Weinheim/Rhein-Neckar, 09. Januar 2015. (red/ms) Nach den Krawallen in Weinheim im Zusammenhang mit dem NPD-Bundesparteitag 2015 gibt es nach wie vor massiven Aufklärungsbedarf – insbesondere was die Konflikte zwischen Polizei und Demonstranten angeht: War die Polizeigewalt unverhältnismäßig oder notwendig? Und wie viele Menschen wurden nachweislich verletzt? Um Gerüchte aus der Welt zu räumen, hat der CDU-Abgeordnete Georg Wacker schon Mitte Dezember eine Anfrage an die grün-rote Landesregierung gestellt. Die Antworten stehen noch aus.
Der 21. November 2015: Linke Autonome versuchen, den Bundesparteitag der NPD in Weinheim mit Gewalt zu verhindern. Die Polizei ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Veranstaltung störungsfrei abläuft. Als zugelassene Partei ist auch der NPD gesetzlich vorgeschrieben, dass sie Parteitage abhalten muss – daher muss der Staat, in diesem Fall repräsentiert durch die Polizei, die Durchführung durchsetzen.
Das geschah, wie zu erwarten war, nicht ohne Probleme. Schon in den frühen Morgenstunden gibt es die ersten Verletzten. Linksradikale stürmen auf die Absperrungen der Polizei zu und versuchen, diese zu durchbrechen. Die Polizei hält dagegen. Auf beiden Seiten gibt es Verletzte.
Angeblich gab es nach dem Bundesparteitag 2015 der NPD in Weinheim fast 90 verletzte Demonstranten, die zum Opfer von Polizeigewalt worden sind. Andere Quellen nennen noch höhere Zahlen. Eine seriöse, nachprüfbare Quelle dazu wurde nach Kenntnisstand der Redaktion allerdings in keinem Fall angegeben. Besonders krass: Eine Frau soll mindestens den „Verdacht“ auf einen „Halswirbelbruch“ gehabt haben. Doch dieses „Opfer“ wird vor allem in linken Netzwerken nur „behauptet“. Wir haben versucht, diesen Vorwurf zu recherchieren – wir konnten keinen Beleg finden. Und fragen uns: Wenn die Gewalt so massiv war – hätte man das nicht klar nachgewiesen, wenn diese massive Verletzung tatsächlich wahr wäre?
Wir haben die Krankenhäuser der Region angefragt – dort war lediglich von „ein paar nicht nennenswerten Fällen“ die Rede. Von einer vermeintlichen „Demonstrantin mit Halswirbelbruch“ wusste niemand etwas. Bestätigt wurden gegenüber unserer Redaktion allerdings 16 Opfer auf Seiten der Polizeibeamten, die durch linksradikale Autonome und Anhänger des Schwarzen Blocks teils schwer verletzt worden sind.
Aufklärung steht noch aus
Viele Umstände sind noch ungeklärt. Die Staatsanwaltschaft hat Vor-Ermittlungen aufgenommen – sowohl gegen Anhänger der Antifa und deren Umfeld, als auch gegen Polizeibeamte, um den Vorwurf der vermeintlich überzogenen Gewaltanwendung zu prüfen. In wie vielen Fällen es zu Ermittlungen kommen oder sogar Anklage erhoben wird, ist nach gegenwärtigem Stand unklar und wird sich frühestens in einigen Wochen entscheiden.
Auf die meisten offenen Fragen sind zwar irgendwelche Antworten im Umlauf. Die wenigsten dieser Antworten stützen sich allerdings auch auf belastbare Quellen.
Von einer vollständigen, öffentlichen Aufarbeitung kann bislang keine Rede sein. Auch recht „banale“ Fragen sind bislang ungeklärt. Etwa: Wie viel hat der massive Polizeieinsatz den Steuerzahler eigentlich gekostet?
Georg Wacker, Landtagsabgeordneter im Wahlkreis Weinheim und bildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, hat schon am 18. Dezember eine kleine Anfrage an die grün-rote Landesregierung gestellt.
Diese ist verpflichtet, die Anfrage innerhalb von drei Wochen schriftlich zu beantworten, ansonsten wird darüber öffentlich in der folgenden Plenarsitzung des Landtags debattiert.
Bislang gibt es noch keine „offizielle“ Antwort der Landesregierung – obwohl heute eigentlich die Frist ausläuft. Daher müssten die Fragen von Herrn Wacker in der kommenden Sitzung, also am 28. Januar, behandelt werden. Wir dokumentieren die Anfrage.
Kleine Anfrage des MdL Georg Wacker:
„Ich frage die Landesregierung:
- Bei welchen Veranstaltungen (jeweils unter Nennung der Anmelder), die in der Zeit vom 20. bis 22. November 2015 in Weinheim angemeldet wurden, war die Polizei im Einsatz?
- Wieviele Beamte welcher Dienststellen bzw. Einheiten waren in der Zeit vom 20. bis 22. November im unmittelbaren Zusammenhang mit diesen Veranstaltungen jeweils im Einsatz (sofern möglich unter Zuordnung der Veranstaltung, die begleitet wurde)?
- Welche dieser Einsätze verliefen wie geplant bzw. wo und wann mussten kurzfristig wieviele zusätzliche Beamte oder welches zusätzliche Material (insb. Wasserwerfer) angefordert werden?
- Wieviele Personalstunden wurden einschließlich Vor- und Nachbereitung des Einsatzes bis heute eingesetzt?
- Welche Kosten hat der Einsatz einschließlich Vor- und Nachbereitung bis heute verursacht?
- Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über den Hergang der Veranstaltungen, insbesondere der Blockaden am 21. November 2015?
- Wieviele Beamte wurden im Einsatz in welchen Zusammenhängen wie schwer verletzt?
- Wieviele Demonstranten wurden nach Kenntnis der Landesregierung nachweislich verletzt?
- Welchen Beitrag leistet das Polizeipräsidium Mannheim selbst zur Aufklärung der zahlreichen Vorwürfe gegen die Polizei (Weitergabe von Videomaterial an die Staatsanwaltschaft, Veröffentlichung von Videomaterial, interne Ermittlungen)?
- In wievielen Fällen laufen nach Kenntnis der Landesregierung bei der Staatsanwaltschaft jeweils Vorermittlungen gegen Polizeibeamte bzw. gegen Demonstranten?
Begründung
Beim Polizeieinsatz in Weinheim vom 20. bis 22. November 2015 anlässlich einer Reihe von Veranstaltungen verschiedener Anmelder kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Teilen der Demonstranten. In der Folge wurden insbesondere in den sozialen Netzwerken und in Publikationen der Demonstranten oder ihnen nahestehender Medien Vorwürfe von „unverhältnismäßiger Gewalt“ der Polizei laut. Ebenso gibt es unbestätigte Zahlen über die Anzahl verletzter Demonstranten. Im Sinne einer lückenlosen Aufklärung ist es notwendig, den zahlreichen Gerüchten – überwiegend zu Lasten der Polizei – bestätigte Fakten zum Ablauf und zur Aufklärung der Ereignisse gegenüberzustellen.“