Mannheim, 20. Oktober 2020. (red/pro) Die CDU Mannheim steht mal wieder vor einer Zerreißprobe. Teils von außen eingebracht, aber in großen Teilen intern angereichert. Am Freitag wählt die Wahlkreismitgliederversammlung den oder die Kandidat(in) für die kommenden Bundestagswahl 2021. Der Mandatsinhaber Nikolas Löbel tritt an – und überraschend Dr. Maike-Tjarda Müller. Löbel oder nicht-Löbel, ist nun, frei nach Shakespeare, die entscheidende Frage für die CDU Mannheim.
Von Hardy Prothmann
Es läuft nicht besonders gut sein einigen Wochen für den CDU-Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel (34). Erst steht er im Mittelpunkt negativer Schlagzeilen durch eine Investition in eine Immobilie, dann steht er im Zentrum von Vorwürfen über Mietverträge zwischen der Kreisgeschäftsstelle, ihm als Abgeordneten und als Privatunternehmer.
Der Jungpolitiker ist fleißig, ehrgeizig und machtbewusst. Keine dieser Eigenschaften wird jemand bestreiten wollen – noch nicht einmal seine Kritiker oder gar Gegner. Aber er ist auch egozentriert, großspurig und neigt dazu, sich uneinsichtig zu verhalten.
Eigentlich galt er als Kandidat für die kommende Bundestagswahl gesetzt – doch nun hat er eine Gegenkandidatin. Nunja, zumindest pro forma, denn die Rechtsanwältin Dr. Maike-Tjarda Müller nimmt sich gegen die langjährige parteipolitische Arbeit und mit den damit verbundenen Mandaten eines Herr Löbel wie ein zartes Mauerblümchen gegen einen schon ordentlich gewachsenen, fest verwurzelten Baum mittlerer Größe aus.

MdB Nikolas Löbel bei einer Rede im Bundestag. Quelle: Phoenix
Doch eine Wahl ist eine Wahl und natürlich besteht immer die Möglichkeit, dass jemand, der eigentlich keine Chance hat, trotzdem gewinnt. Hier kommt vermutlich die alte, knorrige Eiche Prof. Dr. Egon Jüttner ins Spiel. Der hatte bis zur Kandidatur von Nikolas Löbel 2017 das Bundestagsmandat inne und ist, das ist ein offenes Geheimnis, bis heute angefressen. Warum, bleibt wiederum dessen Geheimnis, denn der damals 74-Jährige hätte es drauf angekommen lassen und zur Wahl antreten können, er verzichtete aber auf eine Kandidatur. Nikolas Löbel wurde im Juli 2016 mit überzeugenden 87,4 Prozent als Kandidat gewählt und holte 2017 das Direktmandat in einem schweren Umfeld.
Eigentlich, so die Analyse des RNB, hat Nikolas Löbel nichts zu befürchten – er wird erneut Kandidat werden, außer, seine Gegner schafften es erfolgreich, so viel Wind zu machen, dass tatsächlich seine Gegenkandidatin Dr. Müller die Wahl gewinnen würde. Das wäre dann aber ein Totalschaden mit Ansage für die CDU Mannheim, denn die politisch vollständig unbedeutende Personalie hätte vor dem Hintergrund eines lang währenden Hochs der Grünen genau keine Chance.
Andererseits würde man dann die CDU wie Grüne und SPD auch eine Frau ins Rennen schicken – was allerdings deutlich machte, dass es bei Quoten längst nicht mehr um Qualifikation geht, sondern um ein so-tun-als-ob.
Tatsächlich hat nur Nikolas Löbel die gute Möglichkeit, das Direktmandat zu verteidigen. Zu gute kommt ihm, dass mit der grünen Stadträdtin Melis Sekmen eine wenig profiliere Kandidatin gegenübersteht, die weder im Land noch im Bund auch nur irgendeine Erfahrung hat. Sie hat eine schnelle Karriere bei den Grünen gemacht, das war es auch schon an Qualifikation. Klar, sie war mit 56.090 Stimmenkönigin bei der Gemeinderatswahl – was nicht schwer war, da sie auf Listenplatz 1 stand und davon profitierte, dass der Trend Richtung grün ging und häufig Wahllisten unverändert abgegeben waren, was ihr jeweils einen Zähler brachte.
Die andere Kandidatin, Isabel Cadematori, kam gerade so in den Gemeinderat für die SPD und erreichte 30.097 Stimmen. Sie gilt parteiintern als umstritten, arbeitet aber seit vielen Jahren an einer politischen Karriere und hat immerhin erreicht, dass sie Kandidatin wurde. Aber auch sie ist kein Gegengewicht zum erfahrenen Herrn Löbel.
Der wiederum erreichte 42.208 Stimmen bei der Gemeinderatswahl 2019, liegt also zwischen den beiden Mitbewerberinnen mit Mitgrationshintergrund – was allerdings wenig heißt, denn Gemeinderatswahlen sind keine Bundestagswahlen und nur sehr vorsichtig miteinander vergleichbar.
Der größte Gegner, den Nikolas Löbel fürchten muss, ist er selbst. In den vergangenen Jahren hat er sehr viel richtig gemacht, überzeugt durch eine hohe Präsenz und tatsächliches Mitwirken an Erfolgen wie 40 Millionen Euro vom Bund für die Sanierung des Nationaltheaters beispielsweise. Und auch parteiintern hat er die Parteikassenfinanzaffäre der CDU offenbar in den Griff bekommen können.
Doch genau hier liegt der Hase im Pfeffer – parteiintern läuft es nicht rund. Herr Löbel hat sich zu sehr auf seine Arbeit und seine Präsenz konzentriert, als die Basisarbeit zu stärken. Er wird nicht nur von Gegnern als zu egozentriert und herrisch empfunden – geprägt durch die Ausübung von „Eigenmacht“. Damit macht er sich angreifbar und wird aktuell angegriffen.
Hinzu kommt ein Giftstachel im Fleisch – die Personalie Egon Manz. Der stellvertretende Kreisvorsitzende ist wieder einmal im Zusammenhang mit Rechtsradikalismus in die Schlagzeilen geraten – als langjähriger „Alter Herr“ der Heidelberger Burschenschaft Normannia. (Wie dem Nicht-Akademiker Manz dies gelingen konnte, ist eine andere Geschichte…)
Herr Löbel weiß, dass er und die CDU Mannheim Egon Manz dringend loswerden müssen – aber ein Rauswurf direkt vor der Kandidatenaufstellung, wenn jede Stimme zählen könnte? Das kann sich Herr Löbel nicht leisten und muss sich zu Recht fragen lassen, ob er sich auch von diesen Kreisen aufstellen lässt. Die Chance, Herrn Manz früher loszuwerden, hat er jedenfalls verpasst.
Die juristischen Streitigkeiten mit einem Mieter, den er in Eigenmacht vor die Tür gesetzt hat, wird er vermutlich auch verlieren. Es wird darauf hinauslaufen, dass er sich mit dem Streitgegner auf eine Abfindung einigt oder das Landgericht Mannheim eine Entschädigung festsetzt.
Und wenn er – stur, wie er manchmal ist – denkt, er könnte die „Mietsituation“ in der Kreisgeschäftsstelle fortsetzen, dann irrt er fundamental. Es ist dabei völlig egal, ob es insgesamt nicht zu beanstanden sein sollte, dass man als Kreisgeschäftsstelle auch untervermieten kann, wenn der Eigentümer dies gestattet. Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn der Bundestagsabgeordnete Löbel und eine seiner Privatfirmen Untermieter sind, sofern die Verträge korrekt sind und Zahlungen geleistet werden. Es bleibt aber trotzdem ein Geschmäckle, weil hier keine ordentliche und klare Trennung vorliegt, sondern zumindest die Annahme von „Gemauschel“ vorliegen könnte. Selbstverständlich könnte man auch „Synergien“ entgegenhalten – aber unterm Strich ist der Schaden größer als der Nutzen.
Und dass nun, nach Berichten in linken Nischenmedien und einer Lokalzeitung, sich auch die Staatsanwaltschaft Mannheim für die Causa Untervermietung interessiert, mag eine Meldung wert sein – ist aber bislang nur einer weiterer Versuch, den Schaden für Herrn Löbel zu maximieren. Wenn sich ein Anfangsverdacht nicht erhärtet, ist er fein raus, wenn auch mit Dreck beworfen. Wenn sich ein Verdacht erhärtet, dann müsste erst seine Immunität aufgehoben werden um ein Ermittlungsverfahren zu ermöglichen, dann aber könnte der Schaden relevant werden.
Ein Totalschaden ist bereits jetzt sicher, wenn Frau Dr. Maike-Tjarda Müller nicht gewählt werden wird. Diesen Totalschaden trägt sie allerdings alleine – im Ansehen als „Nestbeschmutzerin“. Sollte sie gewählt werden und dann kommendes Jahr mit Sicherheit nicht, wäre es gar ein doppelter Totalschaden.