Rhein-Neckar, 19. Juli 2015. (red) Bislang waren auf dem Gelände der Franklin-Kaserne rund 355 Personen untergebracht – nach unseren Informationen sind aktuell weitere 200 Personen in einer Turnhalle untergebracht worden, weitere 40 sollen in den nächsten Tagen ankommen. Die steigende Zahl von Flüchtlingen wird möglicherweise die geplante Vermarktung der Immobilien zum Problem machen. Und auch für Heidelberg und Schwetzingen gibt es neue Nachrichten, die nicht für Freude sorgen werden.
Von Hardy Prothmann
In einer Nacht- und Nebelaktion wurden aktuell weitere 200 Flüchtlingen in einer Turnhalle auf dem Gelände der Benjamin Franklin Village in Mannheim untergebracht. 40 weitere sollen in den nächsten Tagen folgen. Nach unseren Informationen ist die Unterbringung von rund 1.000 Flüchtlingen geplant. Aktuell sind es 595 Flüchtlinge: 209 „kommunale Bestandsflüchtlinge“, 146 „Landesflüchtlinge“ und 240 „BEA-Flüchtlinge“ (Bedarfsorientierte Erstaufnahmeeinrichtung).

Begegnunsfest mit Flüchtlingen auf Franklin. Archivbild
Franklin-Vermarktung gefährdet?
Sollte dies zutreffen, gilt die Vermarktung des Gebiets als „unmöglich“, wie uns ein Insider mitgeteilt hat. Noch gehört das Gelände dem Bund. Die Verhandlungen mit den BIMA seien kurz vor dem Abschluss, teilte der MWSP-Geschäftsführer Dr. Konrad Hummel bei der Bilanzpressekonferenz des GBG-Konzerns am Freitag in der Kapelle auf dem Franklin-Gelände mit. Allerdings müsste das Vertragswerg noch Bundesrat und -tag passieren, aber Herbst wäre der Verkauf in „trockenen Tüchern“.
Tatsächlich könnte der Bund in Zusammenarbeit mit dem Land bis dahin Fakten schaffen und weitere Flüchtlinge auf dem Gelände unterbringen. Da der Druck hoch ist und dieses Jahr für Baden-Württemberg schon mit bis zu 70.000 statt bislang erwarteten 50.000 Flüchtlingen gerechnet wird, ist das Szenario nicht von der Hand zu weisen. Die Kasernen stehen leer und die Unterbringungsnot ist groß.

Bettenlager im PHV.
4.-6.000 Personen für PHV?
Das gilt auch für Patrick Henry Village (PHV) in Heidelberg. Ursprünglich sollte die Kaserne als „Winterlager“ für 1.000 Personen genutzt werden. Die Zahl stieg schnell auf 2.000 und dann vor einer Woche sogar auf 2.800. Das Gelände verkraftet diese Personenzahl – die Häuser jedoch nicht. Diese sind komplett überbelegt – deshalb gibt es auch ein Bettenlager im Casino für 400 Personen.
Der Gemeinderat hat einer Weiternutzung bis Ende April 2016 zugestimmt – wenn es bei 1.000 Personen bleibt. Das Land hatte zunächst Zustimmung signalisiert. Tatsächlich ist eine vorbereitete schriftliche Vereinbarung, nach der Gemeinderat und Land gemeinsam über eine weitere Nutzung entscheiden, vom Land bislang nicht unterschrieben.
Ganz im Gegenteil gibt es nach unseren Informationen Überlegungen, die Zahl der Flüchtlinge auf 4.-6.000 Personen auszuweiten, indem man weitere Kasernengebäude ertüchtigt. Ein Insider sagte uns: „Da sind 3-4 Millionen Euro Baukosten reingeflossen. Jeder, der klar denken kann, weiß, dass man so viel Geld nicht für ein bis zwei Jahre ausgibt. Das wird auf Dauer ein Massenlager.“

Toilettenanlage im Schwetzinger Camp.
Schwetzinger Camp bleibt mindestens bis Ende 2016
Weiter ist nach unseren Informationen die Weiternutzung des Containercamps am Rande von Schwetzingen auf einem Parkplatz der Kilbourne-Kaserne mit 350 Menschen auch für das komplette Jahr 2016 beschlossen. Eigentlich sollte auch dieses Lager nur ein Notlager bis Ende 2015 sein.
Keine unserer Informationen ist bislang öffentlich von behördlicher Seite bestätigt und kennzeichnet den aktuell ebenso katastrophalen Zustand der Öffentlichkeitsarbeit. Von Tranparenz oder glaubwürdigen Zusagen kann keine Rede sein.
In Schwetzingen kam es erstmals auch zur Beschlagnahmung eines privaten Hotels vor zwei Wochen – das Landratsamt Rhein-Neckar will weitere geeignete Gebäude beschlagnahmen. Anwohner werden wie auch in Weinheim, wo ein Hotel angemietet worden ist, erst im Nachhinein informiert.
In Ellwangen wollte das Regierungspräsidium nach einem Bericht der Schwäbischen Zeitung sogar verbieten, dass Pressevertreter auf das Gelände dürfen. Angeblich zum „Schutz der Flüchtlinge“ – warum und wieso die Flüchtlinge vor wem geschützt werden müssen, wurde nicht mitgeteilt. Auch in Heidelberg und Mannheim ist der Zutritt in die Landeserstaufnahmestellen nur mit vorheriger Anmeldung und unter Begleitung von Vertretern des Regierungspräsidiums möglich.
Am Samstag besuchte die Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) „überraschend“ die PHV in Heidelberg. Auch hier sollten keine Medienvertreter zugelassen werden – nach unseren Informationen durfte aber ein Reporterteam der Rhein-Neckar-Zeitung teilnehmen. Heidelbergs Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner (parteilos) nahm an der Besichtigung teil – auch von dieser Seite gibt es noch keine Information der Öffentlichkeit.
Überblick: Hygiene-Probleme, Gewalt, Spannungen, Kriminalität, überforderte Polizei
Vergangene Woche kam es zum Ausbruch einer Magen-Darm-Erkrankung in PHV. Gerüchte über einen Noro-Virus haben sich nicht bestätigt. Klar ist, dass Quarantäne-Kapazitäten vollständig unzureichend sind. Mittlerweile werden viele Flüchtlinge erst Wochen nach der Ankunft in Heidelberg medizinisch untersucht. In Schwetzingen leiden die Bewohner unter überhitzten Containern – die sanitären Anlagen sind in katastrophalen Zuständen.
Insbesondere im PHV kommt es mittlerweile quasi jede Nacht zu Polizeieinsätzen wegen Ruhestörung und Streitigkeiten. Die Zahl der Straftaten, vor allem Ladendienbstahl ist angestiegen. Es wird weiter von Belästigungen der Kirchheimer Bevölkerung berichtet. In Mannheim und weiteren Flüchtlingsunterkünften wurden bei einer Großrazzia 25 Flüchtlinge aus Gambia wegen Drogenhandels verhaftet – nach unseren Informationen soll der Drogenring rund 150 Personen stark sein.
Die grün-rote Landesregierung wiegelt überwiegend ab und appelliert an ein ehrenamtliches Engagement der Bevölkerung. Wir wissen allerdings von vielen frustrierten Ehrenamtlichen, die hinwerfen. Verschiedene Stimmen werden laut, dass man einen regionalen Flüchtlingsgipfel braucht.
Auch in Ludwigshafen steigt der Unmut der Bürger – zuletzt wegen einer in Edigheim geplanten Unterkunft für rund 100 Asylbewerber. Eine Informationsveranstaltung soll unter der Teilnahme von Rechtsradikalen teils turbulent verlaufen sein.
In der Nachbargemeinde Limburgerhof hatte es vor einigen Wochen einen Brandanschlag auf eine im Bau befindliche Unterkunft gegeben. In Remchingen-Singen bei Karlsruhe wurde als Unterkunft geplantes Gebäude am Samstagmorgen in Brand gesteckt. Die Polizei geht von vorsätzlicher Brandstiftung aus und beziffert den Schaden auf 70.000 Euro.
In Ellwangen gehen 300 Flüchtlinge vor ein paar Tagen aufeinander los. Auch in PHV hat es bereits mehrfach „geknallt“ – aktuell sind rund 25.000 Flüchtlinge in Baden-Württemberg angekommen. Bis Jahresende sollen es 60.-70.000 sein.