Mannheim/Rhein-Neckar, 09. Oktober 2020. (red/pro) Erst stand Nikolas Löbel, Stadtrat und Bundestagsabgeordneter der CDU, massiv in der Kritik, kurz darauf traf es Ralf Eisenhauer, Stadtrat der SPD und designierter neuer Baubürgermeister. Der durch verschiedene Medien und Parteien und Interessengruppen aufgebaute Druck in den vergangenen Wochen hat für „Transparenz“ gesorgt. Aber eine, die hochproblematisch ist und bei der man sich fragen muss – wie weit soll das noch gehen und welchen Sinn macht das?
Kommentar: Hardy Prothmann
Die aktiven Leserinnen und Leser von Rheinneckarblog.de (RNB) wissen seit Jahren, dass wir keinem Konflikt aus dem Weg gehen, gerne mal zuspitzen und problematisieren. Aber wir ordnen immer ein und es gibt Grenzen, die wir niemals überschreiten.
Dieser Tradition bleiben wir uns und Ihnen treu. Auch mit diesem Text.
Vorab: Was in den vergangenen Wochen und Tagen politisch in Mannheim gelaufen ist, ist atemberaubend. Man kommt sozusagen in Atemnot, weil man gar nicht mehr weiß, wo es noch saubere Luft gibt, die man aufschnappen könnte. Jeder Luftzug scheint extrem vergiftet. Und das hat nichts mit Smog durch Autos oder Kohle-Grills zu tun – das politische Klima ist extrem vergiftet und damit das politische Atmen.
Wer in solch „bewegten“ Zeiten journalistisch solide arbeiten will, braucht enorme Ressourcen, was das Fact-Checking angeht. Und ganz ehrlich: Weil wir beim RNB darauf sehr viel Wert legen, laufen wir den „aktuellen Medien“ immer hinterher – die hauen raus, was sie in die Finger bekommen, eine vernünftige Prüfung, was die Folgen solcher Veröffentlichungen sein könnten, findet nicht mehr statt. Die seriöse Prüfung von Informationen, die Einordnung und Abwägung ist für andere Medien in unserem Berichtsgebiet quasi obsolet geworden. Damit meine ich ausnahmslos alle andere Medien (ausgenommene einzelne Mitarbeiter) und damit mache ich mir wie immer keine Freunde.
Das heißt nicht, dass man sich nicht versichert, wer die Quelle ist und ob ein Zitat so gefallen ist – aber der Umgang mit der Veröffentlichung ist wahrlich willenlos.
So aktuell geschehen mit einer sehr persönlichen Stellungnahme von Ralf Eisenhauer, SPD-Stadtrat, Fraktionsvorsitzender, designierter neuer Baubürgermeister und aktuell noch Projektleiter bei der städtischen GBG-Tochter MWSP.
Der Mann schreibt „liebe Kolleginnen und Kollegen“ des Gemeinderats an und äußert sich in einer derart umfassenden Form zu Vorwürfen, dass mich die Lektüre persönlich schmerzt. Niemand, absolut niemand muss sich derart offenbaren – außer, man steht unter einem schon als pervers anmutenden Druck.
Sie werden sich als Leserin/Leser (nein, es gibt keine und wird keine Gendersternchen bei RNB geben) nun vielleicht wundern. Hat das RNB selbst nicht von Herrn Eisenhauer gefordert, sich nicht auf den Datenschutz zurückzuziehen, sondern Umstände über seine Anmietung einer GBG-Immobilie offenzulegen, zum Zweifel an einem rechtmäßigen Verhalten auszuräumen. Ja, das ist richtig, aber nicht in diesem Umfang. Das wäre auch weniger persönlich gegangen.
Hier hat sich Herr Eisenhauer entweder selbst zu weit aus dem Fenster gelehnt oder wurde schlecht beraten – soweit hätte er nicht gehen müssen. Ist er aber. Und was macht eine Tageszeitung wie der Mannheimer Morgen? Wägt dieses Medium sorgfältig ab, welche Informationen im Original wesentlich für die Öffentlichkeit sind, welche nicht und welche man nur „zitiert“? Nein – die Zeitung stellt das Schreiben eines Stadtrats an seine Kolleginnen und Kollegen in vollem Wortlaut (!) online und vielleicht auch in die Printausgabe (was ich aktuell nicht weiß).
Das geht so nicht. Das vertrauliche Wort ist bei aller berechtigter Forderung nach Transparenz zu achten und wertzuschätzen und immer kritisch zu prüfen und einzuordnen, um Rechte und Ansehen von Personen zu wahren. Zumindest ist das der journalistische Ansatz, den ich als Redaktionsleiter von RNB immer so vertrete und bei dem es kein Vertun gibt. Unsere erste redaktionelle Regel heißt: Vertraue keinem!. Die zweite: Ohne Vertrauen ist alles nichts. Dazwischen oszilliert unsere Arbeit.
Mir sind in den vergangenen Jahren viele „Stories“ geplatzt, weil ich Informanten umfassend darüber informiert habe, was eine Veröffentlichung bedeuten könnte. Hier wäge ich immer das öffentliche Interesse gegen das private Interesse ab.
Um es Ihnen ganz deutlich zu sagen: Seit 2011 gibt es das RNB. Seither habe ich knapp 70.000 Euro an Kosten gehabt, um juristische Angriffe gegen unser Angebot abzuwehren. Zu 95 Prozent erfolgreich. Die Kosten sind aber gegeben, ebenso faire Honorarzahlungen an Autoren und Mitarbeiter. Die Arbeitsbedingungen werden immer schwerer, wir erfahren erhebliche Aufmerksamkeit, die zahlenden Leserinnen und Leser werden zwar mehr, aber in Summe bezahlen diese Einnahmen aktuell ungefähr vier Tage Arbeit pro Monat, Werbeeinnahmen sind durch Corona erheblich eingebrochen. Unser Angebot, über Steady oder einzelne Spenden unsere Arbeit zu bezahlen, ist fair – wir erwarten auch von Ihnen Fairness. Wenn sich das nicht ändert, machen wir irgendwann dicht. Dann viel Spaß beim Besorgen von „Inhalten“ aus anderen Quellen. Denken Sie drüber nach, was Ihnen unsere Leistung wert ist und was fehlen würde, wenn Sie nur noch andere „Medienangeboe“ nutzen können. Am Ende des Artikels stehen alle Zahlungsmöglichkeiten. Das ist keine „Bettelei“, wie manche immer meinen, sondern eine klare Ansage. Es gibt keine solide journalistische Leistung „ver umme“. Leistung benötigt Geld, sonst gibt es die nicht mehr. Kommunisten sehen das vermutlich anders… aber das ist ne andere Debatte.
Gerade wieder hat sich eine Person nach meinen Hinweisen dagegen entschieden, gegen ein Medium vorzugehen. Die Begründung: „Ich möchte mein Leben leben, ein Verfahren kostet mich zu viel Kraft. Ich bedanke mich sehr bei Ihnen für die viele Zeit, die Sie sich genommen haben. Sie haben mich sehr gut informiert und deshalb ziehe ich nicht durch, denn das stehe ich nicht durch.“ Wer schlau ist und unsere Berichterstattung verfolgt, kann erahnen, um welche Person es sich handelt.
Im Mittelpunkt der „Skandalwochen“, vor allem wieder einmal durch den Mannheimer Morgen getrieben, steht die GBG.
Das ist aus meiner Sicht – und zwar auf Basis meiner langjährigen journalistischen Tätigkeit und entsprechender tiefer Kenntnis – ein sehr seriös geführtes Unternehmen und der aktuelle Geschäftsführer Karl-Heinz Frings macht einen herausragenden Job.
Ganz sicher wird auch er Fehler machen und ganz sicher ist er in nicht unerheblichem Umfang damit beschäftigt, frühere Fehler anderer zu richten. Das ist halt sein Job.
Er bringt das städtische Unternehmen voran, er steht immer für Auskünfte und Gespräche zur Verfügung und er kann ganz ausgezeichnete Bilanzen vorlegen. Er ist nicht nur ein tadelloser Manager, er ist, soweit ist das bis dato beurteilen kann, ein hervorragender Manager. Und es gab genug Gründe für ihn in der Vergangenheit, mal aus der Haut zu fahren, aber er bleibt souverän und hat sich stets unter Kontrolle. Auch das verdient Respekt, an dem es heutzutage oft mangelt – insbesondere von linken Denunzianten. Allerdings auch von konservativen Störern.
Dass es, wie in der Causa Tom Bock, zu erheblichen Unruhen beim historischen Projekt Konversion kommt, ist angesichts der enormen Aufgaben nicht weiter überraschend. Schwund ist immer.
Und Fehler passieren auch immer – so geschehen bei der zeitlich befristeten Vermietung von Drehscheibenwohnungen an den Unternehmer Nikolas Löbel, der halt auch Stadtrat und Bundestagsabgeordneter ist. Diesen Fehler hat die GBG selbst eingeräumt und das ist nicht zu beanstanden, sondern wurde vorbildlich transparent eingeordnet. Fehlerkultur ist auch Führungskultur.
Nun geht es gegen Ralf Eisenhauer (SPD), dem insbesondere die CDU vorwirft, irgendwelche Vorteilsnahmen in Anspruch genommen zu haben. Nach den uns bislang vorliegenden Informationen ist das nicht der Fall. Wir bereiten diese Informationen über das Wochenende sorgfältig auf und nicht, um Schlagzeile für Schlagzeile zu produzieren, sondern Fakten zu veröffentlichen. Das dauert seine Zeit, insbesondere, wenn man an einer Prüfung interessiert ist.
Herr Eisenhauer hat dazu in erheblichem Umfang beigetragen – und alle, die seine persönliche Einlassung an Dritte übermittelt haben, müssen sich fragen lassen, aus welchen Motiven dies geschah.
Wir haben uns selbstverständlich auch darum bemüht und das Schreiben zur Kenntnis erhalten. Unsere Quelle wusste, dass wir keine sofortige Veröffentlichung planten, sondern die Information als Hintergrund benötigten. Das macht einen enormen Unterschied – sowohl für die Motivation der Quelle als auch den verantwortlichen Umgang damit.
Wir werden das Schreiben nicht dokumentieren, sondern nur zusammenfassen und zwar in den Punkten, die öffentlich relevant sind. Andere Medien ziehen Menschen nackt aus und präsentieren sie auf dem Marktplatz der Sensationen – das ist widerlich.
Bemerkenswert an den angeblichen Skandalen und Affären um die Personen Nikolas Löbel (CDU) und Ralf Eisenhauer (SPD) sind die Positionierungen der jeweiligen Lager. Die linken Parteien Die Linke, Grüne, SPD haben aus vollen Rohren gegen Herrn Löbel geschossen. Mit absolutem Vernichtungswillen, als es gegen Herrn Löbel ging. Dessen CDU-Parteifreunde hatten keine (offiziellen) Fragen – auch das muss festgestellt werden.
Dann ging es gegen Herrn Eisenhauer – und die CDU hat durchmunitioniert. Aus den Reihen der Grünen und der SPD gab es ebenfalls keine Fragen. Auch das muss festgestellt werden.
In der Analyse stellen wir fest, dass die Gräben immer tiefer ausgehoben werden und sich niemand mehr scheut, das meine ich symbolisch, „mit Giftgas und Personenminen“ anzugreifen.
Es gibt keinerlei Hemmungen mehr, sofort auf maximale Forderungen und das meint immer, maximale (Existenz-)Vernichtung zu setzen. Es geht immer mehr und immer häufiger direkt „ad personam“.
Das ist äußerst bedenklich, weil damit alle offenen Debattenräume künftig kontaminiert sind.
Damit ist kein gemeinsames Ringen um demokratisch beste Lösungen für das Gemeinwohl mehr möglich, sondern es werden Schäden und Wunden gehauen und die Erinnerung daran erzeugt und man schafft so etwas wie eine Gaza-Politik – eine endlose Radikalisierung, die nur in einer „Revolution“ enden kann. Und Revolutionen enden bekanntlich nie gut, sondern immer mit dem Tod von Vielen.
Denken Sie mal drüber nach. Als Leserin und Leser. Als Politikerin und Politiker. Als Journalistin und Journalist. Und meinetwegen auch als Sternchen oder Sternchinnen.
Karl-Heinz Frings muss als GBG-Geschäftsführer enormen Druck aushalten, obwohl er persönlich nicht involviert ist, sondern einen sehr guten Job macht, aber halt als GBG-Chef verantwortlich ist.
Sein Pressesprecher Heiko Brohm macht einen sehr guten Job, informiert zeitnah und auf Anfrage ebenso. Auch das muss in dem von anderen Medien erzeugten Chaos mal eindeutig erwähnt werden. Der ehemalige MM-Redakteur weiß genau, wie „Journalismus“ heutzutage läuft und verhält sich aus meiner Sicht absolut korrekt. Er achtet journalistische Anfragen und beantwortet diese umfassend – selbst unter Zeitdruck. Die Zusammenarbeit mit ihm ist hervorragend. Ich respektiere seinen Job, er meinen.
Ebenso als Transparenzhinweis: Die GBG ist Werbekunde von RNB und hat seit einigen Jahren einen Standardtarif gebucht. Wie gewohnt machen wir vollständig unabhängig davon unsere Arbeit und kümmern uns kritisch um öffentlich-relevante Belange – verlegerische und redaktionelle Inhalte werden dabei strikt getrennt. Auch hier ist die Zusammenarbeit von absoluter Seriosität gekennzeichnet.
Der angebliche Skandal „Löbel“ hat sich verflüchtigt. Und der um „Eisenhauer“ ist mit der persönlichen Erklärung mehr als erledigt – außer, in beiden Fällen sollten valide Informationen auftauchen, die ein anderes Bild ergeben. Das könnte sein – solange das nicht der Fall ist, gilt, „im Zweifel für den Angeklagten“. Das ist ein juristischer Grundsatz, der auch in der öffentlichen Meinungsfindung Bedeutung haben sollte.
Ich verweise hier gerne auf meine Unterstützung von „Intellectual deep web europe„, einem spannenden Projekt, das versucht, Debattenräume zu öffnen oder vor der Schließung zu bewahren. Was weltweit, deutschlandweit, in der Region und in Mannheim derzeit abgeht, dient überhaupt nicht einer kritischen Auseinandersetzung mit der Gesellschaft für die Gesellschaft, sondern befördert nur Spaltungen der Gesellschaft.
Herr Löbel ist ebenso wie Herr Eisenhauer aktuell raus aus irgendwelchen Zuweisungen von angeblichen Skandalen und Affären – meine Meinung auf Basis meiner erarbeiteten Informationen.
Die Themen sind erledigt – außer, es gibt neue Fakten, an denen auch Fleisch dran ist, das man abnagen kann. Aktuell sind die Knochen blank und taugen noch nicht mal mehr zum Süppchen auskochen.
Das kann sich immer ändern, keine Frage. Aber es kann auch dabei bleiben. Wer weiß das schon?
Herr Eisenhauer hat sich mit seiner Erklärung eine persönlich offene Flanke gegeben, die in dieser Form nicht nötig war. Ich hätte ihm als Berater (der ich in konkreter Trennung von journalistischen Aufgaben auch Vertragsbasis bin, in diesem Fall aber nicht, auch nicht bei Herrn Löbel) klar in dieser Form davon abgeraten. Transparenz ja, aber nicht derart intim. Das ist vermutlich dem Druck und einer nicht optimalen Beratung geschuldet.
Persönlich und fachlich erfüllt er alle Voraussetzungen, um Anfang November als neuer Baubürgermeister gewählt zu werden.
Im Sinne einer sehr krisenbehafteten Zukunft sollten die konservativen Fraktionen und Gruppen im Gemeinderat sehr genau überlegen, ob sie weiter, was sich andeutet, auf Ablehnung und Spaltung setzen oder nicht andere Signale aussenden möchten, indem sie einen geeigneten Kandidaten unterstützen und damit auch in ihre Pflicht nehmen.
Ob soviel politisch-strategischer Sachverstand aktuell Oberwasser hat, wage ich zu bezweifeln. Tatsächlich täte es dem Gemeinwohl gut, wenn man durchaus divergierende Ziele ins Auge fasst, um gemeinsame Lösungen zu finden und die wutschnaubende Zankerei am Zaungarten mal gut sein lässt.
Die Dokumentation unserer Fakten-Checks erfolgt übers Wochenende. Die Meinungsbildung überlassen wir Ihnen – meine Meinung ist. Es gibt weder einen Löbel- noch einen Eisenhauer-Skandal, sondern nur eine medial getriebene Aufregung, die erheblich geeignet ist, das Gemeinwohl zu beschädigen, weil es nicht mehr um Argumente in der Sache geht, sondern um eine möglichst krasse Skandalisierung.
Denken Sie drüber nach, schreiben Sie gerne Kommentare oder Hinweise an die Redaktion. Vielleicht haben wir was übersehen – wir sind am soliden Austausch mit Ihnen immer interessiert.
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