Mannheim/Rhein-Neckar, 23. Mai 2017. (red/as) Die Bauarbeiten auf dem ehemaligen Militärgelände Benjamin-Franklin-Village laufen seit 13 Monaten. Die Planungen für den neuen Stadtteil Mannheims sind vielversprechend: vielfältig, hochwertig, grün soll es auf Franklin aussehen. 8.000 Menschen werden auf der 110.000 Quadratmeter großen Fläche leben. Das “bunte Quartier in Mannheim” hat am Sonntag inklusive Baustellenführung einen Einblick in die aktuellen Planungen gegeben, für die es großes Interesse gab.
Von Annika Schaffner (Text und Fotos)
Noch wirken die “Willkommen Zuhause”- Plakate an den Zäunen zur ehemaligen amerikanischen Kaserne eher befremdlich und ein wenig absurd. Denn noch ist kaum vorstellbar, dass hier schon in wenigen Monaten Mannheimer leben können und ein ganz neuer Stadtteil entstehen wird. Um die Vorstellungskraft etwas anzukurbeln, organisierte MWS Projektentwicklungsgesellschaf
Das Interesse für die vor der denkmalgeschützten “Sports-Arena” aufgestellten Infostände war groß: Laut MWSP kamen rund 500 Besucher, um sich über einen neuen Wohnsitz oder einfach über den aktuellen Stand der Bauarbeiten zu informieren. Ungefähr 200 von ihnen nahmen an der von der MWSP organisierten Baustellenführung teil. Ralf Eisenhauer und Thomas Magin von der MWSP führten zwei Gruppen durch das Gelände.
Die MWSP ist dafür verantwortlich, die Baufelder für die Investoren so schnell wie möglich vorzubereiten und sie ihnen zu übergeben. Das bedeutet vor allem der Abriss der Gebäude, für die sich eine Sanierung nicht mehr lohnt. Auch die Erschließung von Wasser, Strom, Telekommunikation und Fernwärme muss gewährleistet sein, bevor die Investoren ihren Bau beginnen.
Baustellenführung durch Franklin
Ralf Eisenhauer führt zunächst über die Abraham-Lincoln-Allee (ehemals -Lane) in Richtung Franklin-Mitte und verkündet stolz: “Alle Veränderungen, die sie hier sehen, sind in den letzten 13 Monaten entstanden.”. Der Abriss ist an dieser Stelle schon vollendet und zwei neue Wohnblöcke des Investors Evohaus sind fast fertig gestellt. Hier sollen schon im Dezember diesen Jahres die ersten Bewohner einziehen, obwohl das der MWSP-Mitarbeiter als “sehr ambitioniert” kommentiert.
Entlang der George-Washington-Straße stehen nur noch ein paar der Wohnblöcke. Hier wird bald die GBG neue Wohnungen anbieten und “bezahlbaren Wohnraum schaffen”. Zwei der Wohnblöcke sollen im Projekt “Square” unterschiedlich ökologisch saniert werden, sodass nach rund fünf Jahren verglichen werden kann, welche Baumaßnahmen nachhaltiger sind und mehr Energie sparen. Die GBG erhofft sich davon bessere Erkenntnisse für zukünftige Neubauten oder Sanierungen.
Die Baufelder von Franklin-Mitte sind ansonsten für ganz unterschiedliche Investoren eingeteilt: Familienheim Rhein-Neckar, Formart, GFB Baugemeinschaften, GWH Bauprojekte, Hasan Celik, RVI & PD Capital GmbH, Sahle Wohnen, Traumhaus und Werner Wohnbau. Diese Zerpflückung und damit auch verschiedene Bebauung der Fläche ist durchaus gewollt: Es soll eine Vielfalt der Architektur sowie der Bewohner entstehen, “ein Brechen mit dem militärischen Einerlei” soll dadurch bewusst herbeigeführt werden.
Eine Monotonie soll auch durch abenteuerlich wirkende Ideen vermieden werden: Die sogenannte Europa-Achse, eine zu Fuß oder mit dem Fahrrad begehbare Straße wird von der Birkenauer Straße quer durch Franklin bis zum Käfertäler Wald das neue Stadtviertel durchziehen. Außerdem sollen vier Hochhäuser entstehen (auf der Höhe der höchsten Häuser der Vogelstang), die in den Formen der vier Buchstaben H, O, M, und E gebaut werden sollen. HOME soll zum charakteristischen Gesicht Franklins werden.
Im Teil Funari wird das typische Glockenturm-Gebäude wohl erhalten bleiben. Zunächst wird hier die MWSP ihr Planungsbüro aufbauen. Eine große Fläche in Funari hat der Investor Traumhaus gekauft, der eigentlich für klassische Reihenhäuser steht, erzählt Ralf Eisenhauer. Hier entstehen aber “bunte Häuschen”, die teilweise auf Stelzen gebaut und aus unterschiedlichen Formen bestehen werden. Ein weiteres Beispiel für die architektonische Vielfalt.
Die Offizierssiedlung, die an die Gartenstadt angrenzt wird vom Investor “Ihr Haus Sahle” übernommen. Auch hier wird ein Teil der Gebäude erhalten und ein anderer Teil neu gebaut. Es sollen vor allem Doppel- und Einzelhäuser sowie Grundstücke für den Eigenbau bereit stehen, “ein Wohnquartier der gehobenen Kategorie”.
Für Sullivan, am Rand des Käfertäler Walds sind Loftwohnungen geplant, die aus den ehemaligen Bungalows entstehen. Dazu bietet sich die Naturnähe an, hohe Preise sind hier auf jeden Fall zu erwarten. Aber direkt daneben sollen auch gemeinschaftliche Wohnprojekte entstehen, Kunstateliers und behindertengerechtes Wohnen sind die Ideen. Doch zunächst, verkündet Ralf Eisenhauer stolz, werden hier in einer quasi offenen Theaterbühne im Juni Veranstaltungen der Schillertage statt finden.
Großes Interesse und große Skepsis
Die meisten der Besucher sind sehr interessiert und staunen über die Ideen für Franklin. Die Modelle sind faszinierend und malen einen idyllischen Stadtteil aus. Viele sind gekommen, vor allem Familien, weil sie sich tatsächlich vorstellen können, einmal hier zu leben. Bei der MWSP haben sich bereits um die 200 Interessenten angemeldet, die Meldungen bei den einzelnen Investoren nicht mitgezählt. Doch zwischen den Infoständen gibt es ebenso viele kritische Kommentare: “Das ist ja teurer als in Heidelberg!”, entrüstet sich Familie Weber, die eigentlich eine Alternative zu Mannheims Nachbarschaft gesucht haben. Doch bei Bodenpreisen von mindestens 500 Euro für den Quadratmeter, die pro Gebot noch steigen können, sind einige Interessenten abgeschreckt.
Warum werden die Preise so hoch angesetzt? Der politische Auftrag der Stadt Mannheim an das gesamte Franklin-Projekt ist es, dass die Aufbereitung des Geländes für die Bürger kostenlos ist. Das bedeutet, dass sich alle Kosten mit den Kauf- und Mietpreisen nach 10 bis 15 Jahren refinanzieren sollen. Ralf Eisenhauer nennt dieses Ziel mal wieder “sehr ambitioniert”. 30 Millionen Euro sind bisher für das Projekt geplant.
Kritisch sind die möglichen zukünftigen Bewohner auch beim Thema Infrastruktur. Es sind Umbauten der Straßen geplant, sodass ein ruhiger Autoverkehr zwischen Innenstadt und Franklin gewährleistet werden soll. Auch die Straßenbahn-Linie soll durch Franklin weiter gebaut werden. Die Frage ist allerdings, wann dies umgesetzt werden kann. E-Busse sollen schon ab nächstem Jahr im Gebiet eingesetzt werden. Dazu Ralf Eisenhauer: “Wir haben große Ambitionen zum Thema Mobilitätsinnovationen, aber wir glauben, dass wirs schaffen.”
Ein Problem könnte tatsächlich das Zeitmanagement werden. Da die einzelnen Baufelder an die verschiedenen Investoren verkauft wurden, kann die MWSP nicht bestimmen, wer wann baut. Es könnte möglich sein, dass auf einmal alle gleichzeitig bauen und Franklin zu einer einzigen Großbaustelle wird. Gerade für Interessenten der Wohnungen von Evohaus, die ja schon im Dezember einziehen sollen, ist die Vorstellung zwischen Baustellen zu wohnen eher abschreckend.
Der Tag des Wohnens und die Baustellenführung haben dennoch einen guten Überblick gegeben, wie der neue Stadtteil Mannheims bald aussehen könnte. Wie schnell und wie gut die Umbauten wirklich funktionieren, bleibt abzuwarten. Erst wenn “Willkommen Zuhause” nicht mehr auf Werbeplakaten, sondern auf den Fußmatten der Häuser zu lesen ist, ist Franklin ein vollendeter, neuer Stadtteil von Mannheim.
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