beziehungsweise gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Andersdenkenden und rivalisierenden Gruppen prinzipiell in Betracht zu ziehen. An den Informationsständen im Stadtgebiet Mannheim konnten bisher keine strafrechtlich relevanten Aussagen wahrgenommen oder verbotene Symbole/Zeichen festgestellt werden.