Rhein-Neckar/Ahrtal, 08. Februar 2022. (red/pro) Der Lohnunternehmer Markus Wipperfürth ist das bekannteste „Heldengesicht“ im Ahrtal. Seine persönlichen Leistungen sind enorm und unbestritten. Das haben wir auch in einem Text vom 27. Juli 2021 deutlich benannt. Doch seither entwickelt sich das, was wir zunächst sehr lobend eingeordnet haben, immer weiter in eine mehr als bedenkliche Richtung: Herr Wipperfürth ist nicht mehr Motivator, sondern nur noch ein propagandistischer Agitator vorwiegend in eigener Sache oder die seiner Seilschaften. Eine Korrektur.
Von Hardy Prothmann
Auch ich wurde durch Videos von Markus Wipperfürth auf das Ausmaß der Flutkatastrophe aufmerksam und wenn man so will, hat er auch mich ins Tal gebracht, weil ich selbst prüfen wollte, wie es vor Ort tatsächlich aussieht. Tatsache ist, dass kein Bericht, kein Foto, kein Video das Ausmaß dieser Katastrophe auch nur annähernd deutlich machen kann im Vergleich zum „eigenen Erleben“ vor Ort.
Das ist eine Binse und gilt für eigentlich alles.
Bis heute fallen immer wieder die Worte „unfassbar“ oder „unbegreiflich“. Selbstverständlich ist eine Katastrophe nicht fass- oder begreifbar im Wortsinn. Alle, die vor Ort leben, alle, die vor Ort helfen und auch alle, die andere Aufgaben übernehmen, gewinnen ihre jeweiligen Eindrücke, tauschen sich mit anderen aus, manche sind dabei sehr präzise und ausdrucksstark, andere nicht, jeder schaut anders auf die Dinge und ordnet sie anders ein, je nach Lebensalter, Erfahrungen, Geschlecht, Intellekt und vielem mehr.
Die Aufgabe von Journalismus als Dienstleistung für die Gesellschaft ist, möglichst zutreffend möglichst unterschiedliche Eindrücke darzustellen, zu schildern, verständlich zu machen. Das gelingt nie vollständig und auch für Journalisten gilt – sie haben einen subjektiven Blick. Als Profis sollten sie aber das objektive Handwerk beherrschen. Also viele Fragen stellen, viele Informationen sammeln, alles prüfen und dann veröffentlichen.
Sichtweisen ändern sich mit wechselnden Informationen
Das „kalte“ Porträt (so nennt man ein Porträt, das entsteht, ohne das der Berichterstatter die Person kennt) über Markus Wipperfürth ist immer noch online beim RNB und bleibt das auch. Ich stehe auch zu dem Text und er ist für mich weiterhin gültig – aber mit dem Zeitstempel 27. Juli 2021. Das, war darin steht, war damals so. Heute liegen die Dinge anders.
Neben der Katastrophe hat mich etwas anderes auf Markus Wipperfürth aufmerksam gemacht – seine Art, wie er seine Smartphone-Videos macht und „live“ geht. Damit hatte er zunächst sehr viele professionelle Medien „sehr alt“ aussehen lassen.
Ich schrieb damals:
Und er ist einer der ausnahmslos besten Reporter, den ich je erlebt habe. Seine dokumentarisch-journalistische Leistung ist gigantisch.
Es gibt viele Fehler, die eine Redaktion korrigieren müsste, wäre er Teil eines Mediums, aber das ist er halt nicht. Er ist Privatmann und Unternehmer und stellt trotzdem nahezu alle Medien vollständig in den Schatten. Warum? Weil er klar denkt, vor Ort ist, Informationen hat und vor allem Informationen sucht. Er redet mit den Menschen und die vertrauen ihm. Sie kennen seine Videos.
Markus Wipperfürth ist in persona das, woran sich jeglicher Journalismus künftig messen lassen muss.
Markus Wipperfürth weiß das nicht. Er hat sich nur gewundert, wie ihn manche Medien hart angepackt haben. Markus Wipperfürth hat noch nicht verstanden, was einige Medien sofort realisiert haben. Personen wie ein Markus Wipperfürth werden dort als “bedrohlich” verstanden, weil klar wird, dass ein Lohnunternehmer ohne Ahnung von Journalismus der aktuell mit großem Abstand beste Reporter vor Ort ist. Mit der absolut größten Reichweite.
Leute wie Markus Wipperfürth sind wie ein Tsunami für die eingespielte Medienlandschaft.
Das schreibe ich nicht einfach so hin, das meine ich sehr ernst.
Wie gesagt, ich nehme davon nichts zurück. Doch mit neuen Informationen ändern sich Sichtweisen und Einschätzungen.
Wenn man genau liest, beschreibe ich schon damals Probleme, die ich erkannt habe. Herr Wipperfürth machte viele Fehler in seinen Aussagen und es sind seitdem sehr viele dazu gekommen. Sehr häufig hat er für große Aufregungen gesorgt, weil er „Fakenews“ verbreitet hat – er hört hier was, dort was, macht sich seinen Reim und geht dann live – meist ohne jeden Check, ohne jede Prüfung, ob das, was er seiner „Gemeinde“ mitteilt, denn auch überhaupt stimmt. Je nach „Bedeutung“ nimmt er dann wieder zurück oder „stellt klar“ – besser wäre es, vorher zu prüfen, bevor man Stimmung macht.
Begann die Story mit einer Lüge?
Lars Wienand hat das in seinem Artikel bei T-Online sehr deutlich beschrieben: „Es gibt unglaublich viel zu tun. Der örtliche Bauunternehmer Hans-Bernd Münch hat schon seit dem Morgen Zufahrtswege in Walporzheim freigebaggert und freut sich, dass nach einer Gruppe THWler weitere Verstärkung da ist.“
Diese zwei Sätze haben Sprengkraft, denn sie belegen, dass die Inszenierung der Herren Markus Wipperfürth und Wilhelm Hartmann mit einer Lüge begann – oder zumindest mit Fakenews, denn nach deren Darstellung war außer ihnen niemand vor Ort, schon gar keine Kräfte der Hilfsorganisationen: „Außer uns ist niemand da“, so die Botschaft von Wipperfürth/Hartmann direkt nach der Ankunft in Walporzheim an Tag 1.
(Anm. d. Red.: Es gab immer wieder Vergleiche, im Ahrtal sehe es aus wie im „Kriegsgebiet“. Das ist unzutreffend. Kriegsgebiete sehen sehr viel anders aus als Flutkatastrophengebiete. Was hier wie da gilt: Es sind Katastrophengebiete. Es heißt: Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit – das gilt auch für Katastrophengebiete.)
Und auch ein weiteres Narrativ wurde nach und nach verändert: „Wir wollen nur Helfen und nichts dafür haben.“ Das mag anfangs so gewesen sein – ob man hier große Geschäfte schon im Blick hatte, lässt sich kaum überprüfen, falls keine Dokumente oder Zeugen auftauchen. Seit langem ist klar, dass beide Herren durchaus „helfen“, um damit (ordentlich) Geld zu verdienen.

Hardy Prothmann im Live-Gespräch mit Markus Wipperfürth – als Herr Wipperfürth den „Portmann“ noch „gut“ fand, was sich änderte, als „Portmann“ Herrn Wipperfürth kritische Fragen stellte.
Wer unsere Berichterstattung verfolgt hat, weiß, dass wir immer den Standpunkt vertreten haben, dass professionelle „Helfer“, insbesondere, wenn Maschinen zum Einsatz kommen, Anspruch auf eine ordentliche Bezahlung haben. Daran gibt es nicht nur nichts auszusetzen, das ist selbstverständlich.
Es kommt auf das „Wie“ an
Die Frage ist allerdings, wie und mit welchen Methoden solche „Hilfsleistungen“ erfolgen.
Hier gibt es durchaus erhebliche Unterschiede. Schaut man sich die Dachzeltnomaden an, so wurden hier in erheblichem Umfang unentgeltlich Hilfen geleistet. Das war auf Dauer nicht in der anfänglichen Organisation weiterzuführen. Also wurde eine gGmbH gegründet, damit eine professionelle Struktur geschaffen. Die beiden Geschäftsführer Thilo Vogel und Dennis Brandt erhalten über die gGmbH nun ein Gehalt, andere Personen sind angestellt und das ist auch richtig so – denn ohne eine professionelle Organisation wäre die weiterhin ehrenamtliche Hilfe der stemmenden Nomaden nicht mehr möglich.
Herr Wipperfürth und Herr Hartmann hatten den professionellen Hintergrund bereits und forderten die Behörden immer wieder heraus, indem sie Fakten schafften und dann Forderungen stellten.
Gemein sind dem Netzwerk von Wipperfürth/Hartmann und den Dachzeltnomaden, dass in erheblichem Umfang Facebook und andere Internetplattformen genutzt werden, um auf das eigene Wirken aufmerksam zu machen, was legitim ist. Doch inhaltlich könnte es konträrer nicht sein. Während die Dachzeltnomaden „positive“ Stimmung verbreiten und umfangreich ihre Arbeit dokumentieren, machen die beiden anderen immer wieder polemisch Stimmung und Druck – „dann machen wir einen Aufruf“. Und sie haben die „Fan-Base“ dazu, bei Herrn Wipperfürth ist sie mit über 460.000 „Fans“ auf Facebook gigantisch – größer als alle Medienanstalten vor Ort.
Erfahrener Propagandist
Seine Seite war schon vor der Katastrophe riesig – über 70.000 Fans, was sich schnell steigerte. Seit Jahren macht er Videos und „Lobby-Arbeit“ zu landwirtschaftlichen Themen. Ist bei Bauern-Protesten aufgetreten. Er hatte also als propagandistischer Agitator oder eben „Lobbyist“ schon einige Erfahrung. Was nicht verboten ist, man sollte es nur transparent machen. Und man sollte nur Maßstäbe fordern, die man bereit ist, selbst einzuhalten.
Herr Wipperfürth stellt sich dabei immer wieder gerne als „einfacher Arbeiter“ dar. Landwirt. Bauer. Tatsächlich ist er das nur bedingt. Er ist studierter Agrar-Ingenieur und Lohnunternehmen – arbeitet also für andere Landwirte. Ein anderer Geschäftszweig sind Reiterhöfe. Herr Wipperfürth hat zudem nach eigenen Angaben einen Master in Marketing.
Er verwendet dafür zahlreiche Marketing-Mittel. Und ein immer wieder neu erzähltes Helden-Epos: Wir (und alle, die mit uns sind), sind die Guten und die Helden. Manchmal sind wir auch die Opfer von bösen Mächten, aber wir wehren uns. Das liebt die Blase und schickt massenweise Herzchen. Dafür werden geschickt alle Helferinnen und Helfer vereinnahmt, die in die Zehntausende gehen, überwiegend aber einfach helfen und sich nicht selbst darstellen. Interessant: Der überwiegende Teil der Fan-Blase, die teils zu Tausenden tagsüber seine „Lives“ verfolgt, sind garantiert keine Helfer, die gerade aktiv helfen, sondern sitzen irgendwo und schauen zu. Gefühlt sind sie aber alle aktiv mit dabei und „erleben“ mit, fühlen sich als Teil der „Gemeinschaft“. Herzschmerz ohne Ende.
Auf seiner Homepage schreibt er über sich: „Seine Kompetenzen reichen von social media, Reitplatzbau über Pferdepension bis hin zu landwirtschaftlichem Lohnunternehmen.“ Dort präsentiert er seine verschiedenen Aktivitäten. Auch eine Seite „wippi.tv“ hat er offensichtlich in Angriff genommen – Inhalte gibt es noch keine, aber das wird kommen.
Herr Wipperfürth weiß also genau, was er macht und wie man „soziale Medien“ nutzt.
Auch und gerade geschäftlich. Zunächst teilte er mit, die Einnahmen aus Facebook-Werbung werde er Betroffenen zukommen lassen. Ich habe dazu ab September immer wieder nachgefragt und ausweichende Antworten erhalten. Irgendwann habe ich dann schriftlich angefragt und keine Antwort erhalten. Das habe ich dann im Dezember öffentlich gemacht – die Reaktionen kann jeder nachrecherchieren. Plötzlich gab es keinerlei Kommunikation mehr mit mir. Dafür wurde aus allen Rohren mit Dreck auf mich gefeuert. (Anm. d. Red.: Was ohne Eindruck bleibt.)
(Hier unsere bis heute nicht beantworteten Fragen.)
Der Grund liegt auf der Hand: Ich habe die Selbstdarstellung der Herren in Frage gestellt und offenbar eine Punktlandung hingelegt. Angefragt hatte ich nur Herrn Wipperfürth – seitdem habe ich auch von Herrn Hartmann und Herrn Zintel nichts mehr gehört. Totale Funkstille durch Personen, die zuvor sonst ständig das Gespräch mit mir gesucht hatten. Das betrifft auch andere Personen aus deren Umfeld, die aktuell aber nicht wichtig sind, hier erwähnt zu werden.
Statt die Fragen zu beantworten oder – siehe das Gespräch mit den Dachzeltnomaden zur Verwendung von Spenden – im Dialog Transparenz herzustellen, äußerte sich Herr Wipperfürth nachdem wir die Fragen an ihn veröffentlicht hatten, hier und da, meist nicht exakt, sondern andeutungsweise zu seinen Einnahmen und deren Verwendung. Irgendwann war die neue Erzählung gefunden: Mit den Facebook-Einnahmen bezahle er seine Maschinen und die Fahrer, die ja nach wie vor helfen. Also kommen diese Einnahmen doch den Betroffenen zu Gute. Und auch Herr Hartmann hilft doch weiter mit dem Containerdorf und dem Baustoffzelt. Tatsächlich kommen beide auf erhebliche Einnahmen.
Völlige Intransparenz
Die Anfangsleistungen der beiden Herren waren enorm – das steht außer Frage, aber sehr schnell, auch das keine Frage, ging es um Geld, das dann auch floss, in Form von öffentlichen Aufträgen. Und eben Facebook-Werbung oder Spenden auf das Konto von Herrn Hartmann. Anders als bei Organisationen wie „Aktion Deutschland hilft“ aber völlig intransparent.
Und wenn es kritische Fragen dazu gibt, gar Kritik – legen die Herren los und triggern Teile ihrer Follower, die sich in Teilen dann zum bösartigen Mob entwickeln, der gegen jeden ins Feld zielt, der die „Helden“ angeblich „angreift“. Auch Herr Hartmann spielt dieses „Spiel“ – eifrig unterstützt durch einen „guten“ Journalisten, den WDR-Moderator Dieter Könnes, der sich frank und frei vor kurzem als „Influencer“ bezeichnete, also eben nicht als neutraler Journalist, sondern als Teil der Seilschaft Wipperfürth/Hartmann agiert.
Jede nur denkbare Unterstellung darf in den Kommentarspalten abgegeben werden. Es wird beleidigt und denunziert, dass die Schwarte kracht. Dazu kommen massive Drohungen, wie aktuell die Rhein-Zeitung dokumentiert hat. Die in Teilen völlig enthemmte und fanatisierte Blase der „Bauern“ sollen die „Drecksarbeit“ für die Herren Wipperfürth und Hartmann und deren Netzwerk erledigen.
“ Meine persönliche Einschätzung für die Rhein-Zeitung als Printmedium: Es werden viele Menschen ihren Job verlieren und man wird krampfhaft versuchen, ein neues Format zu finden. Meine Prognose: der Zug ist abgefahren. Von daher, hängen Sie sich gerne weiter an zweifelhafte Berichterstatter mit unverschämten Texten, die auf Klicks aus sind und den Betroffenen herzlich wenig helfen… (…) Naja, weiß nicht, wer Sie dazu gezwungen hat, aber für mich und meine Community wird kein Artikel mehr von der Rhein-Zeitung auf meiner Seite relevant sein, denn so viel Entscheidungsfreiheit habe ich!“, schreibt Markus Wipperfürth am 07. Februar 2022 auf seiner Facebook-Seite.
Unverhohlene Drohungen – systematisch
Die Drohung ist unverhohlen und richtet sich völlig undifferenziert gegen alle Mitarbeiter der Rhein-Zeitung. Motto: Kontaktschuld. Man stelle sich vor, ein Medium würde schreiben: „Herr Wipperfürth, viele ihrer Mitarbeiter werden ihren Job verlieren, Sie werden schon sehen“ – zu Recht gäbe es einen Aufschrei. Des Bauern Blase hingegen schickt kübelweise Herzchen und Daumen-Hoch.
Richtig ist, dass er natürlich anders als Behörden nicht gegenüber Medien auskunftspflichtig ist. Richtig ist auch, dass er selbst entscheiden kann, mit wem er redet, mit wem nicht, welche Links er postet, welche nicht.
Richtig ist aber auch, dass er hier wieder nach dem „Zuckerbrot und Peitsche“-Prinzip arbeitet: Bist Du nicht für mich, bist Du entweder egal oder gegen mich. Dazwischen passt nichts. Wer ihm nützlich erscheint, den „findet er gut“, wer nicht, den geht er an. Dabei inszeniert er sich immer mit Halbwahrheiten und Andeutungen, so auch dieser Tage gegenüber meiner Person: „Ich fand den Hardy Portmann (!) anfangs ja gut, keine Ahnung, was dann passiert ist.“
Seine Blase versteht solche Botschaften „richtig“: Markus Wipperfürth hat sich nett geäußert, aber jetzt findet er den „Portmann“ nicht mehr gut. Also ist der „Portmann“ auch nicht mehr gut, sondern schlecht. Und angeblich hat Herr Wipperfürth keine Ahnung, „was passiert beim „Portmann““ ist. Was passiert ist, ist nachweisbar: Ich habe das gemacht, was er bei mir gut fand – nämlich kritische Fragen gestellt. Gut fand er das gegenüber der ADD und anderen Behörden, nicht mehr gut, als ich ihm Fragen stellte.
Markus Wipperfürth weiß um seine medial wahrgenommene Macht – eine Verantwortlichkeit dafür zeigt er nicht. Deshalb muss ich das Bild, das ich damals von ihm hatte, neu zeichnen.
Gefährliche Agitation
Nein, er ist schon längst nicht mehr der „beste Reporter“ oder „Dokumentator“, der er in der ersten Zeit nach der Flut vor Ort war, mangels Anwesenheit anderer Medien, die die Bedeutung dieser Katastrophe völlig falsch eingeschätzt haben und die Berichterstattungen zunächst deutlich zurückfuhren. Markus Wipperfürth ist kein Vorbild für „Journalismus“, ganz im Gegenteil. Was Herr Wipperfürth macht, ist Agitation und Propaganda, geschickt verpackt als vermeintlich selbstloser Helfer. Ebenso Herr Hartmann, ebenso die anderen im Netzwerk.
Wenn es nicht um ein „Projekt“ geht, häufig mit dramatischer Mimik unterlegt, lässt er es menscheln, zeigt Pferde oder seinen Hund – und wieder fliegen die Herzen, denn Tiere gehen immer. Das weiß der Marketing-Experte Wipperfürth. Bäume und Blümchen funktionieren auch immer, also wird das Thema gespielt.
Er „berichtet“ das, was ihm und seinem Netzwerk nützt oder prangert an, was stört. Auf seine Blase ist dabei immer Verlass. Wir wissen das gut einzuschätzen, denn mit der Zeit kennt man viele seiner eifrigsten Kommentatoren – die meisten davon sind bei RNB schon lange blockiert, weil deren Beiträge weder fair, noch respektvoll noch in irgendeiner Art und Weise argumentativ sind.
Mit „Wahrheit“ oder auch nur ansatzweise neutraler Information hat das alles nichts zu tun.
Die damit einhergehende Gefahr sieht Herr Wipperfürth nicht oder er verdrängt sie. Auch ich bekomme nahezu täglich hasserfüllte Nachrichten und teils auch Drohungen – was, wenn einer aus seiner Blase diese in die Tat umsetzt? Gegen mich oder andere Personen Gewalt ausübt? Und sich dann herausstellt, dass die Radikalisierung über seine „Blase“ lief?
Dazu die Rhein-Zeitung in einem Artikel heute:
„Ralf Urban hat erlebt, was passieren kann, wenn man die Umstände öffentlich kritisiert: „Man forderte über meinen Orts- und Kreisverband ein Parteiausschlussverfahren, bei der Stadt Sinzig wurde ich ebenfalls diskreditiert. (…) Ich und meine Familie fühlten sich bedroht, wir fürchteten um Leib und Leben, so das Sinziger Stadtratsmitglied.“
Hilflose Behörden
Was diesen Herren in die Hände spielt, ist, dass es weder dem Land Rheinland-Pfalz noch den lokalen, regionalen Behörden bislang gelungen ist, eine ordentliche Kommunikation aufzubauen, die diesen selbsternannten „Herzensmenschen“, die längst als „Hatzmenschen“ erscheinen, zutreffende Informationen entgegenzustellen. Hinzu kommen der behäbige Apparat, nicht bearbeitete Hilfsanträge, ausstehende Hilfszahlungen, Aussagen, wie „unbürokratische Hilfen“, die sich schnell in Luft auflösen.
Beispielsweise unsere Anfragen an die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz (ADD), deren Anspruch wir per Klage einfordern mussten. Dieser behördlich-kommunikative Dilettantismus öffnet die Felder für Wipperfürth/Hartmann, die sie nur noch beackern müssen.
Die vermeintliche Stärke dieser Seilschaft wurde und wird erst möglich durch die erheblichen Schwächen auf Seiten der Behörden. Dort liegen die Nerven teils blank, etwa, wenn der Ortsbürgermeister Altenburg, Rüdiger Fuhrmann (CDU), die Herren Wipperfürth/Hartmann als „Besatzer“ bezeichnet haben soll oder wie aktuell in der Rhein-Zeitung von Helfern spricht, „die sich einnisten“. Während sich ein kommunikativer Gau von Behördenvertretern an den nächsten reiht, bespielen Wipperfürth/Hartmann ihr Publikum, dass die „Gefühlswaschmaschine“ nicht mehr aus dem Schleudergang rauskommt.
Eine weitere erhebliche Gefahr ist das Schüren von Ressentiments gegenüber staatlichen Behörden und Medien durch dieses Netzwerk: Ohne Zweifel liegt gerade in Rheinland-Pfalz und hier besonders im Ahrtal viel im Argen, was die Behörden angeht, was auch durch unsere Arbeit immer wieder belegt wird.
Das klägliche Wahlergebnis für Horst Gies (CDU) bei der Landratswahl im Januar ist dafür ebenso ein Beleg: Noch ist der Kreis Ahrweiler der letztverbliebene „schwarze“ Landkreis in Rheinland-Pfalz. Horst Gies lebt in Walporzheim, ist seit Jahrzehnten in der Politik vor Ort aktiv. Ist Landtagsabgeordneter, hatte alle Chancen, sich als Krisenmanager zu profilieren und hat kläglich versagt. Er verlor gegen die „Newcomerin“ Cornelia Weigand, erst seit zweieinhalb Jahren politisch aktiv als Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr. (Anm. d. Red.: Dass Herr Gies weiterhin 1. Kreisbeigeordneter bleiben wird, können wir uns übrigens nicht vorstellen.)
Tatsache ist aber auch, dass diese kleinteiligen Strukturen völlig überfordert sind und aus eigener Kraft nicht in der Lage sind, eine umfassende Kommunikation aufzubauen. Hier versagt die Landesregierung Rheinland-Pfalz völlig, die unterstützen müsste. Doch was kommt von dort? Ab und zu ein PR-Termin mit einer lächelnden Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), die zum Fototermin erscheint – was ist das gegen das Dauerfeuer der mobilen Live-Filmer Wipperfürth und Co. und ihrer Daily-Soap? Oder ein Bürgermeister Guido Orthen (Bad Neuenahr/Ahrweiler) mit seinen Aufsager-Videos, die kaum jemand wahrnimmt?
Wenn man sich (nicht nur) die aktuellen Kommentare auf den Seiten der Seilschaft Wipperfürth/Hartmann anschaut, erkennt man eine massive antidemokratische Haltung bei vielen Kommentatoren, die resistent gegen jegliche argumentative Debatte sind. „Diese Wir-sind-die-Guten-und-alle-anderen-sind-Lügner-Heuchler-Verräter“-Haltung hat sich dort in großen Teilen festgesetzt und wird unverhohlen zur Schau getragen. Unwidersprochen durch die Seilschaft der verschiedenen Seitenbetreiber.
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