Mannheim, 15. Oktober 2020. (red) Die CDU-Kreisvorstandsmitglieder Prof. Dr. Andreas Pitz sowie Chris Rihm haben in einer Kreisvorstandssitzung am vergangenen Montag die sofortige Niederlegung ihres Amtes verkündet. Hintergrund sind in den vergangenen Wochen bekannt gewordene Informationen um den Kreisvorsitzenden Nikolas Löbel und die parteiinternen Strukturen sowie die Kommunikation.
Prof. Dr. Andreas Pitz ist CDU-Bezirksbeiratssprecher in Friedrichsfeld und Beisitzer im Kreisverband, Chris Rihm Stadtrat der CDU und stellvertretender Vorsitzender im Kreisveband. Beide haben nach RNB-Informationen infolge von unklaren Vorgängen über die Untervermietung an zwei private Firmen des Kreisvorstands und Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel in den Geschäftsräumen der Kreisgeschäftsstelle in der Elisabethstraße 3 ihre Posten im Kreisvorstand mit sofortiger Wirkung niedergelegt und werden bei der für November geplanten Wahl für den Kreisvorstand vermutlich nicht wieder kandidieren.
Die Entscheidung der beiden Kommunalpolitiker dürfte für erhebliche Unruhe sorgen. Nach RNB-Informationen zeichnet sich bereits eine Lagerbildung ab, die möglicherweise in eine Schlammschlacht von gegenseitigen Schuldzuweisungen ausufern könnte.
Auslöser sind nach RNB-Informationen nicht grundlegend die umstrittene Immobilieninvestition des Privatunternehmers Nikolas Löbel, sondern unklare und wenig transparente Strukturen dahinter.
So soll die Kreisgeschäftsstelle zwei Untermietverträge an zwei private Firmen des Bundestagsabgeordneten abgeschlossen haben – gezeichnet von der weisungsabhängigen Kreisgeschäftsführerin Mareike Pilz einerseits und dem weisungsbefugten Kreisvorstand Nikolas Löbel andererseits, was parteiinterne Kritiker als mögliches “In-sich-Geschäft” oder gar als verdeckte Parteispende deuten.
Weiter sind auch viele CDU-Kommunalpolitiker überhaupt nicht einverstanden mit der massiven Kampagne gegenüber dem designierten neuen Baubürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD): “Das war völlig überzogen und komplett stillos”, ist eine der freundlicheren Formulierungen, die das RNB in Hintergrundgesprächen erreicht haben.
“Herr Löbel regiert selbstherrlich, siehe auch die Eigenmacht gegenüber einem seiner Mieter”, wird dem RNB zugetragen. Andererseits meinen Löbel-Unterstützer, dass er die Partei entschuldet habe, es zwar Kritiker gäbe, die nur “maulen, aber nichts schaffen” würden.
Auch die Causa Egon Manz sorgt parteiintern für Debatten. Dessen Mitgliedschaft in der mutmaßlich rechtsradikalen Heidelberger Burschenschaft Normannia stößt vielen auf. Zwar habe er diese aufgegeben, aber viel zu spät und erst, nachdem die Rhein-Neckar-Zeitung jüngst ein über die linksradikale Plattform veröffentlichtes Foto ebenfalls veröffentlicht hatte, auf dem ein Normannia-Mitglied den Hitlergruß zeigt.
Pikant ist, dass Dr. Andreas Pitz eigentlich eine Top-Personalie für die CDU ist mit Zukunftsaussicht. Der Jurist ist gut vernetzt, spielt eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit der Integrierten Leitstelle Mannheim. Chris Rihm wiederum ist designierter Kandidat für die kommende Landtagswahl im kommenden Frühjahr im Mannheimer Norden.
Die CDU hat in Mannheim keinen Landtagsabgeordneten. Der Süden ging bei der vergangenen Landtagswahl an den Grünen Wolfgang Raufelder, der später verstorben ist. Nachfolgerin ist Elke Zimmer. Im Norden gewann der AfD-Kandidat Rüdiger Klos und nahm der SPD das letzte Direktmandat im Südwesten ab. Im Landtag sitzt für den Süden der SPD-Abgeordnete Dr. Boris Weirauch, im Norden der SPD-Abgeordnete Dr. Stefan Fulst-Blei.
Nikolas Löbel hatte sich 2017 als Kandidat gegen den langjährigen Abgeordneten Prof. Dr. Egon Jüttner durchgesetzt und den Wahlkreis Mannheim bei der Bundestagswahl gewonnen. Seither gilt Herr Jüttner (78), der wie Herr Löbel auch Stadtrat ist, als “Intim”-Feind des 34-jährigen Politikers.
Die CDU Mannheim hat in den vergangenen rund 20 Jahren enorm an Einfluss in Mannheim verloren – während sie 1999 noch auf 44,8 Prozent mit weitem Abstand stärkste Partei war, erzielte sie 2019 nur noch 19,1 Prozent und ist hinter Bündnis90/Die Grünen und SPD nur noch drittgrößte Fraktion mit neun Stadträtinnen und Stadträten.
Verantwortlich dafür machen Beobachter die Partei selbst, die sich immer wieder in selbst inszenierten Grabenkämpfen und Skandalen verfängt. Seit Jahren stehen die unklaren Finanzen der Partei immer wieder in der Kritik – Nikolas Löbel gab sich hier als Aufklärer und Aufräumer. Ob dem so ist, scheint unklar zu sein.
Interne Kritiker stört massiv, dass Herr Löbel seine politischen Funktionen mit privaten Geschäften auf unzulässige Weise verknüpft haben soll – klare Belege dafür gibt es bislang keine. Aber zumindest gibt es “Geschmäckle”. Private Firmen in der Kreisgeschäftsstelle unterzubringen, ist, gelinde gesagt, ungewöhnlich. Ebenso ist unklar, wie die Vertragsgestaltung ist und wie die Mietzahlungen geleistet wurden.
Der CDU Mannheim stehen, das scheint sicher, turbulente Zeiten bevor. Mal wieder.