Mannheim, 15. Juni 2016. (red/ms) Über Jahre hinweg war es ein Streitthema, wie mit der Offizierssiedlung, dem vorgesehenen Luxusviertel des Benjamin Franklin Village (BFV), verfahren werden solle. Nach langer und intensiver Debatte hat sich der Mannheimer Gemeinderat nun auf einen Kompromiss geeinigt und mehrheitlich einen Bebauungsplan für das Gebiet als Satzung beschlossen.

Fortschritte auf Franklin: Nachdem die Entwicklung des Projektes zwischenzeitlich vor dem Aus stand, geht es nun zügig voran. Auf Franklin-Mitte (Bild) haben die Bauarbeiten bereits begonnen. Nun hat der Gemeinderat einen Bebauungsplan für die Offizierssiedlung als Satzung beschlossen. Archivbild.
Von Minh Schredle
Viel wurde im Vorfeld dieses Beschluss‘ diskutiert, teils sogar heftig gestritten. Am vergangenen Dienstag ging es dann jedoch sehr zügig zur Abstimmung: Der Gemeinderat hat sich mehrheitlich auf einen Bebauungsplan für die Offizierssiedlung des BFV geeinigt und diesen als Satzung beschlossen. Damit ist es gelungen einen Kompromiss zu finden – mit dem allerdings nicht jeder zufrieden ist.
Die Konversion des Benjamin Franklin Village ist für die kommenden Jahrzehnte das bedeutendste Projekt für die Mannheimer Stadtentwicklung – die Offizierssiedlung, wo die Luxusvillen der US-amerikanischen Streitkräfte gebaut worden sind, ist mit ihrem parkähnlichen Charakter ein besonders Schmuckstück.
Extrempole und Kompromissfindung

Archivbild: Im Oktober stellen der Konversionsbeauftragte Dr. Konrad Hummel und Kollegen die Zwischenergebnisse eines Architektenwettbewerbs vor, der Entwicklungskonzepte für die Offizierssiedlung zum Gegenstand hatte.
Wie mit diesem Teilgelände umgegangen werden solle, war Gegenstand kontroverser Debatten. Dabei wurden verschiedenste Varianten durchgespielt: Vom kompletten Abriss des gesamten Bestands mit anschließender Neubebauung bis zum vollständigen Erhalt der vorhandenen Siedlung ohne weitere Eingriffe in die Gestaltung.
Die Probleme dieser beiden Extremvarianten: Bei einem Abriss des Bestands ginge der originale Charakter der Siedlung und damit ein Stück Historie verloren. Bei einem unveränderten Erhalt wurden seitens der Verwaltung schlechte Vermarktungschancen prognostiziert. Vor allem spricht aber dagegen: Die Stadt würde sich die Gelegenheit entgehen lassen, dringend benötigten Wohnraum zu schaffen.
Mannheim will Wohnraum – aber wo?
Im Mannheimer Stadtgebiet sind die Möglichkeiten für weitere Bebauung vergleichsweise überschaubar – denn dafür stehen kaum noch freie Flächen zur Verfügung. Gleichzeitig ist am Wohnungsmarkt eine Nachfrage vorhanden, die seitens der Stadt derzeit nicht bedient werden kann. Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) sagt dazu:
Wenn wir nicht einmal mehr moderate Verdichtung zulassen, können wir den Anforderungen des Wohnungsmarkt nicht gerecht werden.
Dazu ein Beispiel: Mannheim hat als Metropole wohl den attraktivsten Arbeitsmarkt in der Region – für den Wohnungsmarkt gilt das nicht unbedingt. Hier konkurrieren die umliegenden Gemeinden. Nicht nur um Einzelpersonen – sondern auch um Steuereinnahmen.
Das Ziel einer gelungen Stadtentwicklung muss es also sein, tragfähige Kompromisse zu finden: Wenn Flächen verdichtet und bebaut werden, geht Grün verloren – wenn keine attraktiven Wohnangebote vorhanden sind, die Einwohner.
Die Stadtverwaltung setzt daher bei der Entwicklung der Offizierssiedlung – wie auch bei der Entwicklung des gesamten BFV – auf „moderate Verdichtung“: Man will zusätzlichen Wohnraum schaffen, dabei soll die US-amerikanische Historie des Gebiets erahnbar bleiben. In diesen Fall bedeutet das: Von den gut 100 amerikanischen Bestandsgebäuden werden knapp 60 erhalten, insgesamt sollen 275 Wohneinheiten entstehen.
Erhalt und Veränderung
FDP, Grüne und Mannheimer Liste (ML) stellten sich bei der Abstimmung gegen dieses Konzept und betonten, dass sie die Siedlung lieber saniert und anschließend ohne weitere Eingriffe vermarktet hätten. Gabriele Baier (Grüne) behauptete, es werde „ohne Not ein städtisches Kleinod zerstört“. Diese Verdichtung gehe zu weit. Volker Beisel (FDP) führte aus:
Wir machen uns viele Gedanken, wie wir die US-amerikanische Historie in Mannheim erhalten wollen. Wenn wir diesen Stadtteil, so wie er ist, erhalten würden, bräuchten wir uns keine weiteren Gedanken um eine Erinnerungskultur machen.
Außerdem habe die FDP sich von Anfang an für eine Direktvermarktung ausgesprochen, daher sei es nur konsequent, wenn man den Bebauungsplan heute ablehne.
Laut Christopher Probst (ML) sei der Zustand der Häuser „nicht so dramatisch schlecht, dass eine Sanierung unvorstellbar teuer werden würde“. Dass Mannheim mehr Wohnraum brauche, sei richtig. Aber:
Mit diesem Bebauungsplan wird ein einmaliges Gebiet in Mannheim weitgehend zerstört.
Viel des parkähnlichen, historischen Charakters ginge nun verloren. Auch Thomas Trüper (Die Linke) sprach von „der großen Verlockung eines wunderschönen Wohnparks“. Dennoch stimmte die Linke dem Bebauungsplan zu – denn:
Andererseits gibt es Überlegungen, die man sich verantwortlicherweise stellen muss und wir müssen bei Entscheidungen wie diesen nicht nur eine Teilfläche, sondern das gesamte Mannheimer Stadtgebiet im Blick zu behalten.
Hier wäre das Angebot am Wohnungsmarkt zu knapp, wodurch Immobilienpreise stiegen. Mit den Plänen zur Entwicklung der Offizierssiedlung könnten vergleichsweise preisgünstige Neubauten geschaffen werden, die auch für Familie mit mittlerem Einkommen in Betracht kämen.
Teilelement und Gesamtkonzept
Ähnliche Haltungen vertraten die Fraktionen von CDU und SPD. Laut Reinhold Götz (SPD) hätten aus seiner Sicht „vielleicht noch ein paar Häuser mehr erhalten werden können“. Doch mit den Neubauten schaffe man eine gute Alternative für junge Familien. Man stimme daher „nicht notgedrungen zu“ – sondern weil man überzeugt sei, dass es sich aus wohnungspolitischer Sicht um eine sinnvolle Entscheidung handle. Carsten Südmersen (CDU) argumentierte ähnlich:
Wir hoffen, dass die Bauarbeiten jetzt bald beginnen. Wir brauchen dringend guten neuen Wohnraum.
Der Gemeinderat stimmte schließlich dem Bebauungsplan mehrheitlich zu, der nun als Satzung verabschiedet wird. Für den Fortschritt von Franklin ist das ein wichtiger Schritt: Denn da es sich bei der Planung des neuen Stadtteils um ein untrennbar ineinandergreifendes Gesamtkonzept handelt, wäre unklar, wieweit die Ablehnung eines wesentlichen Teilelements die Entwicklung des kompletten Projektes gefährden würde.
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